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Verfahren zur Dehydrierung bzw. Oxydation von anorganischen und organischen
Schwefelverbindungen Es isst bekannt, daß man zur Durchführung katalytischer De!hydrierungen
oder Oxydationen von Schwefelwasserstoff bzw. Schwefelverbindungen in wäßrigen Lösungen
organische Sauerstoffüberträger anwendet.
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Diese Sauerstoffüber träger enthalten m°:h.rere Endi.ol'hydroxyle
und besitzen reduzi-erend.e Eigenschaften, verbrauchen Jod und repräsentieren ein
Reducto-Redox-System (Reductone), sind also negative Katalysatoren. Sie wirken nur
in Anwesenheit von reduzierenden Körpern, beispielsweise von Sulfiten, wie dies
bei der Entwicklung von Silberplatten in der Photochemie oder in Anwes-eaheit von
Thiosulfat bei der Gasentschwefelung oder als Irihibitore.n in der Mineralölindustrie
bekannt ist.
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Diese Reductone wurden bekanntlich in einem Gasentschwefelungsverfahren
in der Gaswaschflüssigkeit angewandt. Dabei wird der Schwefelwasserstoff mit einer
Natriumthiosulfat und Puffersubstanzen sowie Oxybenzole oder andere Reductone, niemals
aber freie Alkalien enthaltenden Gaswaschflüssi.gkeit bei höheren Temperaturen,
über 30° entfernt. Durch die hier als Sauerstoffüberträger funktionierenden Oxyl)enzol.e
und verwandten Körper, beispielsweise »Hydrochinon-Benzochinon«, wird das Thiosulfat
in Anwesenheit von Sauerstoff in Polythionat übergeführt, w°Iches als Acceptor den
Sauerstoff an Schwefelwasserstoff weitergibt und dabei wieder zu Thiosulfat reduziert
wird. Der Vorgang ist analog dem in der Photochemie bekannten Prozeß (Reduktion
des Silbers in Anwesenheit von Natriumsulfit).
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Die Flüchtigkeit des Oxybenzols und Be.nzo-chinons sowie die Schwerlöslichkeit
des Zwischenkörpers, d.°s Chinhydrons, bei höheren Temperaturen führt aber zu beträchtlichen
Verlusten an Sauerstoffüberträgen Erfindungsgemäß werden nun Sauerstoffüberträger
angewandt, die einheitliche Oxydo-R°dox-System.° mit hohem Redoxpotential sind und
in einer wäßrigen Lösung Schwefelverbindungen dehydrieren oder sie in ihre höheren
bzw. höchsten Oxydationsstufen zu überführen vermögen. Durch Aufnahme von Sauerstoff
läßt sich dieser Sauerstoffüberträger leicht regenerieren und gibt den aktiven Sauerstoff
an die Schwefelverbindung leicht wieder ab. In einer wäßrigen Lösung, welche oxydierbare,
in Wasser gelöste gasförmige oder salzartige Schwefelverbindungen enthält, werden
nur geringe Mengen, etwa 0,01 oder mehr Prozente von diesem SauerstoffüberträgeT
angewandt, und während des Oxydationsprozesses wird die Lösung gleichzeitig oder
im getrennten Arbeitsgang mit elementarem Sauerstoff oder Luft andauernd behandelt
und regeneriert. Die auf diese Weise behandelte Lösung bleibt stets aktiv, und der
Oxydationsvorgang verläuft ununterbrochen mit gut brauchbaren G.°schwindigkeiten
bei konstantem Redoxpotential.
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Der gemäß der Erfindung verwendete Sauerstoffüberträger hat im Gegensatz
zu den hierbei angewandten Oxybenzolen und ähnlichen Verbindungen keine r°-duzierend@e
Eigenschaften. Er ist vielmehr ein über eine Anzahl Zwischenkörper entwickeltes
Oxydo-Redox-Sy stem, scheidet in sauren Jodidlösungen Jod aus, dehydrie@rt unmittelbar
Verbindungen, wie Selen-, Tod- od°r Schwefelswasserstoff, anorganische und organische
Sulfhydratgruppen, beispielsweise Mercaptane oder Cysteine, überträgt den Sauerstoff
auf die Schwefelverbindung und überführt diese je nach der angewandten Temperatur
oder Druck in höhere bzw. in ihre höchste Oxydationsstufe. Er nimmt Sauerstoff leicht
wieder auf und arbeitet im ganzen p H-Bereich.
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Ausgangsstoffe zur Herstellung von solchen Sauerstoffüberträgern sind
die durch Aminogruppen substituierten einwertigen Phenole, z. B. Amino.- oder Diaminophenode
und andere, ferner zweiwertige P'henole, wie Dioxybenzole und ihre Derivate, darunter
auch Chinone oder dreiwertige P'henole, wie Pyrogallol. Auch andere Phenolverbindungen,
bei welchen die Endiolgruppe durch Methyl-, Carboxyl-, Amino- oder Chlorgruppen
besetzt ist, sind geeignet, und dementsprechend können Kresole oder Mono- und Polycarbonsäuren,
wie Salicyl-, Aminosalicylsäure, hydrolysierte pflanzliche Gerbstoffe bzw. Tannine,
wie der Gerbstoff der Eichenrinde oder der Traubenkerne oder der Roßkastanie, wenn
diese nach Abspaltung des Zuckerrestes als Polycarbons-äuren vorliegen, oder Chlorbenzole
verwendet werden. Auch Su.lfonsäuren der aromatischen Kohlenwasserstoffe sowie Phenolsulfonsäuren
oder Sulfanils.äur-e und auch Naphthole, darunter auch Naphthochinone, sind geeignet.
Diese
Ausgangsstoffe werden in der ersten Phase der Herstellung des Säuerstoffüberträgers,
sofern sie noch keine Sulfongruppe enthalten, in bekannter Weise sulfoniert, so
daß zunächst die Sulfonsäuren der genannten Ausgangsstoffe entstehen. Diese Sulfonsäu;ren
werden vorzugsweise in ihre Alkali- oder Ammoniumsalze übergeführt. Durch die Einführung
der Sulfongruppe wird der fertige Sauerstoffüberträger gegen die Einwirkung von
Elektrolyten und Schwankung des pH -Wertes der Lösung stabilisiert, er ist nicht
flüchtig und polymerisiert nicht.
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In der z@v.cten Stufe werden die Sulfonate nach Entfernen der freien
Säure in `'Wasser gelöst und in Amvesenhe:it von geringen Mengen von Alkali:liydroxyden
oder Ammoniak (1/1o Mol oder mehr Üherschuß zu der zur Absättigung der Carboxyl-
oder Chlorgruppen oder zur Bindung der durch die Zersetzung der Methylgruppe entstehenden
Kohlensäure erforderlichen Menge) unter Zugabe von geringen Mengen des fertigen
Sauerstoffüberträgers zur Einleitung der Reaktion bei Raumtemperatur oder bei erhöhter
Temperatur, vorteilhaft bei 30° oder höher, mit oder ohne Druck mit elementarem
Sauerstoff oder Luft so, lange behandelt, bis die Sauerstoffaufnahme beendet ist.
Sowohl die Lösung wie auch das getrocknete und pulverisierte Material des Säuersto@ffüberträgers
sind unbegrenzt beständig.
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Die Herstellung des Sauerstoffüberträgers ist nicht Gegenstand der
vorliegenden Erfindung, sondern des Patents 924 692.
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Die sauerstoffübertragende Wirkung kann noch Bedeutend erhöht werden,
wenn man den Lösungen oder Gaswaschflüssigkeiten noch in geringen Mengen, etwa 0,005
bis 0,111/a, die Oberflächenspannung der Lösung herabsetzende Körper, wie Fettalkoholsulfonate,
Kaphthalinmono- oder Diisulfo@nate oder Xylol- bzw. Toluolsulfonate, zugibt. Ist
eine Pufferung der Lösung erforderlich, so verwendet man wasserlösliche Phosphate
oder vorteilhaft Ammoniak bzw. Ammoniumsalze. Alkali- oder Erdalkalihydroxydee sind
ungeeignet, weil sie zu Katalysatorve.rgiftung führen. Derartige Vergiftungserscheinungen
können durch Ammoniak oder Ammoniumsalze aufgehoben werden.
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Der erfindungsgemäß angewandte Sauerstoffüberträger arbeitet im ganzen
PH-Bereich. Wie aber bekannt, ist bei anderen Katalysatoren und ebenso bei dem vorliegenden
Sauerstoffüberträger ein Optimum des pH-Wertes vorhanden, bei welchem das Redoxpotential
bzw. die Reaktionsgeschwindigkeit den Höchstwert erreicht. Bei dem vorliegenden
Katalysator liegt dieser Wert bei pH 8 bis 9. Bei der Entschwefelung von Industriegasen
soll ein konstanter und weitgehendster Entschwefelungsgrad erreicht werden, und
die Gaswaschflüssigkeit muß deshalb auf die optimale Arbeitsbedingung gebracht,
d. h. die Waschflüssigkeit muß durch Ammoniak bzw. bei ammoniakfreien Industriegasen,
wie Generator- oder Synthesegasen, durch Phosphate auf pH-Wert 8 bis 9 gepuffert
werden. Demgegenüber ist die Behandlung der Lösungen von Sch-,vefelverbindungen
wesentlich einfacher. In diesem Falle sind keine Endgase vorhanden, und eine genaue
Einstellung des pH-Wertes ist nicht nur überflüssig, sondern unerwünscht, weil die
Puffersalze das Endprodukt verunreinigen würden und diese Verunreinigungen nur schwer
oder überhaupt nicht zu entfernen wären. Bei Polysulfid- bzw. Sulfidlösungen liegt
der p11-Wert sowieso schon bei 9, und bei der Verarbeitung von Thios.ulfat-, Polythionat-
bzw. Rhodanidlösungen sinkt der pH-Wert bis 3,5. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist
bei letzteren trotzdem zufriederistellend, weil bei diesen reinchernischen und einfachen
Prozessen es nicht um die genaue und zeitbedingte technische Ausnutzung ermöglichende
Geschwindigkeiten geht, wie dies bei den Industriegasen der Fall ist, bei welchen
eine totale oder bekanntlich genormte Entschwefelung des Reingases gefordert wird,
welche aber nur durch eine richtig eingestellte Pufferung der Waschflüssigkeit zu
erreichen ist. Da der Sauerstoffüberträger hydroperoxydische Eigenschaften besitzt,
kann in der Lösung die Sauerstoffübertragung erheblich beschleunigt werden, wenn
man der Lösung geringe Mengen von wasserlöslichen Phosphaten. Thiosulfaten oder
Spuren von wasserlöslichen lletallsalzeii, wie z. B. Eisen-, l.fangan- oder vorteilhaft
Chromsalzen, zusetzt.
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Erfindungsgemäß werden Debydrierungen und Oxydationen von anorganischen
oder organischen Sch@vefclverbindu.ngen mit dem beschriebenen Sauerstoffüberträger
durchgeführt. Geeignete Schwefelverbindungen sind Schwefelwasserstoff oder Sulfide,
Sulfhydrate, Thiosu.lfate, Di- oder Polythionate oder Cysteine, l@Tercaptane, Rhodanide
und andere Verbindungen, welche eine Sulfid- bzw. eine Sulfhydratgruppe oder eine
Schwefeldioxydgruppe oder beide zusammen enthalten. Als Endprodukt erhält man aus
diesen Verbindungen je nach der angewandten Temperatur über Zwischenstufen elementaren
Schwefel oder Sulfate oder beide. Der Oxydationsvorgang wird durch die Temperatur
erheblich becinflußt. Sulfide werden bei niedrigen Temperaturen in Anwesenheit von-
Kohlensäure direkt zu elementarem Schwefel oxydiert. Bei steigenden Temperaturen
beginnt die Thiosulfatbildung, welche über Polythionate zu Sulfat führt. Die Schwefelverbindungen
werden somit über den Dehyd:rierungsvorgang bei steigender Temperatur bis in ihre
höchste Oxydationsstufe geführt. Die Oxydation von Alkalithiosulfat und Polythionaten
setzt sehr langsam ein, sie wird aber dadurch gefördert, daß man zur Einleitung
der Reaktion etwas verdünnte Schwefelsäure der Lösung zugibt. Die durch die Schwefelsäure
induzierte anfängliche Zersetzung von Thiosulfat bzw. Polythionat macht Schwefeldioxyd
frei, welches dann kontinuierlich zu Schwefelsäure oxydiert wird, die wiederum immer
neue Teile des Thiosulfats bzw. Polythionats angreift, bis zur Beendigung der Reaktion.
Der pli Wert der Lösung sinkt in diesem Falle auf etwa 3,5, und aueb hei dieser
Azidität der Lösung verläuft die Reaktion mit zufriedenstellender Geschwindigkeit.
Der gewonnene Schwefel ist feinst verteilt, hat kolloidale Eigenschaften, isst aber
zum Unterschied zu dem aus Thiosulfat nach der üblichen Methode gewonnenen Schwefel
in Schwefelkohlenstoff löslich. Die SO.,-Oxydation gelingt nur dann, wenn das
SO, aus Verbindungen nur in geringen Mengen frei gemacht wird und die gebildete
Schwefelsäure sofort als Sulfat gebunden wird. Die direkte Oxydation S O@-baltiger
Gase zu Schwefelsäure ist nicht möglich.
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Es ist an sich bekannt, daß bei der Gewinnung von elementarem Schwefel
aus sch-,vefelwasserstofflialtigen Gasen durch Waschen des Gases mit einer alkalischen
bzw. ammoniakalischen Waschlösung, die einen bisher schon bekannten organischen
Sauerstoffüberträger, wie Oxybenzole oder andere zyklische Oxyverbindungen, z. B.
Hydrochinon (Reductone), enthielt, wobei die mit Schwefelwasserstoff beladene Waschlösung
zwecks Oxydation des aufgenommenen Schwefelwasserstoffes zu elementarem Schwefel
auf bekannte Weise mit Sauerstoff bzw. Luft behandelt wird, die Temperatur während
der Oxydation von
Einfluß auf den Oxydationsverlauf ist, indem bei
Temperaturen von 33 bis 35° in der Oxydationsstufe die Bildung von Thiosulfat, Thionat
und Sulfat begünstigt ist, während bei Temperaturen von 20 bis 25° die Ausbeute
an elementarem Schwefel erhöht wird. Nach dieser Arbeitsweise wurde aber nur mit
Reductonen, wie Oxybenzolen, als Sauerstoffüberträger gearbeitet, während die hier
vorliegenden Unte @ransprüche° in Verbindung mit dem Anspruch 1 geltend gemacht
werden. Beispiel 1 Während der Dehy drierung des Schwefehvasserstoffes in einem
Gasentschwefelungsverfahren von KQhlendestillationsgasen werden verschiedene Oxydationsstufen
erreicht, je nach der angewandten Temperatur. Man verwendet eine Gaswaschflüssigkeit,
welche in Wasser gelöst etwa 0,01 bis 1 °.!o des nach dein Verfahren des Patents
924 692 hergestellten Sauerstoffüberträgers und geringe Mengen von Ammoniumthiosulfat
und zur Herabsetzung der Oberflächenspannung der Lösung bzw. zur besseren SauerstoffabsoTption
und zur Gewinnung eines fein verteilten, präzipitierten Schwefels noch geringe Mengen,
etwa 0.005 bis 0,01% Fettsäure- bzw. Fettalkoholsulfonate oder Naphthalinmono- bzw.
Disulfonate oder Xylo1- bzw. Toluolsulfonate und andere enthält, und die Waschflüssigkeit
wird während des Betriebes durch Zugabe von Ammoniak oder Ammoniakwasser oder durch
direkte Zuführung des Ammoniaks mit dem Gasstrom ständig bei PH-Wert 8 bis 9 gehalten.
Mit dieser Waschflüssigkeit werden schwefelwasserstoffhaltige Kohlendestillations-,
Generator- oder Synthesegase und andere in einem Rieselturm oder Hordemväscher oder
mechanischem Wäscher gewaschen, und zwar rechnet man im Durchschnitt etwa 40 1 Lösung
je Ncbm Gas.
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Bei niedriger Temperatur, bei 25° oder tiefer, findet in der Hauptsache
nur die Dehydrierung des Schwefelwasserstoffes statt. Dieser Vorgang hängt mit der
Löslichkeit des ausgeschiedenen elementaren Schwefels in Ammoniak zu Ammoniumsulfid,
Sulfhydrat bzw. Polysulfid engstens zusammen und wird noch durch die Anwesenheit
von gelöster Kohlensäure weitgehend gehemmt und hört bei noch tieferen Temperaturen,
bei etwa 15°, gänzlich auf. Auf diese Weise vollzieht sich lediglich die Dehydrierung
des absorbierten Schwefelwasserstoffes zu elementarem Schwefel ohne Nebenreaktionen.
Mit steigender Temperatur über 30° erhöht sich die Wirksamkeit des Sauerstoffüberträgers
erheblich, und parallel mit der Dehydrierung verläuft noch ein Oxydationsprozeß,welcher
von Ammoniumsulfid bzw. Sulfhydrat zu Thiosulfat oxydiert und mit steigender Temperatur
rapid zunimmt. Mit der erhöhten Thiosulfatbildung nimmt selbstverständlich die Ausscheidung
von elementarem Schwefel proportional ab. Über 60° beginnt eine deutliche Sulfatbildung
durch die Oxydation des Thiosulfates, die ihren Höhepunkt bei 80° erreicht. Bei
dieser Temperatur wird in Anwesenheit genügender Mengen Ammoniak nur Ammoniumsulfat
gewonnen. Es ist somit möglich, bei dem Entschwefelungsverfahren von Gasen durch
Regelung der Temperatur den Wirkungsmechanismus der Sauerstoffübertragung beliebig
zu steuern und nach Bedarf elementaren Schwefel, Thiosulfat oder Sulfat zu gewinnen.
Im allgemeinen wird man die Temperatur um etwa 25° halten und den Hauptwert auf
eine restlose Entschwefelung des Gases nebst Gewinnung von elementarem Schwefel
legen und in der Waschflüssigkeit die Thiosulfatbildung möglichst niedrig bzw. in
Gleichgewicht halten.
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Durch diese verschiedenen Reaktionen wird die Struktur des Sauerstoffüberträgers
bzw. der Wirkungsmechanismus desselben in keiner Weise gestört oder einer Änderung
unterworfen. Der Verlust an Sauerstoffübe@rträger ist gering und beeinflußt die
Wirtschaftlichkeit des Verfahrens nicht.
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Die Regeneration der Waschflüssigkeit wird mit Luftsauerstoff in einer
Sonderstufe durchgeführt. Die Flüssigkeit wird nach Verlassen des Entschweflers
von dem elementaren Schwefel durch Filtration getrennt und in einem zweiten Turm
oder mechanischen Wäscher mit Luft bzw. mit Sauerstoff behandelt. Die zur Regeneration
erforderliche Luftmenge beträgt hei normaler Temperatur etwa das Fünffache des im
Gas vorhandenen Schwefelwasserstoffes. Beispiel 2 Schwefelwasserstoffhaltige Abgase
verschiedener Industriezweige, wie Abgase der Schwefelkohlenstofffabrikation oder
Kunstseideriherstellung oder der Bariumcarbonatherstellung aus Bariumsulfid oder
auch Schwefelwasserstoffschwaden der Gasentschwefelung mit Ammoniak, werden ohne
Pufferung der I..ösung entschwefelt. Die Gase werden mit Luft verdünnt, und man
verwendet das Fünffache der theoretisch erforderlichen Menge. Die mit Luftoder Sauerstoff
gemischten Gase werden in einen Turm oder mechanischen Wäscher geleitet und hier
mit der `faschflüssigkeit nach Beispiel l gewaschen. Bei richtiger Dimensionierung
des Wäschers erreicht man eine restlose Entschwefelung des Gases. Der Schwefel fällt
in einer äußerst feinen Form aus und wird aus der Lösung durch Filtration entfernt,
während die Lösung ohne Regeneration in den Turm zurückgepumpt wird und somit im
steten Kreislauf bleibt. Die im Kreislauf geführte Lösung ändert sich in ihrer Zusammensetzung
nicht, und somit entstehen keine Abwässer. Man kann auch die mit Sauerstoff gemischten
Gase fein verteilt direkt in einen mit Lösung gefüllten Behälter hineindrücken,
wobei sich der Schwefel im oberen Teil des Behälters ansammelt und von der Lösung
breiförmig isoliert und filtriert werden kann. Die Waschflüssigkeit regeneriert
sich in der Vorrichtung durch den im Gas vorhandenen Sauerstoff autoinatisch und
bleibt stets aktiv. Der pA Wert der Lösung stellt sich auf etwa 5 bis 6 ein, und
eine 1:.esondere Pufferung ist nicht erforderlich. Beispiel 3 Ammoniumthiosulfat
enthaltende Laugen oder Ablaugen der Gasentschwefelung werden mit Hilfe des nach
dem Verfahren des Patentes 924 962 hergestellten Sauerstoffüberträgers in elementaren
Schwefel und Ammoniumsu.lfat übergeführt. Auf dieselbe Weise können auch Ammoniumpolythionatlaugen
aufgearbeitet werden. Man arbeitet in einem mechanischen Wäscher und zerstäubt die
zufließende Lösung und führt gleichzeitig einen kräftigen Strom von Luft zu. Die
Temperatur wird bei 78 bis 82° gehalten und die Geschwindigkeit der zufließenden
Lösung derart gesteuert, daß die aus dem Wäscher abfließende Lauge lediglich noch
Sulfat enthält. Zweckmäßig führt man dem Wäscher so viel Thiosulfatlauge zu, daß
aus dem Wäscher eine hochkonzentrierte Lösung abfließt, welche sich dann leicht
weiterverarbeiten läßt.
Beispiel 4 Alkalifihiosulfate lassen sich
schwerer verarbeiten als das Ammoniumsalz. Man verwendet etwa 20o/oige Thiosulfatlaugen
und versetzt diese mit 1 g des nach dem Verfahren des Patentes 92-1692 hergestellten
Sauerstoffüberträgers pro Liter Lösung und fügt dieser noch 0,2 bis 0,3 g/1 Kaliumchromat
oder Dichromat zu. Soll ein sehr fein verteilter präzipitierter Schwefel erzeugt
werden, so arbeitet man bei niedriger Temperatur und setzt der Lösung noch ein die
Oberflächenspannung herabsetzendes Mittel, vorteilhaft naphthalinsulfonsaures Propionat,
zu. In einem Turillsystem wird im. das erste Turill von oben in gleichmäßigem Strom
die Alkalithi.osulfatlösung und gleichzeitig von unten ein kräftiger Luftstrom eingeleitet.
In das erste Turi.ll wird noch, gleichmäßig verteilt, ein langsamer Strom verdünnter,
etwa 0,1 bis 0,2o/oiger Schwefelsäure zugeführt. Man berechnet auf die gesamte Thiosulfaamenge
lediglich 1,1 bis 2o/aSchwefelsäure, welche bis zur Beendigung des Vorganges gleichmäßig
und ununterbrochen dem System zufließt. Mit Hilfe der Schwefelsäure wird die sonst
träge Reaktion eingeleitet und stark beschleunigt. Das während der Reaktion frei
werdende S 02 wird ständig zu Schwefelsäure oxydiert und somit der Verlust an Schwefelsäure
ständig ersetzt. Der pH-Wert der Lösung liegt bei etwa 3 bis 3,5. Der Bedarf an
Schwefelsäure wird um so geringer, je weniger SO,
man verliert. Der zugeführte,
kräftige Luftstrom schäumt gleichzeitig den fein verteilten präzipitierten Schwefel
ab und treibt ihn breiförmig mit der Lösung zusammen durch das letzte Turill, wo.
der Schwefel aufgefangen und dem Filter zugeführt wird. Die am Ende des Systems
heraustretende Lösung enthält nunmehr nur Alkalisulfat.
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Auf gleiche Weise läßt sich Di- und Polythionat enthaltende Lauge
auf elementaren Schwefel und Sulfat aufarbeiten. Man kann die Reaktion durch erhöhte
Temperatur bedeutend beschleunigen, jedoch gewinnt man in diesem Falle nur einen
grobkristallinischen Schwefel.
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Beispiel s Ähnlich wie Alkalithiosulfat können auch Ammonium- oder
Alkalirhodanide aufgearbeitet «-erden. Man versetzt die Lauge nach Beispiel 4 mit
nach dem Verfahren des Patentes 924 692 hergestellten Sau@erstoffüberträger, Kaliumchromat
und naphthalinsu,Ifonsaure Propionat. Die Reaktion beginnt schon in der Kälte und
wird durch erhöhte Temperatur oder Druck beschleunigt.
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Ebenso können andere Schwefelverbindungen, wie Alkali-, Erdalkali-
oder Ammoniumsulfid bzw. Polysulfidlaugen, auf Schwefel und Sulfat aufgearbeitet
werden. Man setzt der Lösung lediglich den Sauerstoffüberträger und die Oberflächenspannung
herabsetzendes Mittel zu und belüftet diese so lange, um die Thiosulfatbildung zu
verhindern bei niedriger Temperatur unter 20° in Anwesenheit von Kohlensäure, -welche
man zweckmäßig unmittelbar der Luft oder dem Sauerstoff zusetzt, bis die Sulfide
restlos verschwunden sind. Dadurch erreicht man, daß die Sulfid- oder Polysulfidlösung
ohne Thiosulfatb.ildung restlos in Schwefel übergeführt wird. Enthalten solche Laugen
außerdem noch Thiosulfat, wie das der Fall bei Zubereitung einer Polysulfidlösung
durch Auflösen des Schwefels mit Ätznatron ist, so setzt man dieser Lösung nach
Umsetzung des Sulfids, ohne diese vorher zu filtrieren, das erforderliche Chromat
zu, und man belüftet die nunmehr nur Thiosulfat enthaltende Lösung nach Beispiel
3 und 4 in Anwesenheit von Schwefelsäure so lange, bis der ganze Thiosulfatgehalt
in Schwefel und Sulfat umgesetzt ist.
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Auch zahlreiche organische Schwefelverbindungen können auf diese Art
mit Hilfe des Sauerstoffüberträgers dehydriert bzw. oxydiert werden, wie z. B. Cystein
zu Cystin oder Merkaptane und Alkylsulfide in Alkohol und elementarem Schwefel.
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Aus den. aufgeführten Beispielen geht hervor, da.ß es möglich ist,
mit Hilfe des Sauerstoffüberträgers Schwefelverbindungen auf einfache Weise zu dehydrieren
oder oxydieren und durch Änderung der Betriebsbedingungen diese Schwefelverbindungen
in verschiedene Oxydationsstufen zu überführen.
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Die Umwandlung der zur Herstellung des Sauerstoffüberträgers erforderlichen
sulfonierten Ausgangsstoffe in ein Oxydo-Redox-System läßt sich gut durchführen,
und es besteht daher die Möglichkeit, diese Ausgangsstoffe in einem Oxydationsvorgang,
wie z. B. in einem Gasentschwefelungsverfahren, von Industrieabgasen unmittelbar
anzuwenden und den Sauerstoffüberträger in dem Vorgang selbst zu entwickeln. Die
unmittelbare Anwendung dieser sulfonierten Ausgangsstoffe ist nicht nachteilig,
und durch die Herabsetzung der Herstellungskosten des Sauerstoffüberträgers wird
auch die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens günstig beeinflußt.
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Die Umsetzung von Sulfid-, Polysulfid-, Thiosulfat-oder Polythionatlaugen
mit Hilfe von Säuren oder die thermische Zersetzung von Polythionaten zu Schwefel
und Sulfat ist bekannt. Das erfindungsgemäße Verfahren und die Anwendung des SauerstoffüberträgeTs
ermöglicht die verschiedenen anorganischen und organischen Schwefelverbindungen
lediglich durch die Regelung der Betriebstemperatur in die gewünschte Umsetzungsstufe,
von Schwefelwasserstoff über Schwefel bis in die höchste Oxydationsstufe umzusetzen.
Die Anwendung des Verfahrens bei der Entsch"vefelung von Industriegasen hat auf
Grund der Einfachheit und Betriebssicherheit sowie des hohen Reinigungsgrades des
Verfahrens viele Forderungen, welche an eine sogenannte »nasse« Entschwefelung gestellt
wurden, weitgehend erfüllt, und somit wurde auf diesem Gebiet ein Fortschritt erzielt.