Verfahren zum Betrieb einer Nähmaschine zum Verbinden eines ersten Nähgutteils mit einem zweiten Nähgutteil unter Einarbeitung von Mehrweite
Die Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.
Ein derartiges Verfahren ist aus der EP 0 124 211 B2 bekannt. Hierbei wird ein Nähgutteil zwischen benachbarten Stichen stärker als ein anderes Näh- gutteil verschoben. Hierzu werden Steuerdaten mit einer Sequenz oder einem Profil von unterschiedlichen Zufuhr- oder Vorschubbeträgen in Abhängigkeit eines Stichzählerstandes von einer Steuerung vorgegeben. Ein ähnliches Verfahren ist aus dem PFAFF-Prospekt 3834-4/11 bekannt.
Aus der DE 3490 775 C2 (entsprechend WO 86/02673) ist eine prinzipiell ähnliche Vorrichtung bekannt.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der gattungsgemäßen Art so auszugestalten, daß die Programmierung der Nähmaschine in sehr einfacher Weise und ohne großen Zeitaufwand durchführbar ist.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale im Kennzeichnungsteil des Anspruches 1 gelöst. Der Kern der Erfindung besteht darin, daß die vom Modelleur ermittelten Längen von Teilstrecken direkt einge- geben werden. Es werden also nicht Stichzahlen für bestimmte Stichlängen eingegeben, sondern zusätzlich zu den Längen der einzelnen Teilstrecken die gewünschte Stichlänge. Der Rechner ermittelt hieraus Kräuselwerte, die am Datensichtgerät, also dem Bildschirm der Bedienungs- und Steuer-
Einheit ausgegeben und damit für die Bedienungsperson erkennbar und nachprüfbar sind. Die Kräuselwerte können bei Bedarf von der Bedienungsperson geändert werden, wenn das Nähbild nicht den Vorgaben entspricht. Eine solche Änderung der Kräuselwerte berücksichtigt der Rechner automatisch für die entsprechende Ansteuerung der die Stoffschieber antreibenden Schrittmotoren. Eine Änderung einer gewünschten Stichlänge hat keinen Einfluß auf die für die einzelnen Teilstrecken ermittelten Werte. Die Bedienungsperson ist dementsprechend frei, die Stichlänge der Stoffqualität anzupassen bzw. entsprechend der Stoffqualität auszuwählen. Ent- sprechend der Vorgabe der Stichlänge ermittelt der Rechner die Ansteuerdaten für die Schrittmotoren selbsttätig.
Die Eingabe von vom Modelleur vorgegebenen Gradierwerten nach Anspruch 2 für die Teilstrecken einer Basis-Bekleidungsstück-Größe ermög- licht die automatische Bereitstellung von Werten für die Teilstrecken bei Nähgutteilen anderer Bekleidungsstück-Größen, so daß die zeitaufwendige Eingabe von Werten für die Nähgutteile anderer Bekleidungsstück-Größen entfällt.
Durch die Eingabe von sogenannten Stoffbeiwerten nach Anspruch 3 wird erreicht, daß die Wirksamkeit der Vorschubbewegung des jeweiligen Stoffschiebers auf das von ihm transportierte Nähgutteil berücksichtigt wird. Dies ist insbesondere bei sehr glatten Stoffen, zwischen denen und dem Stoffschieber ein Schlupf auftritt, von Bedeutung. Gleichermaßen kann es bei sehr steifen oder dicken Stoffen von Bedeutung sein.
Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispieles anhand der Zeichnung. Es zeigt:
Fig. 1 eine für das erfindungsgemäße Verfahren geeignete Nähmaschine in stark schematisierter Darstellung in Seitenansicht,
Fig. 2 eine schematische Darstellung der Stoff-Transport-Einirchtung der Nähmaschine entsprechend dem Sichtpfeil II in Fig. 1,
Fig. 3 eine schematische Darstellung eines mit einem Sacko-Teil zu vernähenden Ärmel-Teils,
Fig. 4 eine schematische Darstellung eines in abstrahierter Form dargestellten, auf dem Bildschirm der Bedienungs- und Steuer-Einheit erscheinenden Datensatzes, und
Fig. 5 ein konkretes Beispiel für einen auf dem Bildschirm erscheinenden Datensatz.
Figur 1 zeigt eine Nähmaschine 1, die in üblicher Weise einen oberen Arm 2, einen vertikalen Ständer 3 und ein üblicherweise als Grundplatte 4 be- zeichnetes unteres Gehäuse aufweist. Die Grundplatte 4 weist eine nach oben ragende Säule 4a auf, weshalb eine derartige Nähmaschine als Säulen-Nähmaschine bezeichnet wird. Im Arm 2 ist eine Armwelle 5 drehbar gelagert, die an ihrem aus dem Arm 2 herausragenden Ende mit einem Handrad 6 versehen ist. Der Antrieb der Armwelle 5 und damit der we- sentlichen Grundeinheiten der Nähmaschine 1 erfolgt mittels eines elektrischen Antriebsmotors 7 über einen Riementrieb 8. An der Armwelle 5 ist im Bereich des Handrades 6 noch ein üblicherweise als Positionsgeber 9 bezeichneter Inkrementalgeber angebracht.
Mit der Armwelle 5 ist an dem dem Handrad 6 entgegengesetzten Ende ein Kurbeltrieb 10 verbunden, mittels dessen eine im Arm 2 vertikal gelagerte Nadelstange 11 auf- und abgehend antreibbar ist. Die Nadelstange 11 ist an ihrem unteren Ende mit einer Nadel 12 versehen. Unterhalb der Nadelstange 11 ist in der Grundplatte 4 ein Doppel-Steppstich-Greifer 13 drehan- treibbar gelagert. Der Drehantrieb wird von der Armwelle 5 über einen Riementrieb 14 und Wellen 15, 16 abgeleitet, so daß synchrone Bewegungen von Nadel 12 und Greifer 13 erreicht werden, die gemeinsam die Nähwerkzeuge bilden. Naturgemäß läuft der Greifer 13 mit der doppelten Drehzahl um wie die Armwelle 5. Der Nadel 12 wird in der üblichen Weise ein Nadelfaden zugeführt. Der Greifer 13 trägt in der üblichen Weise einen Greiferfaden- Vorrat. Die zu vernähenden Nahgutteile 38, 39 werden über eine die Oberseite der Grundplatte 4 abschließende Stichlochplatte 17 ge- führt, durch die die Nadel 12 in den Bereich des Greifers 13 hindurchtritt.
Neben der Nadelstange 11 ist eine Stoff-Transport-Einrichtung 18 vorgesehen, die einen oberen Stoffschieber 19 und einen unteren Stoffschieber 20 aufweist, die schematisch in Figur 2 dargestellt sind.
Der obere Stoffschieber 19 weist ein im Arm 2 gelagertes Antriebsrad 21 auf, dem ein unteres Umlenkrad 22 zugeordnet ist, das über einen Hebel 23 elastisch am Arm 2 gelagert ist. Über das Antriebsrad 21 und das Umlenkrad 22 ist ein oberer Transportriemen 24 geführt, der ebenfalls noch über Umlenkrollen 25 geführt ist. Das Antriebsrad 21 wird mittels eines im Arm 2 angebrachten oberen Schrittmotors 26 angetrieben.
Der untere Stoffschieber 20 weist ein in der Grundplatte 4 gelagertes Antriebsrad 27 auf, dem ein ebenfalls in der Grundplatte 4 gelagertes Umlenk- rad 28 zugeordnet ist. Über das Antriebsrad 27 und das Umlenkrad 28 ist ein unterer Transportriemen 29 geführt. Der Antrieb des Antriebrades 27 erfolgt mittels eines in der Grundplatte 4 angeordneten unteren Schrittmotors 30. Die Transportriemen 24 und 29 liegen etwa in der Ebene der Stichlochplatte 17 aneinander. Eine derartige Stoff-Transport-Einrichtung 18 ist beispielsweise aus der DE 90 11 178 U (entsprechend US-Patent 5,249,540) bekannt. Anstelle der dargestellten Stoff-Transport-Einrichtung kann auch eine solche eingesetzt werden, bei der zwei Transporträder direkt mit den miteinander zu vernähenden Nähgutteilen 38, 39 in Eingriff kommen. Derartige Stoff-Transport-Einrichtungen sind beispielsweise aus der DE 35 46 541 C2 (entsprechend US-Patent 4,671,197) bekannt.
An der Nähmaschine 1 ist eine Bedienungs- und Steuer-Einheit 31 angebracht, die aus einem Bedienungs-Gerät 32 und einem Steuer-Gerät 33 besteht, die elektrisch miteinander verbunden sind. Das Bedienungs-Gerät 32 weist ein Datensichtgerät 34 und eine Eingabe-Tastatur 35 auf. Außerdem ist noch eine Datenleitung 36 zur Einspeisung von Daten, beispielsweise vom PC eines Modelleurs, vorgesehen. Des weiteren können Daten über eine RAM-Speicherkarte 37 eingegeben werden.
Das Steuer-Gerät 33 weist einen nicht dargestellten Rechner und einen vom Bedienungs-Gerät 32 kommenden Eingang und weiterhin einen vom Posi- tionsgeber 9 kommenden Eingang auf.
Wie Figur 3 entnehmbar ist, sind zwei Nähgutteile 38, 39 miteinander zu verbinden, wobei es sich bei dem ersten Nähgutteil 38 um ein Sakko-Teil
einer Jacke mit einem Armloch 40 und bei dem zweiten Nähgutteil 39 um ein Ärmel-Teil handelt. Das erste Nähgutteil 38 ist um das Armloch 40 herum in Teilstrecken aufgeteilt, von denen beispielhaft nur vier Teilstrek- ken al bis dl bezeichnet sind, wobei die Zahl der Teilstrecken in der Praxis deutlich größer ist. Am zweiten Nähgutteil 39 sind den Teilstrecken al bis dl zugeordnete Teilstrecken a2 bis d2 vorgesehen, wobei das zweite Nähgutteil 39 mit dem ersten Nähgutteil 38 jeweils in der Weise zu vernähen ist, daß die einander zugeordneten Teilstrecken al-a2 bis dl-d2 miteinander vernäht werden. Die einzelnen Teilstrecken al bis dl haben eine Länge lal bis ldl. Die Teilstrecken a2 bis d2 haben eine Länge la2 bis ld2. Die sich jeweils aus der Differenz der Längen la2 und lal usw. ergebenden Mehrweiten sind jeweils beim Vernähen der einzelnen Teilstrecken al mit a2 bis dl mit d2 in einer gleichmäßigen Kräuselung unterzubringen.
Wie den Figuren 4 und 5 zu entnehmen ist, werden - wie erwähnt - entweder über die Datenleitung 36 vom PC des Modelleurs her und/oder über die RAM-Speicherkarte 37 und/oder über die Eingabe-Tastatur 35 die Längen lal, la2 etc. der Naht-Teilstrecken al/a2, bl/b2 usw. jeweils in Millimetern eingegeben. Hierbei sind in Figur 4 die allgemeinen Bezeichnungen einge- tragen und in Figur 5 jeweils Zahlenangaben eines Ausführungsbeispiel. Die Eingabe erfolgt für eine Basis-Größe 50 einer Bekleidungsstück-Größe. Der Rechner in der Bedienungs- und Steuer-Einheit 31 ermittelt selbsttätig aus dem jeweils aneinander zugeordneten Längen lal-la2 usw. den zugehörigen Kräuselwert KW. Bei diesem Kräuselwert KW handelt es sich um eine dimensionslose Kennzahl zwischen 0,0 und 15,0, und zwar in Schritten von 0,5. Jeder Kennzahl ist ein Wert eines Vorschub-Zuwachses [mm] zugeordnet, um den der das zweite Nähgutteil 39, nämlich das Ärmel-Teil, transportierende obere Stoffschieber 19 das zweite Nähgutteil 39 pro Na-
delstich mehr transportieren muß als der untere Stoffschieber 20 das erste Nähgutteil 38. Dieser Kräuselwert KW wird bezogen auf eine Basis- Stichlänge s, die dem Vorschub für das erste Nähgutteil 38 entspricht.
Weiterhin wird ein sogenannter Gradierwert GR eingegeben. Ein solcher Gradierwert gibt eine Strecke [mm] an, um den sich die Länge lal bis 1dl der Teilstrecken al bis dl des Armlochs 40 von einer Bekleidungsstück- Größe zur nächstgrößeren Bekleidungsstück-Größe vergrößert oder von einer Bekleidungsstück-Größe in die nächstkleinere Bekleidungsstück- Größe verkleinert. Der Gradierwert gibt also die Teilstrecken- Vergrößerungen von der Basis-Größe 50 auf die nächste Bekleidungsstück-Größe 52, 54 usw. an. Hiermit ist es also möglich, anhand der Gradierwerte die Längen lal bis 1dl einerseits und entsprechend la2 bis ld2 andererseits für andere Bekleidungsstück-Größen, wie beispielsweise 46, 48, 52, 54, 58, 60, 62 zu berechnen. Der Gradierwert GR wird bei der Modellerstellung vom Modelleur anhand der Schnitt-Konstruktion ermittelt und vorgegeben. Um an gleichen Teilstrecken a2 bis d2 bei unterschiedlichen Bekleidungsstück- Größen optisch gleiche Kräuselungen an den miteinander vernähten Nähgutteilen 38, 39 zu erreichen, werden die einander zugeordneten Teilstrek- ken al und a2 usw. proportional vergrößert. Nach Eingabe aller für die einzelnen Teilstrecken al/a2 usw. vorgegebenen Gradierwerte GR für die Basis-Bekleidungsstück-Größe 50 errechnet der Rechner automatisch alle übrigen Teillängen lal, la2 usw. für sämtliche für einen Nähvorgang in Betracht kommenden Bekleidungsstück-Größen.
Weiterhin wird die gewünschte Stichlänge s [mm] eingegeben, mit der die Nähgutteile 38, 39 miteinander vernäht werden sollen. In Abhängigkeit der Längen lal bis 1dl und der eingegebenen Stichlänge s und unter Berück-
sichtigung weiterer maschinenspezifischer Parameter errechnet der Rechner die Ansteuerwerte für die Schrittmotoren 26, 30 und die für jede Teilstrek- ke al bis dl erforderliche Stichzahl. Die maschinenspezifischen Parameter berücksichtigen, daß die Nähmaschine 1 mit einer nicht in Vorschubrich- tung 41 mitschwingenden, sondern einer lediglich vertikal auf und ab bewegten Nadel 12 versehen ist, so daß die Stoffschieber 19 und 20 nur dann angetrieben werden dürfen, wenn die Nadel 12 nicht in die Nähgutteile 38, 39 eingestochen ist. Die Stoff schieber 19, 20 dürfen also nur während eines bestimmten Drehwinkelbereichs der Armwelle 5 angetrieben werden. Die entsprechenden Informationen erhält die Einheit 31 von dem Positionsgeber 9. Vom Positionsgeber 9 erhält sie gleichermaßen für jeden ausführten Stich ein Signal, so daß eine Stichzählung für jede Teilstrecke al bis dl erfolgt.
Zusätzlich kann noch ein sogenannter Stoffbeiwert f als dimensionslose Zahl eingegeben werden, mittels dessen die Wirksamkeit der Vorschubbewegung der Stoff schieber 19, 20 auf den Vorschub der Nähgutteile 38, 39 berücksichtigt wird. Beispielsweise bei sehr glattem Stoff tritt ein Schlupf zwischen dem jeweiligen Nähgutteil 38 bzw. 39 und dem entsprechenden Stoffschieber 19 bzw. 20 auf. Mittels dieses Stoffbeiwerts wird in der Regel der Vorschub der Stoff Schieber 19, 20 pro Stich verändert, um die tatsächlich gewünschte Stichlänge zu erreichen. Der Stoffbeiwert liegt zwischen 1,0 und 1,2.
Der nachfolgende Nähvorgang erfolgt dann nach entsprechender Inbetriebsetzung der Nähmaschine vollautomatisch, wobei nach dem Nähen der ersten Teilstrecke al/a2 selbsttätig der Übergang auf die für das Nähen der zweiten Teilstrecke bl/b2 eingegebenen bzw. ermittelten Werte erfolgt.