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Verfahren zur Herstellung mehrwertiger Alkohole Es ist bekannt, daß
man durch Behandeln von Formaldehyd mit basischen Mitteln, insbesonderemit Calcium-
oder 131eiliydroxyd, in wäßrigem Medium zuckerartige Kondensationsprodukte, die
sog. Formase, erhält und daß man durch deren 'katalytische 1-Ivdrierung mehrwertige
Alkohole herstellen kann.
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.Dabei hat es sich als nachteilig erwiesen, daß die Formase von ihrer
Herstellung her stets erhebliche Mengen des Kondensationsmittels, z. B. CalciumhYdroxyd,
enthält, das teils an die zuckerartigen Bestandteile, teils an die durch Disproportionierung
des Formaldehyds und aldehydischer Reaktionsprodukte gebildeten Carbonsäuren gebunden
ist. Diese Disproportionierung läßt sich durch Mitverwendung von Methanol verringern,
aber nicht ganz verhindern. Die in der rohen Formose vorhandenen Calcium- bzw. Bleiverbindungen
beeinträchtigen nun einerseits die Wirksamkeit und Haltbarkeit der Hydrierungskatalysatoren;
andererseits bewirken sie, daß die Kondensation bei der Hydrierung, die meistens
in der Wärme erfolgt, weitergeht, wobei unerwünschte hochmolekulare Produkte entstehen
können.
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Man hat nun bereits vorgeschlagen, die anorganischen Beimengungen
vor der Hydrierung vollständig oder weitgehend zu entfernen, indem nian z. B. das
Calcium durch Oxalsäure oder Schwefelsäure, das Blei durch Schwefelsäure oder Schwefelwasserstoff
ausfällt. Dabei werden jedoch auch die obenerwähnten Carbonsäuren freigesetzt,
die
auf eiserne Apparaturen korrodierend wirken und bei Anwendung korrosionsfester Gefäße
häufig nur zu öligen, unerwünschten Produkten hydrierbar sind.
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Es wurde nun gefunden, daß man die genannten Nachteile vermeiden und
in guter Ausbeute wertvolle mehrwertige Alkohole erhalten kann, wenn man auf die
durch Behandeln von Formaldehyd mit Calcium- oder Bleihydroxyd in wäßrigem Medium,
gewünschtenfalls unter Zusatz von Methanol, gewonnenen Lösungen in der Wärme Kohlendioxyd
einwirken läßt und das vom Calcium- bzw. Bleicarbonat befreite Filtrat, gegebenenfalls
nach Abdestillieren des Methanols und anderer niedrig siedender Anteile katalytisch
hydriert.
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Man läßt das Kohlendioxyd bei etwa 5o bis 1000, zweckmäßig bei etwa
7o0 einwirken. Dabei wird nur das an die zuckerartigen Anteile der Formose -gebundene
Calcium bzw. Blei als Carbonat ausgefällt; die an die Carbonsäuren gebundenen Anteile,
welche etwa die Hälfte des gesamten vorhandenen Metalls betragen, bleiben dagegen
im Reaktionsgemisch gelöst. Trotz des noch verhältnismäßig hohen Metallgehalts sind
diese Lösungen ohne weiteres katalytisch hydrierbar, ohne daß Störungen der obenerwähnten
Art auftreten; es erfolgt also weder Weiterkondensation noch Korrosion oder eine
Beeinträchtigung der Katalysatoren.
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Als Katalysatoren für die Hydrierung der mit Kohlendioxyd behandelten
Formose eignen sich z. B. Nickel wie auch besonders Kupfer, das auf Trägern, wie
Kieselgel, niedergeschlagen und mit Zusätzen, wie Chrom-, Zink- oder Bariumoxyd,
aktiviert sein kann. Auch mit Alkalilauge angeätzte sog. Dewarda- oder Raneylegierungen
sind verwendbar; sie haben den Vorteil, daß man sie im Hydrierofen selbst durch
Behandeln mit Alkalilaugen regenerieren kann, sobald das etwa erforderlich wird.
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Die Hydrierung kann im übrigen z. B. so ausgeführt werden, daß man
die vom Calcium- bzw. Bleicarbonat befreite Formoselösung über den im Hydrierofen
in Stücken angeordneten Katalysator rieseln läßt und von unten her Wasserstoff einpreßt.
Man kann auch in einzelnen Chargen arbeiten, wobei man auch fein verteilte Katalysatoren
anwenden kann. Besonders vorteilhaft arbeitet man so, daß man die zu reduzierende
Lösung von unten her zusammen mit Wasserstoff in den mit stückförmigem Katalysator
gefüllten Hydrierofen einpumpt und die Verweilzeit so einstellt, daß oben das fertig
hydrierte Produkt abläuft. Man erkennt das Ende der Hydrierung daran, daß Fehlingsche
Lösung von einer Probe des Hydriergemisches nicht mehr reduziert wird.
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Die jeweils günstigsten Hydriertemperaturen, Wasserstoffdrucke und
Verweilzeiten lassen sich durch Vor-versuche leicht ermitteln. Bei Verwendung von
Kupferkatalysatoren arbeitet man z. B. zweckmäßig bei 7o bis 140° und 5o bis 300
oder mehr Atmosphären Wasserstoffdruck und Verweilzeiten von i bis 3 Stunden. Oft
enthalten die so erhaltenen Hydrierungshrodukte geringe Mengen von löslichen Kupferkomplexverbindungen.
Das hat zur Folge, daß die zunächst fast farblosen Hydrierungsprodukte sich an der
Luft mehr oder weniger stark verfärben, d. h. violett oder braun werden. Man kann
diese Erscheinung verhindern, indem man die fertigen Hydrierungsprodukte mit geringen
Mengen Säure, z. B. Ameisen- oder Oxalsäure, versetzt, oder mit Adsorptionsmitteln,
wie Kohle oder Bleicherde, behandelt. Man erreicht eine größere Farbbeständigkeit
aber auch dadurch, daß man das Hydriergemisch nach Passieren des Kupferkatalysators
noch in Gegenwart von Wasserstoff über einen Nickelkatalysator leitet. Am einfachsten
verfährt man so, daß man bei dem geschilderten kontinuierlichen Betrieb über dem
Kupferkatalysator noch eine verhältnismäßig kurze Schicht eines Nickelkatalysators
im gleichen Hydrierofen anordnet. Erforderlichenfalls kann man dann noch eine Behandlung
des Hydriergutes mit Säuren und bzw. oder Adsorptionsmitteln anschließen.
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Die so erhaltenen Hydrierungsgemische sind wäßrige Lösungen von Polyalkoholen
mit etwa zwei bis sechs Kohlenstoffatomen im Molekül, die noch die obenerwähnten
Calcium- bzw. Bleisalze von Carbonsäuren, im ganzen etwa die Hälfte des zur Herstellung
der Formose verwendeten Metallhydroxyds enthalten. Für manche Verwendungszwecke
stört dieser Gehalt an Mineralstoffen nicht. Man kann sie aber auch nach der Hydrierung
in bekannter Weise durch Ausfällen mit Oxalsäure, Schwefelsäure bzw. Schwefelwasserstoff
und Filtrieren der gebildeten Niederschläge weitgehend entfernen. Eine vollständige
Entfernung ist in gleichfalls bekannter `'eise durch Überleiten über harzartige
Ionenaustauscher möglich. Im allgemeinen genügt es, die Hydrierungsgemische über
Kationenaustauscher zu leiten, was wegen der dabei erfolgenden Freisetzung von Carbonsäuren
in säurefesten oder mit säurefesten Auskleidungen versehenen Gefäßen erfolgen muß.
Da die freigesetzten Säuren größtenteils flüchtig sind, werden sie beim nachfolgenden
Eindampfen weitgehend entfernt. Man kann die mit Kationenaustauschern behandelten
Lösungen aber anschließend auch noch mit basischen Harzen behandeln und sie so vollständig
von sauren Anteilen befreien.
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Die so von aschebildenden und sauren Anteilen befreiten Hydrierungsprodukte
werden nun erforderlichenfalls noch mit Adsorptionsmitteln, wie Kohle oder Bleicherde,
behandelt und schließlich bei möglichst tiefen Temperaturen, z. B. 8o0, bei vermindertem
Druck auf die gewünschte Konzentration eingeengt oder völlig vom Wasser befreit.,
Man erhält dabei Gemische von mehrwertigen Alkoholen mit etwa zwei bis sechs Kohlenstoffatomen
im Molekül, die sich als solche oder in Form ihrer Ester oder Äther u. dgl. z. B.
zur Herstellung von Emulgatoren, Weichmachungsmitteln oder Verdickungsmitteln vorzüglich
eignen. Man kann die Gemische für manche Anwendungszwecke noch geeigneter machen,
wenn man sie von den
Diolen, also vor allem vom Äthylen- und i,
2-Propylenglykol, befreit. Dies ist leicht möglich, indem man sie z. B. bei ungefähr
i mm Druck, gewünschtenfalls unter Einleiten von Wasserdampf, auf 9o bis ioo° erhitzt,
bis die unter diesen Bedingungen flüchtigen Diole ganz oder im erforderten Ausmaße
entfernt sind. Beispiel i Man pumpt durch ein röhrenartiges Reaktionsgefäß, das
von außen kühlbar und heizbar ist, ein auf 70° vorgeheiztes Gemisch von 30%iger
wäßriger Formaldehydlösung und Methanol im Verhältnis i :0,75. Am Eingang zum Reaktionsraum
gibt man eine wäßrige Aufschlämmung von Ca(011)2 in solchen Mengen zu, daß auf ioo
ccm Formaldehydlösung etwa 1,95 g Ca(OH)2 kommen. Durch Kühlung sorgt man dafür,
daß das Gemisch sich nicht über 750 erwärmt und keine Dampfblasen auftreten. Die
Länge des Reaktionsraumes und die Durchflußgeschwindigkeit wird so bemessen, daß
das Reaktionsgemisch ungefähr 20 11inuten im Rohr verweilt. Die klare, gelbliche
Lösung enthält dann praktisch keinen Formaldehyd mehr. 'Man leitet sie dann in einen
Turm ein, in welchem man sie bei derselben Temperatur mit Kohlendioxyd sättigt.
Aus der vom entstandenen Calciumcarbonat filtrierten Lösung wird nun das Methanol
abdestilliert, das man wieder dem Verfahren zuführt. Die metlianolfreie Lösung,
aus der beim Abdampfen etwa 30 g Formosesirup erhalten werden können,
wird mit 2% eines mit Chrom-, Zink- und Bariumoxyd aktivierten Kupferkatalysators
versetzt, welcher zuvor bei 12o bis 25o° mit Wasserstoff reduziert wurde, und in
einem Autoklaven etwa 3 Stunden bei 12o bis i,4o° mit Wasserstoff von 25o at Druck
behandelt. Nach Abfiltrieren des Katalysators erhält man eine klare bräunliche Lösung,
die keine Zuckerreaktion mehr gibt. Sie wird mit einer Oxalsäurelösung versetzt,
bis eine entnommene und filtrierte Probe bei weiterer Zugabe von Oxalsäure keine
Trübung mehr gibt. Nach Entfernung des Niederschlags wird die saure Lösung bei vermindertem
Druck und höchstens 8o0 zum Sirup eingedampft. Man erhält einen klaren, bräunlichen,
aus mehrwertigen Alkoholen mit etwa zwei bis sechs Kohlenstoffatomen bestehenden
Sirup, der noch geringe Mengen organischer Säuren enthält und für viele Zwecke unmittelbar
verwendbar ist. Beispiel e Eine wie im Beispiel i hergestellte Formoselösung mit
einem Gehalt von etwa 30% Formosesirup wird von unten in einen stehenden Hydrierofen
gepumpt, der mit einem Kupfer-Kieselgel-Katalysator beschickt ist, welcher etwa
20% Cu enthält. Auf 1 1 Katalysator kann pro Stunde etwa '/a bis '/21 der Lösung
eingepumpt werden. Die Temperatur im Ofen beträgt 8o bis ioo°, der Wasserstoffdruck
25o at, die Gaszufuhr erfolgt gleichfalls von unten: Mit dem oben überlaufenden
Hydrierprodukt wird auch etwas Wasserstoff entspannt, um eine genügende Strömung
des Wasserstoffs im Ofen aufrechtzuerhalten.
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Das Hydrierprodukt ist farblos oder schwach violett gefärbt; ioo ccm
liefern beim Eindampfen 25 bis 30 g eines sirupartigen Gemisches mehrwertiger
Alkohole. Die Prüfung auf Zucker mit Fehlingscher Lösung ist negativ oder zeigt
nur noch Spuren von Zucker an. Der Aschegehalt, bezogen auf wasserfreien Sirup,
beträgt etwa 20/0. Diese Lösung wird zur Entfernung der basischen Bestandteile durch
eine mit einem Kationenaustauschliarz beschickte Batterie von je zwei @hintereinandergeschalteten
Absorbern gepumpt. Die Geschwindigkeit wird so bemessen, daß auf 700 @'oltimteile
der Harzfüllung iooo Volumteile Lösung pro Stunde eingepumpt werden. Die ablaufende
Lösung ist frei von aschebildenden Substanzen und ziemlich stark sauer geworden.
Nach dem Durchsetzen der angegebenen Menge ist der erste Absorber gesättigt; er
wird nun in bekannter Weise mit Wasser gespült und mit 5%iger Salzsäure regeneriert,
erneut mit Wasser gewaschen und ist dann wieder betriebsbereit. Inzwischen wurde
ein frisch regenerierter dritter Absorber gleicher Größe hinter den zweiten geschaltet,
worauf man weitere iooo Volumteile Hydrierprodukt durch die Absorber 2 und 3 pumpt.
Hierauf muß der Absorber 2 regeneriert «-erden, wobei man die Lösung durch die Absorber
3 und i schickt. Durch diese Schaltung wird eine günstige Ausnutzung des Harzes
und ein stets gleichbleibender, sehr geringer Aschengehalt in der Lösung erreicht,
da diese immer zuletzt auf frisch regeneriertes Harz trifft.
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Um den Säuregehalt herabzusetzen, verwendet man eine ganz analog gebaute
Batterie von drei mit einem Anionenaustauschharz beschickten Absorbern. Der Säuregehalt
in der Lösung geht dabei auf weniger als o,oi n zurück. Zweckmäßig verwendet man
hier aber nur 700 Volumteile Lösung auf 700 Volumteile Harz und regeneriert
dann die erste Hälfte des Harzes, was mit 5 9/oigem N H3-Wasser geschehen kann.
Will man ein sehr helles Fertigprodukt herstellen, so erhitzt man die Lösung schließlich
noch mit i % einer Absorptionskohle, filtriert und dampft bei vermindertem Druck
bei höchstens 8o0 ein. Man erhält einen schwach gelblich gefärbten, dickflüssigen
Sirup, der aus einem Gemisch von mehrwertigen Alkoholen mit etwa zwei bis sechs
Kohlenstoffatomen besteht. Er kann durch Behandeln mit Wasserdampf bei 9o bis
1000 unter i mm Druck von Äthylen- und 1, 2-Propylenglykol befreit werden.