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Verfahren zum Aufbereiten und Aufschließen von tonerdehaltigen Stoffen.
Die bisher bekannten Verfahren zur Gewinnung von Tonerdehydrat aus natürlichen Aluminiumoxydverbindungen,
wie z. B. Bauxit, beruhen darauf, daß das rohe Naturprodukt vor seiner Zerkleinerung
bei hohen Temperaturen getrocknet oder geröstet wird. Auf diese Weise sollte das
im Gestein enthaltene Wasser entfernt und gleichzeitig Zerstörung der Humussäuren
erreicht werden, welch letztere bekanntlich die Ausfällung des Aluminiumhydroxyds
verzögern, seine Oualität verschlechtern und die Ausbeute verringern.
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Der Erfinder hat nun gefunden, daß diese Übelstände vermieden werden,
wenn man die natürlichen Aluminiumoxydhydratverbindungen ohne vorhergehende Röstung
ä.uf das feinste naß, also in natürlich feuchtem Zustande bzw. unter Zugabe genügender
Mengen geeigneter Flüssigkeiten, wie Wasser, zerkleinert. Die so zerkleinerten Produkte
lassen sich bei verhältnismäßig niedriger Temperatur etwa 135' unter Atmosphärendruck
fast restlos mit Ätzalkalien aufschließen.
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Dabei kann man entweder den Bauxit zur Vorbereitung in der genügenden
Feinheit zerkleinert, z. B. naß vermahlen und alsdann mit Ätzalkalien behandeln
oder auch die Ätzalkalien bereits vor oder während der Mahlung zusetzen. Es hat
sich herausgestellt, daß der angezeigte Weg der nassen Vermahlung des angerösteten
Bauxits überraschenderweise der einzige ist, auf dem der Bauxit sich mahlen läßt.
Bei dem Versuch der Vermahlung gerösteter oder scharf getrockneter Bauxite .werden
nämlich die Organe der Zerkleinerungsvorrichtung, z. B. die Kugeln der Mühle, bald
derart durch Materialansatz verschmiert, daß der Mahlvorgang sich nicht durchführen
läßt, während anderseits die Mahlung des angerösteten Bauxits unterWasser oder Laugenzusatz
ohne Schwierigkeiten vor sich geht.
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Der gesamte Prozeß, bestehend in Mahlung und Nachbehandlung oder Mahlung
und u C ichzeitiger Aufsc hließung mit Ätzalkalien, erfordert nur einen geringen
Teil der Zeit, welche nach den bisher bekannten Verfahren durch Aufschließen im
Autoklaven bzw. unter Druck bei weit höheren Temperaturen benötigt wurde. Auch wird
beim Arbeiten bei dem neuen Verfahren kein Ti02 und viel weniger SiO2 gelöst, die
das gefällte Aluminiumhydroxyd verunreinigen können.
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Ein besonderer Vorteil des Verfahrens ist, daß sich dasselbe auch
für kristallinische bzw. schwer aufschließbare und bisher für gänzlich minderwertig
gehaltene Bauxite verwenden läßt, um dieselben unter größter Ausbeute aufzuschließen.
Auch ist man beim Arbeiten nach vorliegendem Verfahren weder an ein strenges Verhältnis
der Ätzalkalien zum Aluminiumoxyd noch an eine bestimmte Konzentration der Laugen
gebunden. .
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Daß die angerösteten Gesteine nach dem vorliegenden Verfahren so viel
leichter und schneller sich aufschließen lassen als die calcinierten, kann wohl
darauf zurückgeführt werden, daß beim Rösten den Aluminiumoxydhydraten nicht allein
das physikalisch anhaftende Wasser, sondern auch ein Teil des Konstitutionswassers
entzogen wird, wodurch sie in für den Aufschluß mit Ätzalkalien ungeeignetere Verbindungen
übergehen.
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Die Beseitigung etwa vorhandener störender organischer Substanzen
und die Überführung von Ferro- in Ferriverbindungen, die immer als besonderer Vorteil
der Calcinierung hervorgehoben wird, läßt sich im Rahmen der vorliegenden Erfindung
dadurch erreichen, daß während des Naßvermahlungs- und Aufschließungsprozesses die
zu reinigenden Materialien, z. B. die in Bildung begriffene oder fertige Alkalialuminatlösung,
mit unschädlichen, die Aufschließung und Ausfällung des Aluminiumhy droxyds nicht
hindernden oxydierenden Mitteln, z. B. mit Chlor oder mit geeigneten Chloraten,
Superoxyden usw., oder auch mit unterchlorigsauren Salzen behandelt werden. Die
Überführung von Ferriverbindungen des Bauxits in Ferroverbindungen mit unterchlorigsauren
Salzen ist zwar schon bekannt. Es wird aber im vorliegenden Falle nicht die Anwendung
dieses Reinigungsmittels an sich, sondern nur seine Verwendung in Verbindung mit
dem beschriebenen Naßvermahlungs- und Aufschließungsprozeß bei angeröstetem Bauxit
als neu beansprucht.
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Die Vorteile des vorliegenden Verfahrens bestehen außer in dem Fortfall
ausgedehnter Apparaturen, wie Trockenvorrichtungen, Calcinieröfen, Autoklaven usw.,
vor allem in außerordentlichen Ersparnissen an Energie sowie darin, daß auch minderwertige
und unreine Bauxite in einfachster Weise aufgeschlossen werden können. Beispiel.
Als Ausgangsmaterial diente ein deutlich feuchter Bauxit vom Vogelsberg in Hessen,
der ohne irgendwelche Vorbehandlung zur
Verarbeitung kam und aus
4.,95 Prozent SiO2, 45,75 Prozent Al 20,3, 14,44 Prozent Fel.03, 2,o9
Prozent T102 bei einem Gesamtwassergehalt (Feuchtigkeit plus Konstitutionswasser)
von 32,73 Prozent bestand.
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i ooo kg dieses durch Backenbrecher vorgebrochenen Rohbauxits wurden
in einer Naßv erbtindmühle mit 25oo kg einer 25prozentigen Kalilauge zu feinstem
Schlamm vermahlen und in einem mit Rührwerk und Dampfabzug versehenen heizbaren
Eisenkessel unter Rühren bis zum Sieden erhitzt, sodann wurden allmählich 3o kg
5prozentige Kalihypochloritlösung in die Masse einlaufen gelassen oder eine entsprechend
große Menge Chlor vor oder nach der Operation in die Schmelze eingeleitet und unter
Rühren möglichst schnell eingedampft, bis die Temperatur von i35° erreicht war.
Die eine Stunde unter Rühren zwischen i35° bis 14o° gehaltene Schmelze wurde bis
zur Leichtflüssigkeit unter weiterem Rühren mit Wasser versetzt und heiß durch die
Filterpresse gejagt. Das Tonerdehvdrat wurde sodann in bekannter Weise mit Kohlensäure
gefällt, abfiltriert, gewaschen und bei ioo° getrocknet. Ausbeute: 612 kg weißes
Aluminiumhydroxyd, d. h. mehr als 9o Prozent des ursprünglich vorhandenen A1203.
Statt Ätzalkali kann natürlich auch Ätznatron verwandt werden.
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Eine besonders vorteilhafte Ausführungsform des Verfahrens erzielt
man durch Benutzung eines geeigneten Zerkleinerungsapparates mit unmittelbar an
diesen angeschlossenem Filter, z. B. einer Langrohrkugelmühle, wie sie in der beiliegenden
Zeichnung in ihrem mit dem Filter verbundenen Endteil dargestellt ist. Bei Benutzung
einer solchen Vorrichtung kann man die Aufschließung des Materials gleichzeitig
mit dem Mahlen vornehmen, indem man die Ätzalkalien gleich mit in die Mühle hineingibt,
z. B. durch die am Ende des Langrohrs liegende, zu diesem Zweck hohl ausgebildete
Lagerwelle zuführt. Die nasse Mahlung geht dabei glatt und ohne Verschmieren oder
Festsetzen der Kugeln vonstatten. Da die Lauge immer neue Angriffsflächen entsprechend
der fortschreitenden Zerkleinerung des Materials vorfindet, erhält man dessen restlose
Ausnutzung.
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Man kann ferner mit einer derartigen Vorrichtung gleich anschließend
an den Aufschließungsprozeß die Filtration vornehmen, so daß am Anfang der Langrohrkugelmühle
fortwährend frische Natronlauge zugeführt, an ihrem Ende die Natriumaluminatlösung
beständig entfernt wird.
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In Abb. i der Zeichnung ist eine Ausführungsform einer solchen Mühle
beispielsweise dargestellt, bei der das Filter an dem zylindrischen Endteil a der
Mühle angeordnet ist, indem dieRohrwandung mit geeignetenDurchbrechungen oder Löchern
b versehen sowie mit filterndem Material c und einem um die filternde Schicht herumgelegten
Sieb d o. d'-I. umgeben ist.
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Abb. 2 der Zeichnung zeigt eine abgeänderte Form, bei der das Filter
durch die durchbrochene Endfläche e des Rohres nebst dem eigentlichen Filtermaterial
f und dem vorgelegten Sieb g gebildet wird.
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Abb. 3 endlich zeigt eine Ausführungsform, bei welcher der rohrartige
Fortsatz IL der Mühle in dem hohlen Lager i läuft. Die Bohrung h setzt sich
in einer kammerartigen Erweiterung k fort, deren durchbrochene Abschlußwand l als
Filter ausgebildet oder mit einem solchen versehen ist.
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Anstatt bei dem Aufschließungsverfahren nach vorliegender Erfindung
die Ätzalkalien in die Mühle zu geben, kann man auch z. B. festes Ätznatron in die
Zuführungsleitung vor die Mühle bringen und z. B. mit Hilfe eines Gebläses einen
Wasserstrahl oder einen Dampfstrahl durch die Ätznatronschicht hindurch in die Trommel
leiten. Auch kann man zweckmäßig das laugenhaltige Wasser oder den Dampf- oder Wasserstrahl
im Gegenstrom zur Bewegung des Mahlgutes in der Längsrichtung der Mühle führen.
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Eine vorteilhafte und höchst wirtschaftliche Ausführungsform des vorliegenden
Verfahrens besteht ferner darin, daß man anstatt der Verwendung fertiger Ätzalkalien
Kochsalz bzw. Kochsalzlösung oder ein anderes geeignetes Salz der Elektrolyse unterwirft
und den ganz oder teilweise zersetzten Elektrolvten durch die Mühle hindurchleitet.
Bei Benutzung von Kochsalz kann das gleichzeitig aus der Elektrolyse gewonnene Chlor
in der oben angegebenenWeise zur Zerstörung der organischen Substanzen benutzt werden.
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Zwecks Überführung des Natriumaluminats in Aluminiumhvdroxy d verfährt
man insbesondere im Rahmen des elektrolytischen Verfahrens zweckmäßig so, daß nach
Zerstörung der Humussäuren die Lösung so weit verdünnt wird, daß sie bei 6o° stabil
bleibt. Durch Einleiten von Kohlensäure fällt man alsdann unter Natriumcarbonatbildung
den ersten Teil des Aluminiumhydroxvds aus, von dem die Lösung abfiltriert wird.
Diese enthält Natriumaluminat, Soda und Kochsalz. Bei weiterem Einleiten von
CO, beginnt die Bildung von Natriumbicarbonat unter Einsatz von so viel Wasser,
daß das Bicarbonat gelöst bleibt. Alsdann fällt der Rest des Aluminiumhydroxyds
aus. Die verbleibende Lösung enthält Natriumcarbonat, Natriumbicarbonat und Kochsalz.
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Nachdem das Aluminiumhydroxyd abfiltriert ist, wird durch weiteres
Einleiten von
CO, in die Lösung das Natriumcarbonat vollständig
in Bicarbonat übergeführt, das unter der aassalzenden Wirkung des in der Lösung
vorhandenen Kochsalzes beschleunigt auskristallisiert und abfiltriert wird. Die
verbleibende Kochsalzlösung mit geringem Gehalt an Natriumbicarbonat wird mit Kochsalz
versetzt und wieder in die Fabrikation zurückgeführt.
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Da nur eine verhältnismäßig geringe Menge des Chlors zur Zerstörung
der organischen Substanzen verbraucht wird, kann man den 1_Tberschuß desselben zweckmäßig
mit dem aus der Elektrolyse des Kochsalzes gewonnenen Wasserstoff auf arsenfreie
Salzsäure verarbeiten. Auf diese Weise kann man also das vorliegende Verfahren auf
die Gewinnung von Tonerde, Kristallsoda und arsenfreie Salzsäure in kontinuierlichem
Arbeitsgang einstellen.