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Verfahren zum Äschern von Häuten und Fellen.
Da das Gerben tierischer Häute mit der Aufnahme von Gerbstoff durch die Haut, sei es durch mechanische Anlagerung, sei es durch chemische Bindung, verknüpft ist, so sollte man beim Gerbvorgang eine erhebliche Gewichtszunahme erwarten, die das Trockengewicht der Haut um das Gewicht des aufgenommenen Gerbstoffes erhöhen würde. Bei den üblichen Verfahren erhält man indessen durchwegs keine entsprechende Zunahme, was nur erklärt werden kann durch einen Verlust an Hautsubstanz, der die durch den Eintritt des Gerbstoffes bewirkte Gewichtsvermehrung mehr oder weniger aufhebt.
Der Verlust an Hautsubstanz findet statt bei der Vorbereitung der Häute und Felle für den Gerbvorgang, u. zw. in der Hauptsache bei der Enthaarung. Diese geschieht meistens durch das sogenannte
Schwitzen oder durch Behandlung mit Kalkmilch oder Schwefelnatrium. Das Schwitzen bewirkt eine Lockerung der Haarwurzeln durch Fäulnis, die auch auf die in der Haut eingelagerten Eiweissstoffe übergreift und diese zerstört. Dies bedeutet für die Ausbeute einen doppelten Verlust, indem sowohl die zerstörten Eiweisstoffe fehlen, als auch der Gerbstoff, den diese hätten binden können.
Kalkwasser löst Eiweissstoffe auf und entzieht damit der Haut die sogenannte Interzellularsubstanz.
Die gelösten Stoffe gehen bald in Fäulnis über, die sich auf die Haut selbst überträgt und der Kalkäscher muss daher von Zeit zu Zeit weggegossen und erneuert werden.
Schwefelnatrium zerstört die Haare und greift auch die Hautsubstanz an.
Sorgfältige Überlegungen haben erkennen lassen, dass eine Äscherflüssigkeit die in der Haut gelösten Eiweissstoffe dieser nur solange entziehen wird, bis sich ein Gleichgewicht zwischen der Eiweisslösung im Äscher und derjenigen in der Haut hergestellt hat. Man muss also bemüht sein, den Äscher mit Hautsubstanz anzureichern und zugleich verhindern, dass diese in Fäulnis übergeht. Wenn möglich, wird die Äscherflüssigkeit so gewählt werden, dass sie selbst die Entstehung von Fäulnis verhindert.
Ein Stoff, der diese Forderungen erfüllt, ist starkes Barytwasser. Dem Kalkäscher, der an sich nicht genügend keimtötende Kraft besitzt, müsste zu diesem Zwecke ein geeignetes Desinfektionsmittel wie z. B. Kreosot zugesetzt werden. Ob sich nach der Anwendung dieses Kalkäschers später Nachteile bei
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hat sich ausgezeichnet bewährt.
Durch mehrjälnige Beobachtung in einem geordneten Gerbereibetriebe wurde die Tatsache festgestellt, dass in einem bis zu einem gewissen Grade mit Hautsubstanz angereicherten Äscher, der vor Fäulnis geschützt wird, die eingebrachten Häute keine Hautsubstanz mehr verlieren. Neuerdings wurde beobachtet, dass umgekehrt leere Häute Eiweissstoffe aus dem stark eiweisshaltigen Äscher aufnehmen, wodurch ihre Qualität entsprechend verbessert wird.
Die Anreicherung mit Hautsubstanz erfolgt praktisch auf billigste Weise durch Einbringen von Leimleder, Hautabfällen, Ohren, Schnauzen od. dgl. in die frisch angesetzte Äscherflüssigkeit. Man kann auch einen Barytäscher verwenden, der nach der bekannten Art so lange zum Äschern gedient hat, bis eine genügende Anreicherung mit Hautsubstanz eingetreten ist. Bisher haben die Fachleute, die mit dem Barytäscher Versuche gemacht haben, diesen Punkt nicht abgewartet, sondern den Äscher, wie üblich, von Zeit zu Zeit entleert und frisch angesetzt. Hiedurch sind die unbefriedigenden Ergebnisse zu erklären, die bisher mit dem Barytäscher erzielt worden sind.
Es ist schon vorgeschlagen worden, einem Kalk-oder Ätzalkaliäscher Eiweiss oder Eiweissabbauprodukte zuzusetzen.
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äscher kann'also weder denselben Zweck noch dieselbe Wirkung haben wie ein Zusatz von Eiweiss zu einem Barytäscher. Da nun bei dem erwähnten Vorschlag ein Zusatz von Eiweiss zu Kalkwasser und zu Ätzalkalilösung auf eine Stufe gestellt worden ist, so ist zunächst klar, dass dieser Zusatz in beiden Fällen nicht denselben Zweck haben kann, wie die hier vorgeschriebene Anreicherung des aschers mit Eiweiss oder mit Hautsubstanz.
Im Barytäscher findet ein Faulen der Hautsubstanz und des Eiweisses in messbaren Zeiträumen nicht statt. Im gewöhnlichen Kalkäscher dagegen geht das Eiweiss bekanntlich sehr bald in Fäulnis. über, wobei der Stickstoff schliesslich in Ammoniak, ein starkes Ätzmittel, verwandelt wird. Da man bisher gegen diese Zersetzung keine Vorkehrung getroffen und ausserdem die Zerfallprodukte mit dem Eiweiss der Haut auf eine Stufe gestellt hat, so ist offenbar, dass man gar nicht dieselbe Wirkung hat herbeiführen wollen und können wie sie das vorliegende Verfahren ergibt. Früher hatte man auch die Absicht, die Häute zu schonen, aber nicht durch Herstellen eines Gleichgewichtes zwischen dem Eiweiss in der Haut und in der Lösung, sondern durch Abkürzen des Verfahrens.
Aus dem, was bekannt ist, ergibt sich daher nicht die Vorschrift, einem Äscher so viel Eiweiss oder eiweissähnliche Stoffe zuzusetzen, dass bisher unerwartete Diffusionswirkung eintreten mit dem Erfolg, dass sogenannte leere Häute sich mit Eiweiss und eiweissartigen Körpern aus dem Äscher füllen, anderseits bei gleicher Konzentration der Eiweisslösung in der Haut und der Äseherflüssigkeit keine Auslaugung der Haut mehr eintritt mit allen für die spätere Gerbung so nachteiligen Folgen.
Ebensowenig verrät der bekannte Vorschlag die Regel, dass man den Kalkäscher, um das Eiweissgleich-oder-Übergewicht zu erhalten, gegen Fäulnis sichern müsse.
Die patentbegründenden neuen Merkmale des vorliegenden Verfahrens liegen in dem technischen Fortschritt, der es ermöglicht, auf normalem Wege, d. h. ohne künstliche Beschwerung Gewichtsergebnisse zu erzielen, die bis jetzt nicht erreicht worden sind, u. zw. dadurch, dass einerseits der Verlust ven Stoffen, die für die Lederbildung in Frage kommen, ganz vermieden oder sich auf ein Mindestmass beschränkt und anderseits durch die Bindung von Gerbstoff an diese Stoffe sogar eine Vergrösserung des Ledergewichtes erzielt wird.
Beispiele. 1. Zur Bereitung der Äscherlauge löst man 50 leg lnistallisiertes Barythydrat von
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der Temperatur und der Dicke der Häute. Als geeignete Temperatur hat sich 190 erwiesen, und die besten Ergebnisse werden bei einer Äscherungsdauer von 36-48 Stunden erzielt.
2. Zu 1000 l Kalkmilch werden 10 leg Borsäure oder 10-30 7eg Kreosot gesetzt. Diese Flüssigkeit wird wie die in Beispiel 1 mit Eiweiss angereichert und dann wie der gewöhnliche Kalkäseher verwendet.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zum Äschern von Häuten und Fellen mittels einer eiweisshaltigen Flüssigkeit, dadurch gekennzeichnet,. dass der aus'Barytlauge bestehende Äscher mit Hautsubstanz oder andern eiweissartigen Stoffen so weit angereichert wird, dass sich ein annähernder Gleichgewichtszustand zwischen diesen Stoffen und den in der Haut enthaltenen-Eiweissstoffen oder auch ein Übergewicht über letztere ergibt.