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Verfahren zur Gewinnung sedativ und. blutdrucksenkend wirksamer Extrakte
aus Rauwoffla-Drogen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung eines sedativ
und blutdrucksenkend Wirksamen Extraktes aus Rauwolfia-Drogen, wie Rauwolfia serpentina,
R. canescens, R. heterophylla, R. inebrians, R. vomitona u. dgl. Das Verfahren zeichnet
sich dadurch aus, daß der gewonnene Extrakt besonders reich an Reserpin ist.
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Es sind Verfahren zur Gewinnung sedativ wirksamer Extrakte bzw. von
Reserpin aus Rauwolfia-Drogen bekannt, bei denen die Drogen bzw. daraus gewonnene
Vorextrakte mit selektiv wirkenden, organischen Lösungsmitteln extrahiert werden.
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Im einzelnen sind es zwei prinzipiell verschiedene Methoden, die
zur Anreicherung der sedativ wirksamen Alkaloide beschrieben sind. Die erste benutzt
die Löslichkeit der in der Pflanze bzw. den Extrakten vorliegenden Alkaloidsalze
in bestimmten Lösungsmitteln, insbesondere in niederen Alkoholen, Chlorkohlenwasserstoffen
oder verdünnten niedrigen Fettsäuren bzw. Phosphorsäuren (vgl. z. B. Dutt und Mitarbeiter,
Ind. J. Pharm., 9, S. 54 bis 57 [i94J; Patentanmeldung C 79I2/ 30h).
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Die zweite Methode beruht auf der Extraktion der durch Alkali freigesetzten
Basen mit organischen Lösungsmitteln, insbesondere Äther (vgl.
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Van Itallie und Steenhauer, Arch. d. Pharmaz., 270, S. 2I3 bis 223
[I932]) oder cyclischen Äthern bzw. Acetalen (deutsche Patentschrift 92I586). Bei
diesen bekannten Verfahren gehen
neben den sedativen Wirkstoffen
der Drogen auch erhebliche Mengen anderer Alkaloide, Ballaststoffe und Harze in
den Primärextrakt. Diese müssen dann durch weitere Maßnahmen abgetrennt werden;
die erste Methode erfordert, um zu hoch angereicherten sedativen und blutdrucksenkenden
Extrakten zu kommen, eine Abtrennung von der Gesamtmenge der übrigen herausgelösten
Alkaloide und Ballaststoffe. Die zweite Methode schließt außerdem noch die Gefahr
eines Verlustes an sedativen und blutdruckseukenden Wirksubstanzen ein, da diese
gegenüber Alkalien äußerst empfindlich sind.
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Es war damit die Aufgabe gestellt, ein Verfahren zu finden, das möglichst
ausschließlich die sedativ und blutdrucksenkend wirksamen Substanzen aus der Droge
herauslöst und zur Freilegung der Base die Verwendung von Alkali vermeidet.
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Es wurde gefunden, daß diese Aufgabe in überraschend einfacher Weise
gelöst wird und die in der Droge enthaltenen Wirksubstanzen quantitaiv und in sehr
hoher Anreicherung gewonnen wreden, wenn man das trockene Pflanzenmaterial mit Wasser
befeuchtet und es anschließend mit Benzol, Toluol, Zylol ode anderen Benzolkohlenwassestoffen
extrahiert. Die Wassermenge soll ausreichend sein, um eine gleichmäßige Quellung
der Droge zu erzi'elen. Die Droge soll micht naß, sondern nur feucht sein, und die
Entstehung einer wäßrigen Lösung ist zu vermeiden.
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Zweckmäßig entspricht die angewandte Wassermenge etwa dem Gewicht
an verwendeter trockener Droge.
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Die Wirkung der erfindungsgemäßen Maßnahmen beruht vermutlich darauf,
daß durch das An quellen der Droge mittels Wassers die in dem Ausgangsmaterial i'n
Form von Alkaloidsalzen vorhandenen Wirkstoffe in schonender Weise zu den freien
Basen hydrolysiert werden. Diese Hydrolyse vollzieht sich in einem Medium mit shcwach
saurem pH, beispielsweise 5,3 bis 5,5.
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Durch die neue Arbeitsweise werden besonders die schwachne Basen,
die gegn Alkali außergewöhnlich empfindlich sind, in schonender Weise extrahiert,
während mittelstarke und starke Basen, die nicht sedativ und bludrucksenkend wirksam
sind, in dem Ausgangsmaterial verbleiben.
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Bei den meisten bekannten Verfahren lösen die dortangewandten Lösungsmittel,
wie Methylalkohol, Chloroform, Chlorohlenwasserstoffe u.dgl., die in der Pflanze
vorhandenen Salze der Alkaloide, was schon daraus ersichtlich ist, daß die wäßige
Lösung, beispielsweise des Methylalkoholextrakts, schwach saure reagiert. Da sich
be idiesen bekannten Verfahren in den Extrakten, beispielsweise Chloroformextrakten,
neben der Base auch das Säureanion nachweisen läßt, ist eersichtlich, daß nicht
die freien Basen, sondenn in erester Linie die Salze extrahiert werden.
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Die in der Droge vorliegenden Salze der Rauwolfia-Alkaloide sind
in Benzol praktisch unlössich, und nur die durch die beim Befeuchten der Droge durch
die eintretende Hydrolyse freigelegten schwachen Basen, in erster Linie die sedativ
wriksamen, werden durch die Benzolkohlenwasserstoffe extrahiert.
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Die nach der Extraktion mit den Benzolkohlenwasserstoffen anfallende
Lösung ist hellbraun gefärbt, während bei; den bekannten Verfahren tiefdunkel gefärbte
Lösungen anfallen. Die Aufarbeitung der erhaltenen Lösung erfolgt nach üblichen
Verfahren. Man kann ihr beispielsweise durch Ausschütteln mit Säure, z.B. verdünnter
Phosphorsäure, die basischen bestandteile entziehen, wobei die zurückbleibendenn
Benzolkohlenwasserstoffe zu wieteren Extraktionen Verwendung finden könne. Benzolkohlenwasserstoffe
verhalten sich hinsichtlich der Verteilung der sedative wirksamen Bestandteile der
Rauwolfia-Droge zwishcen organischer und wäßrig-saurer Phases gerade umgekehrt,
wie es bei den bekannten Verfahren, beispielsweise bezüglich Chloroform, der Fall
ist.
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Bei den bekannten Verfahren werden nämlich die sedativ wirksamen Bestandteile
aus saurer Lösung, z. B. wäßriger Phosphorsäure, mit organischen Lösungsmitteln,
wie z.B. Chloroform, extrahiert.
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Aus der Gruppe der sedativ wirksamen Alkaloide aus der Rauwolfia-Droge
besitzt beispielsweise das Reserpin in dem System 5%ige Phosphorsäure-Benzol einen
Verteilungskoeffizsienten von 14 : 1, während dieser Keffizient in dem System 5%ige
Phosphorsäure-Chloroform 1 : 14 ist. In diesen Zhalen drückt sich das hohe Lösungsvermögen
des Chloroforms für die Salze der ALkaloie dieser Gruppe aus.
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Zwecks Extraktion der sedativ und blutdrucksenkend wirdksamen, schwach
basischen Alkaloide aus der erhaltenen sauren Lösung wird dieselbe annähernd neutral
g°macht, wozu man ihr beispielsweise Bicarbonat bis zu einem pH-Wert von 65, bis
7 zufügt. Dann wird diese Lösung wieberholt mit Benzolkohlenwasserstoffen ausgeschüttelt.
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Die benzolische Lösung wird dann eingedampft und der erhaltene trockene
Rückstand, der die gesamten sedativ und blutedrucksenkend wirdksammen Bestandteile
enthält, stellt ein hellgefärbtes, lockeres Prodlukt dlar. Sein Gewicht entspricht
etwa 0,6 bis 0,65% des angewandten Drogengewichts.
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Das erfindungsgemße Verfahren stell eine außerordentlich schonende
Behandlung des Ausgangsmaterials bei fast neutralem pH-Wert dar, wodurch eine Erniedrigung
der Ausbeute durch Verseifung der sedativ wirksamen Alkaloide, wie es bei den bekannten
Verfahren der Fall ist, vermieden wird.
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Im Gegensatz zu den bekannten Verfahren wir, ein Extrakt erhalten,
der nur wenig unwirksame ALkaloide, Ballaststoffe und Harze aufweist, dagegen die
sedaitv wirksamen Komponenten bereits auf das 150- bis 200fache angereichert enthält.
Es ist durchaus überraschend, dlaß sich aus der mit Wasser angefeuchteten Droge
mi'ttels Benzolkohlenwasserstoffe die sedativ und blutdrucksenkend wirksamen Verbindungen
so leicht extrahieren lassen, da aus der trockenen Droge mit Benzolkohlenwasserstoffen
anders als mit Ghloro-
form, Methylalkohol und Chlorkohlenwasserstoffen
praktisch keine basischen Bestandteile zu extrahieren sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren beruht darauf, daß die in der Droge
enthaltenen Alkaloide in Form ihrer Salze vorliegen, die in Benzolkohlenwasserstoffen
unlöslich sind. Allein die schwach basischein, sedativ und blutdrucksenkend wirksamen
Alkaloilde werden durch den Zusatz von Wasser so weit hydrolysiert, daß die freigesetzten
Basen durch die erfindungsgemäßen Lösungsmittel extrahiert werden können. Dtie Menge
des angewandten Wassers ist dabei so niedrig bemessen, daß die Droge nicht naß,
sondern nur feucht ist und daß keine wäßrigen Lösungen entstehen können. Erfahrungsgemäß
ist auch die Menge mi'textrahierter Begleitstoffe bei Einhaltung dieser Verhältnisse
auf ein Minimum herabgesetzt. Da die Benzolkohlenwasserstoffe die übrigen nicht
hydrolysierten Alkaloidsalze sowie die störenden Begleitsubstanzen nicht zu lösen
vermögen, ermöglicht das erfindungsgemäße Verfahren eine überraschend hohe Anreicherung
an sedativ und blutdrucksenkend w irk samen Bestandteilen und insbesonderte an Reserpin.
Die rohen Extrakte sind schon fast frei von harzartigen Ballaststoffen und lassen
sich besonders leicht weiterreinigen. Die Vorquellung von Drogen mit Wasser oder
wäß- -rigem Alkohol ist im Zusammenhang mit der Herstellung von Gesamt-Extrakten
aus Chinarinde und aus Herba Lobeliae bereits beschrieben, jedoch dient hierbei
mehr oder weniger verdünnter Alkohol als Lösungsmittel, während im vorliegenden
Fall als Extraktionsmittel nur die mit Wasser nicht mischbaren Benzolkohlenwasserstoffe
in Betracht kommen und die Vorquellung nur mit Wasser- erfolgt.
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Im folgenden soll die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
an Hand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert werden.
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Bei 5 p i'e 1 750 g feingemahlene Wurzeln aus Rauwolfia serpenti-na
Benth. werden mit 800 ccm Wasser angefeuchtet und 3 Stunden zum Zweck einer guter
und gleichmäßigen Durchfeuchtung und Quellung stehengelassen. Die so behandelte
Droge wird in einem Soxhletapparat mit 3 bis 41 Benzol 20 Stunden lang extrahiert.
Der Benzolextrakt wird dreimal mit je 200 ccm Io°/oiger Phosphorsäure ausgeschüttelt
und die phosphorsaure Lösung mit Bicarbonat auf pR 6,5 bis 7 eingestellt. Dann wird
diese Lösung fünfmal mit je 200 ccm Benzol ausgeschüttelt, der Benzolextrakt mit
Natriumsulfat getrocknet und die Lösung im Vakuum verdampft.
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Es hinterbleibt ein hellgefärbter schaumiger Rückstand von 4,4 bis
5 g.