Verfahren zur Gewinnung von Fasermaterial aus tierischer Haut. Die Erfindung bezweckt die Gewinnung von Fasermaterial aus tierischer Haut, zum Beispiel aus ganzen Häuten, Hautteilen, Spalte, Leimleder, Schabsel und dergleichen.
Das Verfahren gemäss der Erfindung ist da durch gekennzeichnet, dass die zu verarbei tende Haut durch Behandlung mit quellend wirkenden Agenzien in einen solchen Q.uel- lungszustand übergeführt wird, dass weit gehende Lockerung des Verbandes der Fasern erfolgt und im Zustand .der Quellung durch mechanische Behandlung zerteilt und zer fasert wird, wobei die Bedingungen der Quel- lung und der mechanischen Behandlung so gewählt werden, .dass ein Fasermaterial mit einem Gehalt an Quellungswasser von min destens 75901 entsteht.
Als quellend wirkende Mittel kommen alkalische Stoffe, wie zum Beispiel Kalk , milch, verdünnte Natronlauge, Ammoniak usw. oder saure Stoffe, zum Beispiel Salz säure, schweflige Säure, Ameisensäure, Essig säure, Milchsäure usw. oder Salzlösungen, zum Beispiel solche von Ammonchlorid, Cal ciumchlorid und dergleichen, in Betracht. Die Behandlung .der Haut mit Quellungsmitteln kann - einstufig oder mehrstufig, gegebenen falls unter Verwendung verschiedener Quel- lungsmittel durchgeführt werden.
In man chen Fällen genügt bereits die Quellung, welche die Haut bei normaler Äscherung er fahren hat, um diese in einen Zustand über zuführen, welcher - die mechanische Zertei- lung und Zerfaserung gestattet. Im allge meinen hat es sich aber als zweckmässig er wiesen, normal geäscherte Haut einer zu sätzlichen Behandlung mit quellend wirken den Agentien zu unterwerfen.
Diese zusätz liche Behandlung kann in .der Einwirkung alkalischer Stoffe, zum Beispiel Kalkmilch oder Natronlauge, von Säuren, zum Beispiel Salzsäure, oder von Salzen, zum Beispiel Calciumchlorid, bestehen.
Man kann z. B. normal geäscherte und enthaarte Hautabfälle einige Tage bis einige Wochen bei gewöhnlicher Temperatur in Kalkmilch einlegen und das so erhaltene Ma terial unter Verzicht auf vorherige entquel lende Behandlung, wie gründliches Auswa schen .des aufgenommenen Kalks, der zerfa- sernden Behandlung unterwerfen.
Wenn das Fasermaterial für Zwecke bestimmt ist, bei welchen das aufgenommene Quellungsmittel, zum Beispiel Kalk, stört, kann dasselbe wäh rend dös Zerteilungs- und Zerfaserungsvor- ganges oder auch nachher, soweit erforder lich, durch Auswaschen oder ähnlich wir kende Massnahmen entfernt werden.
Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, die Quellbehandlung in einem mehrstufigen Ver fahren vorzunehmen, zum Beispiel derart, dass die Hautsubstanz zunächst einer alkali schen Behandlung, zum Beispiel durch län geres Einwirkenlassen von Kalkmilch, unter worfen, hierauf mit Wasser ausgewaschen und alsdann einer sauren Behandlung, zum Beispiel durch Einwirkenlassen von wässe riger Salzsäure, ausgesetzt wird.
Man kann zum Beispiel Hautteile, welche infolge al kalischer Behandlung ein p$ von etwa 12 be sitzen, durch Auswaschen auf ein pH von etwa 8 und durch saure Behandlung auf ein p$ von etwa 3,4 bringen.
Die mit Chemikalien, zum Beispiel zu nächst mit Kalk und dann mit Säure behan delten Hautteile können, soweit sie Bestand teile enthalten, die für die Weiterbehandlung unerwünscht öder störend sind, von diesen be freit werden; so kann man zum Beispiel durch Einwirkung von Salzsäure auf noch vorhandenen Kalk gebildetes Chlorcalcium und überschüssige Säure durch Auswaschen entfernen und das Material vor, während oder nach der mechanischen Zerteilung und Zer- faserung auf gewünschte p1,-Werte einstel len.
Für manche Zwecke der Weiterverarbei tung haben sich pH-Werte von etwa 2,5 bis 3,5 als vorteilhaft erwiesen.
Durch die Behandlung mit quellend wir kenden Mitteln gelingt es, die zwischen den Fasern und Faserbündeln liegende Substanz in einen Zustand überzuführen, welcher ein Gleiten und leichtes Lösen der Fasern aus ihrem Verband gestattet. Die Erreichung dieses Zustandes kann vielfach daran er kannt werden, dass die zunächst weisse Farbe der Hautteile verschwindet und die Haut teile durchscheinend werden.
Die Zerteilung und Zerfaserung der mit Quellungsmitteln behandelten Haut kann einstufig oder mehrstufig durchgeführt wer den, zum Beispiel derart, dass man die Haut substanz zunächst mit Hilfe von Stachel walzen, Reisswölfen und dergleichen Appa raten einer zerteilenden Behandlung unter wirft und das hierdurch mechanisch aufge lockerte und bereits mehr oder weniger zer teilte Material alsdann einer zerfasernden Nachbehandlung aussetzt, durch welche die Faserbündel bezw. Fasern in schonender Weise freigelegt werden.
Dies kann zum Beispiel durch Behandeln mit mahlend,' rei bend, knetend wirkenden Organen, zum Bei spiels mittelst Quetschwalzen, Reibwalzen, Kollergängen usw. erfolgen. An die zer- fasernde Behandlung kann weiterhin noch eine Behandlung in Misch- und Knetvorrich- tungen, wie Mischern, Knetwerken und der gleichen Apparaten angeschlossen werden.
Hierdurch kann man das Fasermaterial in zum Beispiel breiförmige bis pastenförmige Massen -von gleichmässiger Beschaffenheit überführen, wie sie für manche Zwecke der Weiterverarbeitung von Vorteil sind.
Man kann zum Beispiel auch derart ver fahren, dass man die auf passende Grösse ge brachten Hautstücke in Knetwerke oder ähnliche Apparate bringt, .deren Knetorgane mit Zähnen, Stacheln oder dergleichen aus gerüstet sind. Bei Anwendung derartiger Apparate kann man die Zerfaserung und Mischung auch einstufig durchführen.
Man kann zum Beispiel auch so vorgehen, dass man .die mit Quellungsmitteln vorbehan delte Haut in passende Stücke zerlegt und diese durch Strangpressvorrichtungen, Sieb platten, Rohre, Düsen und dergleichen presst. Hierbei kann man gegebenenfalls auch so verfahren, dass man das Hautmaterial in., kleinere Stücke, zum Beispiel solche, deren Grösse der gewünschten Faserlänge angepasst ist, zerteilt, diese einer Presse zuführt und durch Stanzen oder dergleichen unter hohem Druck, zum Beispiel 1000 atü, .durch Rohre presst, welche sich gegen die Austrittsöff nung zu verjüngen. Die aus der Rohrmün dung austretenden wurstartigen Gebilde ent halten alsdann .die Fasern in weitgehend freigelegtem Zustand.
An diese Behandlung kann zum Beispiel noch eine Misch- und Knetbehandlung angeschlossen werden.
Die mechanische Behandlung des Haut materials kann gegebenenfalls auch noch un ter dem Gesichtswinkel durchgeführt werden, da.ss neben der Freilegung der Fasern gleich zeitig auch noch andere Zwecke verfolgt werden. So kann man zum Beispiel durch Pressen des Fasermaterials durch Rohre, Spalten, Düsen und dergleichen eine gewisse Ordnung der Fasern erzielen.
Durch Zerfaserung der gequollenen Haut teile kann man Fasermassen mit Wasserge halten von zum Beispiel 75 bis<B>95%</B> erzie len. Der Wassergehalt der Fasermassen kann auf gewünschte Höhe eingestellt werden. Fallen zum Beispiel Fasermassen mit Was sergehalten von 85 bis 95 % an, so kann man denselben zum Beispiel bei der Behandlung in den Knetern und Mischern noch weiteres Wasser oder auch andere Flüssigkeiten. zum Beispiel wässerige Lösungen, einverleiben.
Ebenso ist es möglich, die Fasermasse auf gewünschte p11-Werte zu stellen und sie hier durch für gewisse Zwecke besonders geeig net zu machen. Man kann dem Hautmaterial auch noch Substanzen einverleiben, welche. befähigt sind, nach der einen oder andern Richtung hin vorteilhaft zu wirken, zum Beispiel die Zerteilung der Haut zu begünstigen oder die, Fliessfähigkeit der Fasermasse zu ver bessern, oder dem gewonnenen Fasermaterial bestimmte Eigenschaften zu verleihen. Als derartige Zusätze kommen zum Beispiel Gly zerin, Fette, Öle, Netzmittel, Bindemittel.
Weichmachungsmittel, Füllstoffe, zum Bei spiel Viskose und andere Zellulosederivate, Natur- und Kunstharze, KautschulLdisper- sionen, tierische und pflanzliche Fasern, zum Beispiel Wollfasern, Kunstfasern, Haare, Lederabfälle usw. in Betracht. Man kann dem Hautmaterial auch gerbend wirkende Stoffe, wie Aluminiumsalze, Chromsalze, vegetabilische oder synthetische Gerbstoffe, härtend wirkende Stoffe, wie Aldehyde, zum Beispiel Formaldehyd, Farbstoffe usw. ein verleiben.
Der Zusatz bezw. die Einverleibung die ser Stoffe kann im Verlaufe der mechani schen Behandlung, zum Beispiel während der einzelnen Behandlungsstufen oder auch zwischen denselben, erfolgen. Soweit die Zu satzstoffe befähigt sind, den Quellvorgang und die Zerteilung und Zerfaserung zu be- günstigen, können sie auch, gegebenenfalls bereits vor der mechanischen Behandlung, zum Beispiel zusammen mit den Quellungs- mitteln, zugefügt werden.
Die erfindungsgemäss hergestellten Haut fasermassen können so, wie sie anfallen, also zum Beispiel in pastenförmigen oder brei förmigem Zustand, weiterverarbeitet werden.
Das mit grossen Wassergehalten anfal lende Fasermaterial kann auch vor Weiter verarbeitung, teilweise, gegebenenfalls prak tisch vollständig, entwässert werden, zum Beispiel derart, .dass man demselben durch be kannte Methoden, wie Abpressen, Abzentri- fugieren, Verdampfen im Vakuum, Behan- d-eln mit wasserbindenden Mitteln, gegebe nenfalls durch vereinigte Anwendung meh rerer derartiger Massnahmen, eine mehr oder weniger grosse Wassermenge entzieht. Das weitgehend oder praktisch vollständig ent wässerte Fasermaterial ist lagerfähig und ver sandfähig.
Für manche Zwecke der Weiter verarbeitung kann das trockene Fasermaterial ohne weiteres verwendet werden, zum Bei spiel derart, dass man die Fasern mit andern Stoffen mischt und die Mischungen auf ge wünschte Produkte verarbeitet. Man kann aber auch durch Wasserzufuhr zu dem trockenen Fasermaterial, zum Beispiel durch Einkneten von Wasser oder wässerigen Flüs sigkeiten, dieses in eine zum Beispiel pastöse bis breiförmige wasserreiche Masse zurück- verwandeln.
Das gemäss der Erfindung aus -tierischer Haut gewonnene Fasermaterial kann als solches oder in veredeltem, zum Bei spiel gegerbtem Zustand, nass oder trocken auf die verschiedensten Produkte, insbeson dere auch auf Leder und lederartige Pro dukte, verarbeitet werden. Man kann dabei die Eigenschaften der Fasern dem jeweiligen Weiterverarbeitungszweck besonders anpas sen. Die Weiterverarbeitung des Fasermate rials kann je nach der Zweckbestimmung in gequollenem oder auch in teilweise oder voll ständig entquollenem Zustand erfolgen.
Beispiel: Normal geäscherte Hautabfälle werden bei gewöhnlicher Temperatur einer mehr tägigen Behandlung in einem Kalkmilchbad unterworfen derart, dass die Wirkung der Kalkmilch sich auch auf das Innere der Hautstücke erstreckt. Hierauf werden .die Hautteile gut ausgewaschen und alsdann in einem Säurebad, zum Beispiel mit Salzsäure, behandelt. Die Konzentration dieses Bades kann zwischen 1 bis 10 %, vorzugsweise 1 bis 5 % liegen.
Man kann zum Beispiel zunächst mit einer konzentrierten, zum Beispiel 10%- igen oder auch höherprozentigen Salzsäure, gegebenenfalls unter mässiger Erwärmung, arbeiten und alsdann mit der Säurekonzen tration bis zu 1 % heruntergehen. Nach ein bis mehrstündiger Säurebehandlung werden die Hautstücke milit Wasser gut ausge waschen. Man kann die Haut zum Beispiel auf ein p$ von 2,5 bis 3,5 einstellen. Durch diese Behandlung ist die Hautsubstanz in einen Zustand starker Quellung übergeführt.
Die auf passende Stückgrösse gebrachten Hautstücke werden nunmehr durch mit Sta cheln ausgerüstete Walzenpaare geleitet und alsdann einer zerfasernden Behandlung, zum Beispiel .durch Pressen durch Siebplatten oder Rohre, die .sich zweckmässig gegen die Austrittsöffnung hin verjüngen, unterworfen. Hierauf wird das Material in Knetern bis zur Bildung einer gleichmässigen Fasermasse ver arbeitet. Die Fasermasse enthält 75 bis 95 Quellungswasser.