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Verfahren zur Darstellung von Ricinenöl aus Ricinusöl
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Die heute allgemein geübte katalytische Dehy- |
dratation des Ricinusöls zum sog@kici»veäl` (Tri- |
glycerid der y, i i-Linolsäure oder Ricinensäure) weist zwei Nachteile auf, welche
die Beschaffenheit der erzielbaren Produkte maßgeblich beeinflussen. Einmal veranlassen
die vorzugsweise benutzten sauren Katalysatoren ungeachtet ihrer vielfach nur sehr
geringen Menge eine keineswegs unerheblich zu nennende Bildung von Linolsäuren mit
isolierten Doppelbindungen; zum andern setzen mehr oder weniger weitgehende Umesterungen
der Ricinusölkomplexe zu Estolidglyceriden ein, wodurch eine Blockierung eines entsprechenden
Teils der für eine Wasserabspaltung notwendigen Hydroxylgruppen erfolgt. Insgesamt
bedingt das eine Entstehung von Produkten, die infolge ihres bestenfalls auf etwa
30 bis 35% zu, schätzenden Anteils an konjugiert ungesättigten Fettsäuren kaum als
wirkliche Ricinenöle anzuerkennen sind, sondern lediglich dehydratisierte Ricinusöle
von im übrigen recht wechselnder Beschaffenheit darstellen.
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Um die angedeuteten Umstände auszuschalten, ist es erforderlich, dfie
Dehydratationen .so zu lenken, daß sowohl die Bildung von Linolsäuren mit isolierten
Doppelbindungen als auch die Entstehung von Estolidglyceriden tunlichst ausgeschaltet
werden.
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Es wurde gefunden, daß sich dieses Ziel erreichen läßt, wenn man das
umzuwandelnde Ricinusöl mit solcher Geschwindigkeit und unter solchen Temperaturbedingungen
in eine ausreichende Menge freier Fettsäuren oder auch Harzsäuren einbringt, daß
jeweils eine. sofortige Veresterung
der Hydroxylgruppen der Ricinolsäurereste
erfolgen kann. Es hat sich gezeigt, daß hierzu weniger als die stöchiometrische
Menge freier Hilfssäuren ausreicht, weil bei entsprechend gewählter Temperatur unmittelbar
Wiederzerfall der Esterkomplexe eintritt, wobei die angestrebte Bildung der Ricinensäureester
erfolgt. Da erfahrungsgemäß eine 0lefinlii@hdung aus Alkoholen über vorgängig gebildete
Ester von höheren Fettsäuren, z. B. Palmitinsäure, auch bei Vorliegen langer X,lethylenketten
keine Doppelbindungsverschiebungen bedingt und weiterhin für eine Regeneration der
Hilfssäure beim Zerfall der aus Ricinusöl gebildeten Ester das speziell am Kohlenstoff
i i der Ricinolsäure'kette befindliche Wasserstoffatom bevorzugte Eignung hat, wird
auf die angedeutete Art einer möglichen Bildung von Linolsäure mit isolierten Doppelbindungen
vorgebeugt. Weiterhin schließen sowohl die Veresterungen des Ricinusöls mit der
Hilfssäure als auch die bei der vorliegenden Arbeitsweise gegebene Verdünnung des
Ricinusöls 1-stolidglyceridbildungen infolge Umesterungen weitgehend aus.
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Obwohl die Menge der Hilfssäure bis auf etwa '/a Äquivalent, d. h.
i Mol einbasische l-lilfssäure auf i Mol Ricinusöl, erniedrigt werden kann, macht
sich ihr Verbleib im Reaktionsprodukt entsprechend bemerkbar. Hieraus ergeben sich
indes kaum Nachteile. So steht es zunächst frei, als Hilfssäure besonders Ricinensäure
selbst zu benutzen; im Anschluß an die Dehydratation erfolgende Neutralveresterungen
mit geeigneten Polyalkoholen, z. B. Glycerin, würden somit vollwertige Ricinenöle
ergeben. Weiterhin darf nicht übersehen werden, daß Ricinenöle ohnehin vielfach
in Gemischen mit sonstigen ölen oder Harzen verwendet werden, z. B. würde ein mit
Sojaölfettsäure oder Leinölfettsäure als Hilfssäure dargestelltes Produkt bereits
ohne nachfolgende Veresterung mit einem Polyalkohol eine wertvolle Komponente für
die Darstellung von ölalkydharzen darstellen. Arbeitet man schließlich mit Kolophoniumharzsäuren
oder Kopalschmelzrückständen, so ergibt die anschließende Neutralveresterung sofort
hochwertige Lacke auf Ricinenölbasis.
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Als Hilfssäuren sind somit nicht nur Ricinensäure, sondern auch die
Fettsäuregemische natürlicher trocknender öle, außer Holzöl und Oiticicaül, ferner
isomerisierte Fettsäuren mit konjugierten Doppelbindungen, dimerisierte Fettsäuren,
geblasene Fettsäuren usw., durch Umsetzung mit Styrol oder Cyclopentadien sowie
Maleinsäureanliydrid modifizierte Fettsäuren, Kolophonium, hydriertes oder polymerisiertes
Kolophonium, Abietinsäure, Hydroabietinsäure, Kopalschmelzrückstände, Tallöl und
Tallöldestillate, Harzsäureaddukte, Addukte von Terpenköhlenwasserstoffen mit Maleinsäureanhydrid
für sich oder in Mischung untereinander, gegebenenfalls auch unter Mitverwendung
von Ricinolsäure, verwendbar.
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Zwecks Sicherung einer zureichenden Veresterungsgeschwindigkeit ist
die Einhaltung einer Anfangstemperatur von etwa aoo bis 23o° erforderlich, während
die anschließend erforderliche Spaltung der entstandenen Zwischenester erst bei
Temperaturen oberhalb 240 bis 250° beendet werden kann. Hiernach ergibt sich etwa
eine Arbeitsweise, wie sie in den Beispielen erläutert wird. Beispiel 1 .f2o Teile
Ricinensäure werden in ein ein tnit Rührwerk und Destillationsvorlage sowie Vakuum
ausgestattetem Kessel auf 210 bis 22o° erhitzt. Alsdann läßt man unter IZiilireii
und Erhaltung der Temperatur allmählich 93o Teile Ricinusöl einfließen. Die Geschwindigkeit
des Zuflusses ist dabei so einzurichten, daß jeweils der Großteil des im Kessel
befindlichen Ricinusöls verestert ist, was sich durch Messung des in der Vorlage
angesammelten Reaktionswassers kontrollieren läßt. Nach völligem Eintragen des Ricinusöls
wird unter fortgesetztem Rühren die Temperatur erhöht und bis 25o bis 28o° gesteigert.
Zugleich wird mäßiges Vakuum (3o bis 5o mm Hg) angelegt, wobei darauf zu achten
ist, daß tunlichst nur Wasser, indes keine Fettsäure abdestilliert. Das Eide der
Umsetzung ist an dem Auftreten einer Säurezahl von etwa 5o bis 6o zu erkennen. Bei
richtiger Arbeitsweise ist die Ausbeute praktisch quantitativ. Das Produkt besitzt
dünnflüssige, etwa schwach angekochtem Leinöl ähnliche Konsistenz und zeigt einen
Jodzählgang von etwa 3o bis 3-5, d. h. eine Zunahme der Wijs-Jodzahl von
etwa 13o nach Stunden, auf etwa 16o bis 165 nach 8 Tagen. Soll neutral verestert
werden, dann läßt man den Ansatz zunächst etwas abkühlen (auf etwa 200°) und fügt
dann eine entsprechende Menge eines Polyalkohols, z. 11. .46 Teile Glycerin, wasserfrei,
hinzu und verestert in an sich bekannter Weise. Das dabei erzielbare Neutralprodukt
(SZ. unter 5) weist je nach Erhitzungsdauer dünnere oder dickere Standölkonsistenz
auf und hißt sich durch Zinnchlorid zu einer Gallerte koagulieren. die bei Extraktion
mit Äther 70 bis Soo/o Rückstand ergibt. Nach Sikkativierung liefert das
01 einen Firnis, der innerhalb weniger Stunden klar und runzelfrei zu einem gegen
\\'aser beständigen Film erhärtet. Beispiel e :15o Teile helles Kolophonium werden
geschmolzen und die Schmelze auf 220 bis 23o° erhitzt. Unter Rühren werden sodann
nach und nach 93o Teile Ricinusöl eingetragen, wobei die Temperatur konstant zu
halten ist. Die Geschwindigkeit der Zugabe richtet sich wieder nach der Menge des
auftretenden Reaktionswassers. ='1iischließend wird die Temperatur unter gleichzeitigem
Anlegen von Vakuum und weiterem Rühren erst auf etwa 25o°, dann 27o bis 2801 und
schließlich bis gegen 300° gesteigert, wobei diese Temperatur nur kurz gehalten
wird. Man läßt etwas abkühlen und verestert neutral mit einem Gemisch von Glycerin
und Pentaerythrit. N acli Verdünnen mit Testbenzin
und Zusatz von
Sikkativ wird ein Lack erhalten. Juan kann indes auch auf die \eutralveresterung
verzichten und das anfallende saure Produkt zusammen mit P;htlialsäurean'hydrid
und Polyalkohol zu einem Alkydharz weiter verarbeiten.
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Die Ausbeute ist auch jetzt praktisch quantitativ. Die weitgehende
Konjugierung gibt sich wieder in der hohen Koagulationsfähigkeit durch Zinnchlorid
zu erkennen, indem die Extraktion der anfallenden Gallerten mit Äther etwa 6o°/o
unlösliche Anteile, etwa go0%o der Theorie, ergibt.
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Es ist darauf hinzuweisen, daß es bereits bekannt war, liolzölartig
trocknende Produkte für Anstrichzwecke aus Ricinusöl in der Weise zu bereiten, daß
man das Öl in Gegenwart solcher Stoffe erhitzte, welche erfahrungsgemäß eine vorzeitige
Gallertbildung bei llolzöl zu verhindern gestatten.
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Als solcheProdukte sind unter anderen auchFettsäuren und Harzsäuren
benannt. Zum Beispiel sollen gleiche TeileRicinensäure (=Octadekadien-9, ii-säure-i)
und Ricinusöl imKohlensäurestrom zunächst einige Stunden auf 220 bis 23o° und a=nschließend
im Vakuum noch einige Stunden auf 200 bis 21o° erhitzt werden, bis die Acetylzahl
des Gemischesunter 2o gesunken ist. Es ist leicht einzusehen, d'aß dieses Verfahren
sich von dem vorliegenden sogar wesentlich unterscheidet, indem es eitler Bildung
von Estolidglyceriden direkt Vorschub leistet. während es gerade darauf ankommt,
solche auf Blockierung von Hvdroxvlgruppen hinauslaufenden Umsetzungen tunlichst
zu vermeiden. Außerdem sind bei dem `bekannten Verfahren auch keine Maßnahmen zur
sicheren Aufspaltung solcher Estolidglyceride vorgesehen, indem hierzu Behandlungstemperaturen
von mindestens 250° notwendig sind, die indes bei der früheren Arbeitsweise weder
anfangs noch nachträglich vorgesehen sind.
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Schließlich ist noch zu bemerken, daß bei der Durchführung des vorliegenden
Verfahrens alle -Maßnahmen angewendet «erden können, welche erfahrungsgemäß die
Erzielung heller Produkte sichern.