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Verfahren zur Gewinnung reinen Tonerdehydrates aus eisen und kieselsäurehaltigen
Tonen Für die Gewinnung von Tonerdehydrat bzw. Tonerde stehen bisher im wesentlichen
zwei Verfahren zur Verfügung, und zwar einerseits ein älteres saures Verfahren und
andererseits ein neueres, derzeit meist benutztes alkalisches Verfahren in mehreren
Ausführungsformen. Diese Verfahren sind jedoch mit dem Nachteil behaftet, daß man
im Rahmen des sauren Verfahrens zwar die im Ausgangsmaterial enthaltene Kieselsäure,
welche bei der Auslaugung des sauren Aufschlusses als Anhydrid ungelöst zurückbleibt,
entfernen kann, aber fast das gesamte, im Ausgangsmaterial enthaltene Eisen als
Sulfat in Lösung erhält, welches nur schwierig und unter erheblichen Kosten zu entfernen
ist, sowie mit dem Nachteil behaftet, daß man im Rahmen des alkalischen. Verfahrens,
zwar das im Ausgangsmaterial enthaltene Eisen entfernen kann, aber die im Ausgangsmaterial
vorhandene Kieselsäure restlos in- Lösung erhält.
Um nach einem
Säureverfahren eisenfreie Tonerdeverbindungen herzustellen, ist man daher bisher
gezwungen gewesen, möglichst eisenfreie Tone, wie rein weiße Kaoline, Porzellantone
oder weißen Bauxit zu verwenden, um von vornherein möglichst zu vermeiden, beim
Aufschluß Eisen mit in Lösung zu bekommen, da die nachträgliche Entfernung des in
Lösung gegangenen Eisens eine sehr aufmerksame und zeitraubende Arbeit erfordert
und nur in verdünnten Lösungen möglich ist, welche nachträglich unter erheblichem
Kostenaufwand wieder konzentriert werden müssen.
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Für das vorerwähnte alkalische Verfahren ist einerseits die trockene
Ausführungsform nach Le Chatelier und Gebrüder Löwig und andererseits die nasse
Ausführungsform nach Bayer bekannt. Gemäß der ersteren wird durch Kalzinieren von
rotem, also stark eisenhaltigem, aber kieselsäurearmem Bauxit mit Natriumcarbonat
und Auslaugen des im Glühprodukt gebildeten Natriumaluminats durch schnelles Abfiltrieren
des kochend heißen Aluminats vom Rotschlamm das Tonerdehydrat aus dem Aluminat vermittels
Kohlensäure oder durch Ausrühren nach Bayer gefällt. Gemäß der letzteren Ausführungsform
erfolgt der Aufschluß von rotem Bauxit mit konzentrierter Natronlauge (45° Be) in
Autoklaven 2 bis 3 Stunden lang bei einem Druck von .4 bis 5 Atm. und Ablassen des
etwa 16o° heißen Autoklav eninhaltes in ein mit Wasser (oder Waschlauge) gefülltes
Mischgefäß, in welchem die Lauge von etwa 5o° Be auf etwa 2i° Be herabgedrückt und
auf eine Temperatur von etwa 6o° abgekühlt wird. Diese etwa 6o' warme Lauge wird
dann durch zwei hintereinandergeschaltete Filterpressen von dem Rotschlamm, der
aus dem abgeschiedenen Eisen. Titan und sonstigem Unlöslichen besteht, getrennt.
Auch ein Teil des im Bauxit vorhanden gewesenen Aluminiumsilicats scheidet sich
als Al 2 03 - h; a2 O - 3 S i 02 . 9 H2 O ab, wodurch ein entsprechender Verlust
an A1203 entsteht. Die Filtration muß dabei sehr schnell (in etwa io :Minuten) erfolgen,
weil sonst die abgeschiedenen Eisen-, Titan- und Silicatverbindungen noch während
des Filtrierens zersetzend auf das Aluminat einwirken, wodurch wiederum Tonerdeverlust
eintritt.
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Aus allem geht ohne weiteres hervor, daß nach dem alkalischen Verfahren
weder Kaolin und Ton noch weißer (kieselsäurereicher) Bauxit, sondern nur roter
(eisenreicher) Bauxit, der möglichst nicht mehr als z% Kieselsäure enthält, verarbeitet
werden können.
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Durch das Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung gelingt es nun,
alle die vorerwähnten Schwierigkeiten zu beseitigen und auf einfache und sichere
Weise reines Tonerdehydrat aus eisen- und kieselsäurehaltigen Tonen zu gewinnen
und damit auch inländische Ausgangsstoffe, ja sogar solche Tone für die genannten
Zwecke nutzbar zu machen, welche bisher sowohl für die chemische als auch für die
keramische Industrie infolge ihres Eisengehalts vollständig unbrauchbar und wertlos
waren. Dieses Verfahren gemäß der Erfindung ist im wesentlichen dadurch gekennzeichnet,
daß der zweckmäßig möglichst feinteiligeAusgangston mit etwa der Hälfte der auf
seinen Tonerdegehalt berechneten Menge Schwefelsäure unter inniger Verteilung vermischt
und bis zum Anfall einer krümeligen Masse getrocknet wird, diese Masse dann geröstet,
fein zerkleinert und mit der restlichen Menge der berechneten Schwefelsäure versetzt
wird, worauf nach Einwirkung derselben Wasser bis zum Vorliegen filtrierfähiger
Beschaffenheit zugefügt und die gebildete Aluminiumsulfatlösung von den Feststoffen
abgetrennt wird, diese Aluminiumsulfatlösung dann mit einer auf ihren Tonerdegehalt
berechneten Menge Alkalihydroxyd, vorzugsweise Natriumhydroxyd, versetzt, von den
dadurch ausgefällten Eisen- und sonstigen Metalloxyden abgetrennt und aus der so
erhaltenen Aluminatlösung durch Zusatz von Säure Tonerdehydrat ausgefällt wird,
welches nach bekannten Verfahren auf Tonerde verarbeitet werden kann.
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Während nach den bisherigen Verfahren die zum Aufschluß bestimmte
Menge Kaolin/Ton nach vorhergegangenem Schlämmen, um den Sand und etwa vorhandene
Mineraltrümmer zu entfernen, und danach folgendem Kalzinieren, um die organische
Substanz zu vernichten, die sonst nach längerem Gebrauch der im weiteren Verlauf
der Arbeit herzustellenden alkalischen Mutterlaugen die Abscheidung des Tonerdehydrats
zunächst 'verschlechtern und weiterhin gänzlich verhindern würde, nach und nach
in die berechnete und zum Kochen erhitzte Menge Schwefelsäure verrührt wird, wird
also im Rahmen des vorliegenden Verfahrens das Kalzinieren mit dem Aufschluß kombiniert
derart, daß nach dem Schlämmen die aufzuschließende Menge Ausgangston schnell hintereinander
mit etwa der Hälfte der berechneten Menge Schwefelsäure verrührt und bis zum Anfall
einer krümeligen Masse getrocknet wird. Dieser erste Schw-efelsäureteilaufschluß
des Ausgangstons wird zweckmäßig in Gegenwart von seinem Gewicht gegenüber geringeren
Wassermengen, welche dem Ausgangston der Aufschlußsäure oder dem Gemisch beider
zugesetzt werden können, durchgeführt, da hierdurch das Einrühren erleichtert und
die Bildung des Sulfats gefördert wird. Des weiteren ist es vorteilhaft, diesen
ersten Schwefelsäureteilaufschluß des Ausgangstons bei erhöhter Temperatur durchzuführen,
und
zwar zweckmäßig derart, daß die Aufschlußsäure in heißem, z. B. durch Schnatterdampf
bis zum Kochen. erhitzten. Zustand zugesetzt wird; da hierdurch der zeitliche Ablauf
der Einwirkung beschleunigt und die Bildung der krümeligen Masse gefördert wird.
Bei dieser ersten Aufschlußphase kann man schnell arbeiten, da es hierbei weniger
darauf ankommt, einen Teil des Tons sofort aufzuschließen, sondern insbesondere
darauf, die angewandte Menge Schwefelsäure möglichst gleichmäßig durch die ganze
Tonmasse zu verteilen, um derselben beim nachfolgenden vorsichtigen Durchglühen,
das gleichzeitig zur Calcination dient, Gelegenheit zu geben, das an sich schwerlösliche
Aluminiumsilicat so anzugreifen bzw. zu lockern; daß die Tonerde bei dem nunmehr
folgenden zweiten Teil'aufschluß, dem eigentlichen Aufschluß, schnell und leicht
von der Kieselsäure getrennt werden kann.
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Die nach Einbringen des gesamten Ausgangstons im Rahmen der ersten
Phase entstandene krümelige Masse des Voraufschlusses wird nach der z. B. in einem
Thelenapparat bewirkten Trocknung z. B. etwa :o- Minuten bei 45o bis 750° geröstet,
dann abgekühlt und in Kugelmühlen fein gemahlen oder sonstwie fein zerkleinert,
worauf sie zweckmäßig in mit Wasser angeteigter Form, dessen Menge zum Auflösen
der vorhandenen Salze ausreichend ist und zweckmäßig etwa dem Gewicht - der zerkleinerten
Masse entspricht, dem zweiten Teilaufschluß zugeführt wird.
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Dieser zweite Teilaufschluß kann z. B. in der Weise durchgeführt werden,
daß die restliche Menge der berechneten Schwefelsäure in durch Schnatterdampf auf
etwa ioo° erhitztem Zustand zugesetzt wird. Der Aufschluß erfolgt dabei sofort unter
Selbsterhitzung des Reaktionsgemischs auf etwa i2o°. Durch vorsichtiges regelmäßiges
Zugeben des Voraufschlusses und Zuleiten von Schnatterdampf läßt sich bei ständiger
Beobachtung des Thermometers diese Temperatur bis zum vollständigen Einbringen des
Voraufschlusses halten, und es empfiehlt sich, dieselbe darüber hinaus noch etwa
2o Minuten beizubehalten. Sollte dabei die Reaktionsmasse im Behandlungsgefäß zu
steif werden, -so gibt man von Zeit zu Zeit in kleinen Mengen weiteres, möglichst
vorgewärmtes Wasser hinzu.
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Ferner kann der zweite Teilaufschl'uß mit besonderem Vorteil, da dann
besonders schnell und sicher arbeitend, auch derart durchgeführt werden, daß man
in einem zweiten, oberhalb des Aufschlußgefäßes stehenden, ebenfalls mit Rührwerk
versehenem Gefäß, z. B. einem verbleiten Bottich, Wasser der vorerwähnten Menge
durch Schnatterdampf zum Kochen erhitzt und in dasselbe den feingemahlenen Voraufschluß
einträgt und anteigt. Die so angeteigte Masse des Voraufschlusses läßt man dann,
zunächst in kleinen Portionen, in den Aufschlußbottich ab, in welchem inzwischen
die erforderliche Menge Schwefelsäure von z. B. 6o° Be (ohne Wasserzugabe) durch
Schnatterdampf auf ioö°'erhitzt ist. Sobald die ersten Mengen aufgeschlossen sind
und die Temperatur auf etwa i2ö°` gestiegen ist, kann man dann fortlaufend in dünnem
Strahl den angeteigten Vorauf schluß einfließen lassen, ohne daß die Temperatur
sinkt.
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Wie aus vorstehendem ersichtlich ist, unterscheidet sich das erfindungsgemäße
Verfahren wesentlich von dem in der britischen Patentschrift 470 305 beschriebenen
Verfahren, gemäß welchem die gesamte Schwefelsäure auf einmal zugegeben und aus
der erhaltenen Masse eine Paste geformt wird, die in einer bestimmten zusammenhängenden
Schichtdicke von 2ö bis 30 mm in besonderen Apparaturen und Öfen verformt
und auf 3oo bis 45o° "erhitzt wird. Derartige Temperaturen reichen nach den erfindungsgemäßen
Feststellungen zur restlosen Zerstörung der organischen Substanz nicht aus, die
aber erreicht werden muß, da sonst die Weiterverarbeitung erheblich erschwert bzw.
unmöglich gemacht wird. Nach den erfindungsgemäßen Feststellungen ist ferner eine
vollständige Umsetzung nur bei einem Vorgehen im Sinn des vorliegenden Verfahrens,
nicht aber bei nur einmaliger Zugabe von. Schwefelsäure möglich.
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Das ebenfalls mit Schwefelsäure arbeitende, in der deutschen Patentschrift
3r2 96o beschriebene Verfahren zerstäubt konzentrierte Schwefelsäure in die mit
Dampf geheizte Tonmasse. Hierbei wird ein vollständiger Aufschluß weder angestrebt
noch erzielt. Der Zweck dieses Verfahrens ist vielmehr die Gewinnung von pulverförmigem
T'onerdesulfat, welches noch mit Kieselsäure und unaufgeschlossenem Ton vermengt
ist und welches ohne weitere Reinigung und Mahlung für Zwecke der Wasserreinigung,
Papierfabrikation usw. verwendet werden kann.
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Das in der britischen Patentschrift 149 453 beschriebene saure Verfahren
bezweckt lediglich die Erzielung einer besseren physikalis,chen Beschaffenheit von
aluminiumhaltigen Körpern, wie gepulvertem Aluminiumtrihydrat, gepulvertem Bauxit
oder Chinaton, für Filterzwecke und geht hierfür in der Weise vor, daß das Material
mit einer geeigneten Säure, insbesondere Salpetersäure, angefeuchtet und hierauf
zunächst bis zum Austreiben der freien Säure und dann bis zum Verjagen der letzten
Reste des Säureradikals geglüht wird. Eine Gewinnung von Tonerde ist nach diesem
Verfahren weder beabsichtigt noch möglich.
Im Rahmen des vorliegenden
Verfahrens wird demgegenüber die dabei verwendete Schwefelsäure nicht nur nicht
vertrieben, sondern gerade gezwungen, den Ton möglichst innig zu durchdringen und
dadurch den Voraufschluß leichter aufschließbar zu machen.
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Ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens der Aufschluß genügend durchgearbeitet,
so gibt man mehr heißes Wasser hinzu, stellt Rührwerk und Dampfzuleitung ab, läßt
kurze Zeit absitzen und zieht die überstehende Aufschlußlauge auf eine Nutsche ab,
gibt in den Bottich warmes Wasser hinzu, stellt Dampfzuleitung und Rührwerk wieder
an, läßt kurze Zeit das Rührwerk laufen, stellt Rührwerk und Dampf wieder ab, zieht
ein zweites Mal die überstehende Lauge ab, gibt wieder heißes Wasser zu, setzt Dampf
und Rührwerk wieder ein und zieht nach kurzer Zeit den Bottichinhalt auf die Nutsche
ab, wo der Rückstand nach jedesmaligem Trockennutschen wiederholt mit wenig heißem
Wasser überbraust und ausgewaschen wird, bis zum Verschwinden der sauren Reaktion.
Im laufenden Betrieb wird man die drei ersten Abzüge des Filtrates für sich in isolierten
Behältern zur Weiterverarbeitung aufsammeln und die späteren dünneren Laugen und
Waschwässer gesondert zum Auslaugen weiterer Aufschlüsse benutzen.
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Führt man den Schwefelsäureaufschluß im Sinn der Erfindung durch,
so wird bei diesen die Tonerde aus dem Aluminiumsilicat herausgelöst und die Kieselsäure
als S'02 abgeschieden, so daß die z. B. durch Filtrieren oder Abnutschen von dem
unlöslichen Rückstand abgetrennte Aluminiumsulfatlösung praktisch kieselsäurefrei
ist. Die ausschlaggebende Bedeutung dieses Umstandes ergibt sich aus einem Vergleich
mit den diesbezüglichen Verhältnissen bei den vorerwähnten alkalischen Verfahren.
Bei diesen muß die Trennung des Rotschlammes vom kochend heißen Aluminut möglichst
innerhalb zo Minuten erfolgen, weil sonst die Anwesenheit des Rückstandes vom Bauxit
(scharfer Sand und Unlösliches), ferner das abgeschiedene Eisen und Titan und vor
allem die abgeschiedene Kieselsäure zersetzend auf das Aluminat einwirkt, wobei
die vorzeitige Fällung von Tonerdehydrat soweit gehen kann, daß sowohl die Filterpressen
wie die dahin führenden Rohre sich vollkommen zusetzen. Letzterer Zustand tritt
mit absoluter Sicherheit dann ein, wenn die Laugen nicht heiß genug sind oder sich
durch irgendeinen Umstand (schlechte Isolation oder unvorhergesehene Stockung im
Betrieb) zu schnell und zu weit abkühlen.
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Bei Annahme eines Jahresdurchschnittsgehaltes von nur a % im gut aussortierten
Bauxit gehen bei den alkalischen Verfahren auf solche Weise erfahrungsgemäß 5 °/o
davon als Natriumsilicat mit in die Zersetzungsgefäße für das Tonerdehydrat und,
falls die Fällung mit Kohlensäure erfolgt, folgerichtig in das Tonerdehydrat bzw.
in die Tonerde und damit bei der nachfolgenden elektrischen Schmelzung mit 0,3 bis
0,4% in das erschmolzene Aluminium, wo sie zerstörend und unbrauchbar machend auf
das metallische Aluminium einwirken. Aus diesem Grund ist die Fällung mit Kohlensäure
oder einer anderen Säure bei den alkalischen Verfahren nicht angebracht und ist
hier das Bayersche Ausrührverfahren, wodurch ein Mitausfallen der vorhandenen Kieselsäure
vermieden wird, unbedingt am Platze, wenn auch das Ausrührverfahren von vielen Bedingungen,
auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll, abhängig ist.
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Demgegenüber stellt sich das Arbeiten nach dem vorliegenden Verfahren
ganz erheblich einfacher und sicherer, denn wie oben schon bemerkt, wird bei dem
sauren Auf schluß nicht nur das Unlösliche und Unaufgeschlossene, der feine Schluff,
sondern auch das an Tonerde gebunden gewesene Silicat gleich im Anfang der Fabrikation
vor der Behandlung mit Alkalihydroxyd praktisch aus dem System entfernt und kann
daher die Kieselsäure später bei der Herstellung des Aluminats und des Tonerdehvdrates
bzw. der Tonerde und des daraus erschmolzenen metallischen Aluminiums kein Unheil
mehr anrichten. In der nach dem vorliegenden Verfahren erstellten Aluminiumsulfatlösung
finden sich also als Verunreinigungen im wesentlichen nur Eisen u. dgl. Metalloxyde,
die bei der nachfolgenden Herstellung des Aluminats als Rotschlamm ausfallen und
durch Abnutschen aus der Lösung entfernt werden. Dabei wurde die überraschende Beobachtung
gemacht, daß man, in vollkommenem Gegensatz zu den Erfahrungen bei den alkalischen
Verfahren, die frisch hergestellte Aluminat-Natriumsulfat-Lösung ruhig längere Zeit
stehen und den Rotschlamm sich vollkommen absetzen lassen kann, ohne daß auch nur
die geringste Abscheidung von Tonerde erfolgt. Setzt man die Abkühlung fort, so
fällt immer noch keine Tonerde aus, wohl aber kristallisiert das \ atriumsulfat
nahezu vollständig aus. Der Grund für dieses den bisherigen Erfahrungen direkt entgegengesetzte
Verhalten der Aluminatlauge dürfte in dem gänzlichen Fehlen der beim alkalischen
Bauxitaufschluß vorhandenen unlöslichen Rückstände mit scharfen Gesteinstrümmern,
vor allem aber in der Abwesenheit von Kieselsäure zu suchen sein.
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In dem gesamten Schrifttum über Tonerdeverarbeitung wird die restlose
Entfernung der Kieselsäure, vorzugsweise aus den alkalischen Laugen, gewissermaßen
einzig und allein dem
Arbeiten unter Druck (Autoklaven) bei gleichzeitigem
Rühren und Dampfeinblasen zugesprochen. Demgegenüber wurde festgestellt, daß man,
was für den sauren Aufschluß bzw. die erfindungsgemäß erhaltene schwefelsaure Tonerdelösung
von Bedeutung ist, auch ohne Autoklaven die etwa noch vorhandenen, an sich nur geringen
Spuren Kieselsäureverbindungen aus den Al-Sulfat-Lösungen auf einfache Weise noch
entfernen kann, wenn man die noch warme Al-Sulfat-Lösung direkt nach der Filtration
mit Schnatterdampf bis 8o° erwärmt und etwa 1l/2 bis 2 Stunden Kohlensäure durchleitet
oder sogar nur komprimierte Luft durchpreßt. Läßt man dann die Al-Sulfat-Lösung
sich einige Zeit absetzen, so kann man die klare Lösung auf eine kleine Tonnutsche
abziehen und auf diese Weise von der letzten Spur Kieselsäure befreien.
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Ist die gebildete Aluminiumsulfatlösung von den Feststoffen abgetrennt,
so wird sie mit einer auf ihren Tonerdegehalt berechneten Menge Alkalihydroxyd,
vorzugsweise Natriumhyd-roxyd, versetzt, welches, man. zweckmäßig in Form einer
etwa 330/eigen wäßrigen Lösung verwendet und welches naturgemäß keine wesentlichen
Mengen Kieselsäure enthalten darf, um durch einen solchen Gehalt nicht die Vorteile
des vorliegenden Verfahrens mehr oder weniger hinfällig zu machen. Dieser Zusatz
des Alkalihydroxydes kann z. B. in der Weise geschehen, daß man in einen schmiedeeisernen,
mit eisernem Rührwerk versehenen Rührkessel die zur Auflösung der in der abfiltrierten
Aluminiumsulfatlösung enthaltenen Tonerde berechnete Menge Natronlauge (33 °/o)
hinzugibt und dieselbe auf etwa 8o.° erwärmt. In diese etwa 8o° warme Lauge läßt
man dann die jeweils berechnete Menge der Al-Sulfat-Lösung in dünnen Strahlen unter
Rühren einfließen. Dabei bildet sich lösliches Natriumsulfat; ebenfalls löst sich
die zunächst ausgeschiedene Tonerde im überschuß der Natronlauge, während das in
der Al-Sulfat-Lösung gelöst gewesene Eisensulfat als Eisenhydroxyd abgeschieden
wird, wodurch die Flüssigkeit zwar rotbraun gefärbt, sonst aber klar und blank wird.
Die klare Natriumaluminat-Natriumsulfat-Lösung wird nun zur Trennung von dem ausgeschiedenen
Eisen z. B. auf eine dicht neben dem Rührwerk stehende Filternutsche abgelassen
und mittels Vakuum durch das Filter in den unterhalb des Filters angebrachten Rezipienten
abgenutscht. Der sich auf dem Filter sammelnde Rotschlamm (Eisenhydroxyd und Titanoxyd)
wird mit wenig kochendem. Wasser bis zur Neutralität ausgewaschen und dann vom Filter
entfernt. Die Aluminat-Natriumsulfat-Lauge wird zweckmäßig sofort aus dem Rezipienten
in einen gut isolierten Klärkessel abgelassen, um dem etwa mitgerissenen oder nachträglich
abgeschiedenen Eisenhydroxyd Gelegenheit zu geben, sich noch abzusetzen.
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Das in der deutschen Patentschrift 299 121 beschriebene, ebenfalls
mit Schwefelsäure arbeitende Verfahren erhitzt den Ton mit Schwefelsäure von 6o°
Be bis zum vollständigen Aufschluß, extrahiert mit Wasser und filtriert, wobei auf
solche Weise ein vollständiger Aufschluß allerdings nicht erzielbar sein dürfte.
Dann soll die Lösung mit Ammoniak gefällt, abgenutscht und der Nutscheninhalt mit
Natronlauge aufgenommen werden. Nach erneuter Filtration des abgeschiedenen Eisenhydroxyds
wird dann schließlich die gelöste Tonerde in der Kälte ausgerührt. Dieses Verfahren
verbindet also das saure Verfahren mit dem alkalischen Verfahren über die Brücke.
des Ammoniaks, wobei aber eine doppelte Filtration der Hydroxydniederschläge erforderlich
ist. Demgegenüber erspart das vorliegende Verfahren die Behandlung der Aluminatlauge
mit Ammoniak, die Filtration der Niederschläge von Eisen-, Titan- und Aluminiumhydroxyd
und die Wiederauflösung des Aluminiumniederschlages, indem es das Aluminiumsulfat
unmittelbar mit Alkalihydroxyd behandelt, und bietet daher dem erwähnten bekannten
Verfahren gegenüber wesentliche Vorteile.
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Schließlich hat auch V. Gerber in seiner Arbeit. »Beiträge zur Kenntnis
der Verarbeitung von Ton auf Tonerde« (Zeitschrift für Elektrochemie, Bd. 25,. Nr.
13/1q., S. 193 bis 2o8) die Möglichkeit der Kombination des sauren mit dem alkalischen
Aufschluß erwähnt. Aber abgesehen davon, daß er im Gegensatz zu der erfindungsgemäßen
Arbeitsweise stets von geglühtem Ton ausgeht, gibt er nur die Möglichkeit der Trennung
eines Gemisches der Oxyde von Eisen und Aluminium mittels Natronlauge an. Im Rahmen
des vorliegenden Verfahrens werden demgegenüber aber nicht die Oxyde getrennt, sondern
die Trennung von Eisen und Aluminium wird auf ganz anderem und vorteilhafterem Wege,
nämlich durch unmittelbare Behandlung des Rohaluminiumsulfats mit Alkalihydroxyd
erzielt.
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Auch bezüglich der Ausfällung des Tonerdehydrats bietet ein Arbeiten
gemäß der Erfindung dem Bekannten gegenüber wesentliche Vorteile, da bei ersterem
die Fällung des Tonerdehydrats ganz erheblich einfacher gestaltet werden kann und
nicht von so vielen Bedingungen abhängig ist wie bei dem Ausrührverfahren nach Bayer.
Es steht an sich natürlich nichts im Wege, das Tonerdehydrat auch nach der Bayerschen
Ausrührmethode abzuscheiden, falls man den Hauptteil des in Lösung befindlichen
Natriumsulfats in einem bis nahe an den Gefrierpunkt abgekühlten
a
Raum
in eisernen Kristallisierpfannen auskristilisieren läßt, die Kristalle durch Zentrifugieren
entfernt, die Aluminatlauge auf eine Konzentration von 25° Be bei 32 bis 35'°` bringt
und in den Bayerschen Zersetzungszylindern unter Rühren und Einwirkung von suspendiertem
Tonerdehydrat zerlegt. Man ist jedoch im Rahmen der vorliegenden Erfindung nicht
gezwungen, das Natriumsulfat durch Auskristallisieren aus dem System herauszuschaffen,
um dann die -,Tatriumaluminatlauge auf die vielen Bedingungen einzustellen, die
für das Ausrührverfahren unbedingt erforderlich sind, und zwar deshalb nicht, weil
das im Rahmen des vorliegenden Verfahrens anfallende Filtrat aus einer Aluminat-Natriumsulfat-Lösung
besteht, welche praktisch kieselsäurefrei ist. Man kann daher mit besonderem Vorteil
derart arbeiten, daß man die Tonerdehy dratfällung mit Säure vornimmt, ohne daß
dabei die Gefahr einer Mitausfällung von Kieselsäure bestünde. Aus praktischen Gründen
empfiehlt sich dabei, zur Ausfällung verdünnte Säure, insbesondere Schwefelsäure
zu verwenden und diese in feiner Verteilung, vorzugsweise vernebeltem Zustand, z.
B. durch Düsen in die zweckmäßig, z. B. durch Schnatterdampf bis zum Kochen erhitzte
Aluminat-Natriumsulfat-Lösung einzublasen. Die Fällung erfolgt dabei sofort und
in sandiger Form, wodurch auch ein schnelles Abnutschen des ausgefällten Tonerdehydrats
von der Natriumsulfatlösung ermöglicht wird und ein vollkommenes Auswaschen. des
Hydrats von den letzten Resten der Mutterlauge mit wenig warmem Wasser gewährleistet
ist.
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Das zweckmäßig möglichst trocken abgenutschte Tonerdehydrat wird dann
z. B. auf Kupferdarren, deren Boden durch indirekten Dampf geheizt wird, zu Pulver
getrocknet und bildet so das technische Tonerdehydrat. Wird dieses technische Tonerdehydrat
in einer geeigneten Calciniertrommel vorsichtig bis 1200° geröstet, so erhält man
hydratwasserfreie, reine Tonerde.
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Die beim Arbeiten mit Schwefelsäure als Fällsäure anfallende Natriumsulfatlösung
kann nach Abtrennen des Tonerdehydrats auf Natriumhy droxyd, welches dann als solches
wieder in das Verfahren eingeführt werden kann, oder auf andere wertvolle Natriumsalze,
vorzugsweise Natriumsulfid, z. B. durch Reduktion mittels Kohle, in bekannter Weise
verarbeitet werden. Ausführungsbeispiel ioo kg Ton mit etwa 24°/o Tonerdegehalt
werden in eine auf ioo° erhitzte Mischung von 55 kg Schwefelsäure von 5o° B6 und
etwa io kg Wasser schnell eingerührt, bis die Schwefelsäure in der krümeligen Masse
gleichmäßig verteilt ist. Dieser Voraufschluß wird getrocknet und dann bei 4.5o
bis 75o° etwa 20 Minuten geröstet, abgekühlt und gemahlen.
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Der gemahlene Voraufschluß wird entweder i. in eine auf ioo° erhitzte
Mischung von 55 kg Schwefelsäure von 5o' Be und 9o kg Wasser eingetragen, wobei
unter Selbsterhitzung auf i2o° die Reaktion eintritt, oder 2. mit 9o kg Wasser von
ioo° verrührt und allmählich in 55 kg erhitzte Schwefelsäure von 5o° Be derart abgelassen,
daß eine Reaktionstemperatur von i2o° eingehalten wird.
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Nach Beendigung der Reaktion wird das Aluminiumsulfat abfiltriert
und mehrmals heiß ausgewaschen.
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Die noch warme Aluminiumsulfatlösung läßt man in 213 kg einer
8o° heißen 330/eigen Natronlauge unter Rühren einfließen. Dabei bilden sich lösliches
N atriumaluminat und Natriumsulfat, wogegen Eisen nebst Titan als Hydroxyde ausfallen.
Der leicht filtrierende Rotschlamm (Eisen- und Titanhydroxyd) wird abgesaugt und
gewaschen. Die Natriumaluininat-Natriumsulfat-Lauge wird in Klärkessel abgelassen,
um etwaige restliche Eisenspuren ausfallen zu lassen, und wird dann auf Tonerde
verarbeitet.
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Dabei kann man nach Auskristallisieren der Hauptmenge des Natriumsulfats
nach dem Bay erverfahren arbeiten.
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Zweckmäßiger geht man aber so vor, daß man die heiße Aluminatlauge
mit heißer verdünnter Schwefelsäure neutralisiert und so die Tonerde in gutfiltrierbarer
sandiger Form ausfällt. Das abfiltrierte gewaschene Tonerdehydrat wird dann entweder
getrocknet oder, wie üblich, zu wasserfreier Tonerde calciniert.