Galvanische Zellen und (teil)lithiierte Lithiumbatterieanoden mit erhöhter Kapazität und Verfahren zur Herstellung von Synthesegraphit-Interkalationsverbindungen
Elektrochemische Zellen für Lithiumionenbatterien werden standardmäßig im entladenen Zustand gebaut. Dies hat zum Vorteil, dass beide Elektroden in luft- und wasserstabiler Form vorliegen. Das elektrochemisch aktive Lithium wird dabei ausschließlich in Form des Kathodenmaterials eingebracht. Das Kathodenmaterial enthält Lithiummetalloxide wie beispielsweise Lithiumkobaltoxid (LiCo02) als elektrochemisch aktive Komponente. Das Anodenmaterial in den derzeitig kommerziellen Batterien enthält im entladenen Zustand als aktive Masse ein graphitisches Material mit einer theoretischen elektrochemischen Kapazität von 372 Ah/kg. Es ist in der Regel vollständig lithiumfrei. In zukünftigen Bauarten können auch (ebenfalls lithiumfreie) Materialien mit höherer spezifischer Kapazität, beispielsweise Legierungsanoden, häufig Silicium- oder Zinn-basiert, zum Einsatz kommen.
In realen Batteriesystemen geht ein Teil des mit dem Kathodenmaterial eingebrachten Lithiums durch irreversible Prozesse vor allem während des ersten Lade- Entladevorganges verloren. Außerdem hat das klassische Lithium-Ionen-Batterie-Design mit lithiumfreiem Graphit als Anode den Nachteil, dass lithiumfreie potentielle Kathodenmaterialien (z.B. Mn02) nicht verwendbar sind.
Im Falle von Graphit geht man davon aus, dass vor allem sauerstoffhaltige Oberflächengruppen beim ersten Batterieladungsvorgang irreversibel mit Lithium zu stabilen Salzen reagieren. Dieser Teil des Lithiums ist für die nachfolgenden elektrochemischen Lade-/ Entladevorgänge verloren, da die gebildeten Salze elektrochemisch inaktiv sind. Ähnlich ist es im Falle von Legierungsanoden, beispielsweise Silicium- oder Zinnanodenmaterialien. Oxidische Verunreinigungen konsumieren Lithium gemäß:
M02 + 4 Li ^ M + 2 Li20 (1 )
(M = Sn, Si u. a.)
Das in Form von Li20 gebundene Lithium ist elektrochemisch nicht mehr aktiv. Beim Einsatz von Anodenmaterialien mit einem Potential < ca. 1 ,5 V wird ein weiterer Teil des Lithiums irreversibel für die Ausbildung einer Passivierungsschicht (sogenanntes solid electrolyte [nterface, SEI) auf der negativen Elektrode verbraucht. Im Falle von Graphit gehen auf diese Art und Weise zwischen insgesamt etwa 7 und 20 Gew.-% des mit der positiven Masse (also
dem Kathodenmaterial) eingebrachten Lithiums verloren. Im Falle von Zinn- oder Siliciumanoden liegen diese Verluste in der Regel noch höher. Das gemäß folgender Gleichung (2) entlithiierte, „übrigbleibende" Übergangsmetalloxid (beispielweise Co02) kann mangels aktiven Lithiums keinen Beitrag zur reversiblen elektrochemischen Kapazität der galvanischen Zelle leisten:
2n LiCo02 + MOn -» n Li20 + M + 2n Co02 (2)
(M = Si, Sn etc.; n = 1 oder 2)
Es gibt viele Untersuchungen mit dem Ziel, diese irreversiblen Verluste des ersten Lade-/ Entladezyklus zu minimieren oder ganz auszugleichen. Die Beschränkung kann überwunden werden, indem zusätzliches Lithium in metallischer Form, beispielsweise als stabilisiertes Metallpulver („SLMP") in die Batteriezelle eingebracht wird (z.B. US2008283155A1 ; B. Meyer, F. Cassel, M. Yakovleva, Y. Gao, G. Au, Proc. Power Sourc. Conf. 2008, 43rd, 105-108). Dies hat aber zum Nachteil, dass die üblichen Verfahren zur Herstellung von Batterieelektroden für Lithiumionenbatterien nicht durchgeführt werden können. So reagiert nach dem Stand der Technik passiviertes Lithium mit den Lufthauptbestandteilen Sauerstoff und Stickstoff. Die Kinetik dieser Reaktion ist zwar im Vergleich mit nicht-stabilisiertem Lithium sehr stark verlangsamt, jedoch ist bei längerer Exposition an Luft, auch unter Trockenraumbedingungen, eine Veränderung der Oberflächen und eine Abnahme des Metallgehaltes nicht zu vermeiden. Als noch gravierenderer Nachteil ist die äußerst heftige Reaktion von Li-Metallpulver mit dem häufig für die Elektrodenbereitung verwendeten Lösungsmittel N-Methylpyrrolidon (NMP) zu bewerten. Zwar konnten durch die Bereitstellung stabilisierter oder gecoateter Lithiumpulver bedeutsame Fortschritte in Richtung sicherer Handhabung getan werden, jedoch ist die Stabilität der nach dem Stand der Technik stabilisierten Lithiumpulver häufig nicht ausreichend, um unter Praxisbedingungen eine gefahrlose Verwendung von passiviertem Lithiumpulver im Falle NMP-basierter Elektrodenherstellverfahren (Suspensionsverfahren) zu garantieren. Während ungecoatete oder mangelhaft gecoatete Metallpulver schon bei Raumtemperatur mit NMP bereits nach einer kurzen Induktionszeit heftig (thermisches run away) reagieren können, findet dieser Prozeß im Falle gecoateter Lithiumpulver erst bei erhöhten Temperaturen (beispielsweise 30 oder 80°C) statt. So wird in US2008/0283155 beschrieben, dass das mit Phosphorsäure gecoatete Lithiumpulver aus Beispiel 1 unmittelbar nach Zusammenmischen bei 30°C äußerst heftig (run away) reagiert, während ein zusätzlich mit einem Wachs gecoatetes Pulver bei 30°C in NMP mindestens 24 h stabil ist. Die nach WO2012/052265 gecoateten Lithiumpulver sind bis etwa 80°C in NMP kinetisch stabil, sie
zersetzen sich aber bei darüber hinausgehenden Temperaturen exotherm, zumeist unter run away-artigen Erscheinungen. Aus hauptsächlich diesem Grunde konnte sich die Verwendung von Lithiumpulvern als Lithiumreservoir für Lithiumionenbatterien bzw. für die Prälithiierung von Elektrodenmaterialien bisher nicht kommerziell durchsetzen.
Alternativ kann zusätzliches elektrochemisch aktives Lithium auch durch den Zusatz von Graphit-Lithium-Interkalationsverbindungen (LiCx) zur Anode in eine elektrochemische Lithiumzelle eingebracht werden. Solche Li-Interkalationsverbindungen können entweder elektrochemisch oder chemisch hergestellt werden.
Die elektrochemische Herstellung vollzieht sich automatisch beim Laden konventioneller Lithiumionenbatterien. Durch diesen Prozeß können Materialien mit Lithium : Kohlenstoff- Stöchiometrien von maximal 1 : 6,0 gewonnen werden (siehe z.B. N. Imanishi,„Development of the Carbon Anode in Lithium Ion Batteries", in: M. Wakihara und O. Yamamoto (ed). in: Lithium Ion Batteries, Wiley-VCH, Weinheim 1998). Das solcherart hergestellte teilweise oder vollständig lithiierte Material kann prinzipiell einer geladenen Lithiumionenzelle unter Schutzgasatmosphäre (Argon) entnommen und nach entsprechender Konditionierung (mit geeigneten Lösemitteln waschen und trocknen) für neue Batteriezellen verwendet werden. Wegen des hohen damit verbundenen Aufwandes wird dieses Vorgehen nur für analytische Untersuchungszwecke gewählt. Das Verfahren besitzt aus wirtschaftlichen Gründen keine praktische Relevanz.
Weiterhin gibt es chemisch-präparative Wege zur Lithiierung von Graphitmaterialien. Es ist bekannt, dass Lithiumdampf ab einer Temperatur von 400°C mit Graphit zu Lithiumeinlagerungsverbindungen (Lithiuminterkalaten) reagiert. Beim Überschreiten von 450°C bildet sich jedoch unerwünschtes Lithiumcarbid Li2C2. Die Einlagerungsreaktion funktioniert gut mit hochorientiertem Graphit (HOPG = Highly Oriented Pyrolytic Graphite). Bei Verwendung von flüssigem Lithium reicht schon eine Temperatur von 350°C aus (R. Yazami, J. Power Sources 43-44 (1993) 39-46). Die Verwendung hoher Temperaturen ist generell aus energetischen Gründen ungünstig. Im Falle der Verwendung von Lithium kommt die hohe Reaktivität und Korrosivität des Alkalimetalls dazu. Deshalb hat diese Herstellvariante ebenfalls keine kommerzielle Bedeutung.
Bei Verwendung extrem hoher Drücke (2 GPa, entspr. 20.000 atm) kann die Lithiuminterkalation schon bei Raumtemperatur erreicht werden (D. Guerard, A. Herold, C. R. Acad. Sei. Ser. C, 275 (1972) 571 ). Solche hohen Drücke lassen sich nur in ganz speziellen
hydraulischen Pressen erreichen, die nur für die Herstellung kleinster Labormengen geeignet sind. Es handelt sich also um kein technisch-industriell geeignetes Verfahren zur Herstellung kommerzieller Mengen an Lithium-Graphit-Interkalationsverbindungen.
Schließlich wurde die Herstellung von lithiiertem Naturgraphit (Ceylongraphit) mittels Hochenergievermahlung in einer Kugelmühle beschrieben. Dazu wurde der überwiegend hexagonal strukturierte Naturgraphit aus dem heutigen Sri Lanka mit Lithiumpulver (170 μηη mittlere Partikelgröße) in den Li : C - Verhältnissen 1 :6; 1 :4 und 1 :2 umgesetzt. Nur mit dem Molverhältnis 1 :2 konnte eine vollständige Lithiierung zum finalen Molverhältnis LiC6 erreicht werden (R. Janot, D. Guerard, Progr. Mat. Sei. 50 (2005) 1 -92). Auch diese Synthesevariante ist technisch-kommerziell nachteilig. Zum einen wird ein sehr hoher Lithiumüberschuß benötigt, um eine ausreichende oder vollständige Lithiierung zu erreichen. Der überwiegende Anteil des Lithiums geht verloren (in der Mühle und auf den Mahlkugeln) bzw. er wird nicht interkaliert (liegt also nach wie vor in elementarer Form vor). Zum anderen werden für die Herstellung von Anoden für Lithiumionenbatterien in der Regel keine unkonditionierten Naturgraphite verwendet. Die mechanische Integrität von Naturgraphiten wird nämlich infolge von sogn. Exfoliierung durch die Interkalation von solvatisierten Lithiumionen beim Batteriezyklen irreversibel zerstört, s. P. Kurzweil, K. Brandt,„Secondary Batteries - Lithium Rechargeable Systems" in Encyclopedia of Electrochemical Power Sources, J. Garche (ed.), Elsevier Amsterdam 2009, Vol. 5, S. 1 -26). Deshalb werden stabilere synthetische Graphite verwendet. Solche synthetischen Graphite sind weniger kristallin und weisen einen geringeren Graphitierungsgrad auf. Schließlich sind die für Naturgraphit benötigten langen Vermahlungszeiten von bevorzugt 12 Stunden (Seite 29) nachteilig. Aus den oben ausgeführten Gründen wurde das beschriebene Verfahren nicht kommerzialisiert.
In der oben aufgeführten Publikation von Janot und Guerard werden auch die Anwendungseigenschaften des lithiierten Ceylon-Graphits beschrieben (Kap. 7). Die Elektrodenfertigung erfolgt durch einfaches Aufpressen des Graphits auf ein Kupfernetz. Als Gegen- und Referenzelektrode werden Lithiumbänder, als Elektrolyt eine 1 M LiCI04-Lösung in EC/DMC verwendet. Die Art der Elektrodenbereitung durch einfaches Aufpressen entspricht nicht dem Stand der Technik, wie sie bei der kommerziellen Batterieelektrodenherstellung angewendet wird. Einfaches Verpressen ohne Binder und ggfls Zugabe von Leitfähigkeitsadditiven führt zu keinen stabilen Elektroden, da die beim Laden-/Entladen stattfindenden Volumenänderungen unweigerlich zum Zerbröseln der Elektroden führen müssen, wodurch die Funktionsfähigkeit der Batteriezelle zerstört wird.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen teilweise oder vollständig lithiierten Anodengraphit für Lithiumbatteriezellen aufzuzeigen sowie eine damit gebaute Lithiumzelle zur Verfügung zu stellen, deren Kapazität durch das zusätzliche Lithiumreservoir gegenüber dem Stand der Technik erhöht ist.
Weiterhin soll ein Verfahren zur Erreichung dieses Ziels angegeben werden. Dieses Verfahren soll
1 . von preiswerten, marktverfügbaren Materialien, insbesondere von Synthesegraphiten ausgehen,
2. das Lithium in hoher Ausbeute nutzen und
3. die üblichen Fertigungsmethoden, d.h. insbesondere eine Anodenfertigung unter Verwendung von lösemittelbasierten Dispersionsgieß- bzw. -beschichtungsverfahren ermöglichen, wobei die Verwendung üblicher Lösungsmittel bei der Anodenherstellung, z.B. von NMP, gefahrlos möglich sein soll.
Die Aufgabe wird dadurch gelöst, dass eine Lithiumbatteriezelle verwendet wird, die in der Anode vor dem ersten Ladezyklus pulverförmigen teilweise oder vollständig bis zur thermodynamisch stabilen Grenzstöchiometrie LiC6 lithiierten (im folgenden kurz als „(teil)lithiiert" bezeichnet) synthetischen Graphit enthält oder die (also die Anode) daraus besteht und wobei die Lithiierung des synthetischen Graphits auf nicht-elektrochemischem Wege unter Normaldruck oder einem geringen Überdruck von < ca. 10 bar bewirkt wurde.
Synthetische Anodengraphite werden von einer Reihe von Herstellern angeboten, u.a. SGL Carbon, Hitachi und Timcal. Diese Produkte besitzen besonders große Bedeutung für die Verwendung als Anodenmaterialien für Lithiumionenbatterien. Beispielsweise besteht der Synthesegraphit SLP 30 von Firma Timcal aus Partikeln mit einer mittleren Teilchengröße von 31 ,5 μηη und er weist eine irreversible Kapazität von 43 mAh/g (bezogen auf die reversible Kapazität von 365 mAh/g entspricht das ca. 12%) auf (C. Decaux et al., Electrochim. Acta 86 (2012) 282).
Die erfindungsgemäßen (teil)lithiierten Synthesegraphitpulver werden hergestellt, indem ein pulverförmiger synthetischer Graphit mit Lithiummetallpulver vermischt und durch Rühren, Vermählen und/oder Verpressen bei Drücken von < 10 bar zur Bildung von Li-Graphit- Interkalaten der Zusammensetzung LiCx (mit x = 6 - 600) zur Reaktion gebracht wird. Je nach
gewünschter Endstöchiometrie werden die beiden genannten Rohstoffe im Molverhältnis Li : C von 1 : mindestens 3 bis 1 : maximal 600 eingesetzt, bevorzugt 1 : mindestens 5 und 1 : maximal 600. Das über die Grenzstöchiometrie LiC6 eingebrachte Lithium liegt vermutlich in fein verteilter Form an der Graphitoberfläche vor.
Die Umsetzung erfolgt im Temperaturbereich zwischen 0 und 180°C, bevorzugt 20 bis 150°C entweder im Vakuum oder unter einer Atmosphäre, deren Bestandteile nicht oder nur akzeptabel langsam mit metallischem Lithium und/oder Lithium-Graphit- Interkalationsverbindungen reagieren. Dies ist bevorzugt entweder trockene Luft oder ein Edelgas, besonders bevorzugt Argon. Der Lithiierungsvorgang erfolgt bei normalem oder nur mäßig erhöhten Umgebungsdrücken (maximal 10 bar).
Das Lithium wird in Pulverform, bestehend aus Partikeln mit einer durchschnittlichen Partikelgröße zwischen etwa 5 und 500 μηη, bevorzugt 10 und 200 μηη, eingesetzt. Es können sowohl gecoatete Pulver wie z.B. ein von Firma FMC angebotenes stabilisiertes Metallpulver (Lectromax powder 100, SLMP) mit einem Lithiumgehalt von mindestens 97 Gew.-% oder beispielsweise ein mit legierungsbildenden Elementen beschichtetes Pulver mit Metallgehalten von mindestens 95 Gew.-% (WO2013/104787A1 ) eingesetzt werden. Besonders bevorzugt werden ungecoatete Lithiumpulver mit einem Metallgehalt von > 99 Gew.-% verwendet. Für einen Einsatz im Batteriebereich muß die Reinheit in Bezug auf metallische Verunreinigungen sehr hoch sein. Unter anderem darf der Natriumgehalt nicht > 200 ppm liegen. Bevorzugt liegt der Na-Gehalt < 100 ppm, besonders bevorzugt < 80 ppm.
Als Synthesegraphit kommen alle pulverförmigen Graphitqualitäten, die industriell hergestellt und nicht aus natürlichen Vorkommen (Bergwerken) gewonnen werden, in Frage. Ausgangsmaterialien für Synthesegraphite sind graphitierbare Kohlenstoffträger, wie Petrolkoks, Nadelkoks, Industrieruss, Pflanzenabfälle etc. sowie graphitierbare Bindemittel, insbesondere Steinkohlenteerpech oder duroplastische Kunstharze. Die eingesetzten Synthesegraphite sind gekennzeichnet durch durchschnittliche Partikelgrößen im Bereich von etwa 1 bis 200 μηη, bevorzugt 10 bis 100 μηη. Die eingesetzten Synthesegraphite weisen in der Regel einen geringeren Graphitierungs- oder Ordnungsgrad (und eine geringere Kristallinität) auf als typische Naturgraphite, z.B. der Graphit aus Ceylon/Sri Lanka. Der Graphitierungsgrad eines graphitischen Materials kann durch genaue Vermessung des kohärenten Domänendurchmessers La (also des in-Ebenen-Kristallitdurchmessers) durch röntgenographische oder (einfacher) durch Raman-spektroskopische Messungen charakterisiert werden. Graphite weisen eine typische Raman-Absorption bei etwa 1575-1581
cm"1 („G-Band") auf. Diese Absorption geht auf in-plane Vibrationsschwingungen (E2g G-Mode) der sp2-gebundenen Kohlenstoffe des ungestörten Gitters zurück. Im Falle polykristalliner oder fehlgeordneter Graphite kommen Raman-Peaks bei typisch 1355 cm"1 (A1g) sowie (in geringerer Intensität) bei 1620, 1500 und 1550 cm"1 hinzu (sogn.„D-Band", D = Defekt). Aus dem Signalverhältnis zwischen den Intensitäten aus D-Band und G-Band lD : IG kann der Domänendurchmesser La berechnet werden, der den Grad der Kristallinität und damit den Graphitierungsgrad beschreibt (A.C. Ferrari und J. Robertson, Phys. Rev. B, 61 (2000) 14095- 107; Y.-R. Rhim et al., Carbon 48 (2010) 1012-1024). Hochgradig kristalliner Graphit (HOPG) und gutgeordnete Naturgraphite besitzen ein lD : lG - Verhältnis von 0 - ca. 0,3 (W. Guoping et al., Solid State lonics 176 (2005) 905-909). Der Naturgraphit aus Ceylon/Sri Lanka besitzt ein ID : IG - Verhältnis von ca. 0, 1 (entspr. einem Domänendurchmesser La von ca. 40 nm, s. M.R. Ammar, Carbon -Amer. Carbon Soc- print ed. 61 1 -2, 2000). Dagegen weisen bei T< 1000°C getemperte synthetische Graphite deutlich höhere lD : IG -Verhältnisse von typisch 1 auf (entspricht La = ca. 4 nm, S. Bhardwaj et al., Carbon Lett. 8 (2007) 285-291 ). Durch Hochtemperatur-Tempern kann der Domänendurchmesser La zwar erhöht werden, jedoch wird durch diesen Prozeß der irreversible Verlust des ersten Lade-/Entladezyklusses bei der Verwendung als Anodenmaterial erhöht. Deshalb bedürfen synthetische Anodengraphite einer Oberflächenbehandlung, die die elektrochemischen Eigenschaften verbessert. So wird beispielsweise in WO2013/149807 beschrieben, dass ein synthetischer Graphit mit La = 40 nm (lD : IG = ca. 0,15) durch eine Nachbehandlung mit Sauerstoff eine Verkleinerung des La- Durchmessers auf 15 nm (lD : lG = ca. 0,39) erfährt. Die irreversiblen Verluste sinken dabei von 27 auf 1 1 ,5%.
Erfindungsgemäß sind solche Synthesegraphite bevorzugt, die ein lD : lG - Verhältnis von mindestens 0,2 besonders bevorzugt mindestens 0,5 (entspricht Domänendurchmesser La von max. 29 nm, besonders bevorzugt maximal 12 nm) aufweisen.
Die Umsetzung (also die (Teil)lithiierung) erfolgt während einer Vermischung oder Vermahlung der beiden Komponenten Lithiumpulver und Graphitpulver. Im Labor kann die Vermahlung mittels Mörser und Pistill erfolgen. Bevorzugt erfolgt die Umsetzung in einer Mühle, beispielsweise einer Stab-, Schwing- oder Kugelmühle. Besonders vorteilhaft wird die Umsetzung in einer Planetenkugelmühle vorgenommen. Im Labormaßstab kann dafür z.B. die Planetenkugelmühle Pulverisette 7 premium line von Firma Fritsch eingesetzt werden. Bei Verwendung von Planetenkugelmühlen lassen sich überraschenderweise sehr vorteilhaft kurze Reaktionszeiten von < 10 h, häufig sogar < 1 h realisieren.
Die Mischung aus Lithium- und Graphitpulver wird bevorzugt im trockenen Zustand vermählen. Es kann jedoch auch ein gegenüber beiden Stoffen inertes Fluid bis zu einem Gewichtsverhältnis von maximal 1 :1 (Summe Li+C : Fluid) zugegeben werden. Bei dem inerten Fluid handelt es sich bevorzugt um ein wasserfreies Kohlenwasserstofflösemittel, z.B. ein flüssiges Alkan oder Alkangemisch oder ein aromatisches Lösemittel. Durch die Zugabe von Lösemitteln wird die Heftigkeit des Mahlvorganges gedämpft und die Graphitpartikel werden weniger stark vermählen.
Die Vermahlungsdauer richtet sich nach verschiedenen Anforderungen und Prozeßparametern:
• Gewichtsverhältnis Mahlkugeln zu Produktmischung
• Art der Mahlkugeln (z.B. Härte und Dichte)
• Intensität der Vermahlung (Umdrehungsfrequenz des Mahltellers)
• Reaktivität des Lithiumpulvers (z.B. Art des Coatings)
• Gewichtsverhältnis Li : C
• Produktspezifische Materialeigenschaften
• gewünschte Partikelgröße etc.
Die geeigneten Bedingungen können vom Fachmann durch einfache Optimierungsexperimente herausgefunden werden. Im allgemeinen schwanken die Vermahlungsdauern zwischen 5 Minuten und 24 Stunden, bevorzugt 10 Minuten und 10 Stunden.
Das nach dem oben beschriebenen Verfahren (teil)lithiierte Synthesegraphitpulver ist gegenüber Umweltbedingungen (Luft und Wasser) sowie vielen funktionalisierten Lösemitteln und Flüssigelektrolytlösungen noch „aktiv", d.h. es kann über längere Zeiträume reagieren, jedoch in der Regel nicht heftig oder gar unter run-away-Erscheinungen. Bei Auslagerung in normaler Luft reagiert das enthaltene Lithium langsam zu stabilen Salzen wie Lithiumhydroxid, Lithiumoxid und/oder Lithiumcarbonat. Diese Anfälligkeit läßt sich durch ein Coatingverfahren beseitigen oder zumindest weiter abmildern. Dazu wird das (teil)lithiierte Synthesegraphitpulver in einem nachgelagerten Prozeßschritt mit einem gasförmigen oder flüssigen Coatingmittel in geeigneter Weise umgesetzt („passiviert"). Geeignete Coatingmittel enthalten gegenüber metallischem Lithium sowie Lithiumgraphitinterkalationsverbindungen reaktive funktionelle Gruppen oder Molekülbestandteile und reagieren deshalb mit dem oberflächenverfügbaren Lithium. Es findet eine Umsetzung der lithiumhaltigen Oberflächenzone unter Bildung von nicht oder wenig luftreaktiven (also thermodynamisch
stabilen) Lithiumsalzen (wie z.B. Lithiumcarbonat, Lithiumfluorid, Lithiumhydroxid, Lithiumalkoholaten, Lithiumcarboxylaten etc) statt. Bei diesem Coatingvorgang bleibt der größte Teil des nicht an der Partikeloberfläche befindlichen Lithiums (z.B. des interkalierten Anteils) in aktiver Form, d.h. mit einem elektrochemischen Potential von < ca. 1 V vs. Li/Li"*" erhalten. Solche Coatingmittel sind aus der Lithiumionenbatterie-Technologie als in-situ- Filmbildner (auch als SEI-Bildner bezeichnet) für die negative Elektrode bekannt und beispielsweise in folgendem Übersichtsartikel beschrieben: A. Lex-Balducci, W. Henderson, S. Passerini, Electrolytes for Lithium Ion Batteries, in Lithium-Ion Batteries, Advanced Materials and Technologies, X. Yuan, H. Liu und J. Zhang (Hrsg.), CRC Press Boca Raton, 2012, p 147- 196. Im Folgenden werden geeignete Coatingmittel beispielhaft aufgeführt. Als Gase eignen sich N2, C02, CO, 02, N20, NO, N02, HF, F2, PF3, PF5, POF3 u.ä. Geeignete flüssige Coatingmittel sind beispielsweise: Kohlensäureester (z.B. Vinylencarbonat (VC), Vinylethylencarbonat (VEC), Ethylencarbonat (EC), Propylencarbonat (PC), Dimethylcarbonat (DMC), Diethylcarbonat (DEC), Ethylmethylcarbonat (EMC), Fluoroethylencarbonat (FEC)); Lithiumchelatoboratlösungen (z.B. Lithium bis(oxalato)borat (LiBOB); Lithium bis(salicylato)borat (LiBSB); Lithium bis(malonato)borat (LiBMB); Lithium difluorooxalatoborat (LiDFOB), als Lösungen in organischen Lösungsmitteln, bevorzugt ausgewählt aus: sauerstoffhaltigen Heterocyclen wie Tetrahydrofuran (THF), 2-Methyl-tetrahydrofuran (2- Methyl-THF), Dioxolan, Carbonaten wie Ethylencarbonat, Propylencarbonat, Dimethylcarbonat, Diethylcarbonat und/oder Ethylmethylcarbonat, Nitrilen wie Acetonitril, Glutarodinitril, Carbonsäureestern wie Ethylacetat, Butylformiat und Ketonen wie Aceton, Butanon); schwefelorganische Verbindungen (z.B. Sulfite (Vinylethylensulfit, Ethylensulfit), Sulfone, Sultone u.ä.); N-haltige organische Verbindungen (z.B. Pyrrol, Pyridin, Vinylpyridin, Picoline, 1 -Vinyl-2-pyrrolidinon), Phosphorsäure, organische phosphorhaltige Verbindungen (z.B. Vinylphosphonsäure), fluorhaltige organische und anorganische Verbindungen (z.B. teilfluorierte Kohlenwasserstoffe, PF3, PF5, LiPF6, LiBF4,die beiden letztgenannten Verbindungen gelöst in aprotischen Lösemitteln), siliciumhaltige Verbindungen (z.B. Silikonöle, Alkylsiloxane) u.a.
Das Coating verbessert nicht nur die Handhabungseigenschaften und die Sicherheit bei der Elektroden- (im allgemeinen Anoden-) Herstellung, sondern auch die Anwendungseigenschaften in der elektrochemischen Batteriezelle. Beim Einsatz vorgecoateter Anodenmaterialien entfällt nämlich die in s/iü-Bildung einer SEI (Solid Electrolyte Interface) beim Kontakt des (teil)lithiierten Graphitanodenmaterials mit dem Flüssigelektrolyten der Batteriezelle. Die außerhalb der elektrochemischen Zelle ausgebildete
stabilisierende Coatingschicht entspricht in ihren Eigenschaften einer sogenannte artifiziellen SEI. Im Idealfall entfällt der beim bisherigen Stand der Technik notwendige Formierprozeß der elektrochemischen Zelle oder er wird zumindest vereinfacht.
Beim Einsatz von flüssigen Coatingmitteln erfolgt der Coatingprozeß im allgemeinen unter Inertgasatmosphäre (z.B. Argonschutzatmosphäre) bei Temperaturen zwischen 0 und 150°C. Um den Kontakt zwischen dem Coatingmittel und dem (teil)lithiierten Synthesegraphitpulver zu erhöhen, sind Misch- oder Rührbedingungen vorteilhaft. Die notwendige Kontaktzeit zwischen Coatingmittel und (teil)lithiiertem Synthesegraphitpulver richtet sich nach der Reaktivität des Coatingmittels, der herrschenden Temperatur und anderer Prozeßparameter. Im allgemeinen sind Zeiten zwischen 1 Minute und 24 Stunden sinnvoll. Die gasförmigen Coatingmittel werden entweder in reiner Form oder bevorzugt in Abmischung mit einem Trägergas, z.B. einem Edelgas wie Argon, eingesetzt.
Das nach dem oben beschriebenen Verfahren (teil)lithiierte (und optional vorgecoatete) Synthesegraphitpulver kann zur Herstellung von Batterieelektroden verwendet werden. Dazu wird es unter Inert- oder Trockenraumbedingungen mit mindestens einem Bindermaterial und optional einem oder mehreren weiteren pulverförmigen lithiumeinlagerungsfähigen Material(ien) mit einem elektrochemischen Potential < 2 V vs Li/Li"*" sowie ebenfalls optional mit einem leitfähigkeitsverbessernden Additiv (z.B. Ruße oder Nickelpulver) sowie einem organischen Lösungsmittel gemischt und homogenisiert und diese Dispersion wird durch ein Beschichtungsverfahren (Gießverfahren, Spincoating oder air-brush-Verfahren) auf einen Stromableiter aufgebracht und getrocknet. Das nach erfindungsgemäßem Verfahren hergestellte (teil)lithiierte Graphitpulver ist überraschend gegenüber N-Methylpyrrolidon (NMP) nur mäßig reaktiv. Bei der Verwendung von hochreaktiven Lösemitteln wie NMP werden ungecoatete (teil)lithiierte Graphitpulver mit einem stöchiometrischen molaren C:Li - Verhältnis von min. 6, bevorzugt min. 12 eingesetzt. Im Falle der durch ein Coating stabilisierten (teil)lithiierten Graphitpulver können auch niedrigere molare C:Li-Verhältnisse (also höhere Li-Gehalte) von bis zu min. 3 zum Einsatz kommen. Bei Einhaltung dieser Beschränkungen können die (teil)lithiierten Graphitpulver ohne Probleme mit NMP und dem Bindermaterial PVdF (Polyvinylidendifluorid) zu einer vergieß- oder sprühbaren Dispersion verarbeitet werden. Alternativ können auch die Lösemittel N-Ethylpyrrolidon, Dimethylsulfoxid, cyclische Ether (z.B. Tetrahydrofuran, 2-Methyltetrahydrofuran), Ketone (z.B. Aceton, Butanon) und/oder Lactone (z.B. γ-Butyrolacton) eingesetzt werden. Weitere Beispiele für geeignete Bindermaterialien sind: Carboxymethylcellulose (CMC), Alginsäure, Polyacrylate,
Teflon und Polyisobutylen (z.B. Oppanol von Firma BASFBei der Verwendung von Polyisobutylenbindern werden bevorzugt Kohlenwasserstoffe (Aromaten, z.B. Toluol oder gesättigte Kohlenwasserstoffe, z.B. Hexan, Cyclohexan, Heptan, Octan) verwendet.
Das optional verwendete weitere pulverförmige lithiumeinlagerungsfähige Material ist bevorzugt ausgewählt aus den Gruppen Graphite, Graphen, schichtstrukturierte Lithium- Übergangsmetallnitride (z.B. Li2,6Co0,4N , LiMoN2, Li7MnN4, Li2,7Fe0,3N), mit Lithium legierungsfähige Metallpulver (z.B. Sn, Si, AI, Mg, Ca, Zn oder Mischungen daraus), Hauptgruppenmetalloxide mit einem Metall, das in reduzierter Form (also als Metall) mit Lithium legiert (z.B. Sn02, Si02, SiO, Ti02), Metallhydride (z.B. MgH2, LiH, TiNiHx, AIH3, L1AIH4, LiBH4, Li3AIH6, LiNiH4, TiH2, LaNi4,25Mno,75H5, Mg2NiH3,7), Lithiumamid, Lithiumimid, Tetralithiumnitridhydrid, schwarzer Phosphor sowie Übergangsmetalloxide, die mit Lithium nach einem Konversionsmechanismus unter Aufnahme von Lithium reagieren können (z.B. C03O4, CoO, FeO, Fe203, Mn203, Mn304, MnO, Mo03, Mo02, CuO, Cu20). Eine Übersicht zu verwendbaren Anodenmaterialien kann dem Übersichtsbeitrag von X. Zhang et al., Energy & Environ. Sei. 201 1 , 4, 2682, entnommen werden. Die erfindungsgemäß hergestellte Anodendispersion enthaltend ein auf nicht-elektrochemischem Wege hergestelltes (teil)lithiiertes Synthesegraphitpulver wird auf eine Stromableiterfolie bestehend aus bevorzugt einem dünnen Kupfer- oder Nickelblech aufgebracht, getrocknet und bevorzugt kalandriert. Die solchermaßen hergestellte Anodenfolie läßt sich durch Kombination mit einem lithiumleitfähigen Elektrolyt-Separatorsystem und einer geeigneten Kathodenfolie enthaltend eine Lithiumverbindung mit einem Potential von > 2 V vs Li/Li"*" (z.B. Lithiummetalloxide wie LiCo02, LiMn204, LiNi0,5Mn1 5O2 oder Sulfide wie Li2S, FeS2) zu einer Lithiumbatterie mit gegenüber dem Stand der Technik erhöhter Kapazität kombinieren. Die technische Herstellung solcher galvanischer Zellen (jedoch ohne Verwendung der erfindungsgemäßen (teil)lithiierten Synthesegraphitpulver) ist hinreichend bekannt und beschrieben, z.B. P. Kurzweil, K. Brandt, Secondary Batteries, Lithium Rechargeable Systems: Overview, in: Encyclopedia of Electrochemical Power Sources, ed. J. Garche, Elsevier, Amsterdam 2009, Vol. 5, p. 1 -26).
Die Erfindung betrifft im einzelnen:
- Verfahren zur Herstellung von Lithiumbatterieanoden, bei dem ein pulverförmiger mit einem stromlosen Verfahren hergestellter (teil)lithiierter Synthesegraphit unter Inertoder Trockenraumbedingungen mit mindestens einem Bindermaterial und optional einem oder mehreren weiteren pulverförmigen lithiumeinlagerungsfähigen Material(ien)
mit einem elektrochemischen Potential < 2 V vs Li/Li+ sowie ebenfalls optional mit einem leitfähigkeitsverbessernden Additiv sowie einem Lösungsmittel gemischt und homogenisiert wird und diese Dispersion durch ein Beschichtungsverfahren auf eine Stromabieiterfolie aufgebracht und getrocknet wird.
- Verfahren bei dem die Synthesegraphite ein durch Raman-Spektroskopie bestimmtes ID : IG - Verhältnis von min. 0,2 besonders bevorzugt min. 0,5 aufweisen.
- Verfahren bei dem das optional verwendete weitere pulverförmige lithiumeinlagerungsfähige Material bevorzugt ausgewählt ist aus den Gruppen Graphite, Graphen, schichtstrukturierte Lithium-Übergangsmetallnitride, mit Lithium legierungsfähige Metallpulver, Hauptgruppenmetalloxide mit einem Metall, das in reduzierter Form (also als Metall) mit Lithium legiert, Metallhydride, Lithiumamid, Lithiumimid, Tetralithiumnitridhydrid, schwarzer Phosphor sowie Übergangsmetalloxide, die mit Lithium nach einem Konversionsmechanismus unter Aufnahme von Lithium reagieren können.
- Verfahren bei dem die stromlose (Teil)lithiierung des pulverförmigen synthetischen Graphits nach Vermischung mit pulverförmigem Lithiummetallpulver erfolgt und durch Rühren, Vermählen und/oder Verpressen unter Bildung von Li-Graphit-Interkalaten der Zusammensetzung LiCx (mit x = 6 - 600) herbeigeführt wird.
- Verfahren bei dem das Molverhältnis der beiden Atomsorten Li : C zwischen 1 : mindestens 3 und 1 : maximal 600, bevorzugt zwischen 1 : minestens 5 und 1 : maximal 600 beträgt.
- Verfahren bei dem der Lithiierungsprozeß bei einem umgebenden Druck von maximal 10 bar durchgeführt wird.
- Verfahren bei dem der Lithiierungsprozeß im Temperaturbereich zwischen 0 und 180°C durchgeführt wird.
- Verfahren bei dem ein gecoatetes oder bevorzugt ein ungecoatetes Lithiumpulver mit durchschnittlichen Partikelgrößen zwischen 5 und 500 μηι eingesetzt wird.
- Verfahren bei dem das ungecoatete Lithiummetallpulver eine Reinheit (d.h. einen Anteil an metallischem Lithium) von mindestens 99 Gew.-% aufweist.
- Verfahren bei dem die Vermahlung des Lithiumpulvers mit dem synthetischen Graphitpulver im trockenen Zustand erfolgt.
- Verfahren bei dem die Vermahlung des Lithiumpulvers mit dem synthetischen Graphitpulver in Gegenwart eines inerten Fluids erfolgt, wobei der Gewichtsanteil des Fluids den der Feststoffe nicht übersteigt (also max. 1 :1 w:w).
- Verfahren bei dem der Na-Gehalt des Li-Pulvers maximal 200ppm, bevorzugt maximal 100 ppm, besonders bevorzugt maximal 80 ppm beträgt.
- Verfahren bei dem der stromlos (teil)lithiierte synthetische Graphit in einem nachgelagerten Schritt zur Verbesserung der Handhabung und weiteren Verminderung irreversibler Verluste mit Stoffen, die an der Graphitoberfläche eine künstliche SEI auszubilden vermögen, gecoatet wird.
- Verfahren bei dem die Coatingmittel ausgewählt sind aus: N2, C02, CO, 02, N20, NO, N02, HF, F2, PF3, PF5, POF3, Kohlensäureestern, Lithiumchelatoboratlösungen, schwefel-organische Verbindungen, stickstoffhaltige organische Verbindungen, Phosphorsäure, organische phosphorhaltige Verbindungen, fluorhaltige organische und anorganische Verbindungen, siliciumhaltige Verbindungen.
- Verwendung der nach erfindungsgemäßem Verfahren hergestellten (teil)lithiierten Graphitpulver als Bestandteil/Aktivmaterial von Lithiumbatterieelektroden.
Galvanische Zelle enthaltend eine Kathode, ein lithiumleitfähiges Elektrolyt- Separatorsystem und eine synthesegraphithaltige Anode, wobei die Anode bei der Zellfertigung (d.h. vor dem ersten Ladezyklus) ein aus Synthesegraphit und Lithiumpulver auf nicht-elektrochemischem Wege hergestelltes (teil)lithiiertes Graphitpulver enthält oder daraus besteht.
Galvanische Zelle bei der der für die Lithiierung verwendete Synthesegraphit ein durch Raman-Spektroskopie bestimmtes ID : IG - Verhältnis von mindestens 0,2 besonders bevorzugt mindestens 0,5 aufweist.
Galvanische Zelle bei der das Molverhältnis zwischen Graphit (C) und elektrochemisch aktivem Lithium (Li) min. 3 : 1 und max. 600 : 1 beträgt.
Beispiele
Beispiel 1 : Herstellung von LiCx (x = ca. 6) aus Synthesegraphit SLP 30 und ungecoatetem Lithium in einer Planetenkugelmühle
Unter Schutzgasatmosphäre (Argon-gefüllte Handschuhbox) wurden in einen 50 mL- Mahlbecher aus Zirkonoxid 5,00 g Synthesegraphitpulver SLP30 von Firma Timcal sowie 0,529 g ungecoatetes Lithiumpulver mit einer mittleren Partikelgröße von D50 = 123 μηι (Meßmethode: Laserreflexion, Gerät Lasentec FBRM von Firma Mettler Toledo) eingefüllt und
mit einem Spatel vermischt. Dann wurden ca. 27 g Zirkonoxid-Mahlkugeln (Kugeldurchmesser 3 mm) eingefüllt. Die Mischung wurde in einer Planetenkugelmühle (Pulverisette 7 premium line von Firma Fritsch) 15 Minuten mit einer Umdrehungsfrequenz von 800 upm gemahlen.
Das vermahlene Produkt wurde in der Handschuhbox gesiebt und es wurden 4,6 g eines schwarzen, goldschimmernden und fließfähigen Pulvers erhalten.
Per Röntgendiffraktometrie kann gezeigt werden, dass sich ein einheitliches Produkt mit einer Stöchiometrie von C : interkaliertem Li von ca. 12 : 1 gebildet hat. Metallisches Lithium ist nicht mehr nachzuweisen.
Beispiel 2: Herstellung von LiCx (x = 6 - 12) aus Synthesegraphit SLP 30 und Si- gecoatetem Lithium in einer Planetenkugelmühle
Unter Schutzgasatmosphäre (Argon-gefüllte Handschuhbox) wurden in einen 50 mL- Mahlbecher aus Zirkonoxid 5,00 g Synthesegraphitpulver SLP30 von Firma Timcal sowie 0,529 g Si-gecoatetes Lithiumpulver (Herstellung nach WO2013/104787A1 ) mit einer mittleren Partikelgröße von D50 = 56 μηι (Meßmethode: Laserreflexion, Gerät Lasentec FBRM von Firma Mettler Toledo) eingefüllt und mit einem Spatel vermischt. Dann wurden ca. 27 g Zirkonoxid-Mahlkugeln (Kugeldurchmesser 3 mm) eingefüllt. Die Mischung wurde in einer Planetenkugelmühle (Pulverisette 7 premium line von Firma Fritsch) 15 Minuten mit einer Umdrehungsfrequenz von 800 upm gemahlen.
Das vermahlene Produkt wurde in der Handschuhbox gesiebt und es wurden 4,9 g eines schwarzen, fließfähigen Pulvers erhalten.
Per Röntgendiffraktometrie kann gezeigt werden, dass die Lithiuminterkalation erfolgte; es ist aber noch unveränderter Graphit zu erkennen. Dagegen ist kein elementares bzw. metallisches Lithium mehr zu erkennen.
Beispiel 3: Stabilität des lithiierten Synthesegraphits aus Beispiel 1 im Kontakt mit NMP sowie EC/EMC
Die Untersuchung der thermischen Stabilität wurde mit Hilfe einer Apparatur der Firma Systag, Schweiz, dem Radex-System, vorgenommen. Dazu werden die zu untersuchenden Substanzen oder Substanzmischungen in Stahlautoklaven mit einem Fassungsvermögen von ca. 3 ml eingewogen und erhitzt. Aus Temperaturmessungen des Ofens und Gefäßes lassen sich thermodynamische Daten ableiten.
lm vorliegenden Fall wurden 0,1 g Li/C-Mischung bzw. -Verbindung mit 2 g EC/EMC unter Inertgasbedingungen eingewogen und auf eine Ofenendtemperatur von 250°C erhitzt. Erst beim Übersteigen von ca. 190°C beginnt sich die Mischung aus erfindungsgemäßem LiCx- Material und EC/EMC zu zersetzen.
Bei der Vermischung der Li/C-Verbindung aus Beispiel 1 mit NMP wird eine spontane, jedoch schwache Reaktion (ohne run-away-Erscheinungen) bemerkt. Im anschließenden Radex- Experiment wird bis zu einer Endtemperatur von 250°C kein signifikanter exothermer Effekt bemerkt. Die thermolysierte Mischung ist nach wie vor flüssig.
Vergleichsbeispiel 1 : Stabilität von Mischungen aus ungecoatetem und gecoatetem Lithiummetallpulver und Synthesegraphit (Molverhältnis 1 : 5) in NMP sowie EC/EMC
Wie bei Beispiel 3 wurden Mischungen aus 0,09 g Graphitpulver SLP30 und 0,01 g Lithiumpulver mit 2 g Lösemitteln in die 3 ml-Stahlautoklaven eingewogen und auf thermische Ereignisse untersucht.
Bei beiden Mischungen mit dem hochreaktiven Lösungsmittel NMP erkennt man deutliche Zersetzungsexotherma (run-away) mit Peaktemperaturen von 1 10-120°C. Die Mischung mit dem ungecoateten Pulver reagiert schon bei deutlich tieferen Temperaturen als diejenige mit dem gecoateten Pulver.
Die thermolysierten Mischungen sind überwiegend fest bzw. polymerisiert. Auch die analoge Mischung von ungecoatetem Lithiumpulver mit einer 1 :1 -Mischung von EC/EMC reagiert beim Überschreiten von ca. 170°C sehr heftig.
Beispiel 4: Coating eines erfindungsgemäß hergestellten lithiierten Synthesegraphitpulvers der Stöchiometrie LiC6 mittels einer LiBOB-Lösung in EC/EMC
4,5 g eines nach Beispiel 1 hergestellten lithiierten Synthesegraphitpulvers wurden unter Argon-Atmosphäre in einem Glaskolben mit 10 ml einer 1 %igen LiBOB-Lösung (LiBOB = Lithiumbis(oxalato)borat) in wasserfreiem EC/EMC (1 :1 wt/wt) gemischt und 2 Stunden bei Raumtemperatur gerührt. Dann wurde die Dispersion unter Luftausschluß filtriert, dreimal mit Dimethylcarbonat und je einmal mit Diethylether und Hexan gewaschen. Nach 3-stündiger
Vakuumtrocknung bei Raumtemperatur wurden 4,3 g eines goldschimmernden dunklen Pulvers erhalten.
Beispiel 6: Stabilität des gecoateten Produktes aus Beispiel 4 in EC/EMC und NMP
Das gecoatete Material aus Beispiel 5 sowie eine Probe des unbehandelten lithiierten Graphitpulvers (Herstellung analog Beispiel 1 ) wurden in der Radex-Apparatur auf thermische Stabilität in Gegenwart einer EC/EMC-Mischung untersucht.
Das ungecoatete Material beginnt bereits ab ca. 130°C sich zu zersetzen, während das gecoatete Pulver erst oberhalb ca. 170°C exotherm reagiert.
Bei der Vermischung mit NMP wird bei Zimmertemperatur keinerlei Reaktion bemerkt. Im Radex-Experiment werden sehr schwache Exotherma erst bei > 90°C registriert.
Die Mischung bleibt flüssig.
Beispiel 7: Herstellung von LiCx (x = 12) aus Synthesegraphit SLP 30 und Si- gecoatetem Lithium in einer Planetenkugelmühle und Stabilität in NMP
In der in Beispiel 1 beschriebenen Mühle wurden 5,00 g Synthesegraphit SLP 30 und 0,26 g ungecoatetes Lithiumpulver 30 Minuten bei 800 upm gemahlen. Es wurden 4,8 g eines schwarzen, fließfähigen Pulvers erhalten. In Abmischung mit NMP werden im DSC- Experiment mit der Radex-Apparatur keine signifikanten Ereignisse registriert.