Verfahren zur Gewinnung sedativ und blutdrucksenkend wirksamer Extrag' aus Rauwolfia-Drogen Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Extrakten aus Rauwolfia-Drogen, wie Rauwolfia serpentina, R. canescens, R. hetero- phylla, R. inebrians, R. vomitoria und dergleichen.
Diese Extrakte enthalten vorzugsweise die in den Drogen vorhandenen sedativ und blutdrucksenkend wirksamen Alkaloide, wie Reserpin und Rescinn- amin. Die Rauwolfia-Drogen enthalten zahlreiche Alkaloide; aus einer Rauwolfiaart sind schon über 20 verschiedene Alkaloide isoliert worden, von denen aber nur wenige wertvolle sedative und blutdruck senkende Eigenschaften aufweisen.
Im allgemeinen sind die Alkaloide, die sedativ und blutdrucksenkend wirksam sind, wie das Reserpin und Rescinnamin, schwache Basen, während die übrigen in der Droge enthaltenen Alkaloide, die keine oder nur eine ge ringe sedative Wirkung zeigen, mittelstarke oder starke Basen sind.
Nach dem vorliegenden Verfahren können in besonders einfacher Weise Extrakte erhalten werden, welche vor allem die wertvollen schwach basischen Alkaloide, wie z. B. Reserpin und Rescinnamin, hin gegen praktisch keine der unerwünschten mittelstar ken und starken Basen, welche im Drogenrückstand verbleiben, enthalten.
Ausgehend von der gemahlenen Rauwolfia-Droge sind Verfahren bekannt, die im Prinzip auf zwei Wegen eine Anreicherung des sedativen und blutdruck senkenden Prinzips ermöglichen: 1. Extraktion der freien Base aus der Droge nach ihrer Freisetzung durch Alkali (z. B. Äther extraktion der mit Ammoniak behandelten Droge, Van Itallie & Steenhauer, Arch. d. Pharmacie 270 (1932), Seiten 313-322).
2. Extraktion der Alkaloidsalze aus der Droge durch geeignete Lösungsmittel, z. B. Methanol oder verdünnte Essigsäure (vgl. Brit. Patentschrift Nr. 734108).
Bei diesen bekannten Verfahren gehen neben den sedativen Wirkstoffen der Droge auch die andern Alkaloide und erhebliche Mengen an Ballaststoffen und Harzen in den Primärextrakt, so dass nur eine relativ geringe Anreicherung der sedativ wirksamen Komponente erreicht wird. Um eine weitere Anrei cherung zu erzielen, sind besondere Reinigungsver fahren notwendig. Bei der Extraktion der freien Base aus der alkalisierten Droge können ausserdem grosse Verluste durch Zerstörung der alkaliempfindlichen sedativ wirksamen Alkaloide eintreten.
Es wurde nun gefunden, dass man aus Rauwolfia- Drogen Extrakte, die besonders reich an sedativ und blutdrucksenkend wirksamen Stoffen, insbesondere Reserpin sind, erhalten kann, wenn man die in der Droge vorliegenden Salze der schwachbasischen Alkaloide durch Befeuchtung der Droge mit Wasser hydrolysiert, die freigelegten schwachen Basen mit Benzolkohlenwasserstoffen, z. B. mit Benzol oder Toluol, extrahiert und anschliessend die Neutralstoffe abtrennt.
Die zur Befeuchtung der Droge angewandte Wassermenge entspricht dabei zweckmässig der 0,5 bis 1,2fachen, vorzugsweise der 0,8fachen Menge des Gewichtes an trockener Droge. Mit einer solchen Wassermenge kann eine gute und gleichmässige Quellung der Droge erzielt werden.
Die Extraktion wird vorteilhaft bei erhöhter Temperatur, vorzugsweise bei 40-80 , durchgeführt. Durch das Befeuchten der Droge mittels Wasser werden die in dem Ausgangsmaterial in Form von Alkaloidsalzen vorhandenen sedativen Wirkstoffe in schonender Weise zu den freien Basen hydrolysiert, welche dann quantitativ mit Benzolkohlenwasser- stoffen unmittelbar aus der feuchten Droge heraus- gelöst werden.
Auf diese Weise werden die grossen Verluste an Reserpin, die bei der üblichen Hydrolyse mit Alkali entstehen, ausgeschlossen und gleichzeitig eine selektive Anreicherung dadurch erzielt, dass sich die Hydrolyse nur auf die Salze der schwachen, wert vollen Basen erstreckt.
Die in der Droge vorliegenden Salze der Rau wolfia-Alkaloide sind in Benzolkohlenwasserstoffen unlöslich. Auch in Wasser sind diese Salze sehr schwer löslich. Weder Wasser noch Benzolkohlen- wasserstoffe für sich allein sind deshalb als Extrak tionsmittel verwendbar. Erst die durch die Feuchtig keit bewirkte Hydrolyse erlaubt die Herauslösung des Reserpins und damit seine Abtrennung von der Masse der übrigen Alkaloide, deren Salze unter die sen milden Bedingungen nicht hydrolysiert werden.
Die nach der Extraktion mit den Benzolkohlen- wasserstoffen anfallende Lösung ist hellbraun gefärbt, während bei den bekannten Verfahren tief dunkel gefärbte Lösungen anfallen. Die Aufarbeitung der erhaltenen Lösung kann nach den üblichen Verfahren erfolgen. Man kann ihr beispielsweise durch Aus schütteln mit Säure, z. B. verdünnter Phosphorsäure, die basischen Bestandteile entziehen, wobei die zurückbleibenden Benzolkohlenwasserstoffe zu weite ren Extraktionen Verwendung finden können.
Benzol kohlenwasserstoffe verhalten sich gegenüber Chloro form hinsichtlich der Verteilung der sedativ wirk samen Bestandteile der Rauwolfia-Droge zwischen organischer und wässrigsaurer Phase gerade umge kehrt. Aus der Gruppe der sedativ wirksamen Alka loide der Rauwolfia-Droge besitzt beispielsweise das Reserpin in dem System 5 %ige Phosphorsäure[Benzot einen Verteilungskoeffizienten von 14:1, während dieser Koeffizient in dem System 5 o/aige Phosphor säure;Chloroform 1 : 14 ist.
In diesen Zahlen drückt sich das hohe Lösungsvermögen des Chloroforms für die Salze der Alkaloide dieser Gruppe aus.
Aus der phosphorsauren Lösung lassen sich nach Einstellen auf pfi 6,5-7,0 die sedativ wirksame. Alkaloide durch erschöpfende Extraktion mit orga nischen Lösungsmitteln, z. B. Benzol oder Methylen- chlorid, ausschütteln. Der Verdampfungsrückstand, der die gesamten sedativ und blutdrucksenkend wirk samen Bestandteile enthält, stellt ein hell gefärbtes, lockeres Produkt dar. Sein Gewicht entspricht etwa 0,6-1,6%, des angewandten Drogengewichts.
Eine andere Möglichkeit zur Reinigung des Benzolkohlenwasserstoff-Extrakts besteht darin, dass man dessen Trockenrückstand mehrfach mit Petroi- äther zwecks Abtrennung der Fett- und Wasch bestandteile auskocht und den unlöslichen Rückstand gewinnt.
Das erfindungsgemässe Verfahren, nämlich das Pflanzenmaterial mit Wasser anzufeuchten, die frei gelegten schwachen Basen mit Benzolkohlenwasser- stoffen zu extrahieren und anschliessend die Neutral stoffe in bekannter Weise abzutrennen, stellt eine ausserordentlich schonende Behandlung des Aus gangsmaterials bei fast neutralem plI-Wert dar, wo- durch eine Erniedrigung der Ausbeute durch Versei fung der sedativ wirksamen Alkaloide, wie es bei den bekannten Verfahren der Fall ist, vermieden wird.
Im Gegensatz zu den bekannten Verfahren kann so ein Extrakt erhalten werden, der nur wenig un erwünschte Alkaloide, Ballaststoffe und Harze auf weist, dagegen die sedativ wirksamen Komponenten bereits sehr stark angereichert enthält. Es ist durch aus überraschend, dass sich aus der mit Wasser an gefeuchteten Droge mittels Benzolkohlenwasserstoffen die sedativ und blutdrucksenkend wirksamen Verbin dungen so leicht extrahieren lassen, da aus der trocke nen Droge mit Benzolkohlenwasserstoffen, anders als mit Chloroform oder Methylalkohol, praktisch keine basischen Bestandteile extrahiert werden können.
Da die Benzolkohlenwasserstoffe die durch die Befeuchtung der Droge nicht hydrolysierten Alkaloid salze, sowie die störenden Begleitsubstanzen nicht zu lösen vermögen, ermöglicht das erfindungsgemässe Verfahren die Herstellung von Extrakten, die reich an sedativ und blutdrucksenkend wirksamen Bestand teilen, insbesondere an Reserpin, sind. Die rohen Extrakte sind schon fast frei von harzartigen Ballast stoffen und lassen sich besonders leicht weiter rei nigen.
<I>Beispiel 1</I> 750 g fein gemahlene Wurzeln von Rauwolfia serpentina Benth. werden mit 800 ml Wasser ange feuchtet und 3 Stunden zum Zwecke einer guten und gleichmässigen Durchfeuchtung und Quellung stehengelassen. Die so behandelte Droge wird in einem Soxhlet-Apparat mit 3-4 Liter Benzol 20 Stunden lang extrahiert.
Der Benzolextrakt wird ?mal mit je 200 ml 10 %,iger Phosphorsäure ausge- schüttelt und die phosphorsaure Lösung mit Biear- bonat auf pli 6,5-7 eingestellt. Dann wird diese Lösung 5mal mit je 200 ml Benzol ausgeschüttelt, der Benzolextrakt mit Natriumsulfat getrocknet und die Lösung im Vakuum verdampft.
Es hinterbleibt ein hellgefärbter schaumiger Rückstand von 4,4 bis <B>5,0 g.</B>
Der Rückstand enthält alle blutdrucksenkend und sedativ wirksamen Komponenten, darunter auch das gesamte Reserpin. Der Reserpingehalt ist bei den einzelnen Drogen verschieden und er schwankt auch bei den einzelnen Chargen ein und derselben Droge. <I>Beispiel 2</I> 500 g gemahlene Wurzeln von Rauwolfia vomi- toria werden mit 300 ml Wasser gut durchgemischt und mit Benzol im Soxhlet 7 Stunden lang extrahiert.
Das Destillationskonzentrat wird zur Trockne ver dampft, mechanisch zerkleinert und 2mal mit je 200 ml Petroläther (Kp. 60-90 ) 1/, Stunde lang am Rückfluss gekocht.
Nach Abtrennung des orga nischen Lösungsmittels, das die Fett- und Wachs anteile enthält, hinterbleibt ein unlöslicher Rückstand mit den sedativ und blutdrucksenkend wirksamen Alkaloiden. Ausbeute: 6,0g = 1,2% der Droge. <I>Beispiel 3</I> 240 g gemahlene Wurzeln von Rauwolfia vomi- toria werden mit 120 ml Wasser angefeuchtet und 8 Stunden mit Toluol extrahiert.
Zur Herabsetzung des Siedepunktes wird dabei unter vermindertem Druck gearbeitet, so dass die Siedetemperatur etwa 80 C beträgt. Der Toluolextrakt wird wie im Bei spiel 1 aufgearbeitet. Die Ausbeute beträgt 3,9 g = 1,60/a der Droge.
<I>Beispiel 4</I> 500 g gemahlene Wurzeln von Rauwolfia canescens werden mit 400 ml Wasser angefeuchtet und die Mischung 3 Stunden stehengelassen. Die feuchte Droge wird dann in einem Soxhletapparat während 7 Stunden mit Benzol extrahiert. Der Benzolextrakt wird dreimal mit je 200 ml 5 0/ iger Phosphorsäure ausgeschüttelt. Die abgetrennte Phos- phorsäurelösung wird durch Zugabe von Natrium- bicarbonat auf pfi 7,0 eingestellt.
Die erhaltene Lö sung wird dreimal mit je 200 ml Methylenchlorid ausgeschüttelt, die vereinten Methylenchloridextrakte mit Natriumsulfat getrocknet und das Lösungsmittel im Vakuum verdampft. Ausbeute 5,1 g entsprechend 1,02 % der angewandten Droge.