Verfahren zur Herstellung einer Blutplasma-Ersatzflüssigkeit Es ist schon verschiedentlich versucht wor den, Gelatine wegen ihrer günstigen kolloid chemischen und physiologischen Eigenschaften als Blutplasma-Ersatz zu verwenden, doch steht der Verabreichung grösserer Mengen die zu rasche Ausscheidü-ng aus dem Organismus und die damit verbundene Überlastung der Nierenfunktionen entgegen. Diese Erscheinung ist wohl auf die linearmolekulare Struktur dieses Eiweissstoffes zurückzuführen.
Durch Einbau geeigneter Gruppen lässt sich jedoch bekanntlich eine Vernetzung dIer Gelatine herbeiführen, z. B. durch Umsetzung dersel ben mit Formaldehyd. Indessen erfährt die Gelatine durch diese Härtung infolge Poly- merisa,tionserscheinungen hinsichtlich einer Verwendung als Blutersatz-Flüssigkeit uner wünschte Änderungen ihrer kolloidalen Eigen- seha.ften.
Gegenstand vorliegender Erfindung ist nun ein Verfahren zur Herstellung einer ver netzte und abgebaute Gelatine enthaltenden Blutplasma-Ersatzflüssigkeit, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass man auf Gelatine einerseits Formaldehyd zur Einwirkung bringt und anderseits mittels eiweissspaltender Agen- tien einen, partiellen Abbau vornimmt, derart, d'ass die Löslichkeit (bzw.
Sol-Gel-Reversibi- lität) der so behandelten Gelatine derjenigen der unbehandelten Gelatine entspricht, jedoch das mittlere Molekulargewicht den Wert von 20 000 nicht unterschreitet, und dass man hier auf aus dem erhaltenen Produkt eine etwa 0,9 1/o Kochsalz enthaltende wässrige Lösung bildet und diese sterilisiert.
Durch Wahl der die Abbaureaktion bestim menden Faktoren. - nämlich Art, und Menge des eiweissspaltenden Mittels, Dauer seiner Einwirkung, Temperatur und pH-Wert des Milieus - hat man es in der Hand, den Dispersionsgrad auf den, gewünschten Wert einzustellen. Der jeweilige Zustand lässt sich unter Anwendung bekannter Methoden (u. a. Messung der Viskosität und, des kolfoidosmo- tischen Druckes) leicht verfolgen.
Der Abbau kann sowohl mittels verdünnter Alkalien oder Säuren als auch auf fermenta- tivem Wege durch Einwirkung proteolytisch wirksamer Enzyme vorgenommen werden, wobei in letzterem Falle natürlich dafür ge sorgt werden muss, dass während der Pro teolyse ein dem Wirkungsoptimum des jeweili gen Enzyms entsprechender pH-Bereich einge halten wird.
Als besonders günstig für die Durchführung des erfindhmgsgemässen Ver fahrens haben sich Fermentgemische erwiesen, wie sie zum Beisspiel nach dem Verfahren der deutschen Patentschrift Nr.939682 erhalten werden.
Insoweit der Abbau mit einer ge wissen Streuung hinsichtlich der Molekül grösse der einzelnen Abbauprodukte behaftet ist, kann eine Fraktionierung derselben in!. Sinne einer gegenüber dem Spaltungsgut ver grösserten Gleichförmigkeit in der Molekül grösse oft wünschenswert sein; sie kann in üblicher Weise (z. B. durch- Fällung mittels mit Wasser mischbarer Lösungsmittel) vorge nommen werden. Man kann die Behandlung mit Formaldehyd teilweise gleichzeitig mit der Spaltung vornehmen. Häufig, z.
B. bei Ver wendung solcher Enzyme, deren Wirkungs bereich im alkalischen Milieu liegt, kann es sogar zweckmässig sein, mit= der Vernetzung und der Desaggregation gleichzeitig zu begin nen.
Es wurde weiter gefunden, dass es günstig ist, die Kondensation -mit Formaldehyd in Gegenwart mehrwertiger - gegebenenfalls substituierter - Phenole, wie z. B. Resorcin, Phloroglucin oder Methylresorcin usw., vorzu nehmen.
Hierdurch tritt überraschenderweise eine starke Beschleunigung des mit der Form- a.ldehydbehandlung verbundenen Vernetzungs vorganges ein, wie sich aus der folgenden Tabelle ergibt, aus welcher der Einflu.ss von Formaldehyd allein bzw. von Formaldehyd in Gegenwart der genannten Phenole auf die so genannte Intrinsic-viscosity [il] einer abge bauten, aber noch vernetzten Gel.atinelösung ergibt:
EMI0002.0026
W
<tb> Ohne <SEP> Zusatz <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> 0,25
<tb> Mit <SEP> Zusatz <SEP> von <SEP> 18 <SEP> mg <SEP> CH20 <SEP> pro <SEP> 30 <SEP> cm3
<tb> Lösung <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> 0,48
<tb> Mit <SEP> Zusatz <SEP> von <SEP> 18 <SEP> mg <SEP> CH20 <SEP> -f- <SEP> 9 <SEP> g
<tb> Resorcin <SEP> pro <SEP> 30 <SEP> cm3 <SEP> Lösung <SEP> . <SEP> . <SEP> . <SEP> 0,53
<tb> Mit <SEP> Zusatz <SEP> von <SEP> 18 <SEP> mg <SEP> CH20 <SEP> -I- <SEP> 9 <SEP> mg
<tb> Phloroglucin <SEP> pro <SEP> 30 <SEP> cm3 <SEP> Lösung <SEP> .
<SEP> 0,61 Für diesen Vergleichsversuch wurde eine 4'%ige, bis zu einer relativen Viskosität von 2,8 abgebaute und sodann mit Phosphatpuffer auf ein pH von 8,0: eingestellte Gelatinelösung verwendet; die Messungen wurden bei 40 C.' nach jeweils 1.8 Stunden Einwirkungsdauer und Neutralisation vorgenommen.
Die auf diese Weise behandelte Gelatine liefert nach Einstellung auf die erforderliche Konzentration an Kochsalz und nach Anwen dung geeigneter Sterilisierungsmassnahmen Blutersatzflüssigkeiten, die sieh in vieler Hinsicht (Verträglichkeit, Verweildauer im Organismus, Resorptionsverhältnisse usw. ) gegenüber den bisher angewandten Ersatz stoffen als überlegen erweisen.
<I>Beispiel 1</I> Eine Aufschlämmung von 10 g feingepul- verter, durch mehrtägige Einwirkung von Formaldehyddämpfen gehärteter Gelatine in 200 cm3 0,4n-Salzsä.ttre wird auf dem Was serbad; unter Rühren auf 90 C erwärmt. So bald sieh die Formolgelatine gelöst hat (nach etwa 30 Minuten), wird das PH der Mischung durch Zugabe von 2n-Natronlauge auf 5,0 eingestellt, worauf auf 0 C abgekühlt wird.
Man versetzt. nun die Lösung mit so viel Aceton, dass die Konzentration daran 70 Vol. 1/o beträgt, und lä.sst das Gemisch 2 Stunden lang bei 0 C stehen. Der durch das Aeeton ge fällte Anteil (etwa. 50 Gew.O/o der eingesetzten Gelatine) wird abgetrennt und vom anhaften den Aceton befreit. Man löst diesen Anteil in der 20fachen Menge physiologischer Kochsalz lösung und filtriert und sterilisiert die Lösung, welche eine gut verträgliche Blutplasma- Ersatzflüssigkeit darstellt.
<I>Beispiel 2</I> 224 g Knochen-Gefatine (110/0 H20 und etwa. 0,9 % Asche, meist Caleiumsalze) werden in 2 Liter destilliertem Wasser gelöst; die Lö sung wird durch Zugabe von 11 cms 2n Natronlauge auf ein pH von 7,2 eingestellt.
Es wird eine Lösung von 40 mg eines gereinigten Pilzproteinase-Präparates von insgesamt 24 000 Baumann Einheiten, erhalten zum Beispiel nach dem Verfahren der deutschen Patent schrift Nr. 939682, in 2 em3 physiologischer Kochsalzlösung zugegeben, worauf man lang- sam 5,15 cm3 einer 38 %igen. Formalinlösung (= 2 g CH=,,0) einrührt. Nun lässt man bei einer Temperatur von 35 bis 40 C unter wei terem kräftigen Rühren ln-Natronlauge hin zulaufen.
Sobald das pl, der Lösung den Wert von 7,5 übersteigt, macht sieh eine deutliche Zunahme der Viskosität bemerkbar, bis sich schliesslich die Masse zu versteifen beginnt, worauf man die Zugabe von Lauge unter bricht. Nach einigen Minuten hat sich der Ansatz infolge des enzymatischen Abbaus wieder verflüssigt, wobei auch das PH etwas abgenommen hat.
Durch weiteren vorsichtigen Zusatz von In-Natronlauge wird die Konden sation wieder gefördert, bis sich der Ansatz aufs neue gallertartig versteift, worauf nach Unterbrechung der Laugenzugabe erneut Ver flüssigung eintritt.
Nachdem man diesen Vor gang der Versteifung und Wiederverflüssi gung 5- bis 8mal sich hat wiederholen lassen (wobei darauf zu achten ist, dass die oben angegebene Temperatur erhalten bleibt), wird der Ansatz auch bei weiterer Zugabe von Lauge nicht mehr fest, da die ursprünglich zugegebene Menge Formaldehyd inzwischen verbraucht. worden ist.
Jetzt wird durch schnelles Erwärmen im Wasserbad auf 65-70 C eine Abtötung der Fermente bewirkt und das Gemisch durch Zu gabe von verdünnter Salzsäure neutralisiert. Vorhandene Calciumionen werden sodann mit tels eines Kationenaustausehers oder auf che mischem Wege entfernt. Die Testreaktion auf Formaldehyd mittels fuchsinschwefliger Säure soll nach schwachem Ansäuern einer Probe negativ oder höchstens ganz schwach positiv sein; gegebenenfalls wird etwa vorhandener überschüssiger Formaldehyd durch Dialysie ren oder alkalische Behandlung mit.
Wasser stoffperoxyd aus dem Ansatz beseiti#-,t. Nachdem man. in einem aliquoten Teil der Lösung den Gelatüiegehalt (Stiekstoffbest.im- mung nach Kjeldahl) und den Gehalt. an Cl- Tonen festgestellt hat, wird das Gut durch Zugabe von destilliertem W ausser bzw.
Koch salzlösung auf einen Gehalt an organischen Bestandteilen von 5 % und einen solchen an NaCl von 0,9 eingestellt. Man filtriert. durch ein Seitzfilter und sterilisiert durch 20minü tiges Erhitzen auf 115 C im Autoklaven. Die so' hergestellte Blutplasma-Ersatzflüssigkeit erstarrt erst unter 30 C und. besitzt eine rela tive Viskosität. von 2-5 bei 37 C.
<I>Beispiel 3</I> Eine Lösung von 100 g Gelatine in 1 Liter destilliertem Wasser wird unter kräftigem Rühren mit 2,5 em3 einer 40 %igen Formalin- lösung und 10 em3 2n-Natronlauge versetzt. Das hierbei schnell erstarrende Gemisch wird noch 2 Stunden auf dem Wasserbad auf 80 C gehalten, worauf man noch 24 Stunden stehen lässt.
Die gewonnene Gallerte wird in geeigne ter Weise zerkleinert und mit 600 cm3 0,4n- Salzsäure versetzt. Man erhitzt das Gemisch unter kräftigem Rühren im Wasserbad auE & 5 C, wobei nach etwa 15 Minuten Lösung eintritt. Jetzt wird mittels verdünnter Natron lauge auf ein pH von 5,0 eingestellt.
Man ver setzt in der Kälte mit so viel Aceton, dass die Konzentration daran 45 Vol.% beträgt. Der hierbei ausgefällte Anteil (etwa 700/0) wird abgetrennt, von Aceton befreit und in 1 Liter destilliertem Wasser gelöst.
Aus dieser Lösung entfernt man die Calciumionen, beispielsweise mittels eines Kationenaustauschers. Schliess lieh wird die Lösung auf einen NaCluGehalt von 0,85% eingestellt, in Ampullen abgefüllt und sterilisiert.
<I>Beispiel 4</I> 1 Liter 100/aige neutrale ('Telatinelösung wird bei 40 C mit 2 cm3 eines gereinigten Pankreatinpräparates versetzt, worauf 2,5 cm3 einer 40 %igen Formalinlesung hinzugefügt werden.
Die Kondensation wird durch Zugabe von 20 cm3 2n-NatrittmcaTbonatlösung in Gang gebracht, wobei sich der Ansatz vorübergehend verfestigt. Nach 2 Minuten wird der Ansatz infolge der Fermentwirkung wieder flüssig, worauf man weitere 10 cm3 Natriumcarbonat- lösung hinzufügt. Nachdem man in Abständen von jeweils 5 Minuten viermal je 5 em3 2n- Natriumcarbonatlösung zugegeben hat, wird das Gemisch rasch auf 60 C erhitzt.
Hierauf versetzt man mit 7 em3 2n-Natronlauge auf ?,5 g Tierkohle, worauf filtriert wird. Das Filtrat wird .auf ein pl, von 7,2 eingestellt, mit Kochsalz bis zu einer Kochsalzkonzentra- tion von 0;85 /o versetzt und sterilisiert, und man erhält auf diese Weise wie nach den vorigen Beispielen eine als Blutplasma-Ersatz gut geeignete Flüssigkeit.