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Farbwerke Hoechst, vormals Meister Lucius & Brüning, Frankfurt/M.-Höchst
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Trocknung von in beliebiger Weise
gewonnenem feuchtem Chlorgas, insbesondere von durch elektrolytische Zersetzung
wäßriger Lösungen erhaltenem Chlorgas.
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Es ist bereits bekannt, feuchtes Chlorgas in der Weise zu trocknen,
d'aß man es zunächst unter Abscheidung eines Teils des: auf Temperaturen von nicht
unter etwa i o' vorkühlt und hierauf die notwendige weitere Senkung de Wassergehalts
durch Waschung mit hochkonzentrierter Schwefelsäure im Gegenstrommehrstufenbetrieb
vornimmt. Die Mitverwendung von Schwefelsäure bei der Trocknung ist wirtschaftlich
und technisch mit Schwierigkeiten verbunden, insbesondere, wenn es sich um Betriebe
handelt, die nicht im Verband mit einer Schwefelsäurefabrik arbeiten oder die keine
Verwertung für die anfallende verdünnte, verunreinigte Trockensäure haben.
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Eine Einhaltung einer nicht zu unterschreitenden tiefsten Kühltemperatur
von etwa io° bei diesem bekannten Verfahren und der damit verbundene Zwang, eine
zweite Verfahrensstufe mit Schwefelsäure anzuschließen, um eine für die Praxis brauchbare
Senkung des Wassergehalts zu erzielen, ergeben sich daraus, daß unterhalb etwa io°
eine Bildung von festem Chlorhydrat erfolgt (C12 - 8 H20), so daß bei Unterschreitung
dieser Temperatur die Gefahr der Verstopfung der Kühleinrichtung besteht. Aus diesem
Grunde hat man bisher eine Trocknung von feuchtem Chlorgas in
kontinuierlich
arbeitendem Verfahren, die lediglich durch Kühlung bewirkt wird, nicht für praktisch
.durchführbar gehalten.
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Es hat sich nun herausgestellt, daß man unter Vermeidung der vorerwähnten
Nachteile eine den Erfordernissen der Praxis Genüge leistende Trocknung von feuchtem
Chlorgas beliebiger Herkunft in kontinuierlichem Prozeß erzielen kann, wenn man
derart verfährt, daß man .das feuchte Chlorgas einer in Gegenwart von Chlorwasserstoff
durchzuführenden Abkühlung zweckmäßig auf Temperaturen unter o°, z. B. auf solche
von etwa ---2o bis -25°@ unterwirft. Die Temperatur kann gegebenenfalls auch unterschritten
werden. Die untere Grenze liegt da, wo sich feste Salzsäurehyrdrate oder flüssiges
Chlor bilden würden.
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Es hat sich nämlich gezeigt, daß die Anwesenheit von Chlorwasserstoff
bzw. die sich während des Kühlvorgangs abscheidende flüssige Salzsäure, sofern sie
die fallweise notwendige Konzentration besitzt, .die bei Temperaturen unter io°
eintretende Bildung von festem Chlorhydrat verhindert, so daß es also möglich ist,
lediglich durch einen Kühlvorgang unter Vermeidung einer Nachtrocknung mit Schwefelsäure,
wie es die bekannte Arbeitsweise erfordert, eine Abscheidung des Wassergehalts des.
Chlorgases in für .die Praxis genügen= dem Ausmaß vorzunehmen. Die Tiefkühlung des
Chlors unter o° kann entweder durch indirekte Wärmeabfuhr an durch bekannte Kältemittel
oder verdampfendes flüssiges Chlor gekühlten Flächen und/oder dadurch geschehen,
daß flüssiges. Chlor oder/und tiefgekühltes Chlorgas in das zu kühlende Chlor eingeführt
wird. Hierbei sind zweckmäßig Maßnahmen zu treffen, um eine zu tiefe Unterkühlung
zu verhindern.
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Die notwendige Menge des Chlorwasserstoffs in dem Chlorgas richtet
sich nach dem vorliegenden Wassergehalt und der gewählten Kühltemperatur. Sie ist
um so höher, je größer der Wassergehalt des Chlorgases ist und je weniger tief die
Kühlung getrieben werden soll. Bei gleichen sonstigen Bedingungen bedeutet eine
Erhöhung des Chlorwasserstoffgehalts auch eine Vergrößerung der Senkung des Wassergehalts
im getrockneten Chlor. Im allgemeinen genügen zwischen etwa o,2 Volumprozent und
etwa 4 Volumprozent liegende Mengen an Chlorwasserstoff, um für die meisten Fälle
ausreichende Trocknungsergebnisse zu erzielen. In besonderen Fällen können jedoch
die angegebenen Zahlen auch über- oder unterschritten werden, wobei im allgemeinen
über etwa io, Volumprozent liegende Gehalte an Chlorwasserstoff praktisch kaum in
Betracht kommen.
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.Die Kühltemperatur steht ebenfalls in Abhängigkeit von dem Feuchtigkeitsgehalt
.des Chlorgases, und zwar derart, ,daß größeren Feuchtigkeitsgehalten tiefere Kühltemperaturen
entsprechen. Ebenso ist die Kühltemperatur abhängig von dem erstrebten Ausmaß der
Senkung des Feuchtigkeitsgehalts in dem Sinn, daß eine größere Senkung eine tiefere
Kühltemperatur erfordert. Die vorerwähnten Beziehungen -werden durch die folgende
Zusammenstellung des näheren erläutert:
g 119 O /M3 C12 Volumprozent Kühl- g H2
O /M3 C12 |
vor der temperatur nach -der |
Kühlung HCl oC Kühlung |
,I2,8 1,40 - 22 0,12 |
12,8 I,90 - 22 o,IO |
12,8 2,32 - 23 0,09 |
23,0 2,I4 - 22 0,12 |
23,0 2,63 - 22 0,I0 |
23,0 3,08 -22 0,09 |
39,6 3,12 -22 0,12 |
39,6 3,52 - 23 o,io |
39,0 4,23 - 23 0,09 |
23, 0 2,63 - 2 0,28 |
23, 0 2,63 - 10 0,20 |
23,0 2,63 -18 0,14 |
23,0 2,63 -23 o,io |
9,4 0,20 - 25 0,3 |
9,4 0,43 - 25 0,2 |
9,4 0,60 -25 o,16 |
9,4 0,80 -25 0,12 |
9,4 1,40 -25 o,o8 |
Der notwendige Chlorwasserstoffgehalt im Chlorgas kann auf die verschiedenste Weise
eingestellt -werden, z. B. durch direkten Zusatz von Chlorwasserstoff, durch Bildung
aus Wasserstoff und Chlor, z. B. durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht oder
durch Erhitzen, oder auf sonstigen dem Fachmann geläufigen Wegen. Im Fall der Bildung
.des Chlorwasserstoffs aus Wasserstoff und Chlor kann man den erforderlichen Wasserstoffgehalt
dem Chlorgas beifügen. Zuweilen genügt auch bereits der Wasserstoffgehalt, den das
Chlorgas auf Grund seiner Herstellung besitzt, um eine ausreichende Menge Chlorwasserstoff
zu bilden. Gegebenenfalls kann man auch noch ergänzende Mengen von Wasserstoff in
entsprechender Bemessung zusetzen. Besonders einfach gestaltet sich das Verfahren
für .das einer Anlage der Alkalichloridelektrolyse nach dem Quecksilberverfahren
entstammende Chlorgas, dessen Wasserstoffgehalt ohnehin, sofern -die Hauptmenge
des Chlors der Verflüssigung zugeführt wird, zur Vermeidung der Bildung explosiver
Abgase in Chlorwasserstoff überführt werden muß. Auch der in dem Chlor von Diaphragmenzellen
der Alkalichloridelektrolyse vorhandene Wasserstoff kann bei seiner Überführung
in Chlorwasserstoff bereits je nach Zellentype für die Ausübung dieses Prozesses
ausreichen.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung des Verfahrens gemäß der Erfindung
besteht darin, daß man einen in Abwesenheit von Chlorwasserstoff durchzuführenden
Kühlvorgang vorschaltet, -wobei darauf zu achten ist, daß die Temperatur der beginnenden
Ausscheidung von festem Chlorhydrat nicht unterschritten -wird.
Besonders
vorteilhaft für die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens gemäß der vorliegenden Erfindung
ist es, soweit wie möglich Kälte und Chlorwasserstoff im Kreislauf zu halten, um
deren Aufwand möglichst auf einem Minimum zu halten. Zum Beispiel kann durch Waschung
des. warmen Chlorgases mit der kondensierten kalten Salzlösung nicht nur ihre Kälte,
sondern auch ein Teil des Chlorwasserstoffs zurückgenommen werden. Auch das kalte
Chlorgas wird zweckmäßig im Kälteaustausch mit dem wärmeren gebracht. Man kann den
notwendigen Kälteaufwand durch Verdampfen von flüssigem Chlor unter direktem und/oder
indirektem Kälteaustausch decken.
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Besonders vorteilhaft kann man ferner das Verfahren gemäß der Erfindung
gestalten, wenn das getrocknete Chlor in tiefgekühltem Zustand direkt anschließend,
unter Ausnützung der Unterkühlungsarbeit, der Verflüssigung nach dem Tiefkühlverfahren
ohne Kompression unterworfen wird.
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Der nach der Trocknung im Chlorgas verbleibende Chlorwasserstoffgehalt
ist je nach den angewandten Kühltemperaturen und Verfahrensbedingungen verschieden.
Für die meisten Ver-%vend,ungs.zwecke des Chlorgases spielt er keine Rolle, da sich
schon bei der Entwicklung des Chlors durch Chlorierung von Imprägnierungsmitteln
der Elektroden, durch Angriff auf Gummiauskleidungen, sowie durch Konversion des
NaCl-Staubes bei der heute meist angewandten Schwefelsäuretrocknung, sowie der Chlorhydrolyse
normalerweise Chlorwasserstoff im Chlor bildet. Auch bildet sich bei der Verwendung
des Chlorgases, beispielsweise bei der Chlorierung von organischen Stoffen, bei
der Wasserchlorierung usw., sowieso Chlorwasserstoff. Wenn der Chlorwasserstoffgehalt
die Weiterverarbeitung des Chlors doch einmal stören sollte, so kann eine Entfernung
bzw. eine Erniedrigung des Chlorwasserstoffgehalts nach bekannten Verfahren vorgenommen
werden.
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Beispiel i Chlorgas aus einer Alkalichloridelektrolyse mit 35° Anfangstemperatur
und 39,ö g/cbm Wasserdampfgehalt wurde mit aus dem Prozeß stammender Salzsäure von
43% HCl und -:25<1 gewaschen und mit weiteren Chlorwasserstoffmengen bis zu einem
Gehalt von 3,52 Volumprozent versetzt. Durch Wärmeaustausch mit dem getrockneten
Chlor voll -:23' und anschließend mit Kältesole wurde es auf -:23' abgekühlt.
Nach Abscheidung des. Kondensats mit etwa 43 0/a H Cl enthielt das Chlorgas o,i
g/chm Wasserdampf und konnte ohne Auftreten von Korrosionen in schmiedeeisernen
Leitungen gefördert und in gleichen Apparaturen weiterverarbeitet werden.
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Beispiel 2 Chlorgas aus der Alkalichloridelektrolyse nach dem Diaphragmenverfahren
wurde auf -I- io° abgekühlt, wodurch der Wasserdampfgehalt auf 9,4 g/cbm fiel. Darauf
wurde durch Bestrahlung mit Ultraviolettlicht der Wasserstoffgehalt des Gases von
o,i5 Volumprozent in Chlorwasserstoff überführt und das Chlorgas auf -25° abgekühlt.
Es schied sich ein Kondensat von etwa 3.4/o H Cl ab. Das Chlorgas zeigte einen Wassergehalt
von o,25 g/cbm. Durch Wärmeaustausch mit Frischchlor wurde das Chlor auf o° erwärmt
und der Weiterverarbeitung zugeführt.
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Beispiel 3 Chlorgas gleicher Herkunft, wie in Beispie12 angegeben,
wird zunächst wieder auf -h- io° abgekühlt. Vor der Bestrahlung mit Ultraviolettlicht
werden 0,4 Volumprozent Wasserstoff zugesetzt. Nach Abkühlung auf -:251 hatte das
Chlor noch einen Wassergehalt von o,i g/cbm.
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Beispiel 4 Chlor aus Alkalichloridzellen nach dem Quecksilberverfahren
mit einem Wasserstoffgehalt von 0,7% wurde auf -f- io° gekühlt und anschließend
auf etwa 400° erhitzt. Hierbei trat eine fast quantitative Vereinigung von Wasserstoff
mit Chlor zu Chlorwasserstoff ein. Das Chlor wurde im Wärmeaustausch mit Frischchlor
und dann mit Wasser bis auf 25° gekühlt und anschließend die Temperatur durch Wärmeaustausch
mit dem tiefgekühlten, getrockneten Chlor von - 25° auf etwa o° abgekühlt und nun
durch Einspritzen von flüssigem Chlor in einen mit Raschigringen gefüllten Turm,
in welchem das Chlorgas von oben nach: unten strömt, auf -25° gesenkt. Nach Abscheiden
des Kondensats von etwa 440/a H Cl betrug der Wassergehalt dieses Chlors o,o8 g/cbm
bei gleichzeitiger Gegenwart von i5,4g/cbm Chlorwasserstoff. Das Chlor wurde nun
über Cadmiumsulfat geleitet, wodurch der H Cl-Gehalt auf die Größenordnung des H
Cl-Gehalts in einem mit Schwefelsäure getrockneten Chlor abgesenkt wurde. Das tiefgekühlte
Chlor wurde über ein Gebläse der Verflüssigungsanlage zugeführt und durch Kühlung
auf - 40° verflüssigt.