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Verfahren und Einrichtung zur Brillenbestimmung und Brillenkontrolle
Subjektive
Brillenbestimmungen wurden bisher mit Snellen'schen Optotypen, Hess'schen Ziffern
und Landolt'schen Ringen durchgeführt, mit welchen Hilfsmitteln man die »Einheitssehschärfe«
finden kann. Bei einer Zapfengröße der Netzhaut des Auges von zumeist 0,02 bis o,o6
mm entspricht die Einheitssehschärfe jener Sehschärfe, bei der zwei unter einem
Winkel von einer Minute erscheinende Punkte noch eben deutlich wahrgenommen werden,
d. h. das Auge besitzt eine Sehschärfe, bei der zwei Punkte in einer 3000-fachen
Entfernung ihres Abstandes noch getrennt gesehen werden. Die bei den obengenannten,
bekannten Verfahren angewendeten Betrachtungsfiguren sind nach diesem Grundsatz
dimensioniert bzw. sind aus entsprechender Entfernung zu betrachten. Demnach kann
mit ihnen eine Korrektur des Auges mit einer Vorsatzlinse nur auf 1/2 Dioptrie Genauigkeit
im besten Falle erzielt werden. Der Grund hierfür liegt darin, daß die Betrachtungsfigur
auf der Netzhaut geometrisch abgebildet wird, dieses Bild aber nicht mit dem Zapfenmosaik
übereinstimmen muß, so daß der Wahrnehmungsfähigkeit ein zu großer Spielraum gegeben
ist.
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Um Astigmatismus festzustellen, sind andere Verfahren und Geräte
entwickelt worden, die aber ebenfalls auf den oben angegebenen Prinzipien beruhen.
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Bei der vorliegenden Erfindung tritt an Stelle der Wahrnehmung zweier
Punkte unter einem bestimmten Winkel die Wahrnehmung von Beugungserscheinungen des
Lichtes.
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Läßt man ein Bündel paralleler Strahlen durch einen engen Spalt treten,
so entsteht auf einem
Schirm nicht nur die Abbildung des Spaltes
selbst, sondern parallel zu diesem zeigen sich weitere Spaltbilder, jedoch mit abnehmender
Lichtstärke.
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Bekanntlich hat das erste Spaltbild eine Lichtstärke von 40 0/o, das
zweite 4,5 <)/o und das dritte nur noch 1,5 0/o usw. Der Verlauf der gebeugten
Strahlen vom Spalt weg ist divergierend.
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Diese Beugungslinien sind selbstverständlich vom Auge auch direkt
wahrnehmbar, da sie sich auf der Netzhaut abbilden. Es ist klar, daß von einem bestimmten
Verhältnis der Betrachtungsentfernung und der Lichtstärke an, ein Beschauer nur
mehr die helleren Beugungslinien und zufolge der Divergenz der Strahlen auch nur
eine bestimmte Anzahl, z. B. nur die erste Linie und den Spalt selbst, wahrnehmen
wird.
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Andererseits sind die Beugungswinkel bei konstanter Frequenz des
Lichtes abhängig von der Spaltbreite. Vom direkten Beschauer aus gesehen bedeutet
dies, daß er je nach der Spaltbreite und natürlich je nach Betrachtungsentfernung
einen gewissen Zwischenraum zwischen dem effektiven Spalt und den Nebenlinien zu
erkennen vermeint.
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Ein sehscharfes Auge wird somit entweder den Spalt und die Beugungslinien
getrennt wahrnehmen oder, falls der Sehwinkel kleiner als ein bestimmtes Maß ist
- bei normalem Auge eine Minute -, ein einziges Bild, nämlich einen scheinbar verbreiterten
Spalt sehen. Die Grenze zwischen beiden Wahrnehmungen, die also abhängig ist von
der Betrachtungsentfernung, der Lichtstärke und der Spaltbreite, ist außerordentlich
scharf bestimmbar, und zwar deshalb, weil die Lichtempfindlichkeit der Zäpfchen
so groß ist, daß sehr feine Veränderungen sofort erkannt werden..
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Die Erfindung benutzt diese Erscheinung zur subjektiven Brillenbestimmung
und Kontrolle von Brillen in der Weise, daß die beim Lichtdurchtritt durch einen
engen Spalt auftretenden, unmittelbar mit dem Auge wahrgenommenen Beugungserscheinungen
als vom Prüfling zu beurteilendes Betrachtungsobjekt verwendet werden, wobei deren
Veränderungen bzw. Abweichungen von einer empirisch vorgenommenen Grundeinstellung
infolge vorhandener oder durch Vorsatzlinsen hervorgerufener Fehlsichtigkeit festgestellt
werden.
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Im besonderen wird' die Grundeinstellung durch entsprechende Bemessung
der Spaltbreite, Lichtstärke und Betrachtungsentfernung einmalig derart festgelegt,
daß ein normalsichtigeä Auge nur den Spalt, dagegen ein fehlsichtiges Auge den Spalt
und seine Beugungsbilder wahrnimmt.
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Die Erklärung für diese Erscheinung ist dabei folgende: Die in das
Auge eindringenden Lichtstrahlen sammeln sich' hinter der Linse, in ihrem Brennpunkt.
Bei einem normalsichtigen Auge fällt dieser mit der Oberfläche der Netzhaut zusammen
bzw. wird er durch Anpassung des Auges dorthin gebracht. Das normale Auge sieht
also »scharf«.
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Bei einem fehlsichtigen Auge liegt der Brennpunkt der Linse außerhalb,
also je nach dem vor oder hinter der Netzhaut, d.'h., es bildet sich auf der Netzhaut
ein Querschnitt des Strahlenkegels ab und das Sehergebnis ist unscharf. Diese Tatsache
ist dafür verantwortlich, daß im vorliegenden Falle der unter den angegebenen Voraussetzungen
vom normalen Auge einfach und nur scheinbar verbreitert gesehene Lichtspalt sich
im fehlsichtigen Auge wieder in seine Beugungslinien auflöst. Es ist einleuchtend,
daß sich bei geeigneter Wahl aller beteiligten Komponenten die Genauigkeit bei der
Wahrnehmung aufgespalteter Bilder gegenüber einfacher sehr weit steigern läßt, d.
h. soweit, als es vom medizinischen Standpunkt aus für notwendig erachtet wird.
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Besonders geeignet ist ein kontinuierlicher oder unterbrochener Spalt
in Form einer geschlossenen geometrischen Figur, z. B. Kreis, Vieleck oder Ellipse,
weil deren Symmetrie auch die Feststellung von astigmatischen Brechungsfehlern gestattet,
da sich dann die geschilderten Erscheinungen an jenen Stellen des Spaltbildes zeigen,
die der Hauptachse des astigmatischen Auges entsprechen.
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Praktisch vollzieht sich das gegenständliche Verfahren mit Hilfe
der später noch zu beschreibenden erfindungsmäßigen Einrichtung folgendermaßen:
Eine Versuchsperson mit normalem Auge wird zur Betrachtung eines leuchtenden Spaltkreises
veranlaßt, wobei vorerst die erwähnten Komponenten so lange verändert werden, bis
der Kreis einfach wahrgenommen wird. Sodann wird die Sehschärfe mit Hilfe einer
Vorsatzlinse yon der gewünschten Toleranz, z. B. also eine mit 1/4 Dioptrie, geändert
und die Einstellung wiederholt, bis die Versuchsperson bereits zwei Kreisbilder
wahrnimmt. Damit ist das Ziel erreicht, daß bei einer Abweichung der Sehschärfe
im angestrebten Ausmaße die Wahrnehmung von aufgelösten Spaltbildern eintritt.
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Nach dieser im allgemeinen nur einmal vorzunehmenden Einstellung des
Gerätes können nunmehr Patienten geprüft bzw. durch Anwendung üblicher Vorsatzlinsen
ihre Augen korrigiert werden. Nach dem gleichen Prinzip können auch bereits fertige
Brillen überprüft werden.
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Es sei noch erwähnt, daß infolge der Abhängigkeit der Beugungserscheinungen
von der Lichtfrequenz auch mit Mischlicht aus zwei Farben gearbeitet werden kann,
wobei sich dann Doppelbilder verschiedenfarbig darbieten.
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Die erfindungsgemäße Methode ist allen bekannten subjektiven Verfahren
erheblich überlegen, da bei letzteren infolge der nur geometrischen Wahrnehmung
der Betrachtungsobjekte das individuelle Empfinden einen viel größeren Spielraum
zur Verfügung hat und daher unpräzise reagiert, und weil bei diesen Verfahren der
Prüfling rasch ermüdet.
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Im folgenden wird nun ein Ausführungsbeispiel der Erfindung an Hand
der Zeichnung besprochen, wobei auch noch einige durch die Patentansprüche 5 bis
I2 gekennzeichnete vorteilhafte Ausgestaltungsmöglichkeiten, die bei der Prüfung
astigmatischer Augen von Nutzen sind, erwähnt werden.
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Fig. I zeigt das Gerät von vorn, Fig. 2 einen Querschnitt, und Fig.
3 und 4 Varianten und Einzelheiten.
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Mit I ist ein zweckmäßigerweise zylindrisches Gehäuse z. B. aus Blech
bezeichnet, in dessen vorderer Deckwand eine kreisförmige Milchglasscheibe 2 eingebaut
ist. Zur Bildung des erwähnten Blendenschlitzes ist die Vorderseite 3 der Glasscheibe
2 schwarz lackiert, und es wird der Schlitz durch Abkratzen des Lackes in Form eines
etwa 0,I mm breiten Ringes 4 hergestellt. Im Gehäuse ist eine elektrische Glühlampe
5 angeordnet, die über einen Regelwiderstand mit Strom versorgt wird.
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Um eine gleichmäßige Ausleuchtung des Schlitzes zu gewährleisten,
sind die Innenwände des Gehäuses matt-weiß gestrichen, wie auch die Verwendung einer
Milchglasscheibe diesem Zwecke dient. Um etwaigen Schwankungen der Netzspannung
zu begegnen, verwendet man vorteilhafterweise eine Niederspannungslampe, die von
einem untersetzten Transformator gespeist wird; infolge ihres stärkeren Glühfadens
machen sich allfällige Spannungsschwankungen weniger bemerkbar.
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Am Rande der Vorderwand des Gehäuses sind weiter in gleichmäßigen
Abständen, etwa alle 5° oder 100, konzentrisch zum Blendenschlitz kleine Glühlampen
angeordnet, die derart über einen Stufenschalter an Spannung gelegt werden, daß
immer nur zwei genau diametral gegenüberliegende Lämpchen zum Aufleuchten gebracht
werden können.
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Ihr Zweck ist folgender: Werden astigmatische Augen geprüft, so sieht
der Prüfling vorersf Kreise, die sich in diametral gegenüberliegenden Punkten schneiden.
Diese Punkte geben die Lage der Hauptachse des betreffenden astigmatischen Auges
an.
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Der Prüfling kann also dadurch, daß er durch Betätigung des Stufenschalters
jene Lämpchen zum Aufleuchten bringt, die diesen von ihm allein gesehenen Schnittpunkten
am nächsten liegen, dem Prüfer anzeigen, wie die Hauptachse verläuft. Versieht man
die Lämpchen mit Gradbezeichnungen, kann die richtige Stellung der Achse sofort
abgelesen werden.
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Fig. 3 zeigt eine andere Ausführungsform der zuletzt erwähnten Vorrichtung
zur Bestimmung der Hauptachse. Hier ist die Milchglasscheibe 2 in einem Ring 10
gefaßt, der mittels eines Handgriffes 7 verdreht werden kann. Ferner ist die Schwärzung
der Glasscheibe an zwei diametralen Stellen in Form je einer Pfeilspitze entfernt,
d. h. sie ist also dort lichtdurchlässig. Am Rande des Gehäuses ist eine Gradeinteilung
g angebracht, auf die die Pfeilspitzen hinweisen. Bei dieser Anordnung sieht der
Prüfling neben dem Lichtkreis 4 auch die erleuchteten Pfeile 8. Durch Zuruf veranlaßt
er den Prüfer, die Lage der Pfeile mittels des Handgriffes 7 so lange zu verändern,
bis sie in die von ihm gesehene Lage der Hauptachse fallen, worauf der Prüfer den
Gradwert ablesen kann.
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Wie bereits erwähnt, können für den Blendenschlitz außer der Kreisform
auch andere geschlossene geometrische Figuren, wie z. B. Vielecke, Ellipsen usw.,
verwendet werden, jedoch ist offensichtlich die Kreisform die günstigste. Es können
aber auch unterbrochene Linien, wie z. B. strichlierte oder punktierte, angewendet
werden.
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Eine besondere Abart des Gerätes kann wie folgt hergestellt werden
(Fig. 4): An Stelle der einen weißen Lampe 5 können zwei farbige Lampen 11 derart
auf einem drehbaren Träger I2 hinter der Glasplatte angeordnet werden, daß sie bei
Drehung des Trägers längs des Blendenschlitzes entlang gleiten. Bei Verwendung von
z. B. einer grünen und einer roten Glühlampe und bei genügend rascher Drehung derselben
erscheint dann dem normalen Auge ein gelber Lichtkreis, ein fehlsichtiges Auge wird
zwei Kreise, diese jedoch in verschiedenen Farben, nämlich rot und grün, erblicken,
was auf das verschiedene Ausmaß der Beugung verschiedener Lichtfarben zurückzuführen
ist.
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Ähnliches kann erreicht werden, wenn man mehrere dicht aneinandergrenzende,
konzentrische, jedoch verschieden gefärbte Blendenschlitze anordnet und diese durchleuchtet.