<Desc/Clms Page number 1>
Verfahren zur Herstellung von Blutplasmaersatzmitteln
Die Anwendung von Blutplasmaersatzmitteln ist nach wie vor von grösster Bedeutung in Fällen, in denen menschliches Blut oder Plasma in Form von Konserven nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht. Ein solches Ersatzmittel muss hydrophile Kolloide enthalten, deren Molekülgrösse so eingestellt ist, dass sie mindestens 12 - 24 Stunden im Kreislauf verbleiben ; der kolloidosmotische Druck muss etwa den gleichen Wert wie der von Blutplasma haben ; das Ersatzmittel soll nach einigen Tagen aus dem Kreislauf verschwunden und vollständig abgebaut oder ausgeschieden sein. Weiter ist es notwendig, dass ein solches Mittel frei von pyrogenen und antigenen Eigenschaften und in jeder Beziehung gut verträglich ist.
Eine Reihe von Substanzen ist als Plasmaersatzmittel vorgeschlagen worden, z. B. tierisches Blutplasma, Gummiarabikum, Pektine, Polysaccharide wie Dextrane oder Laevane, synthetische Kolloide wie Polyvinylpyrrolidon oder Polyvinylalkohol. Über das Schicksal dieser Stoffe im Organismus und ihre Aus- scheidung oder eventuelle Speicherung sowie über ihre antigene Wirkung besteht in den meisten Fällen noch keine Klarheit, so dass ihre Anwendung nicht immer unbedenklich erscheint. Es ist weiter vorgeschlagen worden, Gelatinelösungen als Plasmaersatzmittel zu verwenden. Die Gelatine hat vor vielen andern Ersatzmitteln den Vorteil, dass sie ein Protein ist, 'das nur geringe antigene Eigenschaften besitzt und durch proteolytische Fermente abgebaut bzw. vom Organismus leicht ausgeschieden werden kann.
Ein Nachteil der Gelatine ist, dass Ihre Lösungen bei Zimmertemperatur gelieren können, so dass sie vor der Injektion durch Erwärmen verflüssigt werden müssen, und dass infolge der raschen Ausscheidung die Verweilzeit im Kreislauf zu kurz ist.
Es sind verschiedene'Versuche unternommen worden, die Eigenschaften der Gelatine zu verbessern.
Durch hydrolytischen Abbau konnte man eine Verringerung der mittleren Molekülgrösse erreichen, so dass auch bei Zimmertemperatur keine Gelierung mehr auftrat. Solche abgebaute Gelatine wurde aber noch schneller ausgeschieden als unbehandelte Gelatine.
Weiterhin hat man Gelatine "gehärtet" bzw. vernetzt, indem man sie mit Aldehyden wie Formaldehyd, Glyoxal u. ähnl. Kondensationsmitteln behandelte und anschliessend oder während der Vernetzungsreaktion hydrolytisch oder oxydativ partiell abbaute, um von den zunächst erhaltenen hochmolekularen Produkten zu solchen mit einem niedrigeren Molgewicht zu kommen. Die Endprodukte besitzen eine grö- ssere Zahl ionisierbarerèarboxylgruppen als die Ausgangsgelatine, wodurch der isoelektrische Punkt herabgesetzt und die Löslichkeit verbessert wird. Eine andere Verbesserung wurde durch Umsetzung von Gelatine mit Anhydriden oder Chloriden gewisser Polycarbonsäuren erzielt.
Auch hiebei erhält man Produkte mit einem veränderten Verhältnis von freien Amino- zu Carboxylgruppen und damit erhöhter Löslichkeit und günstigeren kolloidosmotischen Eigenschaften.
Die bisher aus Gelatine hergestellten Blutersatzmittel haben insbesondere bezüglich der Gleichförmigkeit ihrer Eigenschaften noch nicht voll befriedigt und sind nicht zu einer allgemeineren Anwendung gekommen.
Es wurde nun gefunden, dass man unter Verwendung von Kollagenabbauprodukten zu einem brauchbaren Blutplasmaersatzmittel gelangen kann, indem man derartige Kollagenabbauprodukte einem scho-
<Desc/Clms Page number 2>
nenden hydrolytischenAbbau bis zu einer Molekülgrösse von 2000 bis 20000, vorzugsweise 500C-10000, unterwirft, das Hydrolysat mit einem mehrfunktionellen Isocyanat vernetzt, wobei die angewendete Isocyanatmenge geringer ist als diejenige, welche sich aus der Anzahl der im Hydrolysat vorhandenen Amino- und Guanidinogruppen errechnet, und vorzugsweise etwa 20 - 80 % dieser Menge beträgt, das so erhaltene Produkt auf einen PH-Wert von etwa 7 einstellt und die Lösung durch Salzzusatz isotonisch macht.
Das als Ausgangssubstanz verwendete Material soll frei sein von pyrogenen und sonstigen pharmako logisch wirksamenBestandteilen ; am geeignetsten ist eine möglichst reine Knochengelatine. Unerwünschte anorganische Bestandteile, vor allem Calciumsalze, können durch Dialyse, Elektrodialyse oder am besten durch Behandeln mit einem Ionenaustauscher entfernt werden.
Der Abbau der Kollagenabbauprodukte bzw. der Gelatine kann auf verschiedene Weise vorgenommen werden, z. B. durch saure, alkalische oder fermentative Hydrolyse. Bei Gelatine lässt sich eine besonders
EMI2.1
Hydrolysegrad mit einer Molekülgrösse zwischen 2000 und 20000 erreicht ist. Bei einer guten Knochengelatine genügt eine Erhitzungsdauer von etwa 5 bis 6 Stunden auf 1200 im geschlossenen Gefäss für den Abbau bis zu Molekülen der Grösse von 5000 bis 10000. Die vorzugsweise verwendete Konzentration der Gelatine bzw. der fertigen Plasmaersatzmittel liegt bei 4-6 %, da dies etwa der Proteinkonzentration im Blut entspricht, doch lässt sich der hydrolytische Abbau und die anschliessende Vernetzung auch mit niedriger oder höher konzentrierten Lösungen durchführen.
Die Reaktion desHydrolysats mit mehrfunktionellen Isocyanaten kann unmittelbar nach der Hydrolyse in der gleichen Lösung durchgeführt werden. Die Isocyangruppe reagiert unter diesen Bedingungen bevorzugt mit den reaktionsfähigen Aminogruppen bzw. Amid- oder Guanidinogruppen der Peptidketten unter Bildung von Harnstoffgruppen. Hiedurch findet eine Vernetzung zweier oder mehrerer Polypeptid ketten über Harnstoffbrücken zu einem grösseren Molekül statt. Die Reaktion lässt sich bei Anwendung z. B. eines Diisocyanats etwa folgendermassen formulieren.
EMI2.2
<Desc/Clms Page number 3>
EMI3.1
Die Vernetzungsreaktion wird zweckmässig bei neutralem bis schwach alkalischem PH vorgenommen, da in saurer Lösung die Reaktion sehr langsam oder gar nicht vor sich geht. Da. bei der Umsetzung die ba- sischen Aminogruppen in sehr schwach basische Harnstoffgruppierungen übergehen, werden vorher als innere Salze vorliegende Carboxylgruppen frei, und das PH verschiebt sich nach sauren Werten. Es ist daher zweckmässig, durch laufende Zugabe von verdünntem Alkali nach Massgabe des Verbrauchs des Isocyanats das PH nachzustellen und) bei einem Wert zwischen 7 und 8 zu halten.
Die Zugabe des Isocyanats erfolgt, zweckmässig unter starkem Rühren der Lösung, entweder direkt oder gelöst in einem organischen, mit Wasser mischbaren, aber gegen Isocyanate indifferenten Lösungsmittel, z. B. Tetrahydrofuran oder Aceton. Die Temperatur der Lösung kann weitgehend-zwischen 0 und 1000 - variiert werden, am zweckmässigsten arbeitet man bei 30 . Die Zugabe des Isocyanats wird am besten fraktioniert vorgenommen, wobei der Verlauf der Reaktion an der PH- Änderung bzw. an dem obengenannten Verbrauch von Alkali verfolgt werden kann. Als Isocyanate kommen z. B. in Frage : ali- phatische Polyisocyanate, besonders solche vom Typ OCN-(CH)-NCO, wobei x in der Grösse von 2 bis 20 liegen kann, oder auch aromatische und hydroaromatische Polyisocyanate.
Die zur Vernetzung günstigste Isocyanatmenge hängt von der Molekülgrösse des Hydrolysats und auch von der Qualität des Ausgangsmaterials ab ; sie kann zwischen 10 und 100 % der durch die NH-Analyse zu berechnenden Menge liegen. Aus einem Hydrolysat mit Molekülen der Grösse von 5000 bis 10000 werden besonders brauchbare Produkte erhalten, wenn man etwa 30 - 40 % der Menge eines mehrfunktionellen Isocyanats anwendet, die sich aus dem Gehalt an Amino-bzw. Guanidinogruppen gemäss der Aminosäurezusammensetzung der Gelatine bzw. aus dem Hydrolysegrad ergibt.
Nach der Vernetzung muss das eventuell zur Lösung des Isocyanats verwendete organische Lösungsmittel aus dem Endprodukt entfernt werden. Dies geschieht am besten durch Destillation im Vakuum, wobei zur Verhinderung des Schäumens eine geringe Menge eines Antischaummittels, wie Octylalkohol, zugesetzt werden kann, das bei der Destillation mit dem Wasserdampf wieder übergeht.
Zur praktischen Anwendung wird die Lösung nunmehr auf ein solches Volumen gebracht, dass sie 5% ig an Protein ist. Dann wird soviel Kochsalz oder physiologisches Salzgemisch zugesetzt, dass eine isotonische Lösung entsteht. Die Lösung wird nunmehr sterilisiert und in Ampullen abgefüllt. Das Sterilisieren kann z. B. durch Filtration oder auch durch 10 - 20 Minuten langes Erhitzen auf 1200 vorgenommen werden. Falls erwünscht, kann auch durch Gefriertrocknung ein Trockenpulver hergestellt werden, das zur Anwendung wieder in sterilem Wasser gelöst wird.
Die nach dem beschriebenen Verfahren hergestellten Produkte sind ausgezeichnete Plasmaersatzmittel und zeichnen sich gegenüber bekannten Mitteln durch eine Reihe von Vorzügen aus. Ihre Lösungen sind vollkommen klar und im Gegensatz zu andern aus Gelatine hergestellten Ersatzmitteln auch farblos ;
<Desc/Clms Page number 4>
der Erstarrungspunkt liegt unterhalb von 100. Das Molekulargewicht der Verfahrensprodukte liegt bei
15000-60000, es kann durch Variation der Herstellungsbedingungen weitgehend den Bedürfnissen der
Praxis angepasst werden. Am besten haben sich Produkte mit einem Molekulargewicht von etwa 20000 bewährt. Die Endprodukte besitzen, wie Messungen in der Ultrazentrifuge zeigen, im wesentlichen ein- heitliche Molekülgrösse.
Im Tierversuch zeigen die Lösungen eine ausgezeichnete Verträglichkeit und besitzen keinerlei to- xische Wirkungen. Hiebei ist besonders hervorzuheben, dass mit Produkten vom Molekulargewicht von nur etwa 20000 imBlutaustauschversuch und im Überlebensversuch volle Plasmaersatzwirkung erzielt wird.
Ausscheidungsversuche ergaben, dass erst nach 24Stunden die Hälfte der Substanz aus dem Blut verschwun- den und die weitere Ausscheidung innerhalb von 2 bis 3 Tagen vollendet ist. Im Gegensatz hiezu zeigt
Gelatine viel ungünstiger Ausscheidungsverhältnisse und ist schon nach wenigen Stunden im Blut nicht mehr nachweisbar.
Die Ursache für diese erwünschte verlängerte Verweilzeit der vernetzten Produkte im Blut liegt darin, dass sie durch Fermente wie Trypsin, Pepsin und Gewebsfermente langsamer gespalten werden als Gelatine.
Auch die durch die Vernetzung erhöhte Sperrigkeit der Moleküle trägt zu einer langsameren Ausscheidung bei. Trotzdem konnte im Tierversuch eine Speicherung nicht nachgewiesen werden. Durch die lange Er- hitzungszeit beim Abbau werden geringe Mengen antigen wirkender Stoffe, die eventuell im Ausgangsma- terial noch vorhanden sind, mit Sicherheit zerstört. Dementsprechend konnte in ausgedehnten Anaphalaxie-
Versuchen das vollständige Fehlen antigener Eigenschaften erhärtet werden.
EMI4.1
1 : 11900 nimmt man das Gefäss aus dem Autoklaven heraus und lässt auf Zimmertemperatur abkühlen. Die Lö- sung wird filtriert und mit 9 g reinem Kochsalz versetzt.
Nach Einstellen des PH auf einen Wert von etwa 7 lässt man unter starkem Rühren eine Lösung von 1,66 cm3 Hexamethylendiisocyanat in 25 cm* Tetra- hydrofuran zufliessen, wobei die Temperatur etwa 30 beträgt. Das PH der Lösung wird laufend verfolgt und durch Zugabe von verdünnter Natronlauge auf dem Wert von etwa 7 gehalten. Nach 3 Stunden ist die Reaktion beendet. Zur Entfernung des Tetrahydrofurans wird nunmehr die Lösung unter Zusatz einiger Tropfen Octylalkohol zur Verhinderung des Schäumens im Vakuum auf etwa die Hälfte eingeengt ; hiebei geht auch der zugesetzte Octylalkohol mit über. Man füllt die Lösung mit Wasser wieder auf 11 auf und filtriert gegebenenfalls nochmals. Die Lösung wird in Flaschen oder Ampullen abgefüllt und dann durch 20 Minuten langes Erhitzen auf 1200 sterilisiert.
Der Zusatz von Kochsalz zur Einstellung der Isotonie kann auch schon am Anfang, vor dem Abbau der Gelatine, oder zuletzt, vor der Sterilisation, erfolgen.
An Stelle von Tetrahydrofuran kannauchAeetonzurLösungdesHexamethylendiisocyanatsverwendet wer- den.
Beispiel 2 : 11 einer 5 %igen Gelatinelösung wird wie in Beispiel l durch Erhitzen auf 120 ab- gebaut. Dann setzt man eine Suspension von 1, 66 cm3 Hexamethylendiisocyanat in 30 cm3 Wasser hinzu und lässt unter starkem Rühren bei 300 die Vernetzu :. gsreaktion ablaufen, wobei das PH durchlaufende Zugabe von verdünnter Natronlauge auf einem Wert von etwa 7 gehalten wird. Wenn das Ph sich nicht mehr ändert, ist die Reaktion beendet. Die Lösung wird, falls notwendig, filtriert, mit 9 g reinem Kochsalz versetzt, in Ampullen oder Flaschen abgefüllt und durch 20 Minuten langes Erhitzen auf 1200 sterilisiert.