C02-Entfernung aus Gasen mittels wässriger Amin-Lösungen unter Zusatz eines sterisch gehinderten Amins
[0001] Die Erfindung betrifft die Verwendung eines Absorptionsmittels zur Entfernung von C02 aus technischen Gasen.
[0002] Die Entfernung von C02 aus technischen Gasen ist von besonderer Bedeutung für die Reduzierung von C02-Emissionen, da C02 als die Hauptursache des Treibhauseffekts angesehen wird.
[0003] In der Industrie werden für die Entfernung von Sauergaskomponenten häufig wässrige Lösungen organischer Basen, z.B. Alkanolamine als Absorptionsmittel eingesetzt. [0004] Das Absorptionsmittel wird dabei durch Zufuhr von Wärme, Druckreduktion, oder Strippen mittels geeigneter Hilfsmedien regeneriert. Nach der Regeneration steht das Absorptionsmittel als regeneriertes Lösungsmittel für die Absorption von
Sauergaskomponenten erneut zur Verfügung. [0005] Rauchgase aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen, fallen nun in etwa bei atmosphärischem Druck an. Da der C02-Gehalt in den Rauchgasen typischerweise etwa 3 bis 13 Vol% beträgt, beträgt der C02-Partialdruck entsprechend nur 0,03 bis 0,13 bar. Um bei diesen niedrigen C02-Partialdrücken eine ausreichende Entfernung des C02's aus den Rauchgasen zu erzielen, muss ein geeignetes
Absorptionsmittel eine sehr hohe Bindungsfähigkeit für C02 haben. Insbesondere sollte eine möglichst hohe Aufnahmekapazität auch schon bei niedrigen C02-Partialdrücken vorhanden sein.
[0006] Durch die Aufnahmekapazität des Absorptionsmittels wird im Wesentlichen die benötigte Absorptionsmittelumlaufmenge und damit die Größe und Kosten der dafür benötigten Ausrüstungen bestimmt. Da die benötigte Energie zum Aufheizen und Abkühlen des Absorptionsmittels proportional der Umlaufmenge ist, wird auch die für die Regeneration des Lösungsmittels benötigte Regenerationsenergie in wesentlicher Weise reduziert, wenn es gelingt die Umlaufmenge des Absorptionsmittels zu reduzieren.
[0007] Neben der reinen Absorptionskapazität ist es für die sogenannte zyklische Aufnahmefähigkeit eines Amins entscheidend, dass bei der thermischen Regeneration des Amins möglichst wenig des bei der Absorption aufgenommenen Kohlendioxids im Lösungsmittel zurück bleibt. Primäre und sekundäre Amine bilden überwiegend Karbamate mit dem aufgenommen C02, von denen auch unter typischen
Regenerationsbedingungen (120°C, 2 bar) ein beträchtlicher Anteil nicht regeneriert wird und als Karbamat in der Lösung verbleibt, was dazu führt, dass nur ein gewisser Anteil des Absorptionsvermögens dieser Aminlösungen für die C02-Entfernung genutzt werden kann.
[0008] Es besteht daher ein erheblicher Bedarf nach einem Absorptionsmittel, das zum einen die Vorteile der primären und sekundären Amine, nämlich ihre hohe
Absorptionskapazität aufweist und zum anderen bei typischen
Regenerationsbedingungen möglichst wenig chemisch gebundenes C02 in der Lösung zurückbehält. Die Deckung dieses Bedarfes, d.h. also die Bereitstellung eines solchen Absorptionsmittels, sowie ein Verfahren zur Entfernung von C02 aus technischen Gasen hat sich die vorliegende Erfindung zur Aufgabe gemacht.
[0009] Die Aufgabe wird gelöst durch die Verwendung eines Absorptionsmittels, umfassend eine wässrige Lösung mit wenigstens zwei verschiedenen Aminen, wobei
• ein beliebiges Amin mit einem Anteil von größer 50 Gew% an der
Gesamtaminmenge in der wässrigen Lösung die erste Aminkomponente in der wässrigen Lösung ausmacht und wobei,
• ein sterisch gehindertes Amin mit einem Anteil an der Gesamtaminmenge von kleiner 50 Gew% die zweite Aminkomponente in der wässrigen Lösung darstellt
wobei der Fluidstrom mit dem Absorptionsmittel bei einem Partialdruck von < 200 mbar in Kontakt gebracht wird. [0010] Bevorzugt ist das beliebige Amin mit einem Anteil von 60 Gew% bis 90 Gew%, und besonders bevorzugt mit einem Anteil von 70 Gew% bis 85 Gew% an der Gesamtaminmenge in der wässrigen Lösung enthalten. Das sterisch gehinderte Amin ist dementsprechend bevorzugt mit einem Anteil von 1 bis 40 Gew%, und
vorzugsweise mit einem Anteil von < 15 Gew% an der Gesamtaminmenge in der wässrigen Lösung enthalten.
[0011] In einer bevorzugten Ausführungsform wird das das sterisch gehinderte Amin aus einer Gruppe ausgewählt, umfassend
(i) Aminen mit einer primären Aminogruppe, die an ein tertiäres Kohlenstoffatom gebunden ist.
(ii) Aminen mit einer sekundären Aminogruppe, die an ein sekundäres oder tertiäres Kohlenstoffatom gebunden ist, und
(iii) Aminen, worin ein tertiäres oder quartäres Kohlenstoffatom in ß-Position zur Aminogruppe angeordnet ist.
[0012] Besonders bevorzugt ist das sterisch gehinderte Amin dabei 2-Amino-2- methyl-1-propanol (AMP). Eine Vielzahl weiterer sterisch gehinderter Amine, die hier zum Einsatz kommen können, sind in den Schriften WO 2008/145658 A1 , US
2009/0199713 A1 , US 4,217,236, US 5,700,437, US 6,036,931 und US 6,500,397 B1 offenbart. [0013] Vorzugsweise ist das beliebige Amin Piperazin oder ein Piperazinderivat.
[0014] In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist das beliebige Amin ein Amin mit mehr als einer Aminogruppe im Molekül, wobei die Amingruppe sowohl in Primärstellung, als auch in Sekundärstellung, als auch in gemischt Primär-/
Sekundärstellung vorliegt.
[0015] In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung ist das beliebige Amin ein Diamin der Formel H2N-R2-NH2 ist, worin R2 für eine C2- bis C6-Alkylgruppe steht. [0016] Optional wird das beliebige Amin aus einer Gruppe ausgewählt, umfassend, Etylendiamin, 1 ,4 Diaminobutan, 1 ,3 Diaminopropan, 1 ,2 Diaminopropan, 2,2 Dimethyl1 ,3diaminopropan, Hexamethylendiamin, 3-Methylaminopropylamin, 3- (Dimethylamino)propylamin, 3-(Diethylamino)propylamin, 4-Dimethylaminobutylamin und 5-Dimethylaminopentylamin, 1 ,1 ,N,N-Tetramethylethandiamin, 2,2,N,N- Tetramethyl-1 ,3-propandiamin, N,N'-Dimethyl-1 ,3-propandiamin und N,N'Bis(2- hydroxyethyl)ethylendiamin.
[0017] In ebenfalls vorteilhafter Ausgestaltung ist das beliebige Amin ein Diamin der Formel R1-HN-R2-NH2, worin R1 für ein C^Ce-Alkyl steht und R2 für eine C2- bis C6-Alkylgruppe steht.
[0018] Mit Vorteil ist das beliebige Amin auch ein Polyalkylenpolyamin, das aus einer Gruppe ausgewählt wird, umfassend, Diethylentriamin, Triethylentetramin ,
Tetraethylenpentamin, Tris(3-aminopropyl)amin, Tris(2-aminoethyl)amin, Bis(3- dimrthylaminopropyl)amin, Methyl-bis(2-methylaminorthyl)amin.
Das beliebige Amin ist optional ein primäres oder ein sekundäres Amin, wie
beispielsweise 2-Aminoethanol (Monoethanolamin, MEA), N,N-Bis(2- hydroxyethyl)amin (Diethanolamin, DEA), N,N-Bis(2-hydroxypropyl)amin
(Diisopropanolamin, DIPA),2-(Methylamino)ethanol, 2-(Ethylamino)ethanol, 2-(n- Butylamino)ethanol, 2Amino-1-butanol (2-AB), 3-Amino-1-propanol und 5-Amino-1- pentanol sein.
[0019] In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist das beliebige Amin ein tertiäres Amin der allgemeinen Formel N(R1)2-n(R2)i+n, worin R1 für eine
Alkylgruppe steht und R2 für eine Hydroxylalkylgruppe steht oder ein tertiäres Amin der allgemeinen Formel (R1)2.n(R2)nN-X-N(R1)2.m(R2)m, worin R1 für eine Alkylgruppe steht, R2 für eine Hydroxyalkylgruppe steht, X für eine Alkylengruppe, die ein- oder mehrfach durch Sauerstoff unterbrochen ist und n und m für eine ganze Zahl von 0 bis 2 steht, oder zwei an verschiedene Stickstoffatome gebundene Reste R1 und R2 zusammen für eine Alkylengruppe steht. Dabei wird das beliebige Amin aus einer Gruppe ausgewählt, umfassend Bis-dimethylaminoethylether, Tris(2-hydroxyethyl)amin, Tris(2-hydroxypropyl)amin, Tributanolamin, Bis(2-hydroxyethyl)-methylamin, 2- Diethylaminoethanol, 2-Dimethylaminoethanol, 3-Dimethylamino-1-propanol, 3- Diethylamino-1-propanol, 2-Diisopropylaminoethanol, N,N-Bis(2- hydroxypropyl)methylamin (Methyldiisopropanolamin, MDI PA), Ν,Ν,Ν',Ν'- Tetramethylethylendiamin, Ν,Ν-Diethyl- N'.N'-dimethylethylendiamin.N, Ν,Ν',Ν'- Tetraethylethylendiamin, N, N,N',N'-Tetramethylpropandiamin,N,N,N',N'- Tetraethylpropandiamin, N,N-Dimethyl-N',N'-diethylethylendiamin, 2-(2- Dimethylaminoethoxy)-N,N-dimethylethanamin; 1 ,4-Diazabicyclo[2.2.2]octane
(DABCO); Ν,Ν,Ν'-Trimethylaminoethylethanolamin, N, N'-Dimethylpiperazin und Ν,Ν'- Bis(hydroxyethyl)piperazin. Besonders bevorzugt wird dabei Bis- dimethylaminoethylether eingesetzt.
[0020] Vorteilhaft wird das beladene Absorptionsmittel durch Erwärmung,
Entspannung, Strippen mittels durch interne Verdampfung des Lösungsmittels erzeugten Strippdämpfen, Strippen mit einem inerten Fluid oder einer Kombination zweier oder aller dieser Maßnahmen regeneriert.
[0021] Die vorliegende Erfindung wird nachstehend anhand von Messergebnissen detailliert beschrieben.
[0022] In unseren Messungen haben wir nun in überraschender weise gefunden, dass z.B. eine Mischung aus 50 Gew% H20, 37 Gew% Piperazin und 13 Gew% AMP eine signifikant niedrigere C02-Restbeladung unter Regenerationsbedinungen (120°C) aufweist als eine Mischung aus 50% H20 und 50 Gew% Piperazin. Piperazin stellt in diesem Beispiel ein sekundäres Diamin dar und AMP stellt ein sterisch gehindertes Amin dar.
[0023] Die Bestimmung der verbleibenden C02-Beladung bei
Regenerationsbedingungen wurde durch Gleichgewichtsmessungen bei einer
Temperatur von 120 °C mit der sogenannten synthetischen Methode durchgeführt und mit Messwerten aus der Literatur für die reine wässrige Piperazinlösung verglichen.
[0024] Dabei zeigte sich, dass eine Aminlösung mit einem Gesamtamingehalt von 50 Gew%, die neben einem Großteil Piperazin auch einen kleineren Anteil eines sterisch gehinderten Amins (AMP mit 28 Gew% bezogen auf die Gesamtaminmenge in der Lösung) enthält, unter Gleichgewichtsbedingungen, die vergleichbar mit den Bedingungen sind, die im Sumpf eines Desorbers bei der Regeneration der
Aminlösung herrschen, nämlich bei einer Temperatur von 120 °C und einem C02- Partialdruck von 0,09 bar, einen deutlich niedrigeren C02-Restgehalt aufweist, als eine wässrige Lösung, die 50 Gew% Piperazin enthält (siehe Tab. 1).
Tab. 1 :
[0025] In früheren Versuchen wurde bereits gefunden, dass die absolute C02- Aufnahmefähigkeit einer Aminlösung die nur geringe Anteile eines sterisch gehinderten Amins enthält (28 % bezogen auf den Gesamtamingehalt, 72 % Piperazin) nur geringfügig geringer ist als die absolute C02-Aufnahmefähigkeit einer Aminlösung, die nur Piperazin enthält.
[0026] So wurde die C02-Aufnahme für einen C02-Partialdruck von 0,03 bar (vorhandene und vergleichbare Messwerte für einen C02 Partialdruck von kleiner 100
mbar) bei einer Temperatur von 40 °C für eine wässrige Piperazin Lösung und eine wässrige Piperazin /AMP-Lösung bestimmt. Dabei setzte sich die Piperazin/AMP- Lösung einmal aus 72% Piperazin / 28 % AMP und einmal aus 28 % Piperazin / 72 % AMP zusammen. Dabei beziehen sich die Prozentangaben auf den Anteil an Aminen am Gesamtamingehalt (siehe Tab. 2).
Tab. 2:
[0027] Es zeigte sich, dass eine Mischung mit einem 28%igen Anteil eines sterisch gehinderten Amins nur unwesentlich weniger C02 (8%) aufnehmen kann als eine Mischung, die nur aus einer wässrigen Lösung eines sekundären Diamins besteht. Eine weitere Erhöhung des Anteils des sterisch gehinderten Amins führt jedoch zu einer deutlichen Abnahme der Gesamtkapazität (nur noch die Hälfte im Vergleich zu der reinen wässrigen Aminlösung), so dass ein höherer Gehalt an sterisch gehinderten Aminen sich eher nachteilig auswirkt. Berücksichtigt man aber die signifikante Verbesserung des C02-Restgehalts in der Lösung bei
Regenerationsbedingungen wird klar, dass die zyklische C02-Aufnahmekapazität bei einer Lösung, die einen gewissen Anteil an sterisch gehinderten Aminen enthält signifikant größer ist, als bei einer Vergleichslösung, die das sterisch gehinderte Amin in Anteilen kleiner 50% am Gesamtamingehalt nicht enthält.
[0028] Zur Klärung, ob dass beobachtete Verhalten des Einflusses eines sterisch gehinderten Amins auf die bessere Regenerierbarkeit neben sekundären Aminen auch für primäre Amine gilt wurde beispielhaft 1 ,3 Diaminopropan in wässriger Lösung mit einem Gemisch aus 1 ,3 Diaminopropan und AMP in wässriger Lösung verglichen.
Tab. 3:
Absorptionsmittel (Anteil Amine am C02-Restgehalt im
Gesamtamingehalt) Gleichgewicht bei 120°C
und 0,09 bar C02
Partialdruck relativ zu
reinem DAP in %
1 ,3 Diaminopropan(100 Gew%) 100
1 ,3 Diaminopropan (72 Gew%) AMP 79
(28 Gew%)
Auch für dieses System wurde gefunden, dass bei Zusatz eines sterisch gehinderten Amins, zu einem primären Diamin in wässriger Lösung, eine Verminderung der C02. Restbeladung bei typischen Regenerationsbedingungen eintritt, wenn auch der Effekt nicht ganz so groß ist wie bei dem sekundären Diamin Piperazin.