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Verfahren zur Herstellung von Dispersoiden aus festen Kolloidmassen und von Gegen- ständen aller Art aus diesen.
Es sind mehrere Verfahren bekannt, die den Zweck haben, aus festen Kolloiden (Gelform), z. B.
Leim, Gelatine, Agar-Agar, Tragant, Gummi, Stärke, Dextrin, Karragheenmoos usw., oder Eiweissarten, wie Kasein, Albumin, Hämoglobin, Hefe oder Zelluloseester, wie Formyl-, Azetyl-, Nitrozelluloseester od. dgl., fein verteilte, lösliche oder unlösliche Pulver herzustellen.
Nach allen diesen Verfahren wird zunächst eine Lösung des Kolloids hergestellt und erst dann wird durch Zerstäuben der Lösung in eine Flüssigkeit, welche das betreffende Kolloid nicht löst, ein fein verteiltes Produkt erhalten.
Diese Ausführungsart hat aber den Nachteil, dass für die Herstellung solcher Pulver stets zwei Flüssigkeiten erforderlich sind : eine als Lösungsmittel und eine zweite als Dispersionsmittel ; in letzteren dürfen die Kolloide nicht lösbar oder quellbar sein. Z. B. muss zur Herstellung von Gelatinepulver Wasser als Lösungsmittel und ein organischer Kohlenwasserstoff (Benzol, Petroleum, Mineralöl usw. ) als Trennung- mittel für die einzelnen Gelatinepartikel verwendet werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, diese beiden voneinander und vom Pulver zu trennen und dann noch die Schwierigkeit, das Lösungsmittel vollständig zu entfernen, ohne dass das Pulver von neuem zusammenklebt.
Im folgenden wird nun ein neues Verfahren beschrieben, welches kein vorheriges Auflösen der Ausgangsstoffe erfordert und in einfachster, dem Grossbetrieb gut angepasster Weise auf maschinellem Wege zu feinen dispersen Pulvern führt, die z. B. zur Herstellung von Gegenständen aller Art Verwendung finden können.
Es wurde nämlich gefunden, dass sich feste Kolloidstoffe, wenn sie mit einer hinreichenden Menge einer Flüssigkeit, die das betreffende Kolloid nicht löst, längere oder kürzere Zeit bei gewöhnlicher oder höherer Temperatur in sogenannten Schlag-, Kreuz-, Stift-, Dismembrator-oder ähnlichen Mühlen behandelt werden, in eine äusserst feine Dispersion überführen lassen. Diese Stoffe können lange in diesem Zustande verbleiben, ohne wieder zusammenzukleben ; sie verhalten sich also ähnlich wie Organosole.
Diese Wirkung wird aber nur durch Behandlung in sehr schnellaufenden Mühlen genannter Art mit mehr als 300 m Geschwindigkeit erreicht, am geeignetsten aber in solchen mit 2000-3000 m Geschwindigkeit pro Minute.
Dass die festen Kolloidstoffe dabei tatsächlich einen hohen Dispersitätsgrad annehmen und dass es sich nicht etwa um einen einfachen Mahleffekt handelt, ist daraus zu ersehen, dass sie bei richtiger Auswahl der Dispersionsmittel und ausreichender Bearbeitung in Schlagmühlen zuletzt die typischen Eigenschaften eines Soles aufweisen : die dispergierten Teilchen schweben im Dispersionsmittel und durch Zusatz eines beliebigen Elektrolyten wird ihre Abscheidung bewirkt.
Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, zu einigen Kolloiden während der Bearbeitung kleine Mengen (etwa 1-5%) einer beliebigen Seife oder eines Stoffes, in dem das betreffende Kolloid sich löst oder aufquillt, zuzusetzen. Diese Mittel bewirken nur eine Beschleunigung der Dispersion, ihr Zusatz ist aber nicht unbedingt notwendig.
Es war nicht bekannt, dass sich feste Kolloidmassen (Gele) durch einfache Behandlung in einer Schlagmühle in äusserst feinpulverige, solartige Form überführen lassen, u. zw. in Flüssigkeiten, die die Kolloidstoffe nicht lösen. Die Behandlung lässt sich mit dem Mahlen solcher Stoffe in gewöhnlichen, langsam laufenden Trocken-oder Nassmühlen, Kollergängen oder Walzmühlen in keiner Weise vergleichen, da bei letzteren niemals eine kolloidale Suspension erreicht werden kann.
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In erster Linie können die Abfälle, welche bei der Herstellung von Gegenständen aus den obengenannten, festen Kolloidstoffen entstehen, unter Umgehung des kostspieligen Lösungsprozesses verarbeitet und wieder verwandt und aus den entstehenden dispersen Pulvern durch Pressen auf trockenem Wege neue Gegenstände beliebiger Art hergestellt werden.
Selbstverständlich kann man aber nicht nur die Abfälle,"sondern auch die Kolloidstoffe selbst auf diese Weise verarbeiten.
Die aus Gelatine usw. nach diesem Verfahren hergestellten dispersen Pulver können auch in der Photographie und Pharmazie sowie für Nähr- und Klebzwecke, die aus Zelluloseestern erzeugten zur Herstellung von Lacken und Kunstleder Verwendung finden. Aus Eiweissstoffen, Hämoglobin, Hefe usw. können in gleicher Weise Nährpulver, ferner Klebemittel für plastische Massen, Kunstholz, Kunstleder usw. hergestellt werden.
Durch die folgenden Beispiele wird das Verfahren näher erläutert :
Beispiel 1 : In 100 Teilen 96% Alkohol wird 1 Teil neutrale Seife aufgelöst und dann 5-10 Teile zuvor grob zerkleinerte Gelatine hinzugefügt. Dieses Gemisch wird in einem Dismembrator, welcher an der Achse durch eine Stopfbüchse gedichtet ist, 2Yz-Ï Stunden lang andauernd geschlagen.
Eine kontinuierliche Bearbeitung wird am besten dadurch erreicht, dass das Alkoholgelatinegemisch nach einmaligem Durchlauf durch die Schlagmühle sofort mittels einer Pumpe in ein Gefäss, welches sich
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von kleinen Mengen Seife oder auch von Wasser dient nur zur Abkürzung der Bearbeitungsdauer ; der gewünschte Dispersitätsgrad wird dadurch schneller erreicht. Sodann entfernt man entweder den über- ; chüssigen Alkohol durch Zentrifugieren oder man lässt die Gelatine nach Hinzufügen kleiner Mengen von in Alkohol löslichen Salzen oder Säuren sich absetzen und filtlielt sie ab. War die Gelatine rein, so kann sie sofort verbraucht oder in Pastenform in den Handel gebracht werden. war sie aber mit Fett oder Harz verunreinigt, so muss sie mit wasserfreiem Alkohol ausgewaschen werden, bis die löslichen Teile entfernt sind.
In ein homogenes Pulver kann man sie überführen, indem man unter vermindertem Druck bei einer 30-400 C nicht Übersteigenden Temperatur und unter fortwährendem Rühren den restlichen Alkohol abdestilliert. Das so erhaltene, äusserst feine, gleichmässige Pulver lässt sich für verschiedene Zwecke in der Nahrungsmittel-, Photo-und pharmazeutischen Chemie, sowie als Klebstoff und als Appretur mittel usw. mit besonderem Vorteil anwenden. Man kann es ferner allein oder mit verschiedenen Füllstoffen unter Druck oder Erhitzen auf -100-1250 C zu den verschiedensten Gegenständen pressen, ohne dass ein Zusatz von Bindemitteln nötig ist.
Statt Alkohol kann man auch eine andere organische Flüssigkeit als Dispersionsmittel verwenden, z. B. Benzol und dessen Homologe, Benzine, Petroleum, Chlorkohlenwasserstoffe, Ketone sowie auch Öle. Letztere müssen aber aus dem erhaltenen Organosol durch leichtsiedende Kohlenwasserstoffe ausgelaugt und das Auslaugemittel durch Destillation unter vermindertem Druck entfernt werden ; da die Öle nicht bei niedrigerTemperatur abdestilliert werden können, würde man sonst keine pulverigen, sondern pastenartige Endprodukte erhalten.
Gleichzeitig kann man bei der Darstellung von Dispersoiden aus festen Kolloiden die Eigenschaften des zukünftigen Produktes verändern, z. B. kann Gelatine vor oder nach der Überführung in den dispersen
Zustand wasserunlöslich gemacht werden, ohne die pulverige Eigenschaft einzubüssen. Man erreicht dies dadurch, dass man während des Schlagen oder, nachdem man den gewünschten Dispersitätsgrad erreicht hat, einen Stoff hinzufügt, der die Eigenschaft besitzt, die Gelatine unlöslich zu machen. Solche Stoffe sind, wie bekannt, Formaldehyd, dessen Polymere, Chromate, einige Aluminiumsalze, Tannin u. dgl.
Man braucht nicht zu befürchten, dass dadurch der Dispersitätsgrad der Endprodukte erheblich vermindert wird.
Insbesondere eignen sich diese wasserunlöslichen Dispersoide direkt-oder nach Hinzufügen von
Harzen, Ölen oder anderen mineralischen oder organischen Pulvern und Faserstoffen als Füllstoffe-zur
Herstellung von wasserfesten Gegenständen, die durch einfaches Pressen und Erhitzen geformt werden können.
Wie Gelatine kann man unter gleichen Bedingungen auch andere feste Kolloide, wie Leim, Agar-
Agar, Tragant, Gummi, Stärke, Dextrin, Karragheenmoos, ferner Kasein, Albumin, Hefe, sowie Phenol- kondensationsprodukte, Hartgummi u. dgl. zu feinen Pulvern verarbeiten und aus jedem einzelnen der- selben allein oder aus deren Mischungen Gegenstände herstellen.
Beispiel 2 : 100 Teile Benzin und 10-15 Teile wasserfreies Eiweiss werden gemischt und wie in
Beispiel 11-2 Stunden geschlagen. Während dieser Zeit erhält man eine genügend feine Dispersion von
Eiweiss in Benzin. War das Eiweiss rein, so kann durch Zentrifugieren und nachherige Destillation unter vermindertem Druck bei einer 300 C nicht Übersteigenden Temperatur unter fortwährendem Umrühren direkt reines Eiweisspulver erhalten werden. Waren im Eiweiss Fette, Seifen od. dgl. Stoffe vorhanden, dann muss das Eiweiss mit neuen Mengen Benzin, Alkohol oder Äther so lange auf einer Zentrifuge nach- gewaschen werden, bis die Waschflüssigkeit klar abläuft. Solches Waschen bewirkt eine gleichzeitige
Raffinierurg des Eiweisspulvers.
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Fügt man vor oder nach Erreichung des gewünschten Dispersitätsgrades Formaldehyd, Tannin oder andere eiweisskoagulierende Stoffe zu dem Benzin-Eiweiss-Gemisch hinzu, so wird gleichzeitig ein Wasserunlöslichmachen oder eine Koagulation des Eiweisses erzielt. Letzteres kann aber auch durch Erwärmen auf 60-80 C während des Schlagen erreicht weiden, ohne dass befürchtet werden müsste, dass das Pulver gröber wird ; nur muss man dann hochsiedendes Benzin als Dispersionsmittel verwenden. Das Eiweisspulver kann in gleicher Weise und für dieselben Zwecke wie das Gelatinepulver angewendet werden. Statt Benzin können Alkohole, Ketone und auch Benzol, Xylol usw. und in manchen Fällen auch Chlorkohlenwasserstoffe gebraucht werden.
Auf dieselbe Weise können auch Hämoglobin, Kasein, Hefe, Stärke, Mehlarten usw. zu homogenen, dispersen Pulvern verarbeitet werden.
Beispiel 3 : 100 kg Xylol, 3 5 kg Azeton und 5-10 kg azetonlöslicher Zelluloseester (z. Formyloder Azetylzelluloseester) werden wie in Beispiel 1 einige Stunden zusammen geschlagen.
Nach dieser Zeit ist der Zelluloseester feinst dispergiert. Bei der weiteren Verarbeitung wie in Beispiel 1 erhält man ein staubfeines Zellulosepulver, welches als ausgezeichneter Ausgangsstoff zur Herstellung von Lacken oder Kunstleder usw. verwendet werden kann. Durch Pressen und Erhitzen unter geeignetem Druck mit oder ohne Zusatz anderer pulverförmiger, homogener Stoffe, wie Natur-oder Kunstharze,-asphalte, wasserunlöslich gemachtem Kasein, Stärke, Albumin, Hefearten usw. können Gegenstände von den verschiedensten Eigenschaften und mannigfaltigstem Aussehen direkt hergestellt werden.
Wie Formyl-oder Azetylzelluloseester können auch Nitrozelluloseester od. dgl. Stoffe nach obigem Verfahren in feinste Pulver verwandelt werden. Bei azetonunlöslichen Zelluloseestern können zur Beschleunigung der Dispersion statt Azeton Dichlorhydrin oder Tetrachloräthan in geringer Menge zugesetzt werden.
An Stelle von Xylol kann man Benzol und dessen Homologe, Benzin, Petroleum, auch Terpentin und flüssige Mineralöle usw. verwenden.
Chlorkohlenwasserstoffe, Ketone, Glykole, Alkohole, Ester usw. können in kleinen Mengen (bis l %) als die Dispersion beschleunigende Mittel hinzugefügt werden.
Für feste Kolloidmassen, welche in Wasser nicht löslich sind, kann auch letzteres als Dispersionsmittel genommen werden. In diesem Falle kann man 3-5% Azeton oder Alkohol und Seife als die Dispersion beschleunigende Mittel hinzufügen. Die Seife kann hier auch durch ein wasserlösliches Kolloid, wie Gelatine, Leim, Eiweiss, Kasein, ersetzt werden.
Aus vorgenannten Dispersoiden kann man Gegenstände auch in folgender Weise herstellen : Man vermischt die als Füllmaterial dienenden Stoffe, wie Holz, Asbest, Graphit, gefärbte Erde, Wolle, Filz, Papier, Leder-oder Zeugabfälle verschiedener Art usw. mit in ihrem Dispersionsmittel suspendierten Dispersoiden, dampft das Dispersionsmittel am besten unter Vakuum ab und presst das erhaltene Pulver zu Gegenständen verschiedener Art. Man erhält so je nach Auswahl der Ausgangsmaterialien gegen Elektrizität, Wärme, Feuchtigkeit usw. widerstandsfähige Gegenstände.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Herstellung von Dispersoiden aus festen Kolloidmassen und von Gegenständen aller Art aus diesen, dadurch gekennzeichnet, dass feste Kolloide, wie Leim, Gelatine, Agar-Agar, Karragheenmoos, Gummi arabicum, Tragant, Dextrin, Stärke usw. oder Eiweissstoffe, wie Albumin, Kasein, Hämoglobin, Hefe usw., oder Zelluloseester oder deren Mischungen in einer grösseren Menge eines flüssigen Dispersionsmittels, welches das Kolloid nicht oder kaum lösen darf, durch Behandeln in sogenannten
Schlag-, Kreuz-, Stift-, Dismembrator- oder ähnlichen Mühlen in An-oder Abwesenheit geringer Mengen von dispersionsbeschleunigenden oder als Schutzkolloide wirkenden Mitteln bei gewöhnlicher oder einer 600 C nicht übersteigenden Temperatur dispergiert werden,
und dass das erhaltene Produkt nach Entfernen des überschüssigen Dispersionsmittels bei möglichst niedriger Temperatur im Vakuum unter folt- währendem Umrühren oder Durchblasen von Luft oder neutralen Gasen zu einem staubfeinen Pulver eingetrocknet wird, worauf es allein oder gemischt mit beliebigen Füllstoffen zu Gegenständen gepresst wird.