Verfahren zur Herstellung einer therapeutischen Tetracyclinzubereitung mit verlängerter therapeutischer Wirkung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer therapeutischen Tetracyolinzubereitung mit verlängerter therapeutischer Wirkung.
Arzneimittel mit verlängerter Wirkung sind in letzter Zeit zunehmend wichtiger geworden und von der Therapie sehr erwünscht. Bei manchen Produkten ist die Freigabe der wirksamen Substanz im Körper ausserordentlich unregelmässig. Einerseits kann die Geschwindigkeit der Freigabe des Wirkstoffes grösser sein als erwünscht, so dal3 im wesentlichen die gesamte Wirksubstanz in kürzester Zeit freigegeben und resorbiert wird, wobei die Gefahr der Uberdosierung entsteht.
Anderseits kann die Geschwindigkeit zu klein sein, also der Widerstand gegen die Zersetzung der Zubereitung zu gross, so dass nicht unwesentliche Mengen des Wirkstoffes unverändert und unausgenützt ausgeschieden werden.
Will man eine langfristige, gleichmässige Wirkung einer therapeutischen Zubereitung erzielen, muss man die Verabreichungen oft wiederholen. Um diese lästigen Wiederholungen zu vermeiden, versucht man vielfach, Arzneimittel in grossen Mengen und schwerer löslicher Form dem Körper einzuverleiben ; diese werden dann langsam in kleineren Dosen über einen längeren Zeitraum hinweg ins Blut abgegeben (Depotwirkung).
Wie alle Antibiotica bilden auch die Tetracyclinpräparate eine unerwünschte Gefahr für die Darmflora.
Die Therapie ist aus diesem Grunde zu der intramusku- lären Injektion, also zu einer Applikation ausserhalb des Magen-Darmkanals, geschritten ; dieser Verabreichungsart sind aber mancherorts Grenzen gestellt, beispielsweise in unterentwickelten Gebieten, wo die orale Verabreichung manchmal als einzige der Therapie zur Verfügung stehende Art übrigbleibt.
Man hat auch die Erfahrung gemacht, dass die Patienten besonders in unterentwickelten Gebieten, die Medikamente, die man ihnen nicht gerade in der Klinik verabreicht, sondern mitgibt, damit sie sie in gewissen Zeitintervallen einnehmen, fortwerfen.
Die Therapie ist auch aus diesem Grunde besonders daran interessiert, solche Arzneimittel zu verwenden, die eine längere Wirkungsdauer aufweisen.
Die Einführung solcher Arzneimitteldepots wurde beispielsweise beim Penicillin schon ziemlich zufrieden- stellend verwirklicht.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Technik verschiedene Wege eingeschlagen. Beim Penicillin hat man beispielsweise eine schwerer wasserlösliche Verbindung Penicillin-Novocaino hergestellt, die wegen ihrer geringen Löslichkeit längere Zeit im Blut verweilt, so dass die Zahl der Verabreichungen vermindert werden kann.
Einen ähnlichen Effekt erreicht man beim Penicillin auch dadurch, dal3 man das feste, oral zu verab- reichende Präparat mit verschiedenartigen Filmen umhüllt.
Um denselben Effekt für Tetracyclin zu erreichen, sind die bekannten Methoden erfolglos geblieben, was wegen der physikalischen und chemischen Eigenschaften des Tetracyclins durchaus verständlich ist.
Sowohl Tetracyclin als auch seine Derivate Chlortetracyclin, Oxytetracyclin und Dimethyltetracyclin sind als Basen im Wasser sehr schwer löslich, mindestens zuwenig, um einen günstigen therapeutischen Effekt erzielen zu konnen.
Bessere Löslichkeiten im Wasser weisen die salzsauren Salze des Tetracyclins und seiner Derivate auf, und diese Lösungen werden vor allem zur subkutanen Injektion verwendet.
Das Hydrochlorid weist aber einen grossen Nachteil auf, da es in der neutralen wässrigen Lösung und somit auch in den Körperflüssigkeiten stark der Hydrolyse unterworfen ist. Tetracyclinhydrochlorid zerfällt bei einem pH-Wert von 3 bis 7, 5 rasch in die Tetracyclinbase, die wegen mangelnder Löslichkeit im Wasser ausfällt.
Im sauren Milieu des Magensaftes bleibt es aber in Lösung und wird sehr rasch absorbiert, so dass am Anfang hohe Tetracyclinkonzentrationen im Blut auftreten ; die Wirkung ist aber von kurzer Dauer. Dies deutet darauf hin, dass das Tetracyclinhydrochlorid schon im Magen grösstenteils resorbiert wird.
Eine ähnliche gute Löslichkeit wie Hydrochlorid zeigen auch die Aminomethylverbindungen, sowohl als freie Basen als auch als saure Salze ; sie sind der Hydrolyse nicht unterworfen. Auch die Wirkung dieser im Wasser gut löslichen Form wird im Magen vollständig resorbiert und bewirkt relativ hohe Anfangskonzentrationen im Blut, aber ebenfalls von sehr kurzer Dauer.
Auch die Wirkung der im Wasser schwer löslichen Tetracyclinbase ist von kurzer Dauer ; die freie Base wird nämlich im sauren Magensaft grösstenteils in wasserlösliches Hydrochlorid umgewandelt und verhält sich im Magensaft wie dieses.
In einer Form werden sowohl das Tetracyclin wie auch seine Derivate und sauren Salze im Magen schnell resorbiert, so dass zu hohe Anfangskonzentrationen im Blut entstehen und die therapeutische Wirkung nur von kurzer Dauer ist.
Der amphotere Charakter des Tetracyclins erschwert in hohem Masse die Lösung der Aufgabe, eine Tetra cyclinzubereitung mit verlängerter Wirkung auf dem chemischen Wege herzustellen.
Das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung von Antibiotica der Tetracyclinreihe mit verlängerter therapeutischer Wirkung ist dadurch gekennzeichnet, dass man ein entsprechendes Antibioticum mit Polyvinylpyrrolidon in Gegenwart von arsenfreier Schellacklösung und einer schwer löslichen organischen Säure in einen Tetracyclin-Polyvinylpyrrolidonkomplex überführt.
Das nach diesem Verfahren hergestellte Tetracyclinpräparat wird vorzugsweise in Form eines Granulates hergestellt, welches mit einer wirkstoffreien Umhüllung versehen werden kann.
Es ist bekannt, dal3 Polyvinylpyrrolidon Farbstoffe, Toxine und viele andere organische Substanzen zu binden vermag. Beispielsweise kann man es zur Serum wascheo verwenden (Deutsche med. Rundschau 3, 551 [1949] ; R. Schubert : Arztl. Forschung 3, 203, 425 [1949] und Klin. Wochenschrift 29, 198 [1951]). Gewisse Polymerisationsstufen eignen sich ganz hervorragend auch als Depotmittel. Auf dieser Eigenschaft beruht beispielsweise das chemische Bindevermögen des Tetracyclins, seiner Derivate und Salze an Polyvinylpyrrolidon.
Als amphotere Substanz bildet Tetracyclin sowohl mit Säuren als auch mit Basen Salze ; mit Salzsäure bildet es ein Hydrochlorid, dessen Lösungen im neutralen Milieu stark der Hydrolyse unterworfen sind.
Die bei pH-Werten von über 3 ausgefallenen Tetra cyclinbasen sind sehr schwer löslich und die Absorption verläuft zu langsam und in einem Masse, welches für die Bildung wirksamer Blutspiegel nicht ausreicht.
Mit dem Polyvinylpyrrolidon werden Tetracyclin bzw. seine Derivate oder Salze chemisch zu einem Komplex gebunden, der wiederum unter den mildesten Bedingungen gespalten wird, so dass der Wirkstoff als genügend lösliche Substanz zur Absorption gelangen kann.
Sobald der Wirkstoff frei wird, entstehen wieder dieselben Bedingungen, die die Hydrolyse begünstigen, und für diesen Fall ist beim erfindungsgemässen Verfahren eine schwer lösliche organische Säure, beispiels- weis, e Fumarsäure, vorgesehen, um der Hydrolyse entge genzuwirken. Beispielsweise wird das Tetracyclinhydrochlorid bei der Herstellung sorgfältig mit Fumarsäure innig vermischt.
Sobald das Hydrochlorid beim Austritt aus dem Magen in das neutralisierende pH-Gebiet gelant, wird das Milieu durch die Fumarsäure so be einflusst, dass der pH-Wert der das Hydrochlorid umgebenden Flüssigkeit nie über einen solchen pH-Wert hinaufsteigen kann, dass die Hydrolyse des Tetracyclins eintreten könnte, und so das Ausfallen der Base be günstigt würde. Das aus dem Komplex freigesetzte Tetracyclin kommt unweigerlich in Verbindung mit der Fumarsäure, welche ihrerseits dafür sorgt, dass das Milieu bei genügend tiefem pH-Wert und so das salzsaure Salz des Tetracyclins erhalten bleibt. Die Mengen der Freigabe des Tetracyclins aus dem Polyvinylpyrrolidon-Komplex sind jederzeit sehr klein.
Aus diesem Grunde musste eine im neutralen Milieu schwer lös- liche organische Säure in Anspruch genommen werden.
Eine zu gut lösliche Säure wird zu schnell verbraucht, weshalb man eine solche verwenden muss, die den Wirkstoff durch den ganzen Weg des Gastrointestinaltraktes begleiten kann. Damit wird aber noch ein weiterer Vorteil erreicht :
Es ist bekannt, dal3 Tetracyclin nach gewisser Zeit nach der Verabreichung sowohl der Base als auch des Hydrochlorides bis zu 50 % unverbraucht im Exkrement ausgeschieden wird. Das erssindungsgemässe Präparat ermöglicht, dal3 die Tetracyclinverbindungen, in welcher Form sie auch verabreicht wurden, fast vollständig resorbiert werden, so dass man im Exkrement kaum Spuren davon finden kann. Diese Tatsache ermöglicht, dass man mit dem erfindungsgemäss hergestellten Prä- parat zeitlich weniger Tetracyclin zu verabreichen braucht als bisher.
Beispielsweise war es bisher üblich, alle Tetracyclinpräparate alle sechs Stunden zu verabreichen, während es mit den erfindungsgemäss hergestellten Präparaten genügt, dieselbe Dosis alle zwölf Stunden zu verabreichen, wobei man ein mindestens annähernd konstantes Blutspiegelniveau über die ganze Zeit erreicht.
Ein weiterer Vorteil bietet das erfindungsgemäss hergestellte Präparat in bezug auf die Darmflora ; wie alle anderen Antibioticas bedeuten auch Tetracyclinpräparate für die Darmflora eine Gefahr, da diese durch die Antibiotica oft in bedenklicher Weise geschädigt werden kann.
Nach dem erfindungsgemässen Verfahren wird ein Tetracyclinpräparat hergestellt, das eine langsame und sukzessive Freigabe des Wirkstoffes im gesamten Gastrointestinaltrakt bewirkt.
Es entstehen also an keiner Stelle des Gastrointestinaltraktes hohe Konzentrationen des Antibioticums ; dasselbe wird auf dem ganzen Weg langsam in kleinen Mengen freigegeben und im allgemeinen im Laufe von 8 und mehr Stunden langsam resorbiert.
Damit sind grosse Vorteile erreicht. Erstens weist das Präparat eine bis jetzt nicht erreichte Depotwirkung auf, und zweitens schädigt es die Darmflora nicht empfindlich, da die lokalen Konzentrationen des Wirkstoffes im Darm nur sehr klein sind.
Als Füllstoffe können Talcum und/oder Siloid (= Handelsname für Silicat mit geringem Schüttge- wicht) verwendet werden, da die Granula mit Talcum allein als Füllstoff gewichtsmässig zu schwer ausfallen würden.
Beispiel I. Man bereitet :
1. eine 20 gewichtsprozentige Lösung des Poly vinylpyrrolidons in Isopropylalkohol,
2. eine 40 gewichtsprozentige Lösung des Schel lacks in Isopropylalkohol.
II. Eine Mischung von :
Tetracyclin.. 1000 g
Fumarsäure... 150 g Siloid ..... 5 g
Talk..... 5 g
Zusammen... 1160 g wird mit 270 ml der 20 % igen Polyvinylpyrrolidonlö ; ung (1. 1.) und 130ml der 40% igen Schellacklösung TL 2.) befeuchtet, durchgeknetet und feucht durch ein Sieb von 20 Maschen gedrückt.
Das Granulat wird bei 30-40 C im Vakuum ge : rocknet und trocken durch ein Sieb von 16-50 Ma ichen gesiebt. Die in einer Grösse von 16-50 Maschen znfallenden Granula ergeben eine Ausbeute von 60-75 %-
III. Das trockene Granulat wird in einen rotieren ien Drogierkessel übertragen, und mit einem Gemisch von : 850 ml 20 % iger Polyvinylpyrrolidonlösung (I. 1.) und
150 ml 40 % iger Schellacklösung (I. 2.) im rotierenden Kessel gleichmässig befeuchtet.
Die feuchte Masse wird mit einem Gemisch von :
1500 g Tetracyolinhydrochlorid,
225 g Fumarsäure (15 % von Tetracyclin) und
75 g Siloid , zusammen also
1800 g in kleinen Portionen und gleichmässig bestäubt, und zwar so lange, bis die ganze Menge von 1800 g verbraucht wurde. Nach jeder Zugabe einer weiteren Portion werden die Granulate beispielsweise mit heisser Luft, die in die Trommel geleitet wird, getrocknet.
Bei diesem Verfahrensschritt wird kein Talcum verwendet, da sonst die Granula zu schwer und brüchig ausfallen würde.
Das so hergestellte Granulat wird durch ein Sieb von 20-40 Maschen gesiebt und bei 30 C im Vakuum getrocknet.
Die vom Sieb abgefallenen, nicht entsprechenden Teile nach dem Sieben werden für eine neue Charge restlos verwendet.
Der so hergestellte Kern kann schliesslich auf übliche Weise mit einem wirkstofffreien Vberzug versehen werden.
Gefundene Microgramm/ml Tetracyclin in Blutserum von Hunden Vergleichsversuche mit gewöhnlichem Tetracyclinhydrochlorid Versuche mit erfindungsgemässer Zubereitung von (nicht erfindungsgemäss) Tetracyclinhydrochlorid
Dosis: 10/65 Teile von 250 mg Dosis: 10/65 teile von 250 mg Stunden Stunden @@@@@@@@@ Mikrogramm/ml Blutserum @@@@@@@@@@ Mikrogramm/ml Blutserum nach Verabreichung nach Verabreichung
0 000000
2 0, 210 0, 236 2 0, 367 0, 636 0, 236
3 0, 236 0, 200 3 0, 450 1, 360 0, 376
4 0, 150 0, 2004 0, 480 1, 080 0, 420
6 0, 150 0, 159 6 0, 284 0, 850 0, 400
8 0, 000 0, 000 8 0, 256 0, 570 0, 256
10 0, 000 0, 000 10 0, 200 0,
450 0, 268
12 0, 000 0, 000 12 0, 168 0, 450 0, 284