Verfahren zur Umwandlung von olefinischen Polymeren in hydroxylgruppenhaltige Polymere
Polymere, in welchen funktionelle Hydroxylgruppen der einzige nicht Kohlenwasserstoffanteil des Polymers sind, sind bisher noch selten, obgleich bereits zahlreiche Polymere mit Hydroxylfunktionen bekannt sind. Die bekanntesten Polymere mit Hydroxylfunktion sind die Polyester, die durch Umsetzung von mehrbasischen Säuren mit mehrwertigen Alkoholen erhalten werden.
In diesen Polymeren besteht die Polymerkette nicht aus reinem Kohlenwasserstoff, sondern enthält eine Vielzahl von Estergruppen. Man kennt anderseits auch zahlreiche Kohlenwasserstoff-Polymere, die jedoch, mit wenigen Ausnahmen, langkettige, hochmolekulare, von funktionellen Gruppen freie Polymere sind. Seit langem wird nach einer Möglichkeit gesucht, diese langkettigen, funktionsfreien Polymeren in kürzerkettige Polymere mit Hydroxylfunktionen zu überführen. Die letzteren Verbindungen mit Molekulargewichten zwischen 200 und 400 können nämlich mit Hilfe verschiedener Härtungsmittel zu starren oder elastomeren Feststoffen gehärtet werden.
Gegenstand vorliegender Erfindung ist nun ein Verfahren zur Umwandlung von olefinischen Polymeren in Polymere niedrigeren Molekulargewichts mit Hydroxylfunktionen. Die Ozonisierung der hochpolymeren Ausgangsmaterialien wird vorzugsweise ausgeführt, indem man das Polymer mit Ozon in Berührung bringt, unter Durchleiten eines Stroms von Ozon in einem Trägergas durch eine Lösung des Ausgangsmaterials bei Raumtemperatur. Das resultierende Ozonid wird anschliessend mit einem geeigneten Reduktionsmittel wie z. B. Lithiumaluminiumhydrid behandelt, wobei man die Polymeren mit Hydroxylfunktionen erhält.
Im allgemeinen kann durch dieses erfindungsgemässe Verfahren jedes beliebige olefinische Polymer oder Copolymer natürlicher oder synthetischer Art mit Doppelbindungen in der primären Kette in ein Polymer mit Hydroxylfunktionen überführt werden. Damit die lange Pirmärkette in kurze Fragmente gespaltet werden kann, müssen Doppelbindungen in der Primärkette und nicht nur in den Seitenketten vorliegen. Zur Herstellung brauchbarer Polymere muss das Ausgangsmaterial eine bestimmte minimale Kettenlänge aufweisen, während die obereGrenze der Kettenlänge beliebig sein kann. Aus praktischen Gründen wird allerdings der Kettenlänge des Ausgangsmaterials eine Grenze nach oben gesetzt sein. Da die Ozonisierung in flüssiger Phase am besten verläuft, sollte das Ausgangsmaterial in einem geeigneten Reaktionsmedium löslich sein.
Es eignen sich organische Lösungsmittel, insbesondere halogenierte Kohlenwasserstoffe, die Hochpolymere leicht lösen, jedoch mit Ozon nicht reagieren. Da Chloroform ein bevorzugtes Reaktionsmedium darstellt, stellt die Löslichkeit des hochpolymeren Ausgangsmaterials in Chloroform häufig den wesentlichen Faktor bei der Bestimmung der oberen Grenze der Kettenlänge dar.
Erfindungsgemäss können langkettige Polymere mit Molekulargewichten zwischen 1-2 Millionen in kurzkettige flüssige Polymere mit Hydroxylfunktionen überführt werden.
Das erfindungsgemässe Verfahren umfasst zwei wesentliche Stufen: Ozonisierung und Reduktion. Die Ozonisierung erfolgt zweckmässig, indem man Ozon durch eine Lösung des hochpolymeren Materials in einem Lösungsmittel wie Chloroform in solcher Menge durchleitet, dass 1 Mol Ozon je 2-6 ungesättigte, sich wiederholende Einheiten des polymeren Ausgangsmaterials eingeführt wird. Die Umsetzung erfolgt zweckmässigerweise bei Raumtemperatur, und das Ozon ist vorzugsweise mit einem gasförmigen Träger wie Sauerstoff gemischt. Etwa 15 bis etwa 50 % der olefinischen Doppelbindungen des Ausgangsmaterials sind in dem so erhältlichen Produkt ozonisiert.
Das resultierende Ozonid wird zweckmässigerweise aufgearbeitet, indem man das Lösungsmittel sorgfältig aus dem Reaktionsgemisch abdampft, das Ozonid in Äther löst und filtriert, um lösliche Bestandteile zu entfernen. Das Ozonid wird sodann reduziert und gespalten durch Umsetzung mit einem starken Reduktionsmittel, vorzugsweise einem Hydrid eines Leichtmetalls wie Lithiumhydrid, Aluminiumhydrid oder Lithiumaluminiumhydrid. Vorteilhafterweise fügt man das Reduktionsmittel einer Lösung der Ozonids bei, die unter Raumtemperatur gekühlt wird, bis ein Überschuss vorliegt. Dann wird das Reaktionsgemisch aufgewärmt, bis die reduktive Aufspaltung eintritt.
Nach Entfernen von überschüssigem nicht umgesetztem Reduktionsmittel kann das resultierende Polymer mit Hydroxylfunktionen aus dem Reaktionsgemisch nach üblichen Methoden gewonnen werden.
Die Struktur der erfindungsgemäss herstellbaren Polymeren mit Hydroxylfunktionen hängt in erster Linie von der Struktur des Ausgangsmaterials ab. Art und Stellung der Hydroxylgruppen im resultierenden Polymer werden somit durch Art und Stellung der durch Ozon angegriffenen Doppelbindungen im Ausgangsmaterial bestimmt. Bei Polyisopren beispielsweise treten die Doppelbindungen zwischen den methylsubstituierten C-Atomen und benachbarten nichtsubstiutierten C-Atomen auf. Die Ozonisierung und Reduktion führt daher zu endständigen primären Hydroxylgruppen, die an das unsubstituierte C-Atom gebunden sind, und sekundären Hydroxylgruppen an dem methylsubstituierten C-Atom, das als zweites C-Atom in der resultierenden Polymerkette figuriert.
Aus der Umwandlung von Polydimethylbutadien resultierende Polymere besitzen nur sekundäre Hydroxylgruppen, die jeweils am zweiten C-Atom, vom Kettenende aus gezählt, auftreten. Falls die Polymerkette des Ausgangsmaterials ungesättigte Seitenketten aufweist, wie z. B. bei einem Polybutadien, bei welchem 1,2-Addition stattgefunden hat, entstehen Polymere mit mehreren Hydroxylgruppen, die innerhalb dieser Ketten auftreten. Bei einem Polybutadien mit einem gewissen Anteil an 1,2-Addition sind alle bei der Umwandlung entstandenen Hydroxylgruppen primär und an den Enden der Seitenketten angeordnet. Solche Polymere eignen sich insbesondere als Vernetzungsmittel zur Anwendung bei bifunktionellen Polymeren, die mit bifunktionellen Härtungsmitteln gehärtet werden.
Das erfindungsgemässe Verfahren eignet sich insbesondere zur Anwendung auf Ausgangsmaterialien in Form von stereoregulären Polymeren. Ist das Ausgangsmaterial weitgehend stereoregulär, so sind die niedriger molekularren Produkte mit Hydroxylfunktionen, die daraus erhalten werden, ebenso vorwiegend stereoregulär und können mittels der Hydroxylgruppen gehärtet werden unter Bildung von Elastomeren und Harzen mit verbesserten physikalischen Eigenschaften. Natürliche stereoreguläre Polymere sind: Kautschuk, Balata und Guttapercha, Stereoreguläre synthetische Polymere können durch stereospezifische Polymerisationsverfahren erhalten werden, wie sie z. B. von Natta und anderen beschrieben sind. So kann weitgehend stereoreguläres Cis-1,4-Polybutadien in Gegenwart von Ziegler-Natta Katalysatoren hergestellt werden.
Die Umwandlung dieses Materials im Zuge des vorliegenden Verfahrens führt zu Produkten mit derselben hohen Stereoregularität.
Falls das Ausgangsmaterial ein Polybutadien mit sowohl cis- als auch trans-Konfiguration ist, weist auch das resultierende hydroxylgruppenhaltige Polymer eine gemischte Konfiguration auf, jedoch nicht notwendig im gleichen Verhältnis wie das Ausgangsmaterial. Die Struktur von Polymeren aus Ausgangsmaterialien mit gemischter sterischer Konfiguration wird zum Teil bestimmt durch das Verhältnis von cis- und trans-Bindungen, an welche sich Ozon anlagert. Dieses Verhältnis hängt seinerseits von der Reaktivität der beiden Bindungsarten unter den gegebenen Reaktionsbedingungen und dem Verhältnis der beiden Bindungsarten im Ausgangsmaterial ab. Im allgemeinen wird die trans-Doppelbindung leichter angegriffen, so dass folglich eine etwas grössere Menge an cis-Konfigurationen im resultierenden Polymer mit Hydroxylfunktionen vorhanden ist.
Beispiel
Ein Polybutadien hohen Molekulargewicht, im wesentlichen gebildet unter cis- 1 ,4-Additionspolymerisation von monomerem Butadien wurde wie folgt hergestellt: Ein Ziegler-Natta-Katalysator wurde hergestellt durch Vereinigen von 5 g getrocknetem Kobaltchlorid, 5 g Aluminiumchlorid und 5 ml Tri äthyl aluminium in 100 ml gereinigtem und getrocknetem Benzol.
1-2 ml des frisch bereiteten Katalysators (1 Std. alt) wurden in einem mit Rührer und Stickstoffeinleitungsrohr versehenen l-Liter-Reaktionsgefäss in 500 ml trokkenes Benzol gegeben. Das Benzol wurde mit gereinigtem Butadien gesättigt (35 bis 40 Min.) und dann wurde 17 Min. lang polymerisiert. Nach beendeter Reaktion wurde das Polymerprodukt ausgefällt.
Die Doppelbindungen im resultierenden Polymer, das eine intrinsische Viskosität von 1,4 in Benzol bei 300 aufwies, erwiesen sich spektroskopisch als zu 96 % durch cis-1,4-Additionspolymerisation entstanden. 2 % waren durch trans-1,4-Addition gebildet und 2 % der Doppelbindungen waren Vinylbindungen.
Das Polymer wurde sodann ozonisiert, indem man einen Strom von ozonhaltigem Sauerstoff bei Raumtemperatur 75 Min. lang durch eine Lösung von 5 g des Polymeren in 300 ml Chloroform durchströmen liess. Die Ozonkonzentration war so, dass in dieser Zeit 1,87 g Ozon in die Lösung eingeführt wurden. Das Chloroform wurde dann im Vakuum abgedampft, wobei ein Rückstand von 6,7 g polymerem Ozonid in Form einer viskosen Flüssigkeit zurückblieb.
Das Produkt von vier Ansätzen der vorstehenden Art in Form von 27 g polymerem Ozonid wurde vorsichtig mit Äthyl äther verrührt und zwecks Entfernung von unlöslichen Bestandteilen filtriert. Die filtrierte ätherische Lösung wurde auf - 100 abgekühlt und mit 11 g Lithiumaluminiumhydrid in ätherischer Lösung tropfenweise im Verlauf von 11/2 Sdt. versetzt, wobei die Temperatur der Lösung bei - 10 bis - 50 gehalten wurde.
Man liess das resultierende Reaktionsgemisch sich auf Raumtemperatur aufwärmen; dann wurde es 6 Std. lang am Rückfluss gekocht. Danach wurde wiederum auf Raumtemperatur abgekühlt und überschüssiges Lithiumaluminiumhydrid durch vorsichtige tropfenweise Zugabe von Wasser zersetzt. Die ätherische Lösung des rohen hydroxylgruppenhaltigen Polymers wurde dekantiert und durch dreimaliges Schütteln mit Wasser und Abdekantieren gewaschen. Überschüssiges und gelöstes Wasser wurde aus der ätherischen Lösung durch azeotrope Destillation mit Benzol entfernt.
Dann wurde das Lösungsmittel im Vakuum abgedampft. Das resultierende Polymerprodukt wurde mit Aceton verrührt und zur Entfernung von unlöslichen Bestandteilen filtriert, worauf das Filtrat zur Trockne eingedampft wurde. Der Rückstand wurde in Benzol gelöst und aus dieser Lösung wurde ein cis-1,4-Poly- butadien mit endständigen Hydroxylgruppen durch Zugabe von Petroläther ausgefällt.
Das hellgelbe flüssige Polymer (5,8 g) besass ein Molekulargewicht von 300 (Rast) und einen Hydroxylgehalt von 0,66 Äquivalenten pro 100 g. Die Funktionalität des Polymers betrug 2,18, die intrinsische Viskosität in Benzol bei 300 0,019. Der Grad der Ungesättigtheit betrug unkorrigiert 69 %, oder im Hinblick auf die Wirkung der Endgruppen korrigiert 95 %. Die Olefinbindungen waren zu 95 % cis-1,4, zu 1,3 % trans1,4 und zu 3,4 % Vinylbindungen.
Proben des obigen Ausgangsmaterials wurden in weiteren Versuchen dem erfindungsgemässen Verfahren unterworfen unter Anwendung von Ozonisierungszeiten von 45 bis 60 Min. Die dabei resultierenden Polymerprodukte wiesen Molekulargewichte im Bereich von 226-331, einem Durchschnitt von 287 und einem Mittelwert von 292 auf. Die Funktionalität variiert zwischen einem Minimum von 1,15 und einem Maximum von 2,25 mit einem Durchschnitt von 1,80 und einem Mittelwert von 1,85.
Die Verfahrensweise des vorstehenden Beispiels kann auf andere olefinische Polymere, sowohl stereoregulärer oder anderer Art angewendet werden unter Bildung von niedriger molekularen Polymeren mit Hydroxylfunktionen.