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Verfahren zur Schnellpolymerisation von Gemischen aus monomeren und
polymeren Vinylverbindungen
Es ist bekannt, organische stickstoffhaltige Basen, z.
B. Anilin, Pyridin und andere Amine, bei der Polymerisation von ungesättigten Verbindungen,
z. B.
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Butadien, Vinyl- oder Acrylverbindungen, für sich allein oder im Gemisch
untereinander zu verwenden.
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So ist es aus der britischen Patentschrift 475 I3I, Beispiele 9 und
I0, bekannt, eine Mischung aus 52 g jB-Diäthylaminoäthyl-methacrylat und 28 g Methylmethacrylat
in Gegenwart von Wasser oder einer Lösung von 3I,4 g iß-Dimethylaminoäthyl-methacrylat
und 20 g Methylmethacrylat in Dioxan zu polymerisieren. In beiden Fällen handelt
es sich um die Mischpolymerisation von Acrylsäureestern tertiärer Aminoalkohole
mit Methylmethacrylat. Hierbei werden bestimmte tertiäre Amine entsprechend ihrer
Rolle als zu polymerisierende Komponente der herzustellenden Mischpolymerisate in
Mengen von 65 bzw. 6o 60°/o, bezogen auf das zu polymerisierende Gemisch, angewandt.
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Es ist aus der deutschen Patentschrift 545 44I und der britischen
Patentschrift 336 237 weiterhin bekannt, zur Herstellung von neutralen Polymerisationsprodukten
aus Vinylestern, z. B. Vinylacetat, die in Mengen von wenigen zehntel Prozent vorhandene
freie Säure, z. B. Essigsäure, durch verschiedene organische Basen, darunter auch
durch ein tertiäres Amin, nämlich Dimethylanilin, zu neutralisieren. Von den zugesetzten
basischen Substanzen wird ausgeführt, daß sie als Stabilisierungsmittel wirken.
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Diese Angaben stehen in Übereinstimmung mit den Angaben in der deutschen
Patentschrift 701 874 und
der französischen Patentschrift 850 210,
die die Herstellung von Polymerisationsprodukten durch Emulsionspolymerisation von
Butadienen im Gemisch mit anderen polymerisierbaren Stoffen beschreiben. Es wird
in diesen Patentschriften ausgeführt, daß tertiäre Amine, wie Trialkylamine, Triaralkylamine,
Triarylamine sowie gemischtealiphatisch- bzw. araliphatischaromatische Amine, die
Eigenschaft besitzen, die spontane Polymerisation von polymerisationsfähigen Stoffen
zu unterbinden. Überraschenderweise hört aber diese stabilisierende Wirkung auf,
wenn die polymerisationsfähigen Verbindungen zu einer Emulsionspolymerisation angesetzt
werden. Aus diesem überraschenden Verhalten ergibt sich für die envähnten tertiären
Amine die vorteilhafte Anwendung, daß sie als Stabilisatoren für die monomeren Produkte
zwecks Vermeidung einer vorzeitigen Polymerisation benutzt werden können, ohne daß
sie, wie dies bei den bisher üblichen Stabilisatoren, z. B. Hydrochinon, notwendig
war, vor der Emulsionspolymerisation entfernt werden müssen. Aus diesen Patentschriften
ist somit zu entnehmen, daß die tertiären Amine für die Blockpolymerisation ungeeignet
sind, da sie die monomere Verbindung stabilisieren, für die Emulsionspolymerisation
aber keine hinderliche Wirkung, wenn auch keine vorteilhafte ausüben. Die tertiären
Amine wirken darüber hinaus im Endprodukt als Wonservierungs- bzw. Anticyclisierungsmittel.
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Es wurde bisher nicht vorgeschlagen, tertiäre Amine als Polymerisationsbeschleuniger
zu verwenden. Dieser Gedanke mußte auch auf Grund des Bekannten widersinnig erscheinen,
da tertiäre Amine als die Polymerisation im Block verhindernde bzw. verzögernde,
in Emulsion als indifferente Stoffe beschrieben waren.
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Als Polymerisationsbeschleuniger waren Energiequellen, wie Licht
oder Wärme, oder Verbindungen ganz anderer Art, wie Luft, Sauerstoff, Säuren oder
sauer wirkende Stoffe, insbesondere aber Wasserstoffsuperoxyd und dessen Verbindungen,
bekannt. Einen der gebräuchlichsten Polymerisationsbeschleuniger stellt Dibenzoylsuperoxyd
dar. Die Polymerisation mit den besten dieser bekannten Beschleuniger, z. B.
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Dibenzoylsuperoxyd oder Tetrahydronaphthalinsuperoxyd, kann auch bei
relativ niederen Temperaturen durchgeführt werden, dauert jedoch dann außerordentlich
lange, mitunter mehrere Tage, ja sogar einige Wochen.
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Im völligen Gegensatz zu dem Stande der Technik in bezug auf die
Wirkung von tertiären Aminen bei der Polymerisation beruht die Erfindung auf der
Feststellung, daß ketogruppenfreie tertiäre Amine, deren Stickstoffatome drei getrennte
organische Reste tragen und die befähigt sind, labiles Aminoxyd zu bilden, bei der
Blockpolymerisation als vorzügliche Polymerisationsbeschleuniger wirken können,
wenn die Polymerisation in Gegenwart von Polymeren durchgeführt wird. Dieses Ergebnis
ist überraschend.
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Erfindungsgemäß wird die Schnellpolymerisation von Gemischen aus
Vinylverbindungen, z. B. Styrol, Vinylchlorid, Acryl- bzw. Methacrylsäure, deren
Ester oder Nitrile einerseits mit Polymeren, andererseits in Gegenwart von Sauerstoff
oder sauerstoffabgebenden Polymerisationskatalysatoren, wie Wasserstoffsuperoxyd
oder dessen Verbindungen, vorzugsweise Dibenzoylperoxyd, und weiteren polymerisationsregelnden
Zusatzstoffen bei niederen Temperaturen im Blockpolymerisationsverfahren derart
durchgeführt, daß als weitere Zusatzstoffe ketogruppenfreie tertiäre Amine, deren
Stickstoffatome drei getrennte organische Reste tragen und die befähigt sind, labiles
Aminoxyd zu bilden, verwendet werden. Es handelt sich dabei also nicht um Verbindungen
von der Art des Pyridins, bei denen das Stickstoffatom heterocyclisch gebunden ist
und deren Aminoxide stabil sind im Vergleich zu denen der tertiären Amine, deren
Stickstoffatome drei getrennte organische Reste tragen.
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Es ist in der älteren, aber nicht vorveröffentlichten deutschen Patentschrift
760 3je vorgeschlagen worden, bei der Herstellung von Zahnersatzteilen, insbesondere
Füllungen, durch Polymerisation von nicht oder nur teilweise polymerisierten, aber
polymerisierbaren Kunststoffen durch Anwendung von Licht undloder Wärme als Polymerisationsbeschleuniger
Tetramethyldiaminobenzophenon, das sogenannte Michlersche Keton, zu verwenden. Diese
Verbindung ist, wie ihr Name sagt und ihre Reaktionsweise bestätigt, in erster Linie
als Keton aufzufassen und unterscheidet sich somit wesentlich von den ketogruppenfreien
tertiären Aminen, die erfindungsgemäß als Polymerisationsbeschleuniger verwendet
werden.
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Erfindungsgemäß können als Polymerisationsbeschleuniger Trialkylamine,
Triarylamine oder tertiäre aliphatisch und aromatisch substituierte Amine verwendet
werden. Die Polymerisationsbeschleuniger werden stets in geringen Mengen, beispielsweise
von etwa 0,I bis 60/,, vorzugsweise 0,5 bis 30/,, bezogen auf das Monomeren-Polymeren-Gemisch,
angewendet, also in wesentlich geringeren Mengen als die nach dem Stande der Technik
bekannten tertiären Amine, die selbst polymerisierbare Verbindungen darstellen.
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Legt man besonderen Wert auf die Erzielung möglichst ungefärbter
und in auspolymerisiertem Zustand nicht nachfärbender Polymerisationsprodukte, so
werden als Polymerisationsbeschleuniger insbesondere tertiäre, aliphatische Amine,
z. B. Trihexylamin, Triäthanolamin und Tributylamin, verwendet.
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Neben den erfindungsgemäßen Polymerisationsbeschleunigern verwendet
man die bekannten Polymerisationsbeschleuniger, wie Luft, Sauerstoff, Säuren, Wasserstoffsuperoxyd
oder dessen Verbindungen, insbesondere Tetrahydronaphthalinsuperoxyd oder Dibenzoylsuperoxyd.
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Durch die erfindungsgemäßen Zusätze von ketogruppenfreien tertiären
Aminen, deren Stickstoffatome drei getrennte organische Reste tragen und die befähigt
sind, labiles Aminoxyd zu bilden und die in den zu polymerisierenden Monomeren möglichst
gut löslich sein sollen, wird die bei der Polymerisation allgemein bekannte Induktionsperiode,
an deren Ende die Polymerisation unter Wärmebildung relativ rasch bis zum auspolymerisierten
Produkt verläuft, wesentlich abgekürzt.
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Die zu polymerisierenden Stoffe oder deren Gemische werden vorzugsweise
in einer sirupösen bis teigigen Lösung bzw. Mischung mit Polymeren verwendet.
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Vorzugsweise geht man von Teigen aus polymeren
Mischpolymerisaten
und monomeren Gemischen der Methyl-, Äthyl-, Propyl- oder Butylester der Acryl-und/oder
Methacrylsäure aus. Die erfindungsgemäße Polymerisation solcher Produkte kann bei
Zimmertemperatur innerhalb weniger Minuten durchgeführt werden, während dazu bisher
beispielsweise unter dem Einfluß von Licht mehrere Stunden und im Dunkeln sogar
Tage notwendig waren.
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Für die Verwendung der erfindungsgemäßen, durch Schnellpolymerisation
erhaltenen Kunststoffe bietet sich eine große Anzahl neuer Möglichkeiten. Sie haben
z. B. für die Lack- und Anstrichmittelindustrie große Bedeutung. Beim Aufstreichen
oder Aufspritzen eines sirupösen Lackes, der ein in Monomeren gelöstes polymeres
Produkt und außerdem noch ein tertiäres Amin und ein Peroxyd, z. B. Dibenzoylsuperoxyd,
enthält, erstarrt der sich bildende Film sehr schnell und härtet durch, da der flüssige
Anteil nicht nur Lösungsmittel ist, das verdampft, sondern zum größten Teil unter
dem zusätzlichen Einfluß des Lichtes im Lackkörper polymerisiert.
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Von großer Bedeutung sind die erfindungsgemäßen, durch Schnellpolymerisation
erhärtenden Teige für elektrische, Wärme- und Schallisolierung aller Art, als schnell
erhärtende Spachtelmassen, insbesondere bei der Glättung von Sperrholz, als Fugenkitte,
Modellmassen, als Zwischenschichten für Verbundstoffe, z. B. Glas, und zur Herstellung
von Furnieren.
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Die durch Schnellpolymerisation erhärtenden Kunststoffe lassen sich
beliebig einfärben und eintrüben und mit anorganischen und bzw. oder organischen
Füllkörpern in Pulver-, Faser- oder Gewebeschnitzelform füllen und dadurch gegebenenfalls
verfestigen.
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Beispiel 1 Teil flüssiger monomerer Methacrylsäuremethylester, der
0,5 bis 3 °/0 Trihexylamin und gegebenenfalls Hydrochinon als Stabilisierungsmittel
enthält, wird mit 3 Teilen pulverförmigem polymerisiertem Methacrylsäuremethylester,
der 0,I bis 6°lo Dibenzoylsuperoxyd enthält, zusammengerührt. Nach etwa 4 bis 5
Minuten Stehen entsteht ein plastischer Teig, der sich je nach Menge der Ausgangsstoffe
im Verlaufe von weiteren etwa 6 bis 7 Minuten von Zimmertemperatur auf 60 bis go°
C erwärmt und dabei erhärtet. Ähnliche Ergebnisse können mit Dimethylanilin erzielt
werden.