-
Verfahren;zur Emulsionspolymerisation bei gleichzeitiger Gegenwart
von Oxydationsmitteln und Reduktionsmitteln Es ist bekannt, zur Beschleunigung von
Emulsionspolymerisationen Oxydationsmittel mit Peroxydstruktur zu verwenden, wie
Wasserstoffsuperoxyd, Bariumsuperoxyd, Kaliumpersulfat, Benzoylsuperoxyd, Ozon,
Ozonide u. dgl. Weiter wurde vorgeschlagen, Reduktionsmittel, wie Stilfite, Hyposulfite,
Sulfoxylate, Hydrazin, Hydroxylamin und andere Verbindungen, zur Beschleunigung
von Emulsionspolymerisationen zu verwenden. Auch die Verdrängung von molekularem
Sauerstoff .durch inerte Gase, wie Stickstoff oder Kohlensäure, ist bei Emulsionspolymerisationen
als .Mittel zur Beschleunigung ins Auge gefaßt worden. Ferner wurde vorgeschlagen,
Emulsionspolymerisationen durch die gleichzeitige Verwendung von mehreren der aufgeführten
Hilfsmittel zu beschleunigen, also durch Peroxyde und inerte Gase oder durch Peroxyde
und Reduktionsmittel oder durch Peroxyde, inerte Gase und Reduktionsmittel oder
schließlich durch Reduktionsmittel zusammen mit inerten Gasen. Immer jedoch fanden
als Oxydationsmittel Verbindungen mit Peroxydstruktur Verwendung, Es wurde nun gefunden,
daß auch oxydierend wirkende Sauerstoffverbindungen ohne Peroxydstruktur in Gegenwart
von reduzierend wirkenden Verbindungen ohne polymerisationshemmende Wirkung zur
Beschleunigung von Emulsionspolymerisationen dienen können. Als Oxydationsmittel
ohne Peroxydstruktur werden beispielsweise genannt: anorganische Sauerstoffverbindungen,
wie
Kaliumpermanganat, Braunstein, Natriumchlorat, Natriumhypochlorit,. molekularer
Sauerstoff und andere. Die Auswahl der geeigneten Reduktionsmittel ist auf solche
reduzierend wirkende Verbindungen gerichtet, die keine Polymerisationsgifte sind.
Sie dürfen also die Polymerisation weder hemmen noch verhindern. Geeignete Reduktionsmittel
sind z. B. die niederen Sauerstoffsäuren des Schwefels und davon sich ableitende
Verbindungen, wie Hyposulfite, Sulfoxylate, Thiosulfate, Sulfite, ferner Hydrazin,
Hydroxylamin, Thioharnstoff und deren Abkömmlinge. Weiter eignen sich als Reduktionsmittel
Metallverbindungen, die sich von den niedrigen Wertigkeitsstufen der betreffenden
Metalle ableiten, z. B. Salze des zweiwertigen Chroms, des zweiwertigen Eisens,
des dreiwertigen Titans. Diese Reduktionsmittel zeichnen sich vielfach dadurch aus,
daß sie starke Elektrolyte sind und daß sie in den zu polymerisierenden Verbindungen
nicht oder nur sehr wenig, in der wäßrigen Phase jedoch recht gut löslich sind.
Zu den Polymerisationsgiften zählen dagegen Phenole, Chinone, aromatische Amine,
Nitroarylverbindungen, organische Schwefelverbindungen mit i oder;.2 Atomen Schwefel,
Selenverbindungen, Halogene. Derartige Polymerisationsgifte sind im Gegensatz zu
geeigneten Reduktionsmitteln in den zu polymerisierenden Verbindungen löslich.
-
Man kann sich die Polymerisationsbeschleunigung auf Grund der Wechselwirkung
zwischen Oxydations-und Reduktionsmittel so vorstellen, daß der Übergang von Sauerstoffatomen
aus den Molekülen des Oxydationsmittels in die Moleküle des Reduktionsmittels aktivierend
auf polymerisierbare Verbindungen in Erscheinung tritt. Es ist zweckmäßig, die Geschwindigkeit
dieser Wechselwirkung zu regeln, da man auf diese Weise mit sehr kleinen Mengen
der beschleunigten Stoffe gute Ausbeuten an Polymerisat erzielen kann.- Diesem Zweck
dient die geeignete Zusammenstellung von Oxydations- und Reduktionsmitteln, die
Reihenfolge ihrer Anwendung, ihre Konzentration, die Geschwindigkeit der Zugabe,
der pH-Wert der wäßrigen Phase, die Temperatur u. a. m. So kann man ebenso das Oxydationsmittel
vorlegen und das Reduktionsmittel langsam zufügen wie umgekehrt vorgehen. Auch kann
man Oxydations- und Reduktionsmittel gleichzeitig anwenden, wobei sie in äquivalenten
Mengen vorliegen können öder wobei das eine Mittel im Überschuß oder Unterschuß
angewandt werden kann. Man kann auch zusätzlich zur Verwendung von Oxydations- und
Reduktionsmitteln noch mit inerten Gasen zur Verdrängung der Luft arbeiten.
-
Das vorliegende Verfahren kann bei der Polymerisation von einheitlichen
Monomeren wie von Gemischen aus zwei oder mehreren Monomeren angewendet werden.
Die Vorteile der dadurch erzielten Beschleunigung der Polymerisation liegen in der
Möglichkeit, je nach den Erfordernissen die Polymerisätionsdauer abzukürzen oder
bei tieferer Temperatur zu polymerisieren. Durch letzteres gelangt uranvielfach
zu technisch wertvolleren Produkten. Beispiele i. Man mischt =o Gewichtsteile einer
5%igen wäßrigen Lösung von Polyvinylalkohol, die mit Schwefelsäure auf Pu 3 gestellt
ist, mit i Gewichtsteil Viriylacetat, i Gewichtsteil einer i°/oigen wäßrigen Lösung
von Natriumchlorat und 2 Gewichtsteilen einer i%igen wäßrigen Lösung von Formaldehydnatriumsulfoxylat
und läßt die Mischung bei 2o° stehen. Nach etwa i'-/, Stunden erkennt man die Bildung
von Polymerisat am Weißwerden der Mischung, und nach weiteren =o Stunden ist ein
volles Weiß erreicht. Der Prozentgehalt an Vinylacetat fällt in 7 Tagen von 7 auf
o,30/0. Ohne den Chloratzusatz fällt der Vinylacetatgehalt von 7 auf 4,404, und
ohne den Zusatz von Formaldehydnatriumsulfoxylat bleibt er konstant.
-
Man kann Forrnaldehydnatriumsulfoxylat z. B. durch Natriumhyposulfit
oder durch Ferrosalze ersetzen und Natriumchlorat z. B. durch Kaliumpermanganat,
Braunstein oder Calciumhypochlorit. Die Geschwindigkeit der Polymerisation hängt
von der Wahl des Oxydations= bzw. Reduktionsmittels ab.
-
2. Läßt man zu einer bei knapp 70° siedenden Mischung aus 24o Gewichtsteilen
einer 5°/oigen wäßrigen Polyvinylalkohollösung, ro Gewichtsteilen einer wäßrigen
io%igen Natriumchloratlösung und 25o Gewichtsteilen Vinylacetat unter Rühren langsam
7 Gewichtsteile einer 5°/oigen wäßrigen Lösung von Natriumhyposulfit zufließen,
so erzielt man in 5o bis 6o Minuten praktisch vollständige Polymerisation. 2o Minuten
nach Beginn der Hyposulfitzugabe sind noch 17 °/o Vinylacetat in der Mischung vorhanden
und nach 6o Minuten i l)/,. Bei Abwesenheit von Natriumchlorat nimmt der Gehalt
an Vinylacetat in 2o Minuten von 5o auf 45 "/o und in 6o Minuten auf 27 0/° ab.
-
Man kann auch so verfahren, daß man bei der Mischung an Stelle von
Natriumchlorat Natriumhyposulfit verwendet und eine Lösung von Natriumchlorat langsam
zugibt. Auch dann erhält man praktisch vollständige Polymerisation.
-
3, Zu einem Ansatz, bestehend aus. =8o Gewichtsteilen Styrol, 1,6
Gewichtsteilen a-oxyoktadekansulfosaurem Natrium, i Gewichtsteil Ätznatron, 2 Gewichtsteilen
Formamidinsulfinsäure N H, - C (: N H) S 02H und 43o Gewichtsteilen Wasser,
läßt man unter ständigem Rühren eine Lösung von o,5 Gewichtsteilen Natriumchlorat
in 4o Gewichtsteilen Wasserin 21/z Stunden fließen. Man arbeitet unter Stickstoffatmosphäre
bei 30°. z1/2 Stunden nach beendetem Zulauf sind 2/s der eingesetzten Styrohnenge
polymerisiert, während ohne Natriumchlorat 8 Stunden dazu benötigt werden. Bei Abwesenheit
von Formamidinsulfinsäure wird durch Natriumchlorat kein Polystyrol gebildet.
-
4. Eine Lösung von 5 Gewichtsteilen a-oxyoktodekansulfosauref Natrium,
i Gewichtsteil Natriumchlorat und o,7 Gewichtsteilen normaler Schwefelsäure in 23o
Gewichtsteilen Wasser 'wird mit 16o Gewichtsteilen Acrylsäuremethylester versetzt
. und unter Ausschluß von Luft auf 70° erwärmt. Man läßt im Verlauf von 3 Stunden
=i Gewichtsteile einer io°/oigen Lösung von Natriumformaldehydsulfoxylat in Wasser
zutropfen. Die Ausbeute an Polymerisat, bezogen auf den eingesetzten Ester, beträgt
nach i Stunde 34 °/p, nach 2 Stunden 61 °%, nach 3 Stunden 82 °/o. Ohne die Zugabe
des Reduktionsmittels sind
die Ausbeuten nach den gleichen Zeiten
2o °/o, 38 °/" 57 %. Ersetzt man jedoch Natriumchlorat durch die äquivalente Menge
Natriumchlorid und läßt dann die Lösung des Reduktionsmittels in 3 Stunden zutropfen,
so betragen die Ausbeuten 23 °/o, 45 °/o, 61 °/o.
-
5. 5ooo Gewichtsteile einer wäßrigen Lösung vom pH-Wert 3,7, die 75
Gewichtsteile des Diäthylaminoäthanolesters einer Paraffinfettsäure und Schwefelsäure
enthält, werden mit i Gewichtsteil Natriumhyposulfit, g Gewichtsteilen Natriumformaldehydsulfoxylat,
5 Gewichtsteilen Natriumchlorat, 25o Gewichtsteilen Styrol und 75o Gewichtsteilen
Butadien versetzt und im Schüttelautoklav auf 40° erwärmt. Nach 4 Stunden beträgt
die Ausbeute an Polymerisat 3 % der Theorie, nach 2o Stunden 16 °/o, nach 29 Stunden
21 °/o und nach 42 Stunden 43 °/o. Ohne Natriumchlorat erfolgt keine Polymerisation,
ebenso bei Abwesenheit von Natriumhyposulfit und Natriumsulfoxylat. Das erhaltene
Polymerisat ist nach dem Trocknen nahezu farblos, während ein entsprechend mit Persulfat
hergestelltes Polymerisat gelbbraune Farbe besitzt.
-
6. i2oo Gewichtsteile einer wäßrigen Lösung, die 2o Gewichtsteile
des Natriumsalzes einer Paraffinsulfosäure, o,z5 Gewichtsteile Natriumsulfit,
0,35 Gewichtsteile Natriumchlorid und z Gewichtsteile 2-normaler Schwefelsäure
enthält, werden zusammen mit 40o Gewichtsteilen Vinylchlorid im Rührautoklav 3 Stunden
auf 52° erhitzt. Die Ausbeute an Polymerisat beträgt 52 °/o der Theorie. Ersetzt
man das Natriumchlorid durch die äquivalente Menge Natriumchlorat (= i Gewichtsteil),
so steigt die Ausbeute auf 710/0. Fügt man in einem dritten Versuch außer
dem Natriumchlorat noch o,2 Gewichtsteile Natriumhyposulfit und 2 Gewichtsteile
Natriumformaldehydsulfoxylat hinzu, so erhöht sich die Ausbeute auf 95 %.