Beschreibung
Titel
Lastenfahrzeug mit höhenverstellbarer Hubeinrichtung
Die Erfindung bezieht sich auf ein Lastenfahrzeug mit einer höhenverstellbaren Hubeinrichtung, insbesondere ein Flurförderfahrzeug wie beispielsweise ein Gabelstapler, nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.
Stand der Technik
In der DE 103 04 658 A1 wird ein als Gabelstapler ausgeführtes Flurförderfahrzeug beschrieben, das mit einer Einrichtung zur Steuerung der Fahrstabilität ausgestattet ist, um die Umkippgefahr zu reduzieren. Bei Gabelstaplern besteht generell das Problem, dass aufgrund des kurzen Radstandes, der geringen Spurbreite und dem bei angehobener Last vergleichsweise hohen Schwerpunkt eine erhöhte Kippgefahr im Falle eines Bremsvorgangs nach vorne und bei hohen Kurvengeschwindigkeiten zur Seite besteht. Die in der DE 103 04 658 A1 offenbarte Einrichtung zur Steuerung der Fahrstabilität umfasst eine Sensorik zum Ermitteln von Fahrzeugzustands- und Kenngrößen wie Beschleunigungen, aufgenommene Last sowie Hubhöhe und eine Steuerungseinrichtung, in der ausgehend von den gemessenen Größen Grenzwerte zu zulässigen Beschleunigungen ermittelt und Maßnahmen zum Einhalten der Grenzwerte ergriffen werden. Bei den Maßnahmen zur Erhöhung der Stabilität handelt es sich je nach Fahrsituation um einen Brems- oder Beschleunigungsvorgang, um die Veränderung der Hubhöhe, um einen Eingriff in die Lenkung oder um einen Eingriff in die Winkelstellung des die Hubeinrichtung tragenden Mastes.
Mithilfe dieser Einrichtung kann zwar die Umkippgefahr signifikant reduziert werden. Die Kippgefahr wird jedoch auch durch dynamische Einflüsse, beispielsweise ein Schwingen der Hubgabel beeinflusst, was über die Steuerung bzw. Regelung im Fahrzeug nur in unzureichender Weise erfasst wird.
Offenbarung der Erfindung
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Kippgefahr in einem Lastenfahr- zeug mit einer höhenverstellbaren Hubeinrichtung weiter zu reduzieren.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst. Die Unteransprüche geben zweckmäßige Weiterbildungen an. Die Erfindung bezieht sich auf Lastenfahrzeuge mit einer höhenverstellbaren
Hubeinrichtung, zu denen insbesondere gleislose Flurfördermittel wie Gabelstapler oder Reachstacker gehören, aber auch Traktoren mit Frontlader, Radlader oder dergleichen. Grundsätzlich ist die Erfindung auch auf gleisgebundene Flurfördermittel anwendbar, soweit diese mit einer höhenverstellbaren Hubeinrich- tung ausgestattet sind.
Das Lastenfahrzeug ist zusätzlich zu der höhenverstellbaren Hubeinrichtung zur Aufnahme einer zu transportierenden Last mit einer Beschleunigungssensorik ausgestattet, die das Messen der Beschleunigung in zumindest einer Bewe- gungsrichtung ermöglicht. Des Weiteren sind Sensoren zum Ermitteln der aufgenommenen Last sowie zum Ermitteln der Hubhöhe der Hubeinrichtung vorgesehen. Über ein Regel- bzw. Steuergerät im Lastenfahrzeug können Stellsignale erzeugt werden, die mindestens einem Fahrzeugaggregat zur Einstellung zuführbar sind, bei dessen Betätigung der Fahrzustand des Lastenfahrzeugs beein- flusst wird. Bei diesem Aggregat handelt es sich insbesondere um einen Antriebsmotor zum Antrieb des Lastenfahrzeugs und/oder die Bremseinrichtung, wobei gegebenenfalls auch die Beeinflussung der Lenkeinrichtung im Fahrzeug sowie die Hubhöhe der Hubeinrichtung und gegebenenfalls der Schwenkwinkel eines verstellbaren Mastes zur Aufnahme der Hubeinrichtung in Betracht kom- men.
Die Stellsignale werden insbesondere wenigstens abhängig von der gemessenen Beschleunigung erzeugt. Die Stellsignale können zusätzlich auch abhängig von der ermittelten aufgenommenen Last und der ermittelten Hubhöhe sein.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Beschleunigungssensorik an der Hubeinrichtung angeordnet ist und gemeinsam mit der Hubeinrichtung in der Höhe verstellbar ist. Diese Ausführung hat den Vorteil, dass Beschleunigungen unmittelbar benachbart zu der angehobenen Last ermittelbar sind, so dass dynami- sehe Zustandsänderungen wie beispielsweise Schwingungen ermittelt werden können, denen die angehobene Last ausgesetzt ist und die zu erheblichen auf das Fahrzeug wirkenden Kräften führen. Derartige dynamische Vorgänge werden ohne zeitliche Verzögerung, ohne Phasenverschiebung und ohne Amplitudendämpfung unmittelbar am Ort des Entstehens erfasst und können in dem Regel- bzw. Steuergerät verarbeitet werden. Im Unterschied zu Ausführungen aus dem
Stand der Technik, bei dem die Beschleunigungssensorik karosseriefest im Fahrzeug angeordnet ist, steht ein empfindlicheres Instrumentarium zum Registrieren von Beschleunigungen zur Verfügung, denen die Last ausgesetzt ist. Beim Stand der Technik können dagegen derartige Schwingungen in der Hubeinrich- tung nicht oder nur in stark gedämpfter sowie phasenverzögerter Form ermittelt werden. Auf diese Weise kann bei der erfindungsgemäßen Einrichtung früher als im Stand der Technik auf eine drohende Gefahrensituation reagiert werden, wodurch die Kippgefahr weiter reduziert ist. Es können zusätzliche Gefahrensituationen erfasst werden, insbesondere beim Überfahren von Hindernissen, und ge- eignete Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Reduzierung der Kippgefahr ergriffen werden.
Die Beschleunigungssensorik in oder an der Hubeinrichtung ist vorzugsweise so angeordnet, dass bei den üblicherweise aufzunehmenden Lasten die Position der Beschleunigungssensorik nahe am Lastschwerpunkt liegt. Möglich ist aber auch eine Anordnung benachbart zum höchsten Punkt der Hubeinrichtung, der bezogen auf die Fahrbahn den größten Auslenkungen unterworfen ist. Grundsätzlich möglich ist aber auch eine Anordnung der Beschleunigungssensorik im Bereich der Gabeln, auf die die anzuhebende Last aufzusetzen ist.
Die Beschleunigungssensorik umfasst einen Beschleunigungssensor, über den zumindest eine Beschleunigung in einer Fahrzeugrichtung gemessen werden kann, insbesondere die Längsbeschleunigung. Vorzugsweise ist die Beschleunigungssensorik aber zumindest als 2D-Beschleunigungssensorik ausgebildet, die Sensoren zum Messen der Längsbeschleunigung und der Querbeschleunigung umfasst. Gemäß vorteilhafter Ausführung ist eine 3D-Sensorik vorgesehen, die
zusätzlich zu den Sensoren zum Messen der Längs- und Querbeschleunigung auch einen Sensor zum Messen der Vertikalbeschleunigung umfasst. Die 3D- Beschleunigungssensorik hat den Vorteil, dass über den Vertikalbeschleuni- gungssensor gemeinsam mit dem Längsbeschleunigungssensor ein Kippen des Fahrzeugs nach vorne oder nach hinten mit höherer Genauigkeit erfasst werden kann. Über die Querbeschleunigung kann Einfluss auf Kurvenfahrten genommen werden.
Zusätzlich zur Beschleunigungssensorik ist das Lastenfahrzeug mit einem Sen- sor zur Ermittlung der aufgenommenen Last ausgestattet, der beispielsweise als ein Drucksensor in einem die Hubeinrichtung verstellenden Hubzylinder ausgeführt ist. Alternativ kann mit Hilfe von Piezoelementen die Last ermittelt werden, die beispielsweise zwischen Hubzylinder und Hubeinrichtung angeordnet sind. Das Gewicht der Last stellt eine wesentliche Information dar, da die Kippgefahr maßgeblich von dem Gewicht der Last beeinflusst wird.
Das Lastenfahrzeug ist des Weiteren mit einem Sensor zum Ermitteln der aktuellen Hubhöhe der Hubeinrichtung ausgestattet, da auch die Hubhöhe einen maßgeblichen Einflussfaktor auf die Kippgefahr darstellt. Die Hubhöhe wird bei- spielsweise mithilfe eines barometrischen Sensors ermittelt, der an der Hubeinrichtung angeordnet ist und insbesondere Bestandteil der an der Hubeinrichtung angeordneten Sensorik ist, die auch die Beschleunigungssensorik umfasst. Der Drucksensor im Hubzylinder, über den die Hubeinrichtung zu verstellen ist, befindet sich dagegen zweckmäßigerweise am Fuß der Hubeinrichtung.
Die Hubhöhe der Hubeinrichtung kann gegebenenfalls aber auch über eine Sensoreinrichtung ermittelt werden, mit der eine Messung der vertikalen Wegstrecke der Hubeinrichtung möglich ist. In diesem Fall kommt eine Anordnung des Sensors sowohl an der Fahrzeugkarosserie als auch an der Hubeinrichtung in Be- tracht.
Die Hubeinrichtung befindet sich vorzugsweise an einem mit der Fahrzeugkarosserie verbundenen Mast, der gegenüber der Fahrzeugkarosserie insbesondere um eine Querachse verschwenkbar gehalten ist. Die Schwenkbarkeit stellt einen weiteren Freiheitsgrad im Lastenfahrzeug dar, der die Fahrstabilität beeinflusst und zweckmäßigerweise über einen weiteren Sensor ermittelt wird.
Je nach Ausführung des Lastenfahrzeugs kommen verschiedenartige Antriebsmotoren in Betracht. Möglich ist beispielsweise eine Ausführung als Brennkraftmaschine oder als Elektromotor, wobei der elektrische Antrieb sowohl über einen oder mehrere auf die Fahrzeugachsen wirkende Antriebsmotoren als auch über
Radnabenmotoren möglich ist. Über die Antriebsmotoren kommt sowohl eine Einstellung des Antriebsmomentes als auch eines motorischen Bremsmomentes in Betracht. Zusätzlich oder alternativ können Bremsmomente aber auch über die Bremseinrichtung des Lastenfahrzeugs, insbesondere über die Radbremsen ein- gestellt werden. Des Weiteren kommt eine Regulierung der Höhe der Hubeinrichtung sowie des Schwenkwinkels des Mastes in Betracht, der die Hubeinrichtung trägt. Außerdem kann, soweit dies im Lastenfahrzeug möglich ist, auch die Lenkeinrichtung des Lastenfahrzeugs beeinflusst werden. Beispielsweise kommt bei einer Ausführung der Lenkeinrichtung als hydrostatische Lenkung ein selbsttäti- ger Eingriff in das Lenksystem in Betracht, ebenso bei aktiven Lenksystemen, die die Vorgabe eines Überlagerungslenkwinkels erlauben. Bei passiven Lenksystemen, bei denen kein Überlagerungslenkwinkel erzeugbar ist, ist ein Eingriff in die Servostelleinrichtung möglich. Weitere Vorteile und zweckmäßige Ausführungen sind den weiteren Ansprüchen, der Figurenbeschreibung und der Zeichnung zu entnehmen, in der ein Gabelstapler mit angehobener Last dargestellt ist.
Der in der Figur dargestellte Gabelstapler 1 weist einen karosseriefest angeord- neten Antriebsmotor 2 zum Antrieb einer oder beider Achsen des Fahrzeugs auf.
Im vorderen Bereich des Gabelstaplers 1 befindet sich eine Hubeinrichtung 3, die als Hubgabel ausgeführt ist und an einem Mast 4 höhenverstellbar gehalten ist. Der Mast 4 kann gegenüber der Fahrzeugkarosserie zwischen verschiedenen Positionen um einen Schwenkwinkel α verschwenkt werden, wobei die
Schwenkachse in Querrichtung benachbart zum Boden des Fahrzeugs verläuft.
Die Hubeinrichtung 3 ist über eine geeignete Versteileinrichtung höhenverstellbar an dem Mast 4 gehalten, insbesondere über einen hydraulisch betätigbaren Hubzylinder, und kann zwischen beliebigen Positionen zwischen der maximal abgesenkten und der maximal angehobenen Position am Mast 4 verstellt wer- den. Die Einstellung des Schwenkwinkels α erfolgt unabhängig von der Höhenverstellung der Hubeinrichtung 3.
Der Gabelstapler 1 ist mit einer Sensorik zur Erfassung diverser Zustande- und Kenngrößen des Fahrzeugs ausgerüstet. Die Sensorik umfasst eine 3D- Beschleunigungssensorik 5, die am oberen Bereich der Hubeinrichtung 3 ange- ordnet ist und die bezogen auf die Fahrzeugkarosserie die gleiche vertikale Stellbewegung sowie die Schwenkbewegung um den Schwenkwinkel α ausführt wie die Hubeinrichtung 3. Mithilfe der Beschleunigungssensorik 5 kann die Längsbeschleunigung, die Querbeschleunigung sowie die Vertikalbeschleunigung in der Hubeinrichtung 3 gemessen werden.
Darüber hinaus umfasst die Sensorik einen Drucksensor 6, der im Hubzylinder angeordnet ist, über den die Hubeinrichtung 3 in Vertikalrichtung am Mast 4 verstellbar ist. Der Drucksensor ermittelt den Druck im Hydraulikmedium, welches den Hubzylinder verstellt. Aus dem gemessenen Druck kann auf das Gewicht der Last 7 geschlossen werden, die sich auf der Hubeinrichtung 3 befindet.
Des Weiteren umfasst die Sensorik einen Sensor zum Ermitteln der aktuellen Hubhöhe der Hubeinrichtung, wofür beispielsweise eine Ausführung als barometrischer Sensor in Frage kommt, der ebenso wie die Beschleunigungssensorik 5 an der Hubeinrichtung angeordnet ist. Gegebenenfalls ist der barometrische
Sensor in einem gemeinsamen Gehäuse mit der Beschleunigungssensorik 5 angeordnet.
Grundsätzlich kommen aber auch alternative Ausführungen für den Sensor zum Ermitteln der aktuellen Hubhöhe der Hubeinrichtung 3 in Betracht, beispielsweise
Wegsensoren, die entweder am Fuße des Mastes 4 angeordnet sind und die aktuelle Hubhöhe der Hubeinrichtung 3 bezogen auf den Fuß des Mastes ermitteln oder fest mit der Hubeinrichtung verbunden sind und den Abstand der Hubeinrichtung vom Fuß des Mastes messen. Im letztgenannten Fall ist der Sensor zum Ermitteln der Hubhöhe zweckmäßigerweise ebenfalls in einem gemeinsamen
Gehäuse mit der Beschleunigungssensorik 5 angeordnet.
Im Gabelstapler 1 befindet sich des Weiteren ein Regel- bzw. Steuergerät 8, welches die sensorisch ermittelten Daten empfängt und auswertet und auf der Grundlage der Daten Stellsignale erzeugt, über die der aktuelle Fahrzustand des
Fahrzeugs beeinflussbar ist. Über die Stellsignale des Regel- bzw. Steuergeräts
8 werden insbesondere der Antriebsmotor 2, die Bremseinrichtung im Fahrzeug, die Lenkeinrichtung, die Hubhöhe der Hubeinrichtung 3 sowie der Schwenkwinkel α des Mastes 4 selbsttätig eingestellt. Über die selbsttätige Einstellung der Aktoren im Fahrzeug wird insbesondere Einfluss auf die Fahrstabilität genommen. Mit der beschriebenen Sensorik im Fahrzeug kann der Gesamtschwerpunkt
9 des Fahrzeuges bestimmt werden, der sich aus dem Fahrzeugschwerpunkt 10 und dem Lastschwerpunkt 1 1 zusammensetzt, wobei neben der jeweiligen Masse der Last 7 auch die aktuelle Hubhöhe sowie der Schwenkwinkel α für die Bestimmung des Gesamtschwerpunktes 9 zu beachten sind.
Mittels der 3D-Beschleunigungssensorik 5, die fest mit der Hubeinrichtung 3 verbunden ist, können Beschleunigungen, insbesondere auch Schwingungen in der Hubeinrichtung 3 unmittelbar am Entstehungsort gemessen werden, was zum einen eine schnellere Reaktion über eine Ansteuerung der Aktoren im Fahrzeug und zum anderen eine präzisere Einstellung in Grenzbereichen der Stabilität ermöglicht. Berücksichtigt werden können sowohl die Längsdynamik als auch die Querdynamik des Fahrzeugs, insbesondere die Kippgefahr um die Querachse oder die Längsachse des Fahrzeugs.