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Verfahren zur Herstellung eines kristallisierten Wirkstoffes aus Alijumarten
Verschiedene
Alliumarten werden in der Volksheilkunde wie in der wissenschaftlichen Medizin immer
wieder bei einer Reihe von Krankheitserscheinungen empfohlen und mit Erfolg angewendet.
Der intensive Geruch und die Reizwirkung der Inhaltsstoffe auf die' Schleimhäute
haben indessen eine allgemeine Anwendung erschwert. Es wurden deshalb verschiedene
Versuche unternommen, um geruchlose Knoblauchpräparate herzustellen. Eine Gruppe
von Verfahren befaßt sich mit der adsorptiven und chemischen Bindung der Knoblauchöle
in Preßsäften und in der zerkleinerten Droge (Deutsche Patentschrift 432 053, österreichische
Patentschriften 77 938 und I43 320).
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Eine andere Gruppe von Verfahren beruht darauf, daß die enzymatische
Spaltung der unbekannten genuinen Substanzen zu Knoblauchöl durch trockenes Erhitzen
oder durch Alkoholdampf zu vermeiden versucht wird (Deutsche Patentschrift 647 067,
österreichische Patentschrift I27 II7).
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Mit der Isolierung des Wirkstoffes aus Knoblauch hat sich Rundqvist
(Farinazeutiskt Notisblad, Helsingfors, I909, Bd. I8, S.323) erstmals eingehend,
doch ohne Erfolg befaßt. Laland und Havrevold (Z. f physich. Chem. 221, I80 [I933])
konnten aus Knoblauch eine blutzuckersenkende und eine blutzuckererhöhende Fraktion
isolieren. Lehmann (Arch. exp. Path. u. Pharm. 147, 245 [I930]) wies als erster
die antibakterielle Eigenschaft des Knoblauchs experimentell nach und J. Cavallito
und J. Bailey (I. Am. Soc. 66, I550 [I944]) gelang es dann, nach
der
WasserdampfdestiUation unter vermindertem Druck eines wäßrig-alkqholischen Knoblauchextraktes
aus dem Destillat eine wasserlösliche Substanz zu isolieren, die ein nicht haltbares,
farbloses Öl von der Zusammensetzung C6HloOS2 war. -Dieser Substanz kommt noch in
Verdünnungen von 1 : 125 000 im lochplattentest eine antibakterielle Wirksamkeit
gegenüber Staphylokokken, Streptokokken, Bac. dysenteriae, Bac. typhi und vibrio
cholerae zu. Cavallito und Mitarbeiter (I. Am. Soc. 67, I032[I945]) konnten die
antibakterielle Substanz im frischen, mit Alkoholdampf stabilisierten Knoblauch
nicht nachweisen.
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Fügten sie aber einer wäßrigen Suspension von stabilisiertem, frischem
Knoblauch, die an sich gegenüber Bakterien unwirksam war, einp deine Menge der nicht
stabilisierten fnschen Droge w, zu, so trat eme starke antibakterielle Wirkung auf.
Daraus schlossen sie, daß der antibakterielle Stoff durch die Einwirkung eines Fermentes
aus-- einer- -noch unbekannten, genuinen Substanz abgespalten wird.
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Das Verfahren betrifft nun die Isolierung eines genuinen, kristallisierten,
geruchlosen, stickstoff- und schwefelhaltigen Wirkstoffes aus Alliumarten, wie z.
B. Knoblauch (Alliurn sativum) und Bärlauch (Allium ursinum). Es besteht darin,
daß Zwiebeln von frischem Knoblauch, die ungefähr 70% Wasser enthalten, gefroren
und dann unter Zugabe von Trockeneis möglichst fein gemahlen werden. Zur Extraktion
des Mahlgutes, bei der der Wirkstoff möglichst erschöpfend und von möglichst wenig
Ballaststoffen begleitet aus der Droge herausgelöst werden. soll, sind besonders
niedermolekulare Alkohole, wie Methylalkohol und Äthylalkohol, geeignet. Wird die
Droge mit der dreifachen Menge des Alkohols extrahiert, so erhält man bei der. Extraktion
die gewünschte Alkoholkonzentration von etwa 8o 0Io, welche notwendig ist, um ein
Zusammenballen des Extraktionsgutes zu vermeiden und um die Einwirkung von Fermenten
auf den Wirkstoff zurückzudrängen. Die Extraktion kann dann sowohl bei gelinder
Wärme wie auch in~der Kälte durchgeführt werden. Der alkoholische Auszug wird im
Vakuum bei möglichst niedriger Temperatur zur:Sirupionsistenz eingedampft. Der Rückstand
kann nun direkt weiterverarbeitet werden; vorteilhafter ist es aber, das darin noch
vorhandene Knoblauchöl und Pflanzenfett mit Äther auszuschütteln oder durch Zentrifugieren
abzutrennen. Aus dem so geklärten, wäßrigen Knoblauchextrakt kann der Wirkstoff
mittels flüssigen bzw. mit Wasser flüssig werdenden, aber mit Wasser nicht mischbaren
organischen~ Verbindungen von saurem Charakter ausgeschüttelt werden. - Zur Extraktion
des Wirkstoffes aus der wäßrigen. Lösung erweisen sich als besonders geeignet mit
Wasser verflüssigtes Phenol oder o-Kresol; ferner kommen Valeriansäure, Capronsäure
usw. in Betracht. Daß für die Extraktion nur organische Verbindungen ausgesprochen
saurer Natur verwendet werden können, läßt vermuten daß zwischen dem Lösungsmittel
und den basischen Gruppen des Wirkstoffes eine chemische -Reaktion -stattfindet.
Die gefärbten Lösungen, die neben Ballaststoffen den gesamten Wirkstoff des Knoblauchs
enthalten, werden, in eiu. organisches Lösungsmittel, wie Äther, Benzol, Chloroform,
eingetragen oder mit diesen Lösungsmitteln versetzt, wodurch das Phenol usw. in
Lösung geht und der Wirkstoff und. die noch. beigemengten Ballaststoffe in Form
einer dunkel gefärbten Lösung ausfallen.
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Diese wird im Vakuum auf ein kleines Volumen eingedampft und dann
mit Methylalkohol, Äthylalkohol, Aceton usw. versetzt. Hierauf scheidet sich der
Wirkstoff nach dem Animpfen kristallin ab. Die Rohkristalle können zur weiteren
Reinigung nochmals aus verdünntem Alkohol oder Aceton umkristallisiert werden.
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Nach einem abgeänderten Verfahren wird der nach dem vorangehenden
Verfahren hergestellte wäßrige Knoblauchextrakt in Alkohol eingegossen, wobei ein
Teil der Ballaststoffe abgeschieden wird. Von dem ausgefallenen hellgelben Sirup
wird abgetrennt und die wäßrig-alkoholische Lösung, die neben Ballaststoffen den
größten Teil des-W-irkstoffes enthält, im Vakuum zur Trockne eingedampft. Der trockene,
fein púlverisierte Rückstand wird mit absolutem Methanol digeriert; wobei die noch
vorhandenen Ballaststoffe zum größten Teil in Lösung gehen. Aus dem unlöslichen
Anteil kann der Wirkstoff durch Kristallisation aus verdünntem Aceton oder Alkohol
in reiner Form abgetrennt werden.
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Der Wirkstoff kristallisiert aus verdünntem Äthylalkohol (2 : I)
in langen, feinen, farblosen und geruchlosen Nadeln. Diese sind in Wasser, Essigsäure
und Phenol leicht löslich, schwer. bis unlöslich in Alkoholen, Chloroform, Aceton,
Äther und Benzol. Eine verdünnte wäßrige Lösung gibt mit Alloxan eine Rotfärbung,
und die Ninhydrinprobe fällt bei einer Verdünnung von 1 : 2000 noch positiv aus.
Die im Hochvakuum getrocknete Substanz schmilzt unter Zersetzung und Aufschäumen
zwischen I63 und I65°.
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Die wäßrige Lösung dreht die Ebene des polarisierten Lichtes nach
rechts: [a] 2D = + 62,8° c = 2. Aus der Elementaranalyse leitet sich die Zusammensetzung
C6HuO3NS. 1/2 H20 ab (ber. C 38,73 %, H 6,42 %, N 7,52 01o, S I7,I9°/o, gef. C 38,60
%, H 6,2I °/0, N 7,35 °/0, S 17,46 OIo).
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Eine wäßrige Lösung der genuinen, kristallisierten Substanz aus Knoblauch
ist im Lochplattentest im Gegensatz zu der von Cavallito aus Knoblauch isolierten
Substanz gegen Staphylokokken unwirksam.
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Versetzt man aber die geruchlose Lösung mit einer aus Knoblauch hergestellten
Fermentlösung, die an sich gegen, Staphylokokken unwirksam ist; so tritt eine antibakterielle
Wirkung auf, und allmählich macht sich der typische Knoblauchgeruch bemerkbar Beispiel
I 20 kg fische Knoblauchzwiebeln werden in einer Kühlanlage bei 400 während 3 Tagen
durchgefroren.
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Dann werden sie mit 20 kg fester Kohlensäure gemischt und in einer
stark gekühlten Mühle möglichst fein gemahlen. Das Mahlgut wird sofort unter starkem
Rühren in 60 1 Methanol eingetragen, mit einer Heizvorrichtung auf 100 erwärmt und
bei dieser Temperatur noch go Minuten gerührt. Dann wird abgepreßt und der Rückstand
erneut mit 201 80%igem Methanol während 60 Minuten gerührt. Die ver-
einigten
Auszüge werden im Vakuum bei 55° auf 2,5 kg eingedampft. Der so erhaltene wäßrige
Knoblauchextrakt wird 10 Minuten zentrifugiert. Die überstehende fettige Schicht
wird verworfen und der dunkel gefärbte Sirup mit 1 1 mit Wasser verflüssigtem Phenol
60 Minuten lang bei Zimmertemperatur geschüttelt. Dann läßt man im Scheidetrichter
trennen und schüttelt den wäßrigen Teil nochmals mit 500 ccm mit Wasser verflüssigtem
Phenol aus. Die vereinigten Phenolauszüge werden mit 150 ccm Wasser geschüttelt,
wobei eine dunkle, trübe Lösung entsteht, die in 4,5 1 Äther eingerührt wird, wobei
ein dunkler Sirup ausfällt. Nach 2 Stunden wird die über dem Sirup stehende Äther-Phenol-Lösung
abgehebert und die wäßrige Lösung noch 2mal ausgeäthert. Die wäßrige Lösung wird
dann im Vakuum auf 360g (= 22sog Trockenrückstand und I35 g Wasser) eingedampft.
Zu der nun auf 40° angewärmten wäßrigen Lösung gibt man 380 ccm Methanol von 500.
Aus der methylalkoholischen Lösung fallen nach dem Animpfen beim Erkalten lange
feine Nadeln aus.
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Diese werden abgenutscht und ergeben 48g Rohkristalle, die nochmals
aus verdünntem Alkohol umkristallisiert werden müssen. Es werden dann etwa 40 g
lange, feine Nadeln erhalten, die unter Aufschäumen und Zersetzung zwischen 163
und 1650 schmelzen.
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Beispiel 2 Die methanolische Extraktlösung aus 500 g Knoblauchzwiebeln
wird auf 200 g eingedampft, dann 2'mal ausgeäthert und erneut auf 100 g im Vakuum
eingedampft. Diese wäßrige Extraktlösung wird unter starkem Rühren in 600 ccm Alkohol
eingegossen, wobei sich ein Teil der Ballaststoffe als hellgelbe Sirup abscheidet.
Die überstehende wäßrig-alkoholische Lösung wird im Vakuum bei einer 40° nicht übersteigenden
Temperatur zur Trockne eingedampft.
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Der Rückstand, der I6 g wiegt, ist hellgelb und stark hygroskopisch.
Er wird fein pulverisiert und dann mit I50 ccm absolutem Methanol während 90 Minuten
geschüttelt. Dann wird vom Ungelösten abffltriert und dasselbe mit eiskaltem Methanol
und Äther gewaschen. Nach dem Trocknen im Vakuum über konzentrierter Schwefelsäure
werden 7 g eines weißen, nicht mehr hygroskopischen Pulvers erhalten. Dieses wird
in der rofachen Menge Wasser gelöst und unter leichtem Erwärmen mit Aceton bis zur
beginnenden Trübung versetzt. Beim Erkalten fallen lange, feine Nadeln aus. Diese
werden abfiltriert und nochmals aus verdünntem Aceton umkristallisiert. Es werden
185 g feine Nadeln erhalten, die unter Zersetzung und Aufschäumen zwischen 163 und
I65" schmelzen.
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PATENTANSPRCHE: I. Verfahren zur Herstellung eines kristallisierten,
schwefel- und stickstoffhaltigen geruchlosen Wirkstoffes aus den Zwiebeln von Alliumarten,
dadurch gekennzeichnet, daß man die nicht getrockneten, möglichst frischen Zwiebeln
in gefrorenem Zustande mahlt, mit einem niedrigmolekularen Alkohol extrahiert, den
Alkohol abdestilliert, den verbleibenden wäßrigen Extrakt mit flüssigen bzw. mit
Wasser flüssig werdenden, mit Wasser nicht mischbaren organischen Verbindungen von
saurem Charakter behandelt, von der wäßrigen Schicht abtrennt, die organischen Verbindungen
sauren Charakters entfernt und aus dem verbleibenden Rückstand gegebenenfalls nach
Einengen den Wirkstoff durch Kristallisation gewinnt.