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Künstliches Roßhaar Die Erfindung bezieht sich auf künstliches Roßhaar,
z. B. für Polster-, Bürsten- oder Borstenmaterialien.
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In der französischen Patentschrift 764 642 wird ein Verfahren zur
Herstellung von Fasermassen aus tierischem Hautmaterial beschrieben, nach dem die
tierischen faserhaltigen Ausgangsstoffe mit Hilfe von quellend wirkenden Mitteln
und gegebenenfalls durch mechanische Behandlung unter Erhaltung der Fasern in einen
pastenartigen, hochgequollenen, glitschigen Zustand übergeführt werden. Die erhaltenen
Fasermassen können in Formkörper übergeführt werden, wobei das Formen durch Pressen
der Fasermassen durch Düsen oder durch Behandlung der Fasermassen zwischen Preßwalzen
erfolgen kann. Über die Anwendung der hergestellten Formkörper sind in der französischen
Patentschrift keine Angaben enthalten.
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Es wurde gefunden, daß Fäden, die in dieser bekannten Weise durch
Überführung von tierischen Häuten und ihren Bestandteilen in einen gleitfähigen,
gequollenen Zustand und Pressen durch Düsen hergestellt und durch Trocknen und bzw.
oder Behandlung mit gerbenden oder wasserentziehenden Mitteln verfestigt und gegebenenfalls
gefärbt worden sind, an Stelle von Roßhaar als Polstermaterial, Bürstenmaterial,
Borsten u. dgl. verwendet werden können. Überraschenderweise besitzen diese Fäden
die für diese Anwendüngszwecke notwendige Festigkeit und Elastizität und lassen
sich nach Art des Roßhaares verarbeiten, insbesondere auch kräuseln.
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Zur näheren Erläuterung der Erfindung werden nachstehend einige besondere
Ausführungsformen für die Herstellung der erfindungsgemäß als künstliches Roßhaar
zu verwendenden Fäden beschrieben, die jedoch nicht Gegenstand vorliegender Erfindung
sind.
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Als Ausgangsstoff für das künstliche Roßhaar verwendet man tierische
Haut, Hautteile, Spalte, Leimleder und ähnliche Ausgangsstoffe. Es ist besonders
zweckmäßig, von den billigen entgerbten Chromfalzspänen auszugehen und diese durch
Verarbeitung auf künstliches Roßhaar einer weitgehenden Veredelung zu unterwerfen.
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Zur Herstellung des künstlichen Roßhaares kann das Hautmaterial durch
Behandlung mit quellenden Chemikalien aufgeschlossen werden. Die Quellung kann mit
alkalischen oder mit sauren Flüssigkeiten oder auch mit beiden vorgenommen werden.
Z. B. kann man das Hautmaterial zunächst einer längeren Kälkung unterwerfen und
anschließend mit Salzsäure behandeln. Die quellende Behandlung wird so lange fortgesetzt,
bis ein hochgequollenes Hautfasermaterial entsteht, das z. B. 75°/o Quellungswasser
und mehr, z. B. 85 bis 95°/o, enthält.
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Der Aufschluß des Hautmaterials kann auch durch Wärmebehandlung in
Gegenwart von Wasser erfolgen. Schließlich kann man die Ausgangsstoffe einem teilweisen
hydrolytischen
Abbau Einwirkung= der Wärme unterwerfen und-zum Schluß
mit quellenden Chemikalien behändem:. -Das aufgeschlossene Hautmaterial kann unmittelbar
auf Fäden verarbeitet oder durch ein- oder mehrstufige mechanische Behandlung zerteilt
und zerfasert und gegebenenfalls zum Schluß einer Homogenisierung durch Behandlung
in einem Kneter oder Mischer unterworfen werden, wobei die Fasermasse auf einen
-gewünschten Wassergehalt eingestellt werden kann.
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Das aufgeschlossene Hautmaterial oder zweckmäßigerweise die durch
mechanische Nachbehandlung hergestellte Hautfaserpaste wird unter hohem Druck durch
Düsen gepreßt. Vorzugsweise verwendet man Düsen, die sich verjüngen. Der Durchmesser
der Düsen bzw. der Austrittsdurchmesser der sich verjüngenden Düsen beträgt im allgemeinen
0,5 bis z mm. Z@;eckmäßigerweise verwendet man sehr lange, sich allmählich
verjüngende Düsen.
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Nach einer Ausführungsform der Erfindung wird das gequollene Hautmaterial
durch Behandlung mit Glycerin und ähnlichen Stoffen mehr oder weniger weitgehend
entwässert, ohne seine Gleitfähigkeit und Geschmeidigkeit einzubüßen, und kann in
diesem Zustand gegebenenfalls nach einer weiteren mechanischen Behandlung durch
Pressen durch Düsen geformt werden.
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Es empfiehlt sich, die aus den Düsen austretenden Fäden zunächst zu
trocknen und dann gegebenenfalls in Bädern zu behandeln, die härtende oder wasserentziehende
Stoffe enthalten, wodurch den Fäden die nötige Festigkeit verliehen wird. Hierzu
können Salzbäder, z. B. Kochsalz-, Bicarbonat- oderAmmoniumchloridbäder, sowie Gerbbäder
mit starkem' Quellungsschutz verwendet werden.
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Durch Einwirkung dieser Bäder verliert die Oberfläche der Fäden ihre
Klebrigkeit, und die Fäden können ohne Gefahr des Festklebens z. B. auf Gittern
aufgespult und getrocknet werden.
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Die getrockneten Fäden werden dann einer mineralischen, vegetabilischen,
synthetischen oder kombinierten Gerbung unterworfen. Die Gerbung kann z. B. mit
Chromverbindungen oder anderen mineralischen Gerbstoffen, insbesondere Zirkonverbindungen,
durchgeführt werden. Zweckmäßigerweise wird die Chromgerbung bis zu einem Chromgehalt
von 5 bis 7 getrieben.
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Die gegerbten Fäden werden im allgemeinen noch anschließend gefärbt.
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Man erhält auf diese Weise feste, glänzende und elastische Fäden,
die dem natürlichen Roßhaar weitgehend ähneln und wie dieses verwendet werden können.
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Zur Erhöhung der Knickfestigkeit dieser Fäden können sie mit Weichmachern,
vorzugsweise wasserunlöslichen Weichmachern, z. B. Ricinusöl, Paraffinöl oder Tränen,
behandelt werden. Die Einführung der Weichmacher erfolgt zweckmäßigerweise vor dem
Härten der Fäden, und zwar dadurch, daß die Fäden durch Behandeln mit quellenden
Mitteln, wie Wasser oder wäßrigen Flüssigkeiten, gegebenenfalls unter Erwärmen in
einen für die Aufnahme von Weichmachern geeigneten Zustand übergeführt, dann mit
Hilfe von wasserlösenden Flüssigkeiten, wie Aceton und Alkohol, mehr öder weniger
weitgehend entwässert werden und dann die Weichmacher eingeführt werden. Nach Entfernung
des Wassers oder der wäßrigen Flüssigkeiten können die Fäden noch mit nichtwäßrigen
quellenden Mitteln, wie Glycerin, behandelt werden und nach Entfernung dieser weichgemacht
werden. Schließlich kann man auch bereits gehärtete Fäden durch Behandeln mit organischenquellenden
Mitteln, wie Glycerin, in einen für die Weichmacher zugänglichen Zustand überführen
und erst dann nach teilweiser oder vollständiger Entfernung .des Quellungsmittels
mit Weichmachern behandeln.
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Die Fäden können in gerader Form verwendet werden oder nach in der
Roßhaarspinnerei üblichen Methoden gekräuselt werden.
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Das so erhaltene künstliche Roßhaar ist nicht nur ein vollwertiger
Ersatz für das natürliche Roßhaar, sondern diesem. sogar in mancher Beziehung überlegen.
Es läßt sich in beliebiger Länge und Dicke herstellen, ist vollkommen mottenecht
und übertrifft das Naturprodukt in bezug auf Elastizität.
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Die so hergestellten Produkte können - für Polsterungszwecke, Matratzen,
insbesondere Gummimatratzenfüllungen, und dergleichen Zwecke verwendet werden. Sie
können gegebenenfalls gewoben oder gesponnen werden und die erhaltenen Gewebe als
Steifleinen, Haartuche, Gaze, Möbelbezugsstoffe, ferner in der Portefeuilleindustrie,
in der Damenhutfabrikation, zur Herstellung von Siebböden oder Filtern für die Müllerei
oder Papierfabrikation, in Schuhwarenfabriken, für die Pantoffel-und Einlagesohlenberstellung
und in Knopffabriken Anwendung finden. Schließlich können die künstlichen Roßhaare
als Borsten für Bürsten, Besen oder Pins(zl Verwendung finden.
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Beispiele z. Bauchstücke oder Schweinehaut werden im Anschluß an die
normale Äscherung einer etwa vierwöchigen Nachkälkung unterworfen, ausgewaschen
und anschließend etwa 2o bis 24 Stunden mit verdünnter. Salzsäure behandelt. Die
auf diesem Wege in einen glasigen Zustand übergeführten Hautstücke werden durch
sich allmählich . verjüngende Düsen gepreßt, deren kleinster Durchmesser ungefähr
o,7 mm beträgt. Der aus den Düsen austretende Faden wird anschließend durch ein
Pickelbad und
daräuf durch eine Chrombrühe geleitet, wie sie in
der Lederfabrikation Verwendung finden. Der gegerbte Faden kann aufgespult und gegebenenfalls
nach einer Alterung abgespult, gewaschen, gefärbt, getrocknet und abermals aufgespult
werden. Er kann auch in der in der Roßhaaraufbereitung ähnlichen Weise zu Zöpfen
geflochten und in Dampfräumen zugerichtet werden.
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2. Rindshautstücke werden durch alkalische und saure Quellung in einen
hochgequollenen Zustand übergeführt und dann durch Behandlung z. B.'zwischen Stachelwalzen
und anschließend in einem Kollergang einer schonenden Zerfaserung unterworfen. Das
zerfaserte Material wird dann durch Düsen von i mm Durchmesser gepreßt. Der hierbei
erhaltene Faden kann durch Trocknen an der Luft verfestigt oder nach Beispiel i
weiterbehandelt werden.
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3. Normal geäscherte Hautabfälle werden einer mehrtägigen Behandlung
in einem Kalkmilchbad unterworfen und anschließend in einem Holländer zerfasert.
Das Fasermaterial wird hierauf einer weiteren Quellung mit Salzsäure unterworfen
und dann durch Düsen gepreßt. Der aus den Düsen austretende Faden wird zunächst
mit Alkohol und dann nach Entfernung des Alkohols mit Weichmachern behandelt.
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4. Chromfalzspäne werden in üblicher Weise mit Kalk entgerbt, anschließend
mit verdünnter Salzsäure ausgewaschen und dann mit weiteren Mengen verdünnter Salzsäure
gequollen. Die Quellung kann durch geringe Temperaturerhöhung z. B. auf 4o bis
50' erheblich beschleunigt werden. Das weitgehend aufgeschlossene Hautmaterial
wird direkt durch Düsen gepreßt und dann in einem natriumbicarbonathaltigen Bad
entsäuert. Zum Schluß wird der Faden in üblicher Weise mit Zirkonsalz gegerbt.
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5. Rindfleisch wird durch Behandlung mit verdünnten Alkalien und verdünnten
Säuren in einen hochgequollenen Zustand übergeführt, schonend zerfasert und durch
Düsen von o,8 mm Durchmesser gepreßt. Der erhaltene Faden wird an der Luft getrocknet,
gepickelt und chromgegerbt. Er. kann in der in der Roßhaaraufbereitung üblichen
Weise gekräuselt werden.
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6. Rindersehnen werden zunächst in Kalkmilch, dann in Salzsäure gequollen,
von einem Teil der Säure befreit, durch Stachelwalzen zerfasert und in einem Kneter
unter Zusatz von Wasser verknetet. Die erhaltene hochgequollene Fasermasse wird
durch Düsen gepreßt. Der aus den Düsen austretende Faden wird nach Beispiel i weiterverarbeitet.