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Verfahren zur Reinigung von Gasen der Brennstoffdestillation von .Ammoniak
und Schwefelwasserstoff Bekanntlich richten sich die neueren Bestrebungen zur Reinigung
der Kohlendestillationsgase, beispielsweise der Kokereien und der kommunalen Gasanstalten,
immer mehr dahin, im Gegensatz zu der früher allgemein üblichen sogenannten Trockenreinigung
der Gase, die sogenannte Naßwäsche auszubilden, und zwar aus Gründen, die als bekannt
vorausgesetzt werden können. Insbesondere ist man bemüht, auch die Naßwäsche den
hohen Anforderungen anzupassen, die in neuerer Zeit an die Rein heit des Gases gestellt
werden, besonders soweit es Bestandteile betrifft, die infolge ihrer korrodierenden
Eigenschaften das Material und die Armaturen der Gasleitungen gefährden, wie z.
B. Schwefelwasserstoff, Zyanw asserstoff, Ammoniak USW.
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Andererseits stellen diese Stoffe aber auch einen gewissen Wert dar,
so daß die neueren Bestrebungen nicht nur auf ihre Entfernung, sondern auch auf
ihre Gewinnung in solcher Form gerichtet sind, daß sie wirtschaftlich verwertbar
sind. Hierzu gehört vor allen Dingen Ammoniak und Schwefelwasserstoff, für deren
vollständige Entfernung aus dem Gase schon seit einer ganzen Reihe von Jahren nach
brauchbaren Verfahren geforscht wird, ohne daß bisher eine für alle vorkommenden
Fälle befriedigende Lösung der Aufgabe gefunden werden konnte. Obgleich aber schon
seit langer Zeit Reaktionen bekannt sind, mit deren Hilfe es an sich möglich ist,
die geforderte Reinheit der Gase sicherzustellen, war aber der zweite Teil der Aufgabe,
der darin besteht, diese sogenannten Nebenprodukte nicht nur zu beseitigen, sondern
in einer brauchbaren Form wirtschaftlich zu separieren, noch nicht ohne weiteres
gelöst.
Es wurde nun gefunden, daß mittels einer einzigen Waschflüssigkeit
die Befreiung solcher Gase von vorzugsweise Ammoniak und Schwefelwasserstoff durch
eine besondere Form bzw. Folge ihrer Anwendung in wirtschaftlicher Weise gelingt,
und zwar dadurch, daß man zwar auch die bisher versuchten Lösungen von Alkalikarbonaten
mit oder ohne Bikarbonat benutzt, aber in einer neuen. Weise, weil die Lösungen
in der bisher gebrauchten Form der Auswaschung den angestrebten Zweck nicht erreichen
lassen. Diese bisherige Form bestand darin, daß man in einem Gegenstromapparat die
Gase mittels einer Alkali-Karbonat-Lösung auswusch, und zwar nachdem das Ammoniak
auf eine andere Weise bereits aus dem. Gas entfernt war, d. h. die Reaktion wurde
für die Aufnahme und Entfernung des Schwefelwasserstoffes benutzt, wozu natürlich
unerläßlich ist, daß das Alkali in Karbonatform vorliegt, welches nach der Gleichung
MetC03 + H,S = MeHC03 + MeHS (i) reagiert. Hierin bedeutet Me entweder Kalium oder
Natrium oder gegebenenfalls auch das Radikal-Ammonium. Die Waschung mit einer solchen
Lösung kann so geleitet werden, daß der Schwefelwasserstoff selbst dann praktisch
vollständig aus dem Gas ausgewaschen wird, wenn in dem Gas gleichzeitig Kohlensäure
vorhanden ist; zwar wird hierbei auch ein Teil der Kohlensäure durch diese Lösung
mit ausgewaschen; indessen ist dieser Anteil bei geeigneter Konstruktion der Wascheinrichtung
nicht so groß, daß er die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens wesentlich beeinträchtigen
oder die `Veiterverwendung des Schwefelwasserstoffes erschweren könnte. Immerhin
sind aber zu dem Zwecke, diesen Anteil an Kohlensäure genügend klein zu halten,
besondere Maßnahmen bzw. Einrichtungen erforderlich, die das Verfahren nicht für
alle Fälle brauchbar bzw. wirtschaftlich befriedigend machen.
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Gemäß der Erfindung wird nun für die Auswaschung der Gase, und zwar
ohne das Ammoniak vorher entfernen zu müssen, eine passend konzentrierte Lösung
von Alkalibikarbonat verwendet, die nur einen verhältnismäßig kleinen Teil von neutralem
Karbonat gleichzeitig enthält. Eine solche Lösung nimmt gegenüber den bisher üblichen
Karbonatlösungen bei gleichem Kohlensäuregehalt des Gases praktisch fast gar keine
Kohlensäure auf, während sie durchaus geeignet ist, auch die letzten Spuren vom
Schwefelwasserstoff, der den anderen Phasen des Waschprozesses entgangen sein sollte,
noch aufzunehmen.
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Wenn man also zum Zwecke der Beseitigung der letzten Spuren von Schwefelwasserstoff
die Gase mit dieser Lösung nachwäscht, so behält sie ihren Gehalt an Bikarbonat
praktisch bei bzw. kann sie ihn bestenfalls auf Kosten der Kohlensäure des Gases
noch etwas erhöhen, ebenso auch durch die aufgenommenen Reste an Schwefelwasserstoff,
die sich auf Kosten des Karbonatgehaltes in Hydrosulfid umsetzen und hierbei gleichfalls
Bikarbonat erzeugen. Gleichzeitig ist sie aber auch geeignet, selbst Spuren von
Ammoniak als Bikarbonat zu binden.
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Wenn man nun das Rohgas mit einer solchen Lösung wäscht, so wird das
Ammoniak des Gases, welches bekanntlich ebenso stark wie auch außerordentlich schnell
in wäßrigen Lösungen löslich ist, von dem Alkalibikarbonat der Lösung als Ammoniumbikarbonat
gebunden. Gleichzeitig entsteht eine äquivalente Menge Alkalikarbonat. Hierbei ist
nur dafür zu sorgen, daß die Konzentration bzw.. die Menge des Blikarbonats groß
genug ist, um das im Gas vorhandene Ammoniak zu binden nach der Reaktionsgleichung:
NH3 + aNaHC03 Na2C03 + NH4HC03. (a) Hierbei ist also neutrales Karbonat entstanden,
und wenn man nunmehr diese Lösung dem Gas in einem weiteren Absorptionsabschnitt
nochmals entgegenführt, so wird nunmehr der Schwefelwasserstoff durch das Natriumkarbonat
nach der weiter oben angegebenen Reaktionsgleichung (i) aufgenommen, soweit er nicht
schon von dem ursprünglich vorhandenen Gehalt an neutralem Karbonat ausgewaschen
worden ist. Diese Auswaschung kann aber nur teilweise erfolgen, weil die Absorption
von Ammoniak ungleich schneller verläuft als die- von Schwefelwasserstoff, so daß
die Hauptauswaschung des Schwefelwasserstoffes der folgenden Waschstufe vorbehalten
bleibt.
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Zusammengefaßt ergeben sich für die drei einzelnen Waschstufen in
der Richtung des Gasstromes folgende Resultate, wobei die erste Gasstufe der zweiten
Flüssigkeitsstufe, die dritte Gasstufe der ersten Flüssigkeitsstufe und die zweite
Gasstufe der dritten Flüssigkeitsstufe entspricht, wenn man die Stufen sowohl für
die Flüssigkeit als auch für das Gas in ihrer Strömungsrichtung ansteigend bezeichnet.
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Hierbei liefert die unterste Waschstufe die Flüssigkeit aus dem Waschprozeß
ab, so daß also diese F lüssigkeit, die sowohl den gesamten Schwefelwasserstoff
als auch das gesamte Ammoniak enthält, der weiteren Einwirkung des Gases sofort
entzogen ist. Die Flüssigkeit enthält das Ammoniak als Bikarbonat, so daß der Partialdruck
der Lösung bei der gleichen Ammoniakkonzentration nur den dritten Teil so groß ist
wie bei der entsprechenden Karbonatmenge, was den großen Vorteil mit sich bringt,
daß entsprechend nur sehr wenig Ammoniak vom Gas verschleppt wird, so daß die Nachwaschung
in dem obersten Waschteil mit wenigen Waschstufen auskommt. Das gleiche gilt natürlich
für den an Schwefelwasserstoff gebundenen Ammoniak.
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Da nun aber außerdem die oberste Waschstufe mit der frischen Bikarbonatlösung
gespeist wird, so ist erst recht jeder Verlust an Ammoniak ausgeschlossen, gleichzeitig
aber auch ein Verlust an Schwefelwasserstoff, weil in der obersten Waschstufe eine
Nachwaschung des Gases mit einer Lösung erfolgt, die neben dem Bikarbonat auch Karbonat
enthält, .welches zuverlässig die letzten
Reste von Schwefelwasserstoff
aufnimmt. Eine anschließende sogenannte Feinreinigung des Gases ist also weder für
Schwefelwasserstoff noch für Ammoniak erforderlich.
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Die durch diese Gas-Flüssigkeits-Führung und durch die Verwendung
von Bikarbonat- und Karbonatlösung schließlich erreichte Zusammensetzung des sogenannten
Gaswassers hängt natürlich von dem gegenseitigen Verhältnis der Gehalte des Gases
an Ammoniak und Schwefelwasserstoff ab. Man kann aber dieses Verhältnis auch noch
dadurch beeinflussen, daß man beispielsweise bei zu kleinem Ammoniakgehalt eine
gewisse Menge Ammoniak im sogenannten Kreislaufverfahren verwendet, d. h. man wäscht
nicht nur mit einer reinen wäßrigen Lösung aus, sondern fügt der zweiten Flüssigkeitswaschstufe
eine gewisse Menge Ammoniakwasser zu, welches bei dem anschließenden Abtreiben immer
wiedergewonnen, also im Kreislauf verwendet wird. Im übrigen aber hat man es natürlich
in der Hand, diese Maßnahme zu vermeiden, wenn man die in der Bikarbonatlauge enthaltene
Karbonatmenge genügend groß hält, so daß sie imstande ist, zusammen mit der durch
die Ammoniakaufnahme entstehenden Karbonatmenge den Schwefelwasserstoff des Gases
zu binden.
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Für die Durchführung des Verfahrens ist es grundsätzlich belanglos,
ob man Kalium- oder Natrium- oder Ammoniumbikarbonat bzw. Karbonat verwendet, wenn
man nur den vorbeschriebenen Gas-Flüssigkeits-Weg innehält. Wegen der Schwerlöslichkeit
des Bikarbonats kann es unter Umständen erwünscht sein, zur Vermeidung zu großer
Flüssigkeitsmengen höhere Laugenkonzentrationen anzuwenden. In diesem Falle wählt
man zweckmäßiger die Kaliumsalze, während für die übrigen Fälle die Natriumsalze
den Vorteil der größeren Billigkeit haben, so daß eventuelle Salzverluste wirtschaftlich
weniger fühlbar sind als bei Verwendung der entsprechenden Kalisalze.