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Einrichtung zur Änderung der bei Ausübung einer Zugkraft am Zughaken
auftretenden Achsdrücke bei Drehgestell-Lokomotiven mit Einzelachsantrieb Im Betriebe,
d. h. bei Ausübung einer Zugkraft am Zughalsen, sind bekanntlich bei Lokomotiven
nicht mehr die Achsdrücke der Ruhelage vorhanden. Es tritt vielmehr durch <las
Zughakenmoment, .das Produkt aus der Zugkraft am Zughaken und der Höhe des "Zughakens
über Schienenoberkante, eine Entlastung einzelner Achsen und eine zusätzliche Belastung
der übrigen ein. Die Entlastung einzelner Lasten kann derartig groß werden, daß
ihr Reibungsgewicht bei Einzelachsantrieb nicht mehr zur Entwicklung des auf sie
entfallenden Zugkraftanteiles ausreicht und sie gegenüber den zusätzlich belasteten
Achsen ins Schleudern geraten. Damit wird die Ausnützungsmöglichkeit des gesamten
Reibungsgewichtes verschlechtert, da sich das nutzbare Reibungsgewicht bei Lokomotiven
mit parallel geschalteten Einzelachsantrieben nach der am niedrigsten belasteten
Achse errechnet.
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Besonders ungünstig wirkt sich dieser Umstand bei Drehgestell-Lokomotiven
aus, da der Achsstand jedes Drehgestelles aus lauftechnischen und anderen Gründen
kurz gehalten werden muß.
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Es muß angestrebt werden, die Entlastung durch die ausgeübte Zugkraft
möglichst gering zu halten. Bei der Ausbildung des Achsdruckausgleiches bei Lokomotiven
mit Einzelachsantrieb durch Tatzenlagermotoren, die einerseits auf der Achse gelagert
und andererseits federnd aufgehängt sind, müssen außerdem die in den Motoraufhängungen
auftretenden Kräfte berücksichtigt werden. Die in den Aufhängungen auftretenden
Kräfte sind je nach Lagerung der Motoren und der Antriebsrichtung ihrer Ritzel ganz
verschieden.
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Zum Vermindern der Achsdruckänderungen sind verschiedene Lösungen
bekanntgeworden. So hat man beispielsweise Ausgleichseinrichtungen zwischen den
Achsen eines jeden Drehgestelles vorgesehen und den Oberrahmen in mindestens drei
Punkten auf jedem Drehgestell gelagert. Außerdem wurden bei dieser bekannten Anordnung
bei Tatzenmotorantrieb die Motoren der ausgeglichenen Achsen nach derselben Richtung
gelegt. Die Wirkung dieser Einrichtung ist die gleiche, wie wenn man den Drehgestellabstand
auf den Drehzapfenabstand vergrößern würde. Mit dieser Einrichtung sind jedoch schwerwiegende
Nachteile verbunden. Die mehrfache Abstützung es Oberrahmens auf jedem Drehgestell
behindert das freie senkrechte Spiel der Drehgestelle und vergrößert durch Erhöhung
der Reibungsarbeit auch den Spurkranzführungadruck, was sich besonders bei schnell
fahrenden Lokomotiven nachteilig auswirkt. Schließlich ist auch die günstigste Aufteilung
des Maschinenraumes, Anordnung der Lüftung u. a. m. meist nicht möglich, da
auf
die ein für allemal festliegende Anordnung der Tatzenmotoren Rücksicht genommen
werden muß.
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Weiterhin ist bekannt, die Kurzkupplung zwischen den Drehgestellen
so auszubilden, daß sie auch senkrechte Kräfte überträgt, und diese Kurzkupplung
gegenüber dem Zughaken am Lokomotivende zu versetzen. Auf diese Weise sollte erreicht
werden, daß keine Achse bis zur Grenze des Radschleuderns entlastet wird. Ein den
heutigen Anforderungen genügender Achsdruckausgleich läßt sich jedoch mit dieser
Anordnung nicht erzielen, die außerdem weder für jede Antriebsart noch für Lokomotiven
mit zweiachsigen Drehgestellen verwendbar ist. Bei Lokomotiven mit zweiachsigen
Drehgestellen tritt sogar eine Erhöhung der größten Achsentlastung auf.
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Die vorstehend erwähnte Anordnung der Kurzkupplung wird in der Arbeit
von Dr.-Ing. H. G. L i n d n e r : »Gewichtsverlegung und Ausnutzung des Reibungsgewichtes
bei elektrischen Lokomotiven mit Einzelachsantrieb« (Heft 333 der vom VDI. herausgegebenen
Forschungsarbeiten) auf Seite 17 besprochen. L i n d n e r kommt zu dem zutreffenden
Ergebnis, daß eine Versetzung der Kupplung zwischen den Gestellen stets in der einen
Fahrtrichtung eine Verschlechterung des Ausnutzungsfaktors zur Folge hat.
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Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß bei dem bekannten, von L i
n d n e r abgelehnten Versetzen der Kupplung eine besondere konstruktive Durchbildung
.der Kupplung erforderlich ist, da hierbei auch senkrechte Kräfte übertragen werden
müssen.
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Bei einer dritten :gleichfalls bekannten Anordnung werden mit Hilfe
der als Stützdruckzylinder ausgebildeten Stützzapfen senkrecht gerichtete Drücke
auf die Drehgestelle ausgeübt, um hierdurch einer Entlastung einzelner Achsen der
Drehgestelle entgegenzu-« irken.
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Ferner ist eine Anordnung bekannt, bei der der Oberrahmen in üblicher
Weise auf dem Drehgestell gelagert und zwischen Oberrahmen und Drehgestellen außerdem
an einer Stelle eine Blattfeder geschaltet ist. Der Oberrahmen ist damit ,dreifach
abgestützt, und damit wird die Abstützung statisch unbestimmt. Je höher ferner die
eingestellte Vorspannung der Blattfeder ist, um so mehr verliert das Fahrzeug in
bezug auf das senkrechte Spiel seine Eigenschaften als Drehgestell-Lokomotive und
nähert sich in seinem Verhalten einem Fahrzeug mit festem Rahmen. Mit dieser Einrichtung
sind also dieselben Nachteile verbunden wie bei der obenerwähnten Anordnung, bei
der jedes Drehgestell in mindestens drei Punkten abgestützt werden mußte. Auch ist
diese Einrichtung nicht für sämtliche Achs- und Motoranordnungen anwendbar. Schließlich
wird auch hiermit nicht das Optimum eines Achsdruckausgleichs erreicht.
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Während sämtliche seit der Lindnerschen Arbeit bekanntgewordenen Anordnungen
jede Beziehung zwischen der Höhe des Zughakens und der der Kupplung zwischen den
Drehgestellen über Schienenoberkante vermeiden, liegt der Erfindung die Erkenntnis
zugrunde, daß durch das Versetzen der Kupplung zwischen den Drehgestellen gegenüber
dein Zughaken bei gleichzeitiger Anordnung von senkrechten Ausgleichskräften zwischen
Drehgestellen und Oberrahmen ein günstiger Achsdruckausgleich zu erreichen ist.
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Die Erfindung besteht in der gleichzeitigen Anwendung der beiden nachstehenden
Merkmale: Erstens der zur Übertragung der waagerechten Zugkräfte von einem Drehgestell
auf das andere dienenden, insbesondere als Kurzkupplung ausgebildeten Kupplung,
angreifend über Schienenoberkante in einer Höhe, die von der Höhe :des am Lokomotivende
angebrachten Zughakens über Schienenoberkante in einem Verhältnis -abweicht, das
sich nach den Hauptabmessungen (Abstand der Oberrahmenstützpunkte und gesamter Lokomotivachsstand)
des Fahrzeuges richtet.
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zweitens der zusätzlichen Ausgleichsdruckzylinder zwischen dem Oberrahmen
und den Drehgestellen zur Erzeugung von in senkrechterRichtung wirkendenAusgleichskräften.
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Diese beiden Merkmale sind jedes für sich genommen bekannt. Die Anwendung
des ersten Merkmals galt jedoch bisher als in jedem Falle schädlich. Mit der Anwendung
des zweiten Merkmales allein läßt sich ein Achsdruckausgleich in dem von der Erfindung
erreichten Ausmaße nicht erreichen.
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Erst durch die Anordnung nach der Erfindung, die in der Vereinigung
der beiden bekannten Merkmale besteht, kann bei Lokomotiven ohne Laufachsen erreicht
werden, daß jeweils nur die letzte Achse, in Fahrtrichtung gesehen, zusätzlich belastet
wird, während die Entlastung der übrigen Achsen untereinander gleich groß bleibt.
Bei Lokomotiven mit Laufachsen oder Laufachsdrehgestellen kann man die Anordnung
so treffen, daß lediglich die Laufachsen bzw. die Laufachsdrehgestelle eine Druckänderung
erfahr ren, die angetriebenen Achsen dagegen von jeder Druckänderung verschont bleiben.
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Dabei tritt dieser Erfolg ein, ohne daß eine bestimmte Motorlage nötig
wäre oder die Bauform irgendwie beeinflußt wird.
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Die Kupplung zur Übertragung der Drehgestellzugkräfte ist so auszubilden,
daß sie
nur waagerechte Kräfte aufnimmt. An der Wirkung ändert sich
nichts, wenn, wie es z. B. bei Abraumlokomotiven üblich ist, der Drehzapfen so ausgebildet
wird, daß er die waagerechten Zugkräfte aufnimmt, und diese dann durch den Oberrahmen
übertragen werden. Eine besondere Kupplung zwischen den Drehgestellen ist in diesem
Falle nicht vorlianden.
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In Fig. i ist an Hand einer Bö -Bö -Lokomotive diese Einrichtung dargestellt.
Auf den beiden Drehgestellen i liegt der Oberrahmen 2 in den Punkten 3 und q. auf.
Bewegt sich das Fahrzeug in Fahrtrichtung 5, so tritt am Zughaken die Kraft .I Z
auf. Dabei ist Z die Zugkraft am Radumfang, 2 Z die Zugkraft eines Drehgestelles,
i der Drehgestellaclisstand, L der gesamte Lokomotivachsstand und s der Abstand
der Oberrahmenstützpunkte voneinander, von denen jeder in dein betrachteten Beispiel
in der Mitte des Drehgestelles liegt. lt ist die Höhe des Zugliakens über Schienenoberkante
SO.
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Die Dreligestellzugkraft 2 Z greift nun nicht wie bei den üblichen
Ausführungen in Zughakenhöhe la über SO an, sondern die Kupplung 6 liegt in Höhe
hl über SO. Das Verhältnis hl : h hängt von den Abmessungen des Fahrzeuges ab. Am
vorderen Lokomotivende ist zwischen Drehgestell und Oberrahmen eine Kraft P im Abstand
a vom nächstliegenden Oberrahmenstützpunkt angebracht, die auf das Drehgestellende
drückt und den Oberrahmen anhebt.
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Durch die gleichzeitige zusätzliche Einrichtung zur Erzeugung senkrecht
auf das Drehgestell wirkender Kräfte und durch das Versetzen der Kupplung zwischen
.den Drehgestellen gegenüber dem Zughaken läßt sich erreichen, daß die Achsen I,
1I, III je um den gleichen Betrag
entlastet werden, während die Achse IV eine zusätzliche Belastung
erfährt. Die Einrichtung wirkt demnach genau so, wie wenn man den Drehgestellachsstand
auf den Lokornotivachsstand vergrößern würde.
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Folgender Rechnungsgang soll dies nachweisen Durch Wirken der Kraft
P tritt in dem Oberrahmenstützpunkt des vorlaufenden Drehgestelles eine dieses entlastende
Kraft
auf. Sollen die Achsen I und 1I je um den gleichen Betrag
entlastet werden, so gelten nach den Gleichgewichtsbedingungen folgende Beziehungen
;,Summe aller senkrechten Kräfte gleich Null), 2Zhl-P.a-o (2)
(Momentengleichung
um G).
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Aus diesen Beziehungen ergibt sich
und
Das Verhältnis lal : h. hängt also von den Hauptabmessungen, und zwar von
der Lage der Oberrahmenstützpunkte und dem gesamten Lokomotiv achsstand ab.
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Es ist leicht einzusehen, daß mit diesem Verhältnis von lal
: lt auch die Gleichgewichtsbedingungen für das nachlaufende Drehgestell
erfüllt sind, wenn die Achse III eine Entlastung von und die Achse IV eine zusätzliche
Belastung
von
erfährt.
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In Fig. 2 ist eine i Bo ;-. Bo i-Lokomotive dargestellt, bei der lediglich
die Laufachsen Druckänderungen erfahren, während eine Druckänderung bei den angetriebenen
Achsen nicht auftritt. Zwischen den Treibachsen jedes Drehgestells sind hierbei
Ausgleichseinrichtungen 7 vorgesehen. Bei dein dargestellten Ausführungsbeispiel
wirkt eine zusätzliche Kraft lediglich an dem Drehgestell i'.
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Sollen in dem in Fig. 2 -dargestellten Beispiel die Treibachsen II,
III, IV und V keine Druckänderung erfahren, so muß das Zughakenmoment q. Z la sich
lediglich auf die Laufachsen I und VI auswirken.
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Laufachse I erfährt demnach eine Entlastung
und Laufachse VI eine gleich große zusätzliche Belastung.
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L sei hier wiederum der gesamte Achsstand, s der Abstand der Oberrahmenabstützungen,
b die Entferung einer Oberrahmenabstützung von der nächsten Laufachse, a die Entfernung
der Ausgleichskraft P von der Oberrahmenabstützung des nachlaufenden Drehgestelles.
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Da hier die Treibachsen keine Druckunterschiede untereinander aufweisen
dürfen, müssen sie in der üblichen Weise durch Tragfederausgleichhebel verbunden
werden. Rechnerisch kann man bekanntlich derartig verbundene Achsen durch eine einzige
Achse
ersetzen, die man sich in der Schwerlinie des Ausgleichsystems
angeordnet denken kann.
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In dem Oberrahmenstützpunkt des nachlaufenden Drehgestelles tritt
bei Wirken der Ausgleichskraft P eine dieses Drehgestell entlastende Kraft T2
= P (S S ") auf. Wenn am nachlaufenden Drehgestell lediglich die Laufachse
V1 eine zusätzliche Belastung 4L11 er-
fahren soll, müssen dort folgende Gleichgewichtsbedingungen
bestehen:
Hieraus ergibt sich nach mehreren Umformungen:
Auch hier errechnet sich das Verhältnis hl : lt aus den Hauptabmessungen
der Lokomotive, nämlich Abstand der Oberrahmenstützpunkte und gesamten Lokomotivachsstand.
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Der Rechnungsgang gilt natürlich nicht nur für die in Fig. i und 2
darze jellten Beispiele. Um ihn auch für andere Achsanordnungen verständlich zu
machen, soll er im folgenden nochmals kurz allgemein dargelegt werden.
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Die nach Erreichung des gewünschten Achsdruckausgleiches noch verbleibender.
Achsdruckänderungen sind als bekannte Kräfte als Reaktion auf die an den Drehgestellrahmen
angreifenden Kräfte einzuführen. Nach Festlegung der Ausgleichskraft P in Lage und
Richtung erhält man aus den Gleichgewichtsbedingungen an einem Drehgestell zwei
Gleichungen, aus denen sich die Größe der Ausgleichskraft P als Funktion der Zugkraft
und die Höhe hl der Drehgestellkupplung über Schienenoberkante errechnet. Immer
findet man ein Verhältnis lal : la, das durch die Hauptabmessungen des Fahrzeuges,
nämlich Entfernung der Oberrahmenstützpunkte und der gesamte Lokomotivachsstand,
bestimmt ist. Dabei ist,es nicht nötig, diese Abmessungen auf ein angestrebtes Verhältnis
von hl: h zuzupassen.