-
Verfahren zur Gewinnung von Alkohol und von beigemengtem Zucker befreitem
Saponin aus bitteren Kastanien
das Verfahren zur Gewinnung von Alkohol aus bitteren Kastanienmaischen derart zu
gestallten, daß es mit den technisch üblichen Brennereihefen ohne Hydrolyseanwendung
durchgeführt werden kann und dabei eine wesentlich höhere Alkoholausbeute als bei
den bekannten Verfahren, gegelbenenfalls eine praktisch vollständige Alkoholausbeute
ergibt und außerdem aus den Gärrückständen die Gewinnung von Saponin nach an sich
bekannten technischen Methoden ermöglicht.
-
Die Ursache für die Unvergärbarheit bitterer Kastanienmaischen wurde
bisher darin gesehen, daß sich die bitteren Kastanienmaischen nicht hinreichend
verzuckern lassen, weil die Giftstoffe der Kastanie, insbesondere der Saponinkomplex
oder sogar das Saponin selbst, das verzuckernde Ferment (Amylase) zerstören. Es
hat sich jedoch gezeigt,
daß sich die Verzuckerung der bitteren
Kastanienmaische vollständig und ohne Schwierigkeiten durchführen läßt. Gemäß der
Erfindung erfolgt dies in der Weise, daß feingemahlenes Kastanienmehl unter Zusatz
von Grünmalz oder Brennereidarrmalz oder anderen hinreichend amylasehaltigen Präparaten
nach einem der bekannten Maischverfahren vollständig verzuckert wird. Die aus dieser
Dickmaische gewonnene Würze wird dann in einfacher Weise von den gärunghemmenden
Giftstoffen befreit. Die Würze wird dabei aus der Dickmaische durch einen Abläuterungsprozeß
erhalten.
-
Dieses Verfahren kann beispielsweise in folgender Weise durchgeführt
werden. Die durch Trocknung konservierten Kastanien werden müllereitechnisch aufbereitet.
Dabei ist auf bestmögliche Entschalung Wert zu legen: Das Vermahlen zu feinem Mehl
kann beispielsweise auf einer Schlagkreuzmühle erfolgen. Vorteilhaft ist es, das
Kastanienmehl nach erfolgter mechanischer Aufbereitung zu entfetten, wodurch die
Qualität des in dem erfindungsgemäßen Verfahren gewonnenen Alkohols und Saponins
erheblich verbessert wird. Das so erhaltene Kastanienfeinmehl wird bei vier- bis
siebenfacher, vorteilhaft fünffacher Verdünnung, unter Zusatz von io bis 20 % Grünmalz
oder Brennereidarrmalz, nach dem Hochkochverfahren gemaischt. Es kann aber dabei
auch jedes andere bekannte Maischverfahren, z. B. das Kochverfahren oder das Druckverfahren,
Anwendung finden. Die Warmverzuckerung, die bei einer Temperatur von etwa 58 bis
62,5° C durchgeführt wird, ist häufig bereits nach einer Stunde vollständig, jedoch
ist es, besonders bei Verwendung von Darrmalz, vorteilhaft, den Verzuckerungsvorgang
sich über iy2 bis 2 Stunden erstrecken zu lassen. Es ist wichtig, die Verzuckerung
vollständig durchzuführen, weil es bei dem Würzeverfahren, wie es gemäß der Erfindung
angewendet wird, im Gegensatz zum Dickmaischverfahren keine Nachverzuckerung gibt,
da die Diastase bei der nachfolgenden alkalischen Klärung (Entgiftung) vernichtet
wird. Vorteilhaft ist auch die Einbaltung einer Peptonisierungsrast für Y2 bis i
Stunde bei einer Temperatur von etwa 45 bis 5o° C.
-
Die auf diese Weise erhaltene Dickmaische kann nicht ohne weiteres
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren weiterverarbeitet, d. h. dem Entgiftungsprozeß
unterworfen werden. Sie muß vielmehr, um eine treberfreie Würze zu erhalten, abgelläutert
werden. Dies kann z. B. unter Verwendung eines kombinierten Maisch- und Läuterbottichs
oder eines separaten Läuterbottichs durchgeführt werden. Dabei ist es erfahrungsgemäß
erforderlich, die Maische bei der Abläuterung mit der doppelten bis dreifachen Menge
heißen Wassers, bezogen auf das Maischvolumen, nachzusc'hwänzen. Will man an Nachschwänzwasser
sparen, so ist es vorteilhaft, an Stelle des Läuterbottichs eine Läuterfilterpresse
zu verwenden, woraus ein nicht unerheblicher Zeit- und Wärmegewinn resultiert. Die
Maische ist vollständig auszulaugen, also so weit, daß sie technisch zuckerfrei
ist und sich möglichst der gesamte Zucker in der Würze befindet. Zur Erleichterung
des Läutervorganges können bereits beim Maischen Zur Auflockerung der Maische etwa
io % Zuniaischmaterialien, z. B. Häcksel oder Malzkeime, zugesetzt werden.
-
Die so erhaltene Würze enthält noch gärunghemmende Giftstoffe, und
zwar vorzugsweise einen Bestandteil des Rohsaponins, der saurer Natur ist und gerbstoffartigen
Charakter hat. Diese Giftstoffe müssen aus der Würze entfernt oder zumindest unschädlich
gemacht werden. Der hierbei mit Vorteil anzuwendende Kläreffekt beruht einmal auf
der Einstellung eines pA (Wasserstoffionenkonzentration), das dem isoelektrischen
Punkt gewisser Eiweißstoffe entspricht und zum anderen auf der koagulierenden und
adsorbierenden Wirkung von heiß und alkalisch gefälltem genartigem Tricaiciumphosphat
und Gips. Dieses Verfahren kann beispielsweise im einzelnen wie folgt durchgeführt
werden: Die zu klärende Lösung wird mittels Schwefelsäure unter Erhitzen auf etwa
6o° C auf ein pH von zweckmäßig 4,0 bis 4,2 gebracht und unter lebhafter Durchmischung
mit iY2 bis 3 0/0, bezogen auf das Extraktgewicht, Superphosphat (mindestens 16prozentig)
versetzt. Der Extraktgehalt der Lösung soll zweckmäßig 2o° Balling nicht wesentlich
übersteigen. Unter dauernder lebhafter Durchmischung mit einem mechanischen Rührwerk
oder besser mit einem Luft-Dampfstrahl-Injektor wird auf 9o bis 95° C aufgewärmt
und die Lösung mit der errechneten oder empirisch ermittelten Menge 30%iger technischer
Natronlauge auf ein pH von 8 bis 9, optimal 8,5, gebracht. An Stelle der Natronlauge
kann zwar auch kalzinierte Soda verwendet werden, aber deren Verwendung ist wegen
des starken Schäumens nicht zweckmäßig. Dann läßt man unter Ausschaltung der Mischvorrichtung
ganz kurz aufkochen und absitzen. Von dein flockigen Schlamm wird nach 5 bis 6 Stunden
mittels einer Spindel oder sonstiger Dekantiervorrichtung abdekantiert. Auf diese
Weise erhält man eine giftfreie und voll vergärungsfähige Würze.
-
Diese Würze wird nun vergoren. Um die für eine gute Gärung erforderlich-en
Verhältnisse zu schaffen, wird sie zunächst durch Ansäuerung mittels Schwefelsäure
oder technischer Milchsäure auf ein pH von etwa 5,0 gebracht. Gleichzeitig
wird die für eine optimale Gärung erforderliche Phosphorsäuremenge in Form eines
schwach schwefelsauren, wässerigen Extraktes von etwa 2 % Superphosphat, bezogen
auf die Extraktmenge, zugesetzt. Dann wird die so vorbereitete Würze über Kühler
geleitet uud auf 25 bis 30° C abgekühlt. Die Würze wird nun mit 5 bis io %, bezogen
auf das Maischquantum, Anstellhefe, z. B. Bäckerhefe oder mit in einem Nebenverfahren
kontinuierlich gezogener Brennereihefe, versetzt. Die Angärung verläuft in der Regel
stürmisch, während die Haupt- und Nachgärung normal verlaufen. Die Gärung ist spätestens
nach drei Tagen abzubrechen, da bei längerer Gärung das in der Würze enthaltene
Saponin angegriffen werden kann.
-
Die vergorene Würze, die das Saponin enthält, wird in der üblichen
Weise brennereitechnisch verarbeitet.
Sie wird vorteilhaft mit der
Hefe entgeistet. Falls jedoch Wert auf ein möglichst gereinigtes, insbesondere von
Eiweiß befreites Saponin gelegt wird, empfiehlt es sich, den Gärungstrub nebst Hefe
auf einem Klärseparator, Seitzfilter oder einem ähnlichen Apparat a-bzuschleudern
oder abzufiltrieren. Auf jeden Fall läßt sich die mit der Hefe entgeistete Würze
noch blanker aüsschleudern, als dies bei vergorenen und ohne Hefe entgeisteten Würzen
der Fall ist. Man erhält auf diese Weise eine kristallblanke entgeistete SaponinlOsung.
-
Die entgeistete Schlempe wird nach an sich bekannten technischen Methoden
zur Gewinnung von Saponin weiterverarbeitet. Die Saponinlösung fällt heiß aus dem
Brennapparat bzw. der Klärzentrifuge an und kommt so auf den Eindicker. Die Eindikkung
erfolgt vorteilhaft im Vakuum, kann jedoch auch in Rührpfannen vorgenommen werden.
Um, besonders bei letzterer Methode, eine weitere, evtl. mögliche autogene Spaltung
des sauren Reinsaponins frei der Eindickung und Trocknung zu vermeiden, wird die
Würze zweckmäßig mit Magnesiumoxyd auf ein plc von etwa 7,0 gebracht. Diese
Neutralisation der Lösung kann gegebenenfalls in dem Vorratsgefäß des Eindickapparates
vorgenommen werden.
-
Die Ausbeute an Alkohol beträgt etwa 25 0/0 reinen Alkohol netto,
bezogen auf ein Bittermehl mit einem Wassergehalt von etwa 2 bis 3 % und etwa 2
% Schalengehalt. Dies entspricht einer Ausbeute von etwa 8o % der Alkollolergiebigkeit
nach L i n t n e r - F o t h des angewandten Bittermehls. Die Qualität des Alkohols
entspricht besonders bei vorhergehender Entfettung nach Rektifikation der eines
guten Trinkbranntweins. Die Ausbeute an Trockensaponin beträgt nach Neutralisation
etwa 3 % Mehl. Dieses Trockensaponin eignet sich besonders gut für die Zwecke der
Pflanzenschutzmittelindustrie und ist überdies in allen Fällen zu gebrauchen, wo
es sich um die Notwendigkeit der Verwendung eines Trockensaponins mit verringerter
Schaumkraft und völliger Erhaltung der Benetzungsfähigkeit handelt. Die Hygroskopizität
ist weitgehend vermindert.
-
Das vorbeschriebene Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens
läßt sich technisch in allen Einzelheiten durchführen und ist beliebig reproduzierbar.
An technischen Einrichtungen sind zur Durchführung dieses Würzeverfahrens erforderlich:
ein Maischbottich, ein Läuterbottich, gegebenenfalls kombinierter Maisch- und Läuterbottich,
oder eine Läuterfilterpresse, eine Maischepumpe, eine oder zwei Zentrifugalpumpen
zur Wiirzeförderung, ein hölzerner Klärbottich mit Körting-Mischvorrichtung und
Spindel-Dekantiervorrichtung, ein Zwischenbottich für geklärte Würze, ein Würzekühler,
Gärbottiche, eine einfache Einrichtung zur Weiterzüchtung der Stellhefe (Reinzuchtanlage),
ein zur Würzeentgeistung geeigneter Brennapparat und eine Klärzentrifuge zum Klären
der entgeisteten Saponinlösung und zum Ausschleudern der Hefe. Weiterhin sind geringe
Mengen billiger Chemikalien erforderlich, nämlich Schwefelsäure, Superphosphat,
kalzinierte Soda oder technische Natronlauge, Magnesium-oder Calciumoxyd zur Neutralisation
der entgeisteten und blankgeschleuderten Saponinlösung und Zusatzläutermaterial.
Die über ein normales Dickmaischverfahren hinausgehenden apparativen Anschaffungen
sind geringer als die beim chemischen Entbitterungsverfahren mittels alkoholischer
Extraktion erforderlichen. Lösungsmittelverluste fallen fort, ebenso das Risiko
der nicht hinreichenden Entbitterung.