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Verfahren zur Herstellung von Umsetzungsprodukten hochmolekularer
- Verbindungen Man hat bereits vorgeschlagen, die Viskosität von Polyvinylalkoholen
oder von ihren wasserlöslichen Derivaten durch Zusatz von Superoxyden herabzusetzen.
Dabei wird nach unserer heutigen Auffasssung der Polymerisationsgrad des Polyvinylalkohols
verringert.
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Es wurde nun gefunden, daB überraschenderweise die Perschwefelsäure
und ihre Derivate die Viskosität von Lösungen hochmolekularer, hydroxylgruppenhaltiger,
wasserlöslicher Verbindungen, z. B. von wäßrigen Lösungen der Polyvinylalkohole,
nicht nur herabzusetzen vermögen, sondern unter geeigneten Bedingungen auch erhöhen
können und daB dabei ein Endzustand erreicht werden kann, in welchem die Ausgangsstoffe
sowohl in Wasser, als auch in wäB-rigen Alkalien, Säuren, organischen Lösungsmitteln
usw. vollständig unlöslich sind, selbst beim Erhitzen.
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Als Derivate der Perschwefelsäure kommen beispielsweise alle löslichen
Salze in Frage, wie das Ammonium-, Natrium- und Kaliumpersulfat oder Gemische davon,
aber auch die Sulfopersäure und deren Verbindungen. Als hydroxyIgruppenhaltige
Verbindungen
sind außer den Polyvinylalkoholen ihre zahlreichen Derivate verwendbar, welche gleichzeitig
noch Estergruppen, Halogene, Acetalgruppen usw. enthalten, ferner Methylcellulose
und ähnliche Verbindungen sowie Stärke, Dextrin usw.
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Erforderlich ist, daß die Reaktionsflüssigkeit einen pjl-Wert besitzt,
welcher höchstens 7 beträgt. Je. niedriger der pii-Wert ist, um so rascher verläuft
die Umsetzung. Außerdem wirken noch eine ganze Reihe anderer Faktoren begünstigend,
so hohe Konzentration, sowohl des Persulfates, als auch des Polymeren, weiterhin
hohe Molekulargröße des Polymeren, erhöhte Temperatur, chemisch wirksame Strahlen
usw.
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Die entgegengesetzten Faktoren, also z. B. große Verdünnung und niedere
Molekulargröße, können unter Umständen nicht nur eine -Verzögerung, sondern ein
vollständiges Ausbleiben der Reaktion bedingen.
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Es besteht ein Schwellenwert, der für jede Verbindung, für jeden Polymerisationsgrad,
für jede Konzentration und für jede Temperatur verschieden ist.
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Dieses Verhalten läßt sich außerordentlich günstig auswerten insofern,
als es dadurch gelingt, Lösungen herzustellen, welche vollkommen beständig sind,
aber beim Übergang in hohe Konzentrationen oder gar in den festen Zustand das unlösliche
Endprodukt ergeben. Solche Bedingungen liegen z. B. vor bei der Bildung von Filmen,
Überzügen usw.
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Weiterhin wurde beobachtet, daß auch Emulsionen oder Dispersionen,
welche hochmolekulare, hydroxylgruppenhaltige, wasserlösliche Verbindungen als Emulgatoren
oder Schutzkolloide enthalten, derselben Umsetzung fähig sind, so daß die daraus
hergestellten geformten Gegenstände, wie z. B. Filme, unlöslich in Wasser und in
organischen Lösungsmitteln geworden sind. Gleichzeitig werden neben der Wasseraufnahmefähigkeit
solcher Filme auch die mechanischen Eigenschaften günstig verändert, z. B. die Haftfestigkeit
auf der Unterlage, die Zerreißfestigkeit, die Biege- -und
Druckfestigkeit,
die Dehnbarkeit, die Elastizität usw. . Schließlich ist es möglich, auf fertige
Erzeugnisse aus hydroxylhaltigen Polymeren, wie Fäden, Filme, Schläuche, Röhren,
Preßlinge, nachträglich Perschwefelsäure und ihre Derivate einwirken zu lassen,
und dadurch je nach den Bedingungen eine mehr oder weniger oberflächliche oder tiefgreifende
Einwirkung zu erzielen.
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Es ist zwar bereits bekannt, daß durch verschiedene Einwirkungen Polyvinylalkohol
sich in mehr oder weniger unlösliche Formen überführen läßt, so z. B. durch Erhitzen
auf Temperaturen von loo bis 2oo°, evtl. bei gleichzeitiger Gegenwart von katalytisch
wirkenden Substanzen, wie Salzsäure, Zinkchlorid, Aluminiumchlorid, Formaldehyd,
gerbend wirkenden Substanzen usw. oder durch das Einwirkenlassen von Lösungen von
Kupferoxydammoniak, und ferner von Farbstoffen der Kongorotklasse.
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Alle diese Verfahren besitzen große Nachteile, die z. B. in der Anwendung
hoher Hitzegrade bestehen oder in dem stark Farbigwerden durch die Kupferverbindungen
und die Farbstoffe der Kongoklasse. Demgegenüber kann die Einwirkung von Perschwefelsäure
und ihren Derivaten schon bei niedriger oder mäßig erhöhtet Temperatur durchgeführt
werden. Ferner fallen alle Färbungen weg, welche zwangsläufig durch die Anwendung
von Kupferverbindungen und von Farbstoffen entstehen.
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Polymere, hydroxylhaltige Verbindungen und Persulfate sind technisch
in größtem Maße zugänglich. Durch die oben beschriebenen Einwirkungsmöglichkeiten
der Perschwefelsäure und ihrer Derivate ist eine Verbesserung der bestehenden Anwendungsmöglichkeiten
der hydroxylhaltigen Polymeren gegeben; gleichzeitig werden neue Anwendungsmöglichkeiten
erschlossen. Beispiele _. Zu 352 Gewichtsteilen einer 5°/oigen wäßrigen Lösung eines
Polyvinylalkohols mittleren Polymerisationsgrades wird unter Umrühren eine Lösung
von 9,12 Gewichtsteilen Ammoniumpersulfat in 25 Gewichtsteilen ' Wasser hinzufließen
gelassen. Beim Stehenlassen bei Zimmertemperatur wird die Lösung anfänglich etwas
dünnflüssiger, später langsam dicklicher und schließlich nach einigen Tagen eine
dicke Gallerte, welche geringe Absonderung einer wäßrigen Flüssigkeit zeigt und
in Wasser, wäßrigen Alkalien, wäßrigen Säuren und organischen Lösungsmitteln selbst
bei längerem Erhitzen vollkommen unlöslich ist. Der Verlauf der Viskositätsveränderungist
im einzelnen wie folgt: Die Durchflußgeschwindigkeiten, bei Wasser = 26 Sekunden,
betragen bei 2o°:
Nach dem Vermischen ....... 343,0 Sekunden |
- i Tag ................. 289,5 - |
- 2 Tagen ............... 295,0 - |
- 3 - ............... 313,4 - |
- 4 - ............... 331,8 - |
- 6 - ............... 781,2 - |
- 61/2 - . . . . . . . . . . . . . . . 114o,2 - |
Nach 7 Tagen ist aus der Lösung eine dünne Gallerte geworden, welche in den folgenden
Stunden und Tagen sehr dick wird und schwache Synäresis zeigt.
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Es ist möglich, die Reaktion an jeder Stelle zu unterbrechen. Auf
diese Art lassen sich in sehr einfacher Weise aus Polyvinylalkoholen niederen oder
mittleren Viskositätsgrades solche mit höheren Viskositätsgraden herstellen. Das
Abbrechen der Umsetzung geschieht beispielsweise durch Zerstörung des Persulfates.
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Wird die Einwirkung nicht bei Zimmertemperatur, sondern bei erhöhter
Temperatur durchgeführt, so verläuft sie ganz wesentlich schneller. So wird beispielsweise
die Flüssigkeit beim Siedenlassen in wenigen Sekunden bis Minuten gallertartig fest.
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Wird der obige Ansatz in stärkerer Verdünnung durchgeführt, so sinkt
anfangs die Viskosität längere Zeit hindurch, später steigt sie langsamer an und
der gallertartige Endzustand wird erst erheblich später erreicht.
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Bei fortschreitender Verdünnung kommt schließlich ein Punkt, an welchem
die Lösung nicht mehr gallertartig wird, sondern auch über lange Zeiten flüssig
bleibt und nach anfänglichem Absinken der Viskosität eine fast konstante Durchflußgeschwindigkeit
aufweist. Ein solcher Grenzfall wird z. B. erreicht, wenn zum obigen Ansatz noch
die gleiche bis doppelte Menge Wasser hinzugefügt wird,
Umgekehrt
nimmt bei Erhöhung der Konzentration die Schnelligkeit des Unlöslichwerdens wesentlich
zu. Im selben Sinne wirken auch chemisch wirksame Strahlen, z. B. Sonnenlicht.
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Eine wichtige Rolle spielt fernerhin der pi-Wert. Bei höheren Werten
als 7, also im alkalischen Gebiet, tritt nur eine Verringerung der Viskosität ein.
Bei niedrigeren Werten als 7, also im sauren Gebiet, geht die Erhöhung der Viskosität
bis zum Gallertigwerden umso rascher vor sich, je tiefer der pn-Wert liegt. Wenn
z. B. zum obigen Ansatz noch 14 Gewichtsteile einer 30°i oigen Schwefelsäure hinzugefügt
werden, so ist die Lösung bereits am zweiten Tage in eine feste, unlösliche Gallerte
umgewandelt worden.
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Weiterhin ist die Größe des Molekulargewichtes des Polyvinylalkohols
von ganz erheblichem Einfluß. Ausgangsstoffe hohen Polymerisationsgrades reagieren
bedeutend schneller als niederpolymere Produkte.
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Die :Menge des angewandten Ammoniumpersulfates ist nicht auf das obige
Verhältnis beschränkt. Wird eine größere Menge angewandt, so verläuft die Umsetzung
bedeutend rascher, bei geringeren Zusätzen langsamer. Schließlich kommt ein Grenzfall,
ein Schwellenwert, bei welchem die Menge des Ammoniumpersulfates so gering ist,
daß auch bei konzentrierteren Lösungen von Polyvinylalkohol keine Gallertbildung
mehr eintritt. Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn zu obigen 352 Gewichtsteilen
einer 5°/oigen Polyvinylalkohollösung mittleren Polymerisationsgrades eine Lösung
von nur 1,82 Gewichtsteilen Ammoniumpersulfat in 3 Gewichtsteilen Wasser hinzugefügt
wird. Die Durchflußgeschwindigkeiten betragen dann
nach 4 Tagen................ 310,1 Sekunden |
- 8 - ................ 297,6 - |
- 14 - ................ 295,3 - |
- 5 Wochen .............. 29512 - |
und bleiben von da an fast unverändert.
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An Stelle des Ammoniumpersulfates führen andere lösliche Persulfate,
z. B. Natrium- oder Kaliumpersulfat, zum selben Ergebnis, ebenso Mischungen dieser
Salze.
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Die Umsetzungen werden durch Zusatz von Reduktionsmitteln je nach
der zugesetzten Menge verzögert oder ganz verhindert. Werden z. B. im eingangs erwähnten
Ansatz noch 9,5 g äthansulfinsaures Natrium (48°/oig) oder aber 6,6 g Natriumhyposulfit
in Form von wäßrigen Lösungen zugesetzt, so treten auch nach Wochen keine Verdickungen
und kein Gallertigwerden ein. In gleichem Sinne wirkt auch Wasserstoffsuperoxyd.
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2. Es wird ein partiell acetalisierter Polyvinylalkohol umgesetzt,
und zwar ein Polyvinylalkohol mittleren Polymerisationsgrades, der zu 1 °/p seines
Gewichtes mit Acetaldehyd und zu 4°/o mit n-Butyraldehvd acetalisiert ist.
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352 Gewichtsteile einer 5 °; oigen wäßrigen Lösung dieses partiell
acetalisierten Polyvinylalkohols werden wie im Beispiel i mit einer Lösung von 9,12
Gewichtsteilen Ammoniumpersulfat in 25 Gewichtsteilen Wasser vermengt und bei Zimmertemperatur
stehengelassen. Die Umsetzung ist ganz ähnlich wie im Beispiel i, verläuft aber
wesentlich rascher. Zunächst findet wieder eine schwache Erniedrigung der Viskosität
statt, dann eine Erhöhung, und schon nach 2 Tagen ist eine dicke, unlösliche Gallerte
entstanden. Auch hier läßt sich die Reaktion durch dieselben Faktoren beschleunigen
wie im Beispiel i, also z. B. durch Erhöhung der Konzentration, sowohl des Polymeren,
als auch des Persulfates, durch Steigerung der Temperaturen usw.
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3. Zur Verwendung gelangt die gegen Ende des Beispiels i angeführte
Lösung von 352 Gewichtsteilen einer 5 °/oigen Polyvinylalkohollösung, die mit einer
Lösung von 1,82 Gewichtsteilen Ammoniumpersulfat in 3 Gewichtsteilen Wasser vermischt
worden ist. Wie erwähnt, ist diese Lösung über lange Zeiten fast unverändert haltbar.
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Mit dieser Flüssigkeit werden Filme hergestellt. Läßt man auf einer
Glasplatte die Lösung mehrere Stunden, z. B. über Nacht, bei Zimmertemperatur verdunsten,
so bildet sich ein Film, der eine Spur weißlich trüb ist. Dieser Film ist im Gegensatz
zu den Filmen aus unverändertem Polyvinylalkohol nicht mehr in Wasser löslich, auch
nicht in kochendem, ebensowenig in wäßrigen Säuren oder wäßrigen Alkalien oder organischen
Lösungsmitteln, wie wasserhaltigem Eisessig. Wird die Filmbildung bei erhöhter Temperatur
vorgenommen, etwa bei ioo°, so wird dieser Zustand in wenigen Sekunden bis Minuten
erreicht.
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Werden zur Herstellung der Ausgangslösung größere Mengen von Persulfaten
verwendet, so ist das Unlöslichwerden des Films in kürzerer Zeit erreicht; gleichzeitig
tritt eine schwache, helle, gelblichbräunliche Färbung auf.
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Die Umsetzung findet auch statt, wenn die Lösung noch Zusätze enthält,
wie z. B. Weichmacher.
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4. Zur Anwendung gelangt eine wäßrige Emulsion oder Suspension, die
durch Polymerisieren von Vinylacetat in wäßrigem Polyvinylalkohol mit Hilfe von
Wasserstoffsuperoxyd hergestellt worden ist. Der Gehalt an Polyvinylacetat beträgt
gegen 5o °/o, der Gehalt an Polyvinylalkohol 2,5 °/o.
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ioo Gewichtsteile dieser Emulsion werden mit einer Lösung von o,8
Gewichtsteilen Ammoniumpersulfat in io Gewichtsteilen Wasser innig verrührt. Beim
Stehenlassen dieser Mischung bei Zimmertemperatur tritt längere Zeit scheinbar keine
Veränderung ein, aber im Verlaufe von mehreren Tagen bis Wochen wird die Emulsion
zu einer zusammenhängenden, elastischen Masse, aus der sich etwas wäßrige Flüssigkeit
absondert. Je mehr Persulfat hinzugesetzt worden war, desto fester ist der Zusammenhalt.
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Die mit Persulfat versetzte Emulsion läßt sich in den ersten Tagen
genau so verwenden wie die nicht vermischte.- Die daraus hergestellten Filme, Verklebungen,
Verleimungen, Anstriche usw. zeigen bemerkenswerte Verbesserungen der Eigenschaften.
Die Wasseraufnahme wird geringer; die Löslichkeit in Lösungsmitteln ist nicht mehr
vorhanden, die Haftfestigkeit auf der Unterlage und die mechanischen Eigenschaften
werden günstiger.
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Wird die Verarbeitung der Emulsion nicht bei Zimmertemperatur, sondern
bei erhöhter Temperatur vorgenommen, so findet nicht nur eine viel raschere Herbeiführung
des Endzustandes statt, sondern es genügen auch schon geringere Zusätze an Persulfat,
z. B. die Hälfte des oben angegebenen.
Emulsionen, denen gleichzeitig
noch Weichmacher oder Füllstoffe beigemengt -sind, lassen sich ebenfalls mit Persulfatlösungen
vermischen und ergeben dann in ihren Anwendungsbereichen ähnliche Verbesserungen.
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5. Ein Film, hergestellt durch Verdunstenlassen einer wäßrigen Lösung
von Polyvinylalkohol bei Zimmertemperatur auf einer Glasplatte wird in eine bei
2o° gesättigte Lösung von Ammoniumpersulfat getaucht.. Im Verlaufe von mehreren
Stunden bei Zimmertemperatur verliert der Film seine Löslichkeit in Wasser, wäßrigen
Säuren, wäßrigen Alkalien, Lösungsmitteln usw. Bei ' erhöhter Temperatur, z: B.
bei 5o bis 60 °, wird dieser Zustand in wenigen Augenblicken erreicht.
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Ähnlich wie Filme lassen sich andere Erzeugnisse,, wie Fäden, Schläuche,
Röhren, Preßlinge, durch die Einwirkung von konzentrierten Persulfatlösungen mehr
oder weniger oberflächlich oder tiefgreifend in den unlöslichen Zustand .überführen,
je nach der Dauer der Einwirkung und der Höhe der Temperatur. Dabei können die umzuwandelnden
Produkte auch gleichzeitig noch Weichmacher und Füllstoffe enthalten.