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Verfahren zur Polymerisation von Athylenverbindungen Üblicherweise
wird die Polymerisation von Äth_vlenverbindungen oder deren Mischungen, die bei
Raumtemperatur gasförmig sind, in Druckgefäßen durchgeführt. Ferner können diese
ungesättigten Verbindungen auch ohne Anwendung erhöhten Druckes polymerisiert werden,
wenn man sie z. 13. mittels eines Schnellrührers aus ihrer über einer Katalysatorlösung
befindlichen Gasphase in die geeignet temperierte Flüssigkeit einrührt oder in möglichst
feiner Verteilung, z. B. mittels einer Glasfritte oder Filterkerze, von unten in
eine wäßrige Katal_vsatorlösung bei geeigneter Temperatur einleitet. Man erhält
auf diese Weise wäßrige Dispersionen der polymeren Substanz.
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Der Polymerisationsgrad von auf diese Weise polymerisierten Äthylenverbindungen,
wie z. B. Vinylchlorid, ist verhältnismäßig niedrig, jedoch sind solche Produkte
für spezielle Zwecke, z. B. als Lackrohstoffe, sehr geeignet und nach den üblichen
Verfahren unter Druck nur durch besondere Arbeitsweise, z. B. durch Zusatz eines
Kettenabbrechers oder Reglers, zu erhalten. Der Nachteil dieses bekannten drucklosen
Verfahrens ist der geringe Umsatz bei niedriger Raumzeitausbeute.
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F.s wurde gefunden, daß man auch mit Hilfe dieser bekannten, ohne
Überdruck oder nur mit geringem l'1>erdruck durchgeführten Polymerisation zu einer
wesentlich größeren und somit wirtschaftlicheren Ausbeute kommen kann, wenn man
ein Redoxsystem als Katalysator anwendet und eine
der Komponenten.dieses
Systems gas- oder dampfförmig zusammen mit der Xthylennerbindung in das die andere
Komponente enthaltende, flüssige Reaktionsmedium einleitet. Dabei bleibt der Vorteil
des bekannten drucklosen. Verfahrens, nämlich die einfache und nur einen geringen
Aufwand an Apparaten erfordernde Durchführungsweise, voll erhalten. Vermischt man
beispielsweise einegeringe Menge eines Gases mit reduzierenden. Eigenschaften mit
einer gasförmigen Äthylenverbindung und leitet diese Mischung von unten in die wäßrige.
Lösung eines peroxydischen Katalysators bei geeigneter Temperatur ein, so erfolgt
die Polymerisation mit hohem Umsatz.
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:11s Beimischung zum Monomeren können alle reduzierenden Gase verwendet
werden, wobei die wasserlöslichen von besonderem Vorteil beim Arbeiten in wäßriger
Flotte sind, wie z. B. Schwefeldioxyd, Trimethylamin und ähnliche, ferner reduzierende
organische Verbindungen, die leicht vergast werden können oder die in flüssigem
Zustand zwar einen geringen Dampfdruck haben, aber leicht von dem gas- oder dampfförmigen
Monomeren mitgenommen werden. Basische Reduktionsmittel bewirken außerdem eine wesentlich
gesteigerte thermische Stabilität der Polymerisate im Gegensatz zu den mit Schwefeldioxyd
hergestellten. Umgekehrt ist auch die Zugabe der Reduktionsmittel zur Flotte und
Aktivierung mit gasförmigen Katalysatoren, wie Sauerstoff, bei dieser drucklosen
Polymerisation möglich. Als Katalysatoren für,die .wäßrige Phase eignen sich alle
Perverbindungen, wie z. B. die Salze der Perschwefelsäure oder lösliche organische
Peroxvde.
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Eine weitere Erhöhung des Umsatzes wird durch Zugabe eines Metallsalzes
bzw. einer organischen Metallverbindung, insbesondere einer Eisenverbindung, zu
der Katal.ysatorlösung erreicht. Auch können Emulgatoren angewendet werden. Außer
in wäßriger Phase läßt sich die Polymerisation auch in organischen Lösungsmitteln
durchführen, in denen ein organischer Katalysator gelöst ist.
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Als polymerisneren:de Substanzen .sind besonders diejenigenÄthylenverbindungenund
deren-Mischungen, gegebenenfalls mit Kettenüberträgern, geeignet, welche unter gewöhnlichen
Bedingungen gasförmig sind oder leicht in diesen Zustand, z. B. durch Erwärmen,
übergeführt werden ,können. Auch solche flüssigen Monomeren eignen sich, die bei
einem geringen Dampfdruck,in flüssigem Zustand sich Leicht einem inerten Gas, z.
B. Stickstoff als Trägergas, beimischen lassen oder als Mischkomponente beim Durchleiten
eines anderen gasförmigen Monomeren mitgerissen werden. Eine längere Verweilzeit
der Gasblasen läßt sich durch geeignete apparative Maßnahmen, z. B. durch Einsetzen
von Raschigringen in .das Rea'kbionsrohr, erreichen oder durch Erhöhung 'der Viskosität
der Flotte. Ist das Polymerisatiornsprodukt in dem Reaktionsmedium unlöslich, so
tritt nach dem Anspringen der Polymerisation eine deutliche Umsatzsteigerung ein,
und zwar zunehmend vom Zeitpunkt der Trübung ab in dem Maße, wie sich die Dispersionsbildung
verstärkt. Durch Vorlegen von Polymerisationsdispersion kann daher die Raumzeitausbeute
noch gesteigert werden.
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Ein besonderer Vorteil dieser drucklosen Arbeitsweise liegt darin,
daß sie eine kontinuierliche Polymerisation ermöglicht, die leicht durch Nachschleusen
von Flotte und entsprechendes Wegnehmen der entstandenen Polymerisatdispersion durchgeführt
werden kann. Beispiel1 Eine 20/aige Kaliumpersulfatlösung in einem Glaszylinder
mit Mantelrohr für eine Umlaufheizflüssigkeit wird auf 40'° erwärmt. Durch eine
im untersten Teil des Glasrohrs befindliche feinporige Fritte leitet man eine Mischung
Vinylchlorid mit etwa t Gewichtsprozent Schwefeldioxyd in die Katalysatorlösung
langsam ein. Bereits nach 15 bis 2o Minuten wird infolge dispergierten Polymerisats
die geheizte Lösung opak und weiterhin zunehmeiTd milchig-trül). Die Gaszufuhr wird
so reguliert, daß möglichst keine Gasblasen die Oberfläche erreichen. Die Verweilzeit
der Gasblasen bei 22ooccm Katalysatorlösung mit einer Flüssigkeitshöhe von 87 cm
ist durchschnittlich 5 Sekunden. Nach 16,5 Stunden erhält man durch Ausfällen der
Dispersion loo g Polymerisat mit einem K-Wert von 23 (nach Fikentscher). Bei einem
Einsatz von 18o g Vinylchlorid ist deshalb :der Umsatz 555% (Raumzeitausibeute:
2,759/1h ).
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Ein unter gleichen Bedingungen angesetzter Versuch, wobei das reine
Vinylchlorid ohne Beimischung einer reduzierenden Substanz eingeleitet wird, erbringt
in 2,5 Stunden 3,89 Polymerisat; dies entspricht einer Ausbeute von 12%.
Die Katalysatorlösung wurde erst nach 35 bis 40 Minuten trüb. Die Raumzeitausbeute
betrug o,5 g/1/1 und verbesserte sich auch bei stundenlangem weiterem Einleiten
nicht. Beispiel e Zu eitler 2%igen Kaliumpersulfatlösung wird o,ol% Ferroammoniurnsulfat
(Mdhrsches, Salz) hinzugefügt und die Lösung auf 40°' erwärmt. Wie oben angegeben,
wird ein Gemisch aus Vinylchlorid und Schwefeldioxyd eingeleitet. Nach
12,75 Stunden erhält man 115 g Polyvinylchlorid 'mit einem K-Wert von 18.
Bei einem Einsatz von 158 g Vinylchlorid ist der Umsatz 72% und die Rau.mzeitausbeute
4,1 g/1/h.
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Führt man die gleiche Polymerisation bei 30° durch, so wurde nach
7,25 Stunden ein 78,5a/aiger Ummatz oder 6,55 9/1/h erhalten. K-Wert = 24. Bei einer
Reaktionstemperatur von 2o°' während 12 Stunden beträgt bei 72'10 Umsatz die Raumzeitausbeute
6,o5 g11/1 und der K-Wert 33,5. Der K-Wert oder Polymerisationsgrad läßt sich also
leicht mit Hilfe der Temperatur steuern.
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Beispiel 3 In eine auf 40° geheizte 2%ige Kal,iurnpersuIfatlösung,
die t 01o alkylsulfosaures Natrium als Emulgator und o,ol% Ferroammoniumsulfat enthält,
wird
eine Mischung von Vinytchlorid mit i Gewichtsprozent Trimethylamin eingeleitet.
Nach 6 Stunden ist die Lösung deutlich trüb. Man erhält nach 21 Stunden bei einem
Verbrauch von 290 g Vinylchlori@d eine stabile Dispersion, die nach Ausfällen 1179
körniges Polymerisat mit einem K-Wert von 28,5 ergibt. Der Umsatz ist 41 % bei einer
Raumzeitausbeute von 3,3 g/1/h. Das Polymerisat enthält Spuren Stickstoff. Das Reduktionsmittel
ist also zum Teil in das Makromolekül eingebaut, wofür auch die überraschende thermische
Stabilität gegenüber Produkten nach Beispiel i und 2 spricht. Nach Erhitzen in siedendem
Wasser zeigt das Produkt nach i Stunde noch keine Verfärbung. Polymerisate mit Schwefeldioxyd
als Reduktionsmittel waren dagegen bereits verhältnismäßig schnell dunkel verfärbt.
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Zum Vergleich ergibt ein Versuch ohne Emulgator nach demselben Ansatz
eine Raumzeitausbeute von nur o, i g/1/h. Ein Versuch mit Emulgator und reinem Vinychlorid
ohne Reduktionsmittel zeigt keinerlei Umsatz. l3eispie14 In eine 2%ige Kaliumpersulfatlösung
mit o,oi 0/0 Ferroammoniumsulfat, die auf 30° geheizt ist, wird eine _NI ischung
von as-Dichloräthylen mit etwa i 0/0 Schwefeldioxyd gasförmig eingeleitet. Als Trägergas
wird Stickstoff verwendet. Nach io Minuten tritt Trübung ein. Nach 2,5 Stunden beträgt
der Umsatz 45% bei einer Ausbeute von io,5 9/1/h. Dieses Polymerisat ist nur in
heißem Cyclohexanon löslich. Beispie15 In eine Katalysatorlösung, wie unter 4 beschrieben,
wird bei 30° eine Mischung von etwa gleichen Teilen Vinvlcblorid und as-Dichloräthylen
mit etwa i % Schwefeldioxyd eingeleitet. Nach 30 Minuten ist die Flotte getrübt.
Bei einer Ausbeute von etwa 4,25 g/1/h wird ein Polymer isat erhalten, das eine
Zusammensetzung von 56 Gewichtsprozent as-Dichloräthylen und 44 Gewichtsprozent
Vinylchlorid, berechnet aus dem Chlorgehalt von 660/'o, aufweist. Der K-Wert ist
24. Das Produkt ist unlöslich in Aceton im Gegensatz zti reinem Vinylchloridpolymerisat.
Es liegt also ein echtes Mischpolymerisat vor. Beispiz16 Bei einer Lösungspolymerisation
in einem Nichtlöser für Polyvinylchlorid wird in eine auf 3o° geheizte i,6%i@ge
Lösung von Benzoylperoxyd in Methanol (gesättigte Lösung), die eine Sptir Eisenacetylacetonat
enthält, eine Mischung von Vinylahlorid mit i % Trimethylamin eingeleitet. Bei einer
Volumzunahme der Lösung von etwa io% tritt Ausflockung des Polymeren ein. Die Ausbeute
beträgt o,56 g/1/h. Der K-Wert ist 36.
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Beispiel ? In eine 30° warme 2%ige Lösung von Benzoylperoxyd in Äthylaoetat
(Lösungsmittel für niedermolekulares Polyvinylchlorid) wird eine Mischung von Vinylchlorid
mit i Gewichtsprozent Trimethylamin eingeleitet. Die Volumzunahme .der Äthylacetatlösung
nach 6,5 Stunden Versuchsdauer beträgt etwa 15 %. Die Lösung wird anschließend mit
Methanol versetzt, wobei das Polymere sich in leicht filtrierbarer Form als Flocken
abscheidet. Zur Entfernung von restlichem Benzoylperoxyd wird das Polymere mit Äther
gewaschen. Bei einer Rau:mzeitausbeute von 3,5 g/1/h beträgt derUmsatz 14%. Der
K-Wert ist 4o.