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Verfahren zur Zerlegung von Gemischen organischer Verbindungen Es
wurde gefunden, daß sich aliphatische geradkettige sauerstoffhaltige Verbindungen
mit 6 oder mehr Kohlenstoffatomen im Molekül und aliphatische geradkettige Kohlenwasserstoffe
mit 6 oder mehr Kohlenstoffatomen im Molekül aus solche enthaltenden flüssigen organischen
Gemischen abtrennen lassen, indem man den zu zerlegenden Gemischen Harnstoff zusetzt.
Die geradkettigen Verbindungen bilden dabei Harnstoffadditionsverbindungen, die
sich durch Dekantieren, Filtrieren oder Zentrifugieren abtrennen und in ihre Bestandteile
zerlegen lassen. Die Herstellung der. Harnstoffadditionsverbindungen erfolgt zweckmäßig
in Gegenwart von Lösungsmitteln für Harnstoff. Man braucht nur so viel Lösungsmittel
zuzusetzen, daß der Harnstoff davon gut durchtränkt ist. Es geht dann jeweils ein
kleiner Teil des Harnstoffes in Lösung und wird sofort wieder in Form der Additionsverbindung
ausgeschieden, worauf sich neuer Harnstoff lösen und mit den geradkettigen Verbindungen
zusammenlagern kann.
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Der Harnstoff kann sich jedoch auch in Abwesenheit von Lösungsmitteln
an die geradkettigen Verbindüngen
anlagern. Man kanmdies beobachten,
wenn man auf einem Objektträger zu einem Tropfen n-Oktanol einige winzige Kriställchen
Harnstoff zugibt. An den verhältnismäßig derben Harnstoff kristallen setzen sich
sofort unzählige feine Nädelchen an, so daß sie den Anblick bieten wie ein mit Eisenspänen
bewachsener Magnetstab.
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Die Bildung der Additionsverbindungen erfolgt bei den -einzelnen Stoffen
mit verschiedener Geschwindigkeit. So lagern sich Ester sehr schnell mit Harnstoff
zusammen. Überschichtet man z. B. eine konzentrierte alkoholische Harnstofflösung
mit einer Spur Pelargonsäureester, so bilden sich an der Berührungsstelle augenblicklich
lange feine Kristallnadeln des Additionsproduktes.
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Enthalten die mit Harnstoff zu behandelnden Gemische Stoffe, die mit
ihm chemisch reagieren, so muß unter so milden Bedingungen gearbeitet werden, daß
unerwünschte Reaktionen nicht eintreten.
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Die Harnstoffadditionsverbindungen werden durch Erhitzen oder durch
Zugabe von Harnstofflösern, z. B. von Wasser oder wäßrigen Lösungen oder von niedrigmolekularen
Alkoholen, insbesondere Methanol, in ihre Bestandteile zerlegt: Dies läßt sich z.
B: bei Additionsprodukten, die durch Versetzen von Paraffinöl mit-Harnstoff gewonnen
wurden, schön beobachten. Unter dem Mikroskop sieht man, wie die kleinen Kristalle
beim Benetzen mit einer Spur Wasser auseinanderfliegen und wie an ihrer Stelle winzige
Öltröpfchen auftreten.
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Geradkettige sauerstoffhaltige. Verbindungen, welche sich nach der
Erfindung aus Gemischen abtrennen fassen, sind z. B. primäres und sekundäres Oktanol,
Cetylalkohol, n-Decylalkohol; Heptylaldehyd, Nonylaldehyd, Decylaldehyd, Undecylaldehyd;
Methylnöny lketon, Methylundecylketön, Capronsäure, Caprylsäure, Undecylensäure,
Ölsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure; Pelargonsäureester, Önanthsäureester.
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Diese Stoffe enthaltende Gemische bringt man z. B. mit einer konzentrierten
Lösung von Harnstoff in Wasser, Methanol oder Äthanol zusammen und mischt gut durch.
Dabei scheiden sich feste kristallinische Additionsverbindungen ab, die in der angegebenen
Weise abgetrennt und in ihre Bestandteile zerlegt werden.
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Das Verfahren eignet sich z. B. dazu, höhere Alkohole aus rohen Gemischen,
wie sie bei katalytischen Verfahren oder bei Gärverfahren entstehen, in reiner Form
zu ,gewinnen. Auch aus ätherischen Ölen, wie Rautenöl, kann man in dieser Weise
die geradkettigen Bestandteile rein gewinnen.
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Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet für das Verfahren nach der
Erfindung ist die Zerlegung von Kohlenwasserstoffgemischen in Verbindungen mit gerader
und mit verzweigter Kette. Diese Zerlegung ist von besonderem technischem Interesse,
weil die Kohlenwasserstoffe mit verzweigten Ketten infolge ihrer hohen Klopffestigkeit
sehr gute Treibstoffe für Vergasermotoren, insbesondere Flugmotoren, sind, und Kohlenwasserstofft
mit geraden Ketten wegen- ihrer hohen ZündwilliglTit sich besonders für Dieselmotoren'
eignen. Als Ausgangsgemische kommen z. B. Mineralöle oder deren Fraktionen, wie
Benzin, Leuchtöl, Gasöl, Dieselöl, Paraffinöl, Schmieröl oder Vaseline, ferner Kohlenwasserstoffgemische,
wie sie bei der trockenen Destillation von Braun- oder Steinkohle und bei der spaltenden
Hydrierung von Kohle, Mineralöl oder Teer entstehen, sowie .auch durch Polymerisation
oder Spalten gewonnene Benzine in Frage.
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Zur Zerlegung von Benzin bringt man dieses z. B. mit einer gesättigten
Lösung von Harnstoff in Methanol zusammen. Dabei fallen die Verbindungen mit geraden
Ketten in Form ihrer Harnstoffadditionsverbindungen aus. Diese werden abgetrennt
und durch Erhitzen oder durch Behandlung mit geringen Mengen von Lösungsmitteln
für Harnstoff, z. B. Wasser, in ihre Bestandteile zerlegt. Die vom Harnstoff nicht
gebundenen, im wesentlichen verzweigtkettigen Kohlenwasserstoffe sind hochwertige
klopffeste Treibstoffe (Fliegerbenzin).
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Beispiel i 50 g Rautenöl werden mit 500 ccm gesättigter
wäßriger Harnstofflösung kräftig geschüttelt. Der sich alsbald ausscheidende Kristallbrei
wird scharf abgesaugt und durch Schütteln mit Zoo ccm Wasser zersetzt. Dabei scheidet
sich Methylnonylketon auf der wäßrigen Harnstofflösung ab.
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Beispiel 2 io Raumteile einer kaltgesättigten Lösung von Harnstoff
in Methanol werden mit x Raumteil n-Oktan versetzt und durch Schütteln gut gemischt.
Verringert man darauf die Konzentration des Harnstoffes durch Zusatz von weiterem
Methanol, so zerfällt die entstandene Additionsverbindung in ihre Bestandteile.
Auch durch Zusatz von Wasser oder durch Erhitzen der Additionsverbindung läßt sich
das n-Oktan wiedergewinnen.
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Beispiel 3 i Raumteil Leuchtöl wird mit 5 Raumteilen einer gesättigten
Lösung von Harnstoff in Methanol geschüttelt. Die ausgeschiedene Additionsverbindung
wird abgesaugt und zur Abscheidung der normalen Kohlenwasserstoffe erwärmt oder
mit Methanol oder Wasser versetzt. Man erhält ein Gemisch von normalen Kohlenwasserstoffen
mit einem Schmelzpunkt von -io° und nD 1,423o. Aus dem Filtrat werden die Kohlenwasserstoffe
mit verzweigter Kette, gegebenenfalls nach Entfernung des Hauptteils des Lösungsmittels,
durch Zusatz von Wasser abgeschieden. Diese haben einen Schmelzpunkt von -35° und
nD 1,4380.
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Beispiel 4 io ccm eines von 15o bis 18o° siedenden Testbenzins werden
mit 4o g Harnstoff, der mit etwa 35 ccm Methanol gut durchfeuchtet ist, kräftig
verrührt. Nach kurzer Zeit ist die Ausscheidung der Additionsverbindung beendet.
Diese wird abgenutscht und, wie im Beispiel 3 beschrieben, zerlegt. Man erhält etwa
4o °/o, bezogen auf Ausgangsstoffe,
geradkettige Kohlenwasserstoffe
(RD 1,q.190) und etwa 6o0fo verzweigtkettige Kohlenwasserstoffe (n ö ,4215); Schmelzpunkt
tiefer als -5o'.
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Beispiel 5 300 ccm Paraffinöl werden mit 15o ccm gesättigter
alkoholischer Harnstofflösung kräftig geschüttelt oder durch ein Rührwerk gerührt.
Die ausgeschiedenen Kristalle werden mit einem Fettlösungsmittel gewaschen. Sie
geben beim Zerlegen mit Wasser die normalen Kohlenwasserstoffe in Form von Weichparaffinen
vom Schmelzpunkt 23o. Beispiel 6 Roherdöl wird mit alkoholischer Harnstofflösung
geschüttelt. Dabei scheiden sich die darin enthalteiien geradkettigen Kohlenwasserstoffe
als körnige Masse ab, die die teerartigen Bestandteile mit sich reißt. Man kann
diese abtrennen, indem man scharf absaugt, wobei der Teer mit dem Lösungsmittel
in (las Filtrat geht und, da er darin unlöslich ist, abgetrennt werden kann. Man
kann auch nur schwach absaugen, so daß nur die alkoholische Lösung durch das Filter
geht, dann die Vorlage wechseln und scharf absaugen, wobei dann der Teer für sich
allein erhalten wird. Die letzten Reste des Teers können durch ein Lösungsmittel
aus dem Harnstoffadditionsprodukt ausgewaschen werden. Aus dem alkoholischen Filtrat
werden durch Zusatz von Wasser die verzweigtkettigen Kohlenwasserstoffe abgeschieden.
Man erhält also eine Zerlegung in 1. geradkettige Kohlenwasserstoffe mit einem Schmelzpunkt
von 15°, 2. teerartige Bestandteile und 3. verzweigtkettige Kohlenwasserstoffe mit
einem Schmelzpunkt von - 400-Beispiel ? Ein Gemisch aus 5o Gewichtsteilen n-Decylalkohol
und 5o Teilen Isooktan wird 3 Stunden mit 3o Teilen Harnstoff geschüttelt und dann
abgesaugt. Bei der Behandlung des Filterkuchens mit Wasser scheidet sich reiner
n-Decylalkohol ab.
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Beispiel S Ein Gemisch aus 1o g Laurinsäure und 2o ccm lsooktan wird
in 15o ccm mit Harnstoff gesättigte Methanollösung, welche noch 30g Harnstoff
als Bodenkörper enthält, eingebracht. Nach fünfstündigem Rühren wird abgesaugt und
der Filterkuchen mit Äther extrahiert. Nach dem Abdampfen des Äthers hinterbleibt
reine Laurinsäure.
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Beispiel 9 Ein Gemisch aus 1o g Laurinsäuremethylester und 2o ccm
Isooktan wird, wie im vorstehenden Beispiel angegeben ist, mit methylalkoholischer
Harnstofflösung behandelt. Aus dem durch Absaugen erhaltenen Filterkuchen gewinnt
man durch Zersetzen mit Wasser reinen Laurinsäuremethylester.