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Verfahren zur Herstellung transparenter bis glasklarer Formmassen
hoher Schlag- und Kerbschlagzähigkeit und guter Wärmeformbeständigkeit durch Polymerisation
Es ist bekannt, Formmassen hoher Schlagzähigkeit und guter Wärmeformbeständigkeit
so herzustellen, daß polymerisierbare Monomere, vornehmlich Styrol oder Methacrylsäuremethylester,
in Gegenwart von Latizes eines natürlichen oder künstlichen Kautschuks polymerisiert
werden. Unter Formmassen sind dabei Kunststoffe zu verstehen, die nach dem Preß-,
Preßspritz-, Spritzguß-, Strangpreß- oder nach dem Walzverfahren verarbeitet werden
können. Als künstlicher Kautschuk werden Mischpolymerisate des Butadiens mit anderen
ungesättigten Verbindungen, in erster Linie Styrol, Methacrylester und Acrylnitril,
bezeichnet. - Produkte der gekennzeichneten Art sind im allgemeinen gedeckte bis
trüb durchscheinende Kunststoffe. Um zu transparenten Produkten zu kommen, müssen
hinsichtlich Zusammensetzung und/oder Herstellung besondere Bedingungen eingehalten
werden.
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So ist es beispielsweise bekannt, schlagfeste Spritzgußmassen hoher
Transparenz auf Methacrylatbasis so herzustellen, daß Methacrylsäuremethylester
in Gegenwart eines zum überwiegenden Teil aus Butadien und zum restlichen Teil aus
Methacrylsäuremethylester aufgebauten Mischpolymensates in einem solchen Mengenverhältnis
polymerisiert wird, daß das Endprodukt zu 70 bis 90 0/, aus Methacrylsäuremethylester
und zu 30 bis 100/o aus Butadien besteht. - Es ist weiterhin bekannt, daß sich Polymerisate,
die zum Teil aus Acrylnitril bestehen und die z. B. aus einem Emulsionspolymerisat
aus Butadien und Acrylnitril und einem Monomeren, z. B. Styrol oder Methacrylsäuremethylester,
hergestellt sind, durch besonders gute mechanische Eigenschaften, vornehmlich hohe
Schlag-und Kerbschlagzähigkeit, auszeichnen.
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Ziel des im nachstehenden beschriebenen Vorgehens ist die Herstellung
solcher acrylnitrilhaltiger Formmassen, die neben ausgezeichneten mechanischen Eigenschaften
und einer guten Wärmeformbeständigkeit eine hohe Transparenz aufweisen bzw. glasklar
durchsichtig sind.
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Es wurde nun gefunden, daß man zu diesen hochwertigen und bisher
nicht bekannten Formmassen derart kommt, daß Methacrylsäuremethylester in Gegenwart
eines zu mehr als 50 Gewichtsprozent aus Butadien und zum restlichen Teil aus Acrylnitril
aufgebauten Mischpolymerisats polymerisiert wird, wobei dem genannten Monomeren
eine der nachstehend namentlich aufgeführten mischpolymerisierenden Verbindungen,
nämlich Styrol, Vinylcarbazol, Benzylmethacrylat, Phenylmethacrylat, o-Kresylmethacry
lat, /f-Chloräthylmethacrylat, N-Vinylpyrrolidon, N-Vinylphthalimid, C-Vinylpyridin
oder Acrylnitril, zugesetzt wird. Die Homopolymerisate der aufgezähl-
ten Monomeren
weisen das gemeinsame Merkmal auf, daß sie einen Brechungsindex von 1,52 besitzen.
Die Mengenanteile zwischen Mischpolymerisat und Monomerengemisch sind dabei so zu
bemessen, daß im Endprodukt der Methacrylsäuremethylester-Anteil mindestens 20 Gewichtsprozent,
der Anteil des hinsichtlich seines Brechungsindexes gekennzeichneten Comonomeren
weniger als 50 Gewichtsprozent und der Butadien-Anteil zwischen 5 und 25 Gewichtsprozent
ausmacht. Durch einfach durchzuführende Versuche läßt sich leicht feststellen, bei
welchen Mengenverhältnissen zwischen Polymerisatkomponente und Monomeren-Anteilen
Produkte mit den für den jeweiligen Zweck optimalen Eigenschaften erhalten werden.
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Durch Erhöhung des Acrylnitril-Anteils kommt man zu Produkten hoher
Kerbschlagzähigkeit, muß jedoch gleichzeitig - unter Erhalt der guten Transparenz
-eine mehr oder weniger intensive Gelbfärbung des Endproduktes in Kauf nehmen. Andererseits
ist der im Endprodukt enthaltene Butadien-Anteil außer für die Schlagzähigkeit auch
für die Wärmeformbeständigkeit von Bedeutung, und zwar in dem Sinne, daß der Erweichungspunkt
mit zunehmendem Butadiengehalt im allgemeinen erniedrigt wird. Wie man sieht, kann
Acrylnitril nicht nur als Bestandteil des Ausgangsmischpolymerisats, sondern auch
als Comonomeres zusammen mit Methacrylsäuremethylester zur Anwendung kommen. In
manchen Fällen kann es von
Vorteil sein, mehrere der genannten Comonomeren
gleichzeitig zusammen mit Methacrylsäuremethylester zu polymerisieren.
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Mit besonderem Vorteil wird das erflndungsgemäße Verfahren als Emulsionspolymerisation
durchgeführt, und zwar beispielsweise derart, daß zunächst aus Butadien (>50
Gewichtsprozent) und Acrylnitril in an sich bekannter Weise ein Latex hergestellt
und gegebenenfalls mit so viel Wasser verdünnt wird, daß der Endemulsionsansatz
20 bis 50 Gewichtsprozent Trokkensubstanz aufweist. Zu dem Latex undloder dem Monomerengemisch
werden Polymerisationsbeschleuniger bzw. ein Beschleunigersystem und gegebenenfalls
ein Regler oder/und ein Emulgator zugegeben und die Polymerisation in an sich bekannter
Weise durchgeführt. Alterungsschutzmittel, wie UV-Stabilisatoren oder/und Antioxydantien,
weiterhin Gleitmittel oder andere Zusatzstoffe können sowohl dem Latex als auch
der fertigen Dispersion oder der Trockensubstanz zugefügt werden.
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Das Endpolymerisat wird mit Hilfe einer Elektrolytlösung, z B. einer
Kochsalz-, Natriumsulfat- oder Aluminiumsulfatlösung, ausgefällt, dann filtriert,
gewaschen und getrocknet. Die Isolierung des Endprodukts kann auch im Wege des Sprühtrocknens
vorgenommen werden. - Die eben geschilderte Durchführung des Verfahrens kann in
mannigfaltiger und dem Fachmann geläufiger Weise abgewandelt werden.
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Auch ist es möglich, neben den genannten bzw. gekennzeichneten monomeren
Verbindungen weitere Comonomere mitzuverwenden, wie Methacrylsäureäthylester, Acrylsäuremethyl-
und -äthylester oder Vinylacetat. In besonderen Fällen kann es vorteilhaft sein,
das Verfahren als Blockpolymerisation durchzuführen. Man geht dabei so vor, daß
man das als Latex aus Butadien und Acrylnitril hergestellte Mischpolymerisat in
an sich bekannter Weise ausfällt, wäscht und trocknet. Das erhaltene Produkt wird
z. B. in einem Kneter mit einem Gemisch aus Methacrylsäuremethylester und Benzylmethacrylat,
o-Kresylmethacrylat oder einem entsprechenden Monomeren vermischt und nach Zusatz
eines Beschleunigers, gegebenfalls eines Reglers, Oxydations- und Lichtschutzmittels
oder eines Farbstoffes polymerisiert, anschließend gebrochen und granuliert.
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Von den bereits erwähnten möglichen Abwandlungen des erfindungsgemäßen
Verfahrens verdient die Möglichkeit, daß nur ein Teil des Monomerengemisches in
Gegenwart des Butadien-Acrylnitril-Mischpolymerisats polymerisiert wird, während
der restliche Teil für sich allein polymerisiert und das erhaltene Mischpolymerisat
mit dem im ersten Verfahrensschritt erhaltenen Pfropf- bzw. Pfropf-Misch-Polymerisat,
z. B. durch Mischen der Latizes bzw. Einwalzen oder gemeinsames Extrudern der Festsubstanzen,
abgemischt wird, besondere Erwähnung. Bei diesem Vorgehen ist es möglich, daß ein
aus Methacrylsäuremethylester und z. B. Vinylcarbazol bestehendes Monomerengemisch
in Gegenwart des Butadien-Acrylnitril-Mischpolymerisats polymerisiert wird und das
erhaltene Produkt mit einem Mischpolymerisat aus Methacrylsäuremethylester und z.
B. o-Kresylmethacrylat abgemischt wird. Hinsichtlich der Mengenanteile, in denen
die Komponenten am Aufbau des Endprodukts beteiligt sind, gelten die das neue Verfahren
kennzeichnenden Grenzen.
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Der mit dem beschriebenen Verfahren verbundene Fortschritt wird dann
besonders deutlich, wenn man
die dabei erhaltenen Produkte mit jenen vergleicht,
die entweder a) durch Polymerisation von Methacrylsäuremethylester allein in Gegenwart
von Butadien-Acrylnitril-Mischpolymerisaten (>50 Gewichtsprozent Butadien) oder
b) lediglich durch Abmischen (Walzen, Extrudern u. dgl.) eines Butadien-Acrylnitril-Mischpolymerisats
(>50 Gewichtsprozent Butadien) und eines aus Methacrylsäuremethylester und einem
der hinsichtlich ihres Brechungsindex gekennzeichneten Monomeren hergestellten Mischpolymerisats
hergestellt worden sind. Produkte dieser Art, die hinsichtlich ihres Butadien-,
Acrylnitril- und Methacrylsäuremethylester-Anteils mit den im Sinne der vorliegenden
Erfindung herzustellenden Formmassen vergleichbar sind, sind im ersten Falle (a)
trübe und weisen im zweiten Falle (b) schlechtere mechanische Eigenschaften auf
Beispiele Für alle Beispiele gilt a) Die Verwendung eines Butadien-Acrylnitril-Copolymerisates
(72 Gewichtsteile/28 Gewichtsteilen), hergestellt nach bekannten Verfahren, vorliegend
als Latex mit 40 Gewichtsprozent Trockengehalt. b) Die Polymerisation der Monomeren
in Gegenwart des Latex erfolgt mit 0,1 0/o Kaliumpersulfat (bezogen auf Wasserphase)
und 0,3 0/o n-Octylmercaptan (bezogen auf Monomeres) bei 80"C, so daß ein Endlatex
mit einem Trockengehalt von 30 Gewichtsprozent anfällt. Wenn nicht anders angegeben,
wird das Monomere im Zulaufverfahren innerhalb 1 Stunde zugegeben; die Endpolymerisation
benötigt weitere 2 Stunden.
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Die Menge an zu polymerisierendem Monomerem bzw. nachträglich zugesetztem
Polymerisat wird so bemessen, daß der Butadiengehalt im Endprodukt 15 Gewichtsprozent
beträgt. c) Nach beendeter Polymerisation wird der Latex durch Zugabe von 1 Gewichtsprozent
(bezogen auf Butadien-Anteil) Di-tert.-butyl-p-kresol als Alterungsschutzmittel
stabilisiert. d) Die Festsubstanz wird durch Sprühtrocknung des Latex gewonnen.
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Beispiel 1 a) In Gegenwart des genannten Ausgangslatex wird Methacrylsäuremethylester
polymerisiert. Das Endprodukt ist schwachgelb gefärbt und trübe, besitzt eine Wärmeformbeständigkeit
nach Vicat*) von 105"C, eine Schlagzähigkeit (SZ) nach DIN 53453 von 44 cmkg/cm2
und eine Kerbschlagzähigkeit (KSZ) nach DIN 53453 von 8 cmkg/cm2. b) Der unter 1,
a) genannte Methacrylsäuremethylester-Anteil wird als gesondert hergestelltes Blockpolymerisat
(eysplc in Chloroform 20"C: 0,05) im Extruder zugemischt. Das Produkt ist schwachgelb
und stark getrübt.
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Vicat: 108"C, SZ = 38 cmkg/cm2, KSZ = 4 cmkg/cm2.
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*) Bei den in den Beispielen angegebenen Vicat-Werten handelt es
sich um die nach DIN 57302 bestimmte Vicat-Erweichungstemperatur
c)
Das in Gegenwart des Latex zu polymerisierende Monomerengemisch besteht aus einer
Mischung aus 70 Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester und 30 Gewichtsteilen Styrol.
Die Endeigenschaften: klares, schwachgelbes Produkt.
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Vicat: l000C, SZ = 80 cmkg/cm2, KSZ -- 9 cmkg/cm2.
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Die Gegenüberstellung der Ausführungsformen 1, a) bis 1, c) zeigt
die mit dem erfindungsgemäßen Vorgehen (1, c) verbundene Überlegenheit gegenüber
dem Vorgehen gemäß 1, a) (Polymerisation von Methacrylsäuremethylester ohne Comonomeres
mit hohem Brechungsindex) und gegenüber dem Abmischen mit Polymethylmethacrylat
(1, b).
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Beispiel 2 Das Monomerengemisch besteht aus 63 Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester
und 37 Gewichtsteilen Methacrylsäurebenzylester. Das Endprodukt weist folgende Daten
auf: Es ist schwachgelb und glasklar.
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Vicat: 95"C, SZ = 72 cmkg/cm2.
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KSZ = 7 cmkg/cm2.
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Beispiel 3 40 Gewichtsteile eines Monomerengemisches, das zu 70 Gewichtsteilen
aus Methacrylsäuremethylester und zu 30 Gewichtsteilen aus Styrol besteht, werden
in Gegenwart des Butadien-Acrylnitril-Latex 1 Stunde bei Zimmertemperatur gerührt.
Nach Aufheizen auf 800 C und Einsetzen der Polymerisation werden 60 Gewichtsteile
eines zweiten Monomerengemisches, bestehend aus 85 Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester
und 15 Gewichtsteilen Vinylcarbazol, zugesetzt und zu Ende polymerisiert.
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Vicat: 109°C, SZ = 85cmkg/cm2, KSZ l0cmkg/cm2; das Polymerisat ist
schwachgelb und glasklar.
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Beispiel 4 Das zu polymerisierende Monomerengemisch besteht aus 70
Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester und 30 Gewichtsteilen Styrol. Davon werden
35 Gewichtsteile in Gegenwart des Latex polymerisiert, die restlichen 65 Gewichtsteile
werden im Extruder als gesondert nach üblichen Verfahren hergestelltes Blockpolymerisat
(21sp/e in Chloroform 200 C: 0,09) zur Abmischung zugesetzt.
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Vicat: 100°C, SZ = 110cmkg/cm2, KSZ = 12 cmkg/cm2; das Endprodukt
ist schwachgelb und klar.
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Beispiel-5 Zur Anwendung kommt ein Monomerengemisch, bestehend aus
56 Gewichtsteilen Acrylnitril, 32 Gewichtsteilen Methacrylsäuremethylester und 12
Gewichtsteilen Styrol. Das erhaltene Produkt weist folgende Daten auf: Vicat: 96"
C, SZ = > 160 cmkg/cm2, KSZ = > 40 cmkg/cm2; transparentes, deutlich gelbes
Produkt.