-
Verfahren zur katalytischen Umwandlung kohlenstoffhaltiger Stoffe
bei höheren Temperaturen
Es ist bekannt, bei der Umwandlung kohlenstoffhaltiger Stoffe
bei höheren Temperaturen, z. B. bei der Spaltung oder Reformierung, insbesondere
bei der Isomerisierung, von Kohlenwasserstoffölen oder der Druckhydrierung von Kohlen,
Teeren und Mineralölen oder der Polymerisation von Kohlenwasserstoffen oder ähnlichen
Umsetzungen, natürliche oder künstliche Silikate, insbesondere Bleicherden, als
Katalysator oder Katalysatorträger zu verwenden.
-
Es wurde nun gefunden, daß sich die Wirksamkeit der genannten Katalysatoren
oder Katalysatorträger wesentlich verbessern läßt, wenn ihnen durch Zumischen von
Kieselgallerte ein Gehalt an aktiver Kieselsäure erteilt wurde. Die Silikate wurden
mit Kieselsäuregallerte vermischt, worauf das Gemisch getrocknet und geformt wird.
Hierbei ist es zweckmäßig, aus der Kieselsäuregallerte das Alkali praktisch vollständig
zu entfernen, z. B. durch sorgfältiges Waschen mit Wasser, zweckmäßig säurehaltigem
Wasser, oder es durch Behandlung mit Säure oder Ammoniumhalogeniden mit anschließendem
Waschen oder ohne solches zu entfernen bzw. zu binden. Dies kann nach, vorteilhaft
aber vor dem Vermischen mit dem Silikat stattfinden. Man kann das Silikat auch mit
einem alkalifreien Kieselsäuresol vermischen und das Gel dann in Gegenwart des Silikates
erzeugen. Die Kieselsäure wird in Mengen von weniger als 45°/0, vorteilhaft bis
zu etwa 300/,, zweckm.äßig nur in Mengen bis zu etwa wo0/, oder von 30/,, zweckmäßig
5 bis zu etwa Ion/, (bezogen auf den fertigen Katalysator), zugegeben.
-
Als Katalysator oder Katalysatorträger kommen vor allem natürliche
Silikate, insbesondere Bleicherden der verschiedensten Herkunft in Betracht, wie
z. B. bayerische Bleicherde, Fullererde, Bentonite, Zeolithe, von künstlich hergestellten
Silikaten vor allem Aluminiumsilikate, insbesondere Doppelsilikate, wie Aluminium-Magnesium-Silikate,
auch solche, die Alkali enthalten und bzw. oder eine schlechte katalytische Wirksamkeit
aufweisen, ferner künstliche Zeolithe, die auf alkalischem Weg aus Wasserglaslösungen
erzeugt und zweckmäßig von Alkali befreit sind. Die genannten Massen können, bevor
sie mit der Kieselgallerte oder dem Kieselsol vermischt werden, mit Mineralsäure,
insbesondere Halogenwasserstoffsäuren, wie Salzsäure, gegebenenfalls auch Fluorwasserstoffsäure,
vorbehandelt werden. Eine derartige Aktivierung kann auch mit anderen ,Metalloidverbindungen,
z. B. des Phosphors, des Selens od. dgl., oder mit Metalloiden selbst, wie Halogenen
usw., vorgenommen werden. Die zuzusetzende Kieselgallerte wird in der üblichen Weise
aus Wasserglaslösungen durch Fällung mit Säuren hergestellt, wobei man ein pEr von
I bis 7, zweckmäßig 2 bis 6, vorteilhaft 2,5 bis 5,5, aufrechterhält. Die Kieselgallerte
kann nach teikreiser Trocknung zugesetzt werden. Man verfährt am besten in der Weise,
daß man das feingepulverte oder feinverteilte Silikat mit der feuchten Gallerte
innig vermischt, das Gemisch unter Bewegung bis zur Erzeugung einer formbaren oder
pulverigen Masse trocknet und das Erzeugnis alsdann in Pillenpressen formt. Die
Formstücke werden dann vorteilhaft höheren Temperaturen, z. B. oberhalb 300°, zweckmäßig
oberhalb 320, z. B. 330 oder 350 bis 4000 oder höher, z. B. 450 bis 5500, einige
Zeit, z. B. 20 Minuten, vorteilhaft I Stunde und mehr, z. B. 2 bis 10 Stunden oder
länger, ausgesetzt.
-
Vor dem Formen kann der Katalysator noch mit anderen katalytisch
wirkenden Stoffen, wie z. B. Metallen der 2. bis 8. Gruppe, z. B. Aluminium, Zink,
Magnesium, Zinn, Blei, Zirkon, seltenen Erden u. dgl., insbesondere der 5. bis 7.
und der Eisen-Gruppe, des Periodischen Systems, insbesondere deren Verbindungen,
wie Oxyden, Hydroxyden, Carbonaten, Sulfiden, Phosphaten oder Sulfosalzen od. dgl.,
versehen werden.
-
Diese Stoffe können auch nach dem Formen zugegeben werden. Der fertige
Katalysator kann vor oder nach einer Wäsche noch einer Nachbehandlung mit Gasen
oder Dämpfen, z. B. mit Wasserstoff, Halogen, Halogenwasserstoff, Oxyden des Kohlenstoffs,
Schwefelwasserstoff oder Wasserdampf oder Säuren, insbesondere Halogenwasserstoffsäure,
bei gewöhnlicher oder zweckmäßig erhöhter Temperatur unterzogen werden.
-
Die erhaltenen Massen sind als Katalysatoren oder Katalysatorträger
für die Spaltung, Reformierung, Dehydrierung, Isomerisierung, Cyclisierung, insbesondere
Aromatisierung, flüssiger oder gasförmiger Kohlenwasserstoffe oder Kohlenwasserstoffderivate
oder für die spaltende, raffinierende oder aromatisierende Druckhydrierung kohlenstoffhaltiger
Stoffe in flüssiger oder in gasförmiger Phase, z. B. von Kohlen, Teeren und Mineralölen,
sowie für die Reaktion von Kohlenoxyd oder von sauerstoffhaltigen Kohlenwasserstoffderivaten
und ferner für die Hydrierung ungesättigter Kohlenwasserstoffe oder cyclischer Kohlenwasserstoffe
oder deren Derivate geeignet. Man arbeitet im allgemeinen bei 200 bis 7000, insbesondere
380 bis 5300, und bei 100,200,300,400,500 at und mehr, z. B. I000 bis 10000 at,
und unter Verwendung von 200 bis I000 cbm oder mehr, z. B. I500 bis 8000 oder 10
000 cbm Wasserstoff je Tonne Ausgangsstoff (unter Normalbedingungen bemessen). Je
nach dem in Betracht kommenden Verfahren kann man auch unter gewöhnlichem Druck
arbeiten. Bei Anwendung sehr hoher Drucke, beispielsweise solchen oberhalb 500 at,
z. B. bei der Druckhydrierung von Kohlen, Teeren und Mineralölen, insbesondere in
der Gasphase, erübrigt sich die Zugabe weiterer katalytischer Stoffe, da schon bei
Verwendung der mit Kieselgallerte aktivierten künstlichen oder natürlichen Silikate
allein eine katalytische Wirkung erzielt wird, die der Wirkung der besten hierfür
bekannten Katalysatoren, z. B. der Molybdän- oder Wolframkatalysatoren, nahe- bzw.
gleichkommt.
-
Der Wasserstoff kann bei der Druckhydrierung, die nicht nur bei den
vorerwähnten sehr hohen Drucken, sondern auch schon bei 5 bis 80 at, insbesondere
10 bis 60 at, durchgeführt werden kann, auch teilweise durch Stickstoff, Kohlenoxyd,
Schwefelwasserstoff, Halogenwasserstoff, Wasserdampf oder gasförmige Kohlenwasserstoffe
ersetzt werden.
-
Der Katalysator ist auch gut geeignet für die Spaltung von Kohlenwasserstoffölen,
vorzugsweise in Gasphase, mit Wasserstoff bei einem Druck von 5 bis 100 at, zweckmäßig
15 bis go at, und einem Wasserstoffpartialdruck, der 20 bis 95010, zweckmäßig 20
bis 80°/o, des Gesamtdruckes beträgt. Man arbeitet hierbei bei Temperaturen von
350 bis 500°, insbesondere 380 bis 450 bzw. 480". Die gebildeten wasserstoffhaltigen
Reaktionsgase werden zurückgeführt. Man wählt hierbei im allgemeinen eine Menge
von 0,5 bis 4,5 cbm je Kilogramm Ausgangsstoff. Vorteilhaft setzt man den Gasen
eine kleine Menge Schwefel, z. B. als Schwefelwasserstoff, zu.
-
Der Katalysator kann stückig, geformt oder als Pulver durch den Reaktionsraum
hindurchbewegt werden, wie es z. B. in der französischen Patentschrift 718956 beschrieben
ist.
-
Mit dem neuen Katalysator wird die Bildung gasförmiger Kohlenwasserstoffe
und koksartiger Produkte zurückgedrängt und meist auch die Ausbeute an den gewünschten
Erzeugnissen, z. B. Benzin, erhöht.
-
Beispiel I Wasserglaslösung wird mit so viel Salzsäure versetzt,
daß das pI der Lösung etwa 4,5 beträgt. Durch Stehenlassen bei leichter Erwärmung
auf etwa 50° bildet sich die Kieselgallerte. Diese wird abfiltriert, mit Wasser
chlorfrei gewaschen, dann Wasser zugesetzt, so daß ein dünner Brei entsteht. In
diesen wird unter starkem Rühren feingemahlene handelsübliche bayerische Bleicherde
eingebracht und die Mischung bei 1100 getrocknet. Das Mengenverhältnis wird so gewählt,
daß die Masse dann zu wo01, aus Bleicherde und 10 aus künstlicher Kieselsäure besteht.
Aus der getrockneten Masse werden Pillen geformt, die 8 Stunden auf 4000 erhitzt
werden.
-
Über den so hergestellten Katalysator leitet man die Dämpfe einer
zwischen 200 und 350" siedenden
Fraktion eines deutschen Erdöls
mit dem Anilinpunkt 56° zusammen mit Wasserstoff bei 420° unter einem Gesamtdruck
von 45 at, wobei ein Durchsatz von I Öl je Liter Katalysator und Stunde und eine
Wasserstoffmenge von 0,5 cbm je Liter Öl gewählt wird.
-
Bei Istündiger Spaltdauer erhält man ein Erzeugnis mit 30 Gewichtsprozent
Benzin (Endsiedepunkt: 180°) Die Koks- und Gasverluste, bezogen auf Benzin, Koks
und Gas, betragen 33 O!o.
-
Unter sonst gleichen Bedingungen erhält man bei Verwendung handelsüblicher,
säureaktivierter Bleicherde allein ein Erzeugnis mit nur 26% Benzin (Endsiedepunkt
: 180°) bei einem Koks- und Gasverlust von 42 %.
-
B e i s p i e l 2 Der nach Beispiel 1 hergestellte Katalysator wird
vor dem Formen mit Eisennitratlösung getränkt, dann gepillt und 5 Stunden auf 450°
erhitzt. Der fertige Katalysator enthält 0,5% Eisenoxydoxydual (Fe3O4).
-
Über diesen Katalysator leitet man die Dämpfe eines zwischen 200
und 350° siedenden Erdölmittel66zusammen mit Wasserstoff bei einer Temperatur von
4200. Die Ölmenge wird so bemessen, daß je Stunde I kg Öl über 1 kg Katalysator
geleitet wird. Die Wasserstoffmenge wird auf 2 cbm je Liter Öl eingestellt.
-
Bei einer Istündigen Reaktionszeit entsteht ein Erzeugnis mit 43
% Benzin (Endsiedepunkt : 180°). Die Koks- und Gasverluste betragen auf Benzin,
Koks und Gas bezogen 350%.
-
Unter den gleichen Bedingungen, aber bei Verwendung eines aus säureaktivierter
Bleicherde bestehenden Katalysators mit Zusatz von Eisen, aber ohne Beimischung
von Kieselgallerte, erhält man ein Erzeugnis mit nur 33°/0 Benzin bei einem Koks-
und Gasverlust von 440/0 Beispiel 3 Über dem nach Beispiel I hergestellten Katalysator
werden Dämpfe eines zwischen 200 und 350° siedenden Erdölmittelöls mit dem Anilinpunkt
56° bei einer Temperatur von 420° und einem Durchsatz von 1 1 Öl je Liter Katalysator
und Stunde bei Atmosphärendruck geleitet. Die Spalt dauer beträgt I Stunde. Man
erhält 91,5% flüssige Spaltprodukte mit 23 % Benzin (Endsiedepunkt : 180°).
-
Spaltet man dasselbe Öl unter den gleichen Bedingungen über einem
aus säureaktivierter Bleicherde bestehenden Katalysator, so erhält man 91 % flüssige
Spaltprodukte mit nur I80/, Benzin gleichen Endsiedepunktes.
-
B e i s p i e l 4 Auf den nach Beispiel 1 hergestellten Katalysator
werden IO Gewichtsprozent Wolframsulfid durch Zersetzen von Sulfowolframat aufgebracht.
Nach Einbau in einen Hochdruckofen werden über diesen Katalysator die Dämpfe eines
durch raffinierende Druckhydrierung gereinigten Mittelöls der Steinkohleverflüssigung
zusammen mit 3 cbm Wasserstoff je Kilogramm Öl unter einem Wasserstoffdruck von
250 at bei 420° mit einem Durchsatz von I kg Öl je Liter Katalysator und Stunde
geleitet. Man erhält ein Erzeugnis mit 600/, eines bis 180° siedenden Benzins.
-
Wird das Wolframsulfld auf mit Säure aktivierter Bleicherde niedergeschlagen,
so erhält man bei gleicher Ausbeute ein Erzeugnis mit nur 380/, Benzin gleichen
Endsiedepunktes.