-
Verfahren zur Behandlung tierischer Haut Die Erfindung bezieht sich
auf ein Verfahren zur konservierenden Behandlung tierischer Haut, wobei die Haut
lederartigen Charakter erhält, d. h. daß sie nach dieser Behandlung nicht blechig
auftrocknet, sondern weich und flexibel bleibt, daß sie in kaltem Wasser nicht fault
und in heißem Wasser keinen Leim liefert. Dies wird nicht durch die übliche Gerbung,
sondern durch Einlagerung von monomeren polymerisationsfähigen Substanzen und durch
anschließende Polymerisation derselben innerhalb der Haut erreicht.
-
Die heute im wesentlichen angewendeten Gerbverfahren sind die Gerbungen
mit organischen Gerbstoffen (den vegetabilischen und synthetischen Gerbstoffen vom
Typ Phenol-Formaldehyd-Kondensationsprodukte) und den anorganischen Gerbstoffen
(hier sind insonderheit basische Chromsalze zu nennen). Die Gerbung mit organischen
Gerbstoffen hat in erster Linie neben sonst günstigen Eigenschaften der erhaltenen
Produkte den Nachteil, daß diese in großen Prozentsätzen, bezogen auf die Haut,
angewandt werden müssen, daß weiterhin die so gegerbten Leder einen 'Anteil wasserlöslicher
auswaschbarer Gerbstoffe enthalten, der je nach der Verwendungsart mehr oder weniger,
insbesondere aber bei Verwendung im Schuh
stört. Ein weiterer Nachteil
der organischen Gerbung ist der, daß man an die vorhandenen Gerbstofftypen gebunden
ist, die fast ausschließlich eine lange Gerbdauer bedingen. Bei Gerbung mit basischen
Chromsalzen sind besonders die Empfindlichkeit des Gerbprozesses und die hohen Gestehungskosten
nachteilig, so daß chromgegerbte Leder insonderheit für Schuhoberleder Verwendung
finden. In einer Kombination der beiden üblichen Gerbarten liegen ähnliche Nachteile
vor. Weitgehend frei von diesen Nachteilen ist die Fettgerbung bzw. Sämischgerbung,
die aber das umständliche Verfahren des Einwalkens in der Kurbelwalze erfordert
und wegen des speziellen Charakters der erhaltenen Leder auf einige gewünschte Ledertypen
beschränkt ist.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren ergibt ein Leder, daß je nach der Wahl
der Ausgangskomponenten Leder aller Typen (Unterleder, Oberleder, technische Leder,
Handschuhleder usw.) herzustellen erlaubt.
-
Eine Gerbung von Ledern kann auch dadurch erreicht werden, daß solche
Substanzen in die Haut eingewalkt werden, die an sich noch keinen Gerbstoffcharakter
besitzen, jedoch durch Kondensation innerhalb der Haut diesen Charakter erreichen.
Diese Verfahren beziehen sich jedoch ausschließlich auf Ausgangsprodukte, die durch
Kondensationen mit oder ohne Katalysator verändert werden. Auch Substanzen, die
zur Polyaddition befähigt sind, finden bei der Gerbung allein oder in Kombination
mit anderen Gerbstoffen Verwendung. Im Gegensatz dazu steht das erfindungsgemäße
Verfahren, das Substanzen zur Anwendung bringt, die zu einer echten Polymerisation
(häufig Vinylpolymerisation genannt) im Laufe des Verfahrens gebracht werden. Das
Leder besitzt im allgemeinen keine wasserlösliche auswaschbare Substanzen. Das Herstellungsverfahren
ist einfach und schnell. Das erhaltene Leder bietet außerdem den Vorteil einer verbesserten
Wasserbeständigkeit, einer verringerten Wasserdurchlässigkeit sowie einer sehr hohen
Reißfestigkeit, die an die Reißfestigkeit der natürlichen Haut herankommt. Es ist
mit dem Verfahren weiterhin die Möglichkeit gegeben, weißes, gegebenenfalls waschbares
Leder herzustellen.
-
Das Verfahren beruht darauf, daß tierische Haut, die wie üblich durch
Äschern, Entkälken und Beizen in Blößen übergeführt wurde, mit einer wäßrigen Emulsion
monomerer polymerisationsfähiger Substanzen gewalkt wird. Die Polymerisation erfolgt
mit oder ohne Polymerisationsbeschleuniger, wobei organische oder anorganische Peroxyde,
wie Benzoylperoxyd u. dgl., Anwendung finden können. Als Polymerisationsbeschleuniger
können auch Redoxsysteme, wie Ferrosalze und Wasserstoffsuperoxyd u. dgl., verwendet
werden, wie sie in letzter Zeit häufig beschrieben wurden. Die Auswahl des Polymerisationsbeschleunigers
richtet sich nach der Wahl der polymerisationsfähigen monomeren Substanzen. Als
solche finden hauptsächlich Verwendung: Vinylverbindungen, wie z. B. Vinylacetat,
Styrol, Acryl-, Methacrylsäure und ihre Derivate, besonders ihre Ester, Butadien
und dessen Derivate. Durch die Wahl der zur Verfügung stehenden polymerisationsfähigen
Substanzen - insonderheit finden flüssige monomere Substanzen Verwendung - kann
der Charakter der nach der Polymerisation erhaltenen Leder variiert werden. So ergibt
die hauptsächliche Verwendung polymerisationsfähiger monomerer Ausgangsprodukte,
die nach der Polymerisation überwiegend lineare Polymere ergeben, harte unflexible
Leder. Die Mitverwendung von seitenständig substituierten Ausgangsderivaten, die
nach der Polymerisation zu linearen Polymerisaten mit mehr oder weniger langen Verzweigungen
führen, verändern den Charakter des Leders in der Art, daß weichere und geschmeidigere
Produkte nach der Polymerisation erhalten werden. Hier können polymerisationsfähige
Substanzen, wie Undecylensäure bzw. ihre Ester, besonders Vinyläther oder substituierte
Acrylsäure bzw. ihre Ester, Verwendung finden. Zur Erreichung besonders flexibler
Leder erweist sich die Mitverwendung einer sauren polymerisationsfähigen Substanz
als günstig. Hier sind vor allen Dingen die Acrylsäure bzw. ihre Substitutionsderivate
und Crotonsäure zu nennen. Mit gutem Erfolg finden auch Maleinsäureanhydrid und
Maleinsäure Verwendung, die bekanntlich zur Mischpolymerisation mit anderen Vinylverbindungen
befähigt sind. Die Variation der monomeren Komponenten, die in erster Lin;e die
Eigenschaften der nach der Polymerisation erhaltenen Leder vom weichen handschuhartigen
Leder über oberlederartige Produkte und Riemenleder bzw. sonstige technische Leder
bis zu Brandsohl- und Sohlleder beeinflußt, beruht, also auf einer anteilmäßigen
Verwendung von hauptsächlich drei Arten polymerisationsfähiger Substanzen: erstens
Substanzen, die in der Hauptsache lineare Polymerisate liefern, zweitens Substanzen,
die nach Einbau in das fertige Polymerisat zu Seitenverzweigungen Anlaß geben und
die als innere Weichmacher wirken, drittens polymerisationsfähige Substanzen, die
sauren Charakter besitzen.
-
Nach dem Einwalken der Emulsion polymerisationsfähiger Substanzen
erfolgt innerhalb der Haut eine Polymerisation mit oder ohne Anwendung erhöhter
Temperaturen. (Höchste verwendbare Temperatur 7o°). Durch die Variation der Beschleuniger
und der Polymerisationstemperatur kann weiterhin der Charakter des gewünschten Leders
beeinflußt werden.
-
Eine Fettung der so erhaltenen Leder kann gleichzeitig mit dem Einwalken
der monomeren polymerisationsfähigen Substanzen geschehen. Sie kann aber bei geeigneter
Wahl der monomeren Produkte auch unterbleiben.
-
Die Dauer des gesamten Arbeitsvorganges wird insonderheit bestimmt
durch die Zeit, die die Emulsion der polymerisationsfähigen Substanzen benötigt,
die Blöße zu durchdringen. Diese Zeit ist begreiflicherweise abhängig von der Stärke
der zugrunde liegenden Haut und von ihrer Vorbehandlung in der Wasserwerkstatt.
Die Durchdringungsgeschwindigkeit sowie der Prozentgehalt an aufgenommenen Monomeren
ist weiterhin abhängig vom pH-Wert, der Konzentration und der Art des verwendeten
Emulgators, der Temperatur und dem Flottenverhältnis. So zeigte sich in jedem Fall
eine Erhöhung der Aufnahme an Monomeren bei niedrigem Flottenverhältnis, absinkendem
px-Wert, Erhöhung der Emulgatorkonzentration in
der Emulsion, während
eine Erhöhung der Temperatur bei der Behandlung der Blöße mit der Monomerenemulsion
von geringerem Einfluß auf die Diffusionsgeschwindigkeit ist. In jedem Fall war
nach höchstens 8 Stunden der gewünschte Prozentsatz an Monomerenemulsion aufgenommen,
eine längere Behandlung in der Flotte ergab keine maßgebliche Erhöhung der aufgenommenen
Monomerenmenge. Da die Dauer des Polymerisationsvorganges je nach der Wahl der Beschleuniger
und der angewandten Temperatur relativ kurz ist, auf jeden Fall kürzer als die Zeit,
die üblicherweise zum Trocknen von Leder benötigt wird, stellt das erfindungsgemäße
Verfahren einen gegenüber den anderen Gerbarten erheblich verkürzten Arbeitsvorgang
dar. Nach der in der beschriebenen Art durchgeführten Gerbung erfolgt die Zurichtung
und Färbung der Leder wie -üblich.
-
Die erfindungsgemäße Verwendung von wäßrigen Emulsionen monomerer,
polymerisationsfähiger Substanzen ist die einzige Möglichkeit, dieselben in wäßriger
Lösung einzubringen. Lösungen von Monomeren in hydrophoben, organischen Lösungsmitteln
dringen bekanntlich in wäßriges Hautmaterial nicht ein und würden ein vorheriges
Entwässern der tierischen Haut mit beispielsweise Alkohol, Aceton usw. zur Voraussetzung
haben. Eine Verwendung von Monomeren in solchen organischen Lösungsmitteln, die
überwiegend hydrophobe Monoineren lösen und gleichzeitig mit Wasser mischbar sind,
wie z. B. Aceton, Tetrahydrofuran, scheidet ebenfalls aus, da beim Zusammenkommen
dieser Lösungen mit der wäßrigen Blöße die Monomeren sich abscheiden und keineswegs
zur Diffusion in die Haut gebracht werden können, was die notwendige Voraussetzung
jeder Gerbwirkung darstellt. Die erfindungsgemäße Verwendung wäßriger Emulsionen
der beschriebenen Monomeren stellt also die einzige, technisch durchführbare Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens dar.
-
Die Verwendung eines fertigen Mischpolymerisates als Gerbmittel ist
bekannt, sie beschränkt sich jedoch auf ein freie Carboxylgruppen enthaltendes Copolymere,
da nur dadurch eine bei hohen pH-Werten vorhandene Wasserlöslichkeit gegeben ist.
Weiterhin wird die verwendbare Molekülgröße durch die Notwendigkeit der Diffusion
in die Blöße beschränkt. Demgegenüber gibt das erfindungsgemäße Verfahren neben
der einfachen und schnellen Arbeitsweise die Möglichkeit, der Variation der Ausgangsprodukte,
die auch hydrophob sein können. Eine Beschränkung der Molekülgröße ist ebenfalls
nicht gegeben, da die Polymeren bzw. Copolymeren erst innerhalb der Haut entstehen.
Dadurch wird weiterhin eine Diffusion aus der behandelten Haut bzw. ein Auswaschen
der die Gerbwirkung bedingenden Substanzen, die nach Beendigung des Gerbvorganges
unerwünscht ist, unmöglich gemacht.
-
Beispiel i Geäscherte, entkalkte und gebeizte Rindsblöße wird mit
2500/, einer o,5 0/0 igen Ferroammonsulfatlösung q. Stunden im Faß bewegt
und dann in eine Emulsion eingebracht, die in loo 0/0 Wasser io 0% Styrol,
1,5 °% Maleinsäureauhydrid, 7,5 °% Decalolvinyläther und 0,5 % Wasserstoffperoxyd
enthält. Die Emulgierung wird durch Zusatz von i 0/0 eines handelsüblichen Emulgators
(Fettalkoholsulfonat) erreicht, indem man die Mischung (Wasser + Monomere Emulgator)
vor Zugabe der Haut io Minuten im Faß bewegt. Das Walken der Haut in der Emulsion
wird sodann etwa q. bis 8 Stunden je nach Stärke der Blößen fortgesetzt, wobei die
Temperatur gegen Ende bis auf q.0° ansteigt. Die Häute werden sodann bei etwa q.0°
getrocknet und nach leichtem Einspänen gestollt. Man erhält ein weißes oberlederartiges
geschmeidiges Produkt mit hoher Reißfestigkeit und niedriger Wasserdurchlässigkeit.
-
Beispiel 2 Geäscherte, entkalkte und gebeizte Rindsblöße wird in eine
Emulsion eingebracht, die in ioo 0/0 Wasser io % Vinylacetat, 50/, Äthylvinyläther,
20/, Methacrylsäure und o,20/, Kaliumpersulfat enthält. Die Emulgierung erfolgt
wie im Beispiel i im Faß. Dann wird im Faß q. bis 8 Stunden bewegt. Weiterbehandlung
und Temperaturverlauf entspricht Beispiel i. Es wird ein Leder von heller Farbe
mit hoher Reißfestigkeit und befriedigendem Stand erhalten. Beispiel 3 Verfahren
wie im Beispiel i, nur wird zusätzlich noch 30/,) eines sulfonierten Öles der Emulsion
zugegeben. Die Behandlung war sonst unverändert. Das Produkt ist noch geschmeidiger
als das im Beispiel i erhaltene Leder.