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Achslastausgleichvorrichtung für Schienenfahrzeuge Eine hundertprozentige
Ausnutzung des Reibungsgewichtes bei der Anfahrt elektrischer Lokomotiven, die mit
Einzelachsantrieben ausgerüstet sind, ist ohne Zuhilfenahme von Laufachsen auf rein
mechanischem Wegenichtmöglich. Einesdersicherstenmechanischen Mittel zur Erzielung
eines großen Ausnutzungsfaktors ist der AEG-Lastausgleicher mit folgenden Merkmalen
a) Anordnung der Fahrmotoren eines jeden Triebgestelles nach der Lokomotivmitte
hin.
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b) Stabile Abstützung des vorderen Triebgestelles auf den Achsen in
Längsrichtung der Lokomotive. c) Labile Abstützung des hinteren Gestelles auf den
Achsen in der Längsrichtung der Lokomotive in einem Punkt durch Ausgleichhebel zwischen
sämtlichen Tragfedern einer jeden Seite.
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d) Einbau einer Gelenkkupplung zwischen den beiden Drehgestellen,
die in senkrechter Richtung starr ist und Kräfte von einem Gestell auf das andere
übertragen kann.
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Die möglichen Ausnutzungswerte dieses Lastausgleiches hängen von der
Bauart der Lokomotive ab und gehen bis etwa 93 °% (E 94-Lokomotive der Deutschen
Bundesbahn).
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Es gibt die verschiedensten Verfahren, auf elektrischem Wege das Reibungsgewicht
voll für die Anfahrt auszunutzen. Die Verfahren gehen darauf hinaus, während der
Anfahrperiode die Zugkraft der
entlasteten Achsen zu verringern
und die der belasteten zu erhöhen, wodurch der Reibwert zwischen Rad und Schiene
in zulässigen Grenzen gehalten wird. Dabei ist
Werden nun. bei dem AEG-Lastausgleicher die einzelnen Drehgestelle mit unterschiedlichen
Zugkräften beansprucht, so wird die Funktion dieses Systems erheblich gestört. An
den drei Achsgruppen, die durch die stabile Abstützung des Fahrzeuges auf dem Gleis
gegeben sind, treten unterschiedliche Be-und Entlastungen auf. Diese Achsdruckänderungen
sind außerdem noch von der Fahrtrichtung und von der Lage der Ausgleichhebel in
den einzelnen Drehgestellen abhängig. Soll nun auf elektrischem Wege den geänderten
Achsdrücken bei der Anfahrt durch Anpassung der Zugkräfte Rechnung getragen werden,
so ergibt sich ein Aufwand, der durch den zu erwartenden Erfolg in keiner Weise
gerechtfertigt wird. Zum besseren Verständnis wird in Fig. i an einem bekannten.
Beispiel gezeigt, wie sich die Achsentlastung und Haftwertbeanspruchung je nach
Fahrtrichtung und Lage der Ausgleichhebel im stabilen Gestell ändern, und zwar für
eine Zugkraftdifferenz von i,oo t, also Z,n =
6,500 t und Z,z =
7,500 t.
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An einer beispielsweise sechsachsigen Drehgestelllokomotive Bauart
Co'Co' nach Fig. 2 greifen nachstehende Zugkräfte an:
am vorlaufenden Gestell = 3 -Z" |
, |
am nachlaufenden Gestell = 3 x - Z2, = 3 - Z,, . |
Als Ausgangspunkt werden nachfolgende Bestimmungen getroffen:
Für die gesamten Zugkräfte 3 - Z,, - (x + i) ergeben sich die Achsdruckänderungen
für die einzelnen Achsgruppen nach den Gleichungen (q.) bis (6).
Um die Funktion des AEG-Lastausgleichers auch bei unterschiedlichen Zugkräften aufrechtzuerhalten,
wird erfindungsgemäß eine Achslastausgleichvorrichtung für Schienenfahrzeuge, bestehend
. aus einem automatisch mit einer Ausgleichskupplung zwischen den Fahr- bzw. Drehgestellen
arbeitenden mechanischen Achslastausgleich und einer elektrischen Zugkraftanpassung,
vorgeschlagen, bei der die entlasteten Achsen eine geringere Zugkraft ausüben als
die belasteten, wobei in Abhängigkeit vom Zugkraftquotient (Zugkraft der nachlaufenden
Achsen durch Zugkraft der vorauslaufenden Achsen) die Höhenlage über Schienenoberkante
der Zugkraftübertragungspunkte zwischen den Drehgestellen und der Brücke bzw. den
Drehgestellen in vertikaler Richtung verstellbar ist.
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Zur Lösung der Aufgabe muß folgende Bestimmungsgleichung erfüllt werden
EI = 2 -En. I0
Aus den Gleichgewichtsbedingungen resultiert
dann unmittelbar Ei" = EI, + Ei.
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(i1) Um das Reibungsgewicht bei der Anfahrt voll und ohne großen Aufwand
ausnutzen zu können, muß noch eine zweite Bedingung erfüllt werden: ß1 - #U2 = ß3
- P'4 = H5 - lu6 - Amaz (12
Aus den Gleichungen (1), (2), (io)
und (12) lassen sich die Werte e1, e2, x, Z,, und Zh ableiten. Sie sind die
Kenngrößen der Lösung für die gestellte Aufgabe. Lassen sich für sie eindeutige
Formeln ableiten, so ist das Problem als gelöst zu betrachten. Obige Ausdrücke müssen
aber für insgesamt vier Fälle ermittelt werden: i. Vorwärtsfahrt als Zuglokomotive,
2. Rückwärtsfahrt als Zuglokomotive, 3. Vorwärtsfahrt als Schublokomotive, q.. Rückwärtsfahrt
als Schublokomotive.
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Eine Zusammenstellung dieser Werte für die vier zu untersuchenden
Fälle ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen.
Da e1 aber als. Abstand von Mitte Zughaken bis Mitte Drehzapfen für das jeweils
vorlaufende Gestell und e2 für das nachlaufende Gestell definiert wurde, ergibt
sich, daß bei Fahrtrichtungswechsel die Angriffspunkte der Drehzapfen beider Drehgestelle
in der Höhenlage. um einen Betrag ± Je verändert werden müssen, denn man kann e1
und e2 auch noch durch folgende Beziehung darstellen e1 = e0 - d
e, (18)
e2 = e, -i- d e. (19) An Hand einiger Rechenbeispiele läßt
sich diese Behauptung leicht nachprüfen.- Der absolute Betrag von de hat
dabei folgende Größe:
Die Gleichungen (16), (17) und (2o) gelten nur für Fahrzeuge, bei denen die Zug-
und Stoßvorrichtung am Oberrahmen befestigt ist. Bei Fahrzeugen gemäß Fig. 3, bei
denen die Zug- und Stoßvorrichtung an den Drehgestellen befestigt ist und zwischen
den Drehgestellen Kuppeleisen die Zugkräfte von einem Fahrgestell auf das andere
Fahrgestell übertragen, muß die Höhenlage H des Kuppeleisens über Schienenoberkante
verändert werden, um die Bestimmungsgleichungen (io) bis (12) erfüllen zu können,
und zwar besteht hierbei noch ein Unterschied zwischen Zug-und Schublokomotive.
Es gelten für diesen Fall folgende Beziehungen:
Die Formeln (13) bis (15) haben für beide Fälle Gültigkeit.
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Das Ergebnis dieser Untersuchung läßt sich folgendermaßen zusammenfassen:
a) Für Fahrzeuge mit der Zug- und Stoßvorrichtung an der Brücke: Wird am vorauslaufenden
Gestell der Drehzapfen um den Betrag d e gehoben und am nachlaufenden Gestell
um den Betrag 4 e gesenkt und werden die Zugkräfte Z,U und Zn nach den Formeln (13)
bis (17) bestimmt, läßt sich trotz der nicht zu umgehenden Achsdruckänderung das
Reibungsgewicht der Lokomotive bei der Anfahrt zu roo °% ausnutzen, ohne daß der
Reibwert zwischen Rad und Schiene über das zulässige Maß hinausgeht.
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b) Für Fahrzeuge mit der Zug- und Stoßvorrichtung an den Gestellen:
Für diese Fahrzeuggattung läßt sich das gleiche Ergebnis erreichen (unabhängig von
der Fahrtrichtung), wenn bei der Fahrt als Zuglokomotive das Kuppeleisen zwischen
den Gestellen um den Betrag Je,., gehoben. und bei der Fahrt als Schublokomotive
um den Betrag de"hu, gesenkt wird. Es gelten die Formeln (13) bis (15) und (21)
bis (2q.).
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Die Höhe des Reibwertes läßt sich durch die Wahl von,uma, festlegen.
In Fig. 2 sind unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Formeln (13) bis (17) die
Zugkräfte, Achsentlastungen und Haftwertbeanspruchungen der im Beispiel dargestellten
Lokomotive eingetragen.
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Die konstruktive Ausbildung einer höhenverschieblichen Drehzapfenkugel
bzw. des Kuppeleisens dürfte keine großen Schwierigkeiten bereiten. Als Schaltelement
wäre ein Druckluftzylinder möglich. Die zu überwindenden Kräfte sind gering, da
eine Umschaltung nur im Stillstand in Frage kommt, die Drehzapfen also von der Zugkraft
nicht belastet werden. Der Umschaltvorgang ist zweckmäßig mit denn Richtungswender
zu kuppeln, so daß sich auch für den Lokomotivführer keine zusätzlichen Bedienungselemente
ergeben. Ein Ausschalten der Zugkraftdifferenz nach der Anfahrperiode und somit
auch ein Rückführen der Drehzapfenanlage auf den mittleren Wert e, ist von der mechanischen
Seite des Problems aus nicht erforderlich, da im Bereich mittlerer und niedriger
Zugkräfte
die Reibwerte des vorauslaufenden Gestelles gegenüber dem nachlaufenden Gestell
nur ganz gering voneinander abweichen.
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Die Formeln (13) bis (17) ergeben die idealen Werte, d. h. bei der
maximalen Anfahrzugkraft der Lokomotive werden AUi+s = A4+6 Läßt sich aus Gründen
der Motorleistung der ideale Wert von x und die zugehörige Zugkraftdifferenz nicht
verwirklichen, so ist es durchaus möglich, mit kleineren x-Werten zu arbeiten. Es
werden dann jedoch nicht mehr die idealen Abstimmungsverhältnisse erreicht, bzw.
sie treten schon bei einer wesentlich geringeren mittleren Zugkraft ein.