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Verfahren zum Aufquellen oder Auflösen von Polyäthylenterephthalat Formstücke wie Fäden, Folien und dergleichen von Polyestern aus Terephthalsäure und aliphatischen Dioxyverbindungen, z. B. von Polyäthylenterephthalat, werden meistens aus dem Schmelzfluss hergestellt. Daneben interessiert auch die Verarbeitung der genannten hochmolekularen Kondensationsprodukte aus Lösungen, z. B. ebenfalls zur Herstellung von Fäden oder zum Aufbringen von Überzügen auf fester Unterlage durch Spritzen, Streichen oder Tauchen. Einer solchen Arbeitsweise kommt aber nur dann praktische Bedeutung zu, wenn eine genügend grosse Auswahl an Lösungsmitteln zur Verfügung steht, so dass je nach den Arbeitsbedingungen nach Belieben das eine oder andere Lösungsmittel verwendet werden kann. Bei der Herstellung von Fäden z.
B. wird man solche Lösungsmittel bevorzugen, die mit Wasser mischbar sind, so dass Wasser als Fällmittel verwendet werden kann; dabei isst es zweckmässig, wenn die Mischbarkeit mit Wasser nicht ideal gut ist, damit das Lösungsmittel durch Temperaturerniedrigung oder Salzzusatz wiedergewonnen werden kann und so eine Destillation vermieden wird. Schliesslich muss auch hinsichtlich der Giftigkeit der Lösungsmittel je nach Verwendungszweck eine Auswahl getroffen werden können. Diese vielfältigen Forderungen der Praxis sind bis jetzt nicht in der gewünschten Breite zu erfüllen, da das zur Verfügung stehende Sortiment an brauchbaren Substanzen viel zu gering ist.
Es wurde nun ein Verfahren zum Aufquellen oder Auflösen von Polyäthylenterephthalat gefunden, das dadurch gekennzeichnet ist, dass man als Quel- lungs- oder Lösemittel organische Verbindungen mit einem Siedepunkt bei Normaldruck von mindestens 70 C verwendet, die der Formel X1-X2 oder X1-R-X2 entsprechen, wobei sowohl X1 als auch X2 eine mono- valente polare Gruppe mit einem Gruppenmoment von mindestens 1,5 Debye, die höchstens 3 C -Atome aufweist, und deren freie Valenz von einem C-Atom ausgeht, das mit mindestens einer seiner übrigen Valenzen an ein Heteroatom gebunden ist, und R einen zweiwertigen Kohlenwasserstoffrest mit höchstens 4 C-Atomen bedeutet.
Das Gruppenmoment kommt durch vektorielle Addition der einzelnen Bindungsmomente innerhalb einer Gruppe zu einem gemeinsamen Moment zustande (siehe dazu Houben-Weyl Methoden der organischen Chemie , Stuttgart 1955, Bd 111/2, Seite 376).
Die Gruppe X1 kann z. B. eine der nachstehenden monovalenten Gruppen darstellen:
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wobei R1 ein aliphatisches Radikal mit höchstens 2 C-Atomen darstellt,
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wobei R2 ein aliphatisches Radikal mit höchstens 2 C-Atomen ist. X2 ist z. B. eine der folgenden monovalenten polaren Gruppen:
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wobei R1 ein aliphatisches Radikal mit höchstens 2 C-Atomen ist, -COOH, -COOR3, wobei R3 ein aliphatisches Radikal mit höchstens 2 C-Atomen ist.
Grenzen die genannten polaren Gruppen im Lösungsmittel unmittelbar aneinander oder sind sie zu weit voneinander entfernt, so ist, wie man sich anhand der Stuartschen Molekülmodelle überzeugt, die Wechselwirkung und damit die Solvatation des Polyesters erschwert. Es ist möglich, dass die Hauptkette der Lösungsmittelmoleküle verzweigt und weiterhin gesättigt oder ungesättigt sein kann. Diese Verhältnisse mögen an folgender homologer Reihe von Diäthylestern näher gezeigt werden: Im Oxalsäurediäthylester liegen beide Estergruppen unmittelbar aneinander; hinzu kommt eine gewisse sterische Abschirmung der polaren Gruppen durch die C2H5-Gruppen. Oxalsäurediäthylester ist daher als Lösungsmittel für Polyäthylenterephthalat ungeeignet; es findet lediglich eine geringe Quellung statt.
Bei Einführung einer CH2-Gruppe werden die geometrischen Voraussetzungen für eine Solvatation des Polyesters günstiger, so dass Malonsäurediäthyl- ester etwa 70% des Polyesters zu lösen vermag; der noch ungelöste gequollene Rest besteht aus den höchstmolekularen Anteilen des Polyesters, die vom Malonsäurediäthylester erst 20 C oberhalb der Temperatur des normalen Siedepunktes, also bei Anwendung eines geringen Überdruckes, gelöst werden.
Das nächste Molekül der homologen Reihe der Lösungsmittel ist Bernsteinsäurediäthylester, der auf Grund der besonders günstigen geometrischen Struktur ein gutes Lösungsmittel darstellt. Das gleiche gilt für Glutarsäurediäthylester, während sich der Adipin- säurediäthylester wieder ähnlich wie Malonsäure- diäthylester verhält.
In den genannten Diäthylestern der Malon-, Bernstein-, Glutar- und Adipinsäure entsprechen die Gruppen
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den polaren X1 und X2 der weiter oben genannten allgemeinen Formel X1-R-X2. Das Gruppenmoment der
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beträgt 1,7 Debye.
Der genannte sterische Einfluss der C2H5- Gruppe kommt im unterschiedlichen Löslichkeitsverhalten von z. B. Fumarsäuredimethylester und Fumarsäure- diäthylester deutlich zum Ausdruck; bei ersterem liegt die Löslichkeitstemperatur bei 130 , bei letzterem aber bei 165 C. Dabei ist unter der Löslichkeitstemperatur die Temperatur zu verstehen, unterhalb deren sich das Hochpolymere beim Abkühlen der homogenen Lösung wieder ausscheidet.
Der Abstand zwischen den beiden polaren Gruppen im Lösungsmittel kann zur Erzielung einer Lösungswirkung auch kleiner sein als derjenige zwischen den
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in der Gruppe
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beim Polyester aus Terephthalsäure und Äthylen- glykol, wenn eine der beiden polaren Gruppen des Lösungsmittels stärker polar ist als eine Carbmethoxy- gruppe oder eine sterisch nicht behinderte polare Gruppe darstellt. So ist es zu verstehen, dass Cyan- essigsäuremethylester zum Unterschied vom Malon- säurediäthylester ein gutes Lösungsmittel darstellt.
Das gleiche gilt für die ebenfalls sehr gut lösenden Verbindungen Trichloräthanol oder 2-Nitropropanol-l. Chloressigsäure oder Trichloressigsäure lösen sehr gut, da hier die für die Solvatation massgebenden Gruppen sterisch völlig unbehindert sind im Gegensatz zu z. B. Oxalsäurediäthylester.
Da Polyäthylenterephthalat mehr oder minder grosse kristalline Anteile enthält, ist zur Herstellung einer Lösung im allgemeinen eine Temperatur von mindestens 70 C erforderlich. Die Temperaturen zum Herstellen der Lösungen liegen im allgemeinen in, dem Bereich zwischen 70 und 200 C. Bei Verwendung von Lösungsmitteln mit einer Siedetemperatur von 130 C und höher bei Normaldruck erfolgt die Lösung vorzugsweise bei Temperaturen von 150 bis 180 C.
Es kommen also von den hier betrachteten Verbindungen nur solche in Betracht, deren Siedepunkt bei Normaldruck mindestens 70 C beträgt. Bei Verbindungen, bei denen auch ein so hoher Siedepunkt aus z. B. sterischen Behinderungen nicht zum Lösen ausreichend ist, muss unter entsprechendem über- druck gearbeitet werden, wofür bereits ein Beispiel angeführt wurde. Als weitere Beispiele seien Äthylen- glykol und Glykol_diacetat genannt, die beide erst bei 220 C, also etwas oberhalb ihres normalen Siedepunktes, lösen.
Werden den genannten Lösungsmitteln Nichtlöser zugesetzt, so wird die oben definierte Löslichkeitstemperatur im allgemeinen erhöht. Diese Erscheinung
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stellt zwar in wärmetechnischer Hinsieht einen Nachteil dar, doch kann dieser häufig in Kauf genommen werden, wenn die zugesetzte Substanz in anderer Hinsicht, z. B. bezüglich der Wirtschaftlichkeit, der geringeren Giftigkeit oder grösseren thermischen Stabilität besondere Vorteile bietet. Zum Beispiel liegt die Löslichkeitstemperatur von Acetylendicarbonsäure- dimethylester bei 130 C; bei Zusatz von 1/3 Lackbenzin steigt die Löslichkeitstemperatur auf 163 C.
Günstiger verhält sich das System Trichloräthanol- Butanol: Bei ersterem allein beträgt die Löslichkeitstemperatur 110 C; wird Trichloräthanol mit der gleichen Menge des Nichtlösers n-Butanol verdünnt, so erhöht sich die Löslichkeitstemperatur um nur 15 C. Auch ein Gemisch aus 2 Gewichtsteilen Monochloressigsäure und 3 Gewichtsteilen Eisessig, der für sich allein nicht löst, gibt bei 125 C klare Lösungen von Polyäthylenterephthalat.
Es können auch Gemische aus den genannten als Lösungsmittel oder Quellmittel dienenden Substanzen verwendet werden, wobei die Variationsmöglichkeiten naturgemäss sehr gross sind. Beispielsweise lassen sich die Lösungsmittel allein im Verhältnis von 0-100%e mischen. Bei der Mischung von Lösungsmitteln und Quellmitteln ist es vorteilhaft, zwischen 1 bis höchstens 50% an Quellungsmitteln dem Lösungsmittel zuzusetzen. Ein höherer Gehalt an Quellmitteln ist unzweckmässig. Auf die genannte Weise lassen sich Lösungen der Polyester herstellen, die etwa 1 bis 30 %a Feststoffgehalt haben.
Zwischen den Bezeichnungen Lösungsmittel und Quellmittel kann keine scharfe Grenze gezogen werden. Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein Quellungsmittel für einen Polyester einer bestimmten Viskosität ein Lösungsmittel für einen Polyester geringerer Viskosität darstellt. Zum Beispiel wird ein Polyester der spezifischen Viskosität von 0,8, gemessen in 1% iger Lösung in einem Gemisch von 40 Gewichtsteilen Phenol und 60 Gewichtsteilen 1,1,2,2-Tetrachloräthan bei 20 C, in Adipinsäure- diäthylester nur zum Teil gelöst, während der Rest gequollen ist; ein Polyester der spezifischen Viskosität 0,50 wird von Adipinsäurediäthylester aber bei 172 C gelöst. Der gleiche Polyester der spezifischen Viskosität 0,50 wird auch z.
B. bei l65 von Malon- säurediäthylester gelöst, nicht aber ein Polyester der spez. Viskosität 0,90.
In der nachfolgenden Tabelle sind für den Fach- man Hinweise gegeben, mit welchen Stoffen sich vorteilhaft Lösungen der genannten Polyester herstellen lassen. Die Viskosität des verwendeten Polyäthylen- terephthalates beträgt 1800 cP bei 20 C in einer 20 % igen Lösung in Chloressigsäure -h Trichloressig- säure im Verhältnis 2 : 3.
Die Konzentration der Lösungen in der Tabelle beträgt jeweils 0,5 0/a.
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Konstitution des Restes Gruppenmoment LöslichkeitsLösungsmittel Formel in Debye von temperatur x1 I x2 xi I x2 o C O 11 Acetonylaceton (H3CCOCH2)2 H3CG- wie Xi 2,8 2,8 160 O O Bernsteinsäure- l! 11 dimethylester (H3COCCH2)2 H3COC- wie Xi 1,7 1,7 145 O O Bernsteinsäure- li 11 diäthylester (H5C20CCH2)2 H5C20C- wie X, 1,7 1,7 160 O Maleinsäure-11 dimethylester H..COOCCH = CHCOOCH, H3COC- wie Xi 1,7 1,7 145 O Maleinsäure-11 diäthylester H"C200CCH = CHCOOC2Hs H5C20G- wie Xi 1,7 1,7 160 O Fumarsäure-11 dimethylester H.COOCCH = CHCOOCH3 H3(OC- wie Xi 1,7 1,7 1304 O Acetylendicarbon-11 säuredimethylester H3COOCC - CCOOCH3 H3COC- wie Xi 1,7 1,7 1305 Glykolmonoacetat HOCH2CH200CCH, HOCH2 -CH200CCH3 1,7 1,8 160 Chloressigsäure C1H2CCOOH C1H2C- HOOD 2,
1 1,7 601,2 ss-Chlorpropionsäure CIH,CCH,COOH CLH,G HOOC- 2,1 1,7 40i
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Konstitution des Restes Gruppenmoment /i LöslichkeitsLösungsmittel Formel in Debye von temperatur Xi X2 X1 l X2 Trichloressigsäure C13CCOOH C13C- HOOC- 1,6 1,7 571 Trifluoressigsäure F.CCOOH F3C- HOOC- 1,55 1,7 < 103 O Cyanessigsäure-11 methylester NCCH.COOCH, NC- H3COC- 3,5 1,7 155 Trichloräthanol C13CCH20H C13C- HOCH2 1,6 1,7 110 H 2-Nitropropanol-1 CH3 CH(N02)CH20H N02 C- HOCH2 3,2 1,7 115 u113 ,B-Chlorpropionitril CIH,CCH2CN C1H2C- NC- 2,1 3,5 125 Bei Erhöhung der Konzentration steigt die Löslichkeitstemperatur an, z. B.
Cyanessigsäuremethylester 0,51/o -@ 1551C, 5010 -> 1701C. 1 Bei dieser Temperatur kristallisiert das Lösungsmittel aus. 2 Eine 201,%ige Lösung von Polyäthylenterephthalat in Chloressigsäure kristallisiert ebenfalls bei 601 aus; bei 1001 ist diese Lösung noch zähflüssig und leicht verformbar. 3 Es sei bemerkt, dass sich auch 301/oige Lösungen des Polyesters mit Trifluoressigsäure herstellen lassen. Ferner sei erwähnt, dass die gute Lösefähigkeit der Trifluoressigsäure auch erhalten bleibt, wenn man für die Auflösung des Polyesters z. B. Gemische von Trifluoressigsäure und Methylenchlorid oder Chloroform verwendet. Die Löslichkeitstemperatur einer 101/oigen Lösung beträgt 1501 C. #@ Die Löslichkeitstemperatur einer 101/oigen Lösung beträgt 160 C.
Weiterhin sei noch bemerkt, dass sich 0,5 %ige Lösungen des Polyesters mit Gemischen von Chloressigsäure und Oxalsäurediäthylester im Verhältnis 67: 33, die bei 26 C haltbar sind, Chloressigsäure und Maleinsäureanhydrid im, Verhältnis 50:50, die bei 18 C haltbar sind, oder Chloressigsäure und Tri- chloressigsäure im Verhältnis 40: 60, die bei 10 C haltbar sind, herstellen lassen. Das zuletzt genannte Lösungsmittelgemisch löst das Polyäthylenterephthalat bereits bei 30 C auf, bei 70 C sogar in wenigen Minuten.
Auch in Gemischen aus 1 Gewichtsteil Cyanessigsäuremethylester (Lm) und 1 Gewichtsteil Maleinsäuredimethylester (Lm) (Löslichkeitstemperatur 148 ), 1 Gewichtsteil Cyanessigsäuremethylester (Lm) und 1 Gewichtsteil Glycerintriacetat (Qm) (Löslichkeitstemperatur 170 ), 2 Gewichtsteilen Bernsteinsäuredimethylester (LM) und 1 Gewichtsteil Adipinsäurediäthylester (Qm) (Löslichkeitstemperatur 166 ), 3 Gewichtsteilen Trichloressigsäure (Lm) und 1 Gewichtsteil Glykolsäure (Qm) (Löslichkeitstemperatur 0 ), 1 Gewichtsteil Malonsäurediäthylester (Qm) und 2 Gewichtsteilen Fumarsäurediäthylester (Lm) (Löslichkeitstemperatur 165 ), 1 Gewichtsteil Trifluoressigsäure (Lm), 4 Gewichtsteilen Methylenchlorid (NL), wobei 20-50 % des Methylenchlorids durch nichtlösende Kohlenwasserstoffe, wie Benzol, Toluol, Hexan oder durch Tetrachlorkohlenstoff ersetzt werden können,
lassen sich Lösungen von Polyäthylenterephthalat herstellen, wobei Lm Lösungsmittel, Qm Quellungsmittel und NL Nichtlöser bedeutet.