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Verfahren zur Herstellung von physiologisch wertvollen löslichen Amidierungsprodukten
aus Kohlenhydraten und Säureamiden Die Herstellung von physiologisch wertvollen
löslichen Amidierungsprodukten aus Kohlenhydraten ist besonders in medizinischer,
ernährungswirtschaftlicher und vor allem viehwirtschaftlicher Hinsicht von erheblichem
Interesse. Derartige Produkte können u. a. als wirksames Beifutter in der Tierernährung
benutzt werden und damit den nach Menge und Qualität nur begrenzten Anfall natürlicher
Futtermittel ergänzen und ersetzen helfen.
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Bisher sind nur wenige Versuche zur technischen Gewinnung von Amidierungsprodukten
der Kohlenhydrate unternommen worden. Dies erklärt sich aus der grundsätzlichen
Schwierigkeit, Aminostickstoff in die Kohlenhydrate einzuführen; die klassischen
organischen Methoden bieten hierfür, wenn wirtschaftlich tragbare Herstellungsbedingungen
eingehalten werden sollen, kaum eine Möglichkeit.
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Unter Berücksichtigung dieser Sachlage wurde schon vorgeschlagen,
Kohlenhydrate unter hohem Druck und bei hoher Temperatur mit Ammoniak zu behandeln.
Auf diesem Wege gelangt man allerdings verhältnismäßig einfach zu einem stickstoffhaltigen
Produkt; diesem kommt aber, da es zufolge gleichzeitig eintretend-er Humifizierung
weitgehend unlöslich und physiologisch unverwertbar geworden ist, keinerlei praktische
Brauchbarkeit zu.
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Als bedingt gangbarer Weg, ein für die Milchviehfütterung geeignetes
synthetisches Produkt zu erzeugen, wird neuerdings die Verkopplung von Kohlenhydraten
mit Harnstoff angesehen.
Bei Gegenwart von etwas Mineralsäure entstehen
aus reduzierendem Kohlenhydrat und Harnstoff in wässeriger Lösung unter Wasseraustritt
Harnstoffzucker; die bekannte Darstellungsmethode, die niedrige Temperatur von 5o°
und Harnstoffüberschuß für notwendigerachtet, liefert, bei im übrigen völlig ungenügender
Ausbeute, die Molekülverbindung von Zuckerharnstoff mit Harnstoff, aus cier in schwieriger
Aufarbeitung der Harnstöffzucker gewonnen werden muß. Diese Methoden und Produkte
kommen für eine technische Erzeugung von Zuckeramidierungsprodukten nicht in Frage,
ihre physiologische Verwertbarkeit ist auch recht begrenzt.
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Demgegenüber wurde gefunden, daß lösliche Amidierungsprodukte von
gesteigerter und vor allem allgemeiner Verwertbarkeit für den tierischen Organismus
erhalten werden, wenn lösliche Kohlenhydrate mit Carbonsäureamiden, insbesondere
Harnstoff, in Gegenwart von kondensierend wirkenden anorganischen Säuren oder Salzen
längere Zeit bei Temperaturen um ioo° behandelt werden. Wie sich überraschenderweise
herausgestellt hat, erleiden die Kohlenhydrate selbst bei Gegenwart größerer Mengen
konzentrierterer Mineralsäure bei gleichzeitiger Gegenwart von Säureamiden keine
derartigen Umwandlungen und Zersetzungen, wie sie bei Einwirkung der Säuren allein
eintreten würden. Offenbar üben die Säureamiden eine außerordentliche Schutzwirkung
aus.
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Die Erfindung ermöglicht, in Gegenwart von Säure bzw. sauer wirkendem
Salz, Kondensationsreaktionen zwischen Kohlenhydrat und Säureamid zu vollziehen,
die zu ganz neuen wertvollen, zufolge Ausschaltung der Säureschädigung völlig löslich
bleibenden Produkten führen. Ferner unterbleibt bei der neuen Arbeitsweise das Entstehen
von Additionsverbindungen zwischen Harnstoff und Zuckerharnstoff ; die Reaktion
läuft also, indem sie sofort direkte und quantitative Bildung von Zuckerureiden
bewirkt, auf ganz neuer Bahn. Ganz besonders offenbart sich die 1N euartigkeit der
Reaktionsweise darin, daß es möglich ist, nicht nur die reduzierende Gruppe, sondern
überraschenderweise auch gewöhnliche Hydroxylgruppen von Kohlenhydraten mit Säureamid
in Reaktion zu bringen. Die Methode ist somit nicht auf reduzierendes Kohlenhydrat
beschränkt.
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Ferner ermöglicht die Erfindung erstmalig, mehrere Mole Säureamid
mit einer C-Einheit in Verbindung zu bringen, z. B. auch beide Amidogruppen des
Harnstoffes in die Kondensationsreaktion einzubeziehen.
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Zur Durchführung des Verfahrens werden Kohlenhydrate mit Säureamid
in Gegenwart von anorganischen Säuren, wie Phosphor-Säuren, Borsäuren bzw. deren
Salzen, längere Zeit bei Temperaturen um ioo° zu einer nachhaltigen Umsetzung gebracht.
Die hierbei unter Umständen vorteilhafte Benutzung von Lösungs- oder Verdünnungsmitteln
richtet sich nach den jeweiligen Schmelzpunkts-. L öslichkeits- oder Ouellungsverhältnissen;
passend wird nur so viel davon angewandt, wie erforderlich ist, um die Reaktionsmasse
bei der Reaktionstemperatur ausreichend beweglich zu erhalten. Das Arbeiten in Gegenwart
von Wasser ist wirtschaftlicher als mit organischen Lösungsmitteln. Vorhandene Wassermengen
werden zweckmäßig durch im Laufe der Umsetzung erfolgendes kontinuierliches Abdestillieren
bald weitmöglichst .verringert. Die Menge angewandten Säureamides ist maßgeblich
für den Stickstoffgehalt des Endproduktes: man entspricht den in Betracht kommenden
Zwecken im allgemeinen durch Anwendung von 0,5-z 1Zol Säureamid pro C,-Einheit.
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Die Mengen angewandter Säuren bzw. Salze können in weiterem Umfange
variiert werden. Um z. B. eine im sauren \,Zedium. insbesondere bei noch vorhandenem
beträchtlichem Wassergehalt begünstigte selbständige Säureamidzersetzung zurückzudrängen,
kann es zweckmäßig sein, das Säureamid allmählich zuzuführen. Die Säureamidzersetzung,
die gleichzeitig Ammoniak frei werden läßt. verändert naturgemäß auch die PH-Reaktion
in unerwünschter Weise. Dementsprechend werden erfindungsgemäß die Säure bzw. das
verwandte saure Salz stufenweise zugeführt, z. B. in der Form, daß man erst mit
fortschreitender Reaktion das Medium progressiv oder stufenweise saurer macht. Der
Zusatz von Säureamid und Säure bzw. Salz kann also nach den jeweiligen Erfordernissen
variabel gehandhabt werden.
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Das Verfahren ist auch bei Anwendung höherpolymerer Kohlenhydrate
durchführbar, wenn man in so saurem Medium arbeitet, daß gleichzeitig Hydrolyse
erfolgt. In den nach dem Verfahren benutzten Gemischen von Säureamid und Säure unterliegen
die polymeren Kohlenhydrate außerordentlich rasch und wirksam der Hydrolyse zu löslichen
Kohlenhydraten, wobei das Säureamid wiederum eine ausgesprochene Schutzwirkung auf
das Kohlenhydrat ausübt.
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Die anzuwendenden Temperaturen liegen in dein Bereich um ioo°. Soweit
eine Entfernung vorhandenen Wassers erfolgen soll, bestimmen naturgemäß die Siedepunkte
der Gemische, die unter gewöhnlichem Druck etwas über ioo° liegen, die erforderlichen
Arbeitstemperaturen; zweckmäßig erfolgt die Wasserentfernung unter Anwendung von
Vakuum.
Die nach dem Verfahren erhältlichen Produkte stellen wenig
oder stärker verfärbte sirupöse bis feste Massen von glasiger, bei Erwärmen erweichender
Natur dar, die kaum zum Kristallisieren zu bringen sind. Die Produkte sind praktisch
völlig löslich und weisen Stickstoffgehalte entsprechend den Mengen angewandten
Harnstoffes auf. Von den bekannten gut kristallisierenden Harnstoffzuckern unterscheiden
sie sich vornehmlich durch die physiologische Wirksamkeit. Beispiele I. Das Gemisch
von i So Teilen Traubenzucker, 6o Teilen Harnstoff, 2o Teilen Natriumphosphat, primär,
und 5o Teilen Wassez wird io Minuten auf 8o° erwärmt, worauf die entstehende sirupöse
Lösung bei von 8o° allmählich auf ioo° ansteigender Temperatur der Vakuumdestillation
unterzogen wird, bis 7o Teile Wasser in die Vorlage übergegangen sind. Dieser Punkt
wird nach il/2 Stunden erreicht. - Anschließend werden 2o Teile 86 °/oiger Phosphorsäure
eingebracht, worauf der Ansatz weiter bei von 9o° allmählich bis auf io5° gesteigerter
Temperatur 2 Stunden lang der Vakuumdestillation unterzogen wird. Es gehen dabei
noch weitere 18 Teile Wasser in die Vorlage über. - Das nunmehr vorliegende Endprodukt,
in der Wärme sehr viscos und schwer beweglich, ist nach dem Erkalten glasig und
spröde. Das Endprodukt ist in Wasser mit hellbrauner Farbe völlig klar löslich und
gibt noch in größerer Verdünnung intensive Ninhydrin-Reaktion. Die bewirkte Kondensation
hat sich unter Austritt von 2 Mol Wasser vollzogen. Aufarbeitung des Produktes erfolgt,
je nach dem Verwendungszweck, lediglich durch Neutralisieren mit Alkah oder Erdalkali.
oder zusätzlich durch Abtrennung der Säure in Form der unlöslichen Erdalkaliverbindungen.
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II. a) Dem Gemisch von 5o Teilen 4o °/oiger Schwefelsäure und 3o Teilen
Harnstoff werden 9o Teile Zucker der Holzverzuckerung zugeführt. Man erhitzt das
Gemisch 15 Minuten auf 8o° und unterzieht die entstehende klare Lösung der Vakuumdestillation,
bis 48 Teile Wasser in die Vorlage übergegangen sind. Dieser Punkt wird bei von
anfangs 8o° allmählich auf io5° gesteigerter Temperatur innerhalb von 2 Stunden
erreicht. Es resultiert eine etwas verfärbte sirupöse Masse, die erkaltet von glasiger,
aber sehr spröder Beschaffenheit ist. Das unter Austritt von 2 Mol Wasser entstandene
Kondensationsprodukt ist völlig löslich. Aufarbeitung wie in Beispiel I.
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b) Durch bei ioo bis 1o5° 12 Stunden lang weitergeführte Vakuumdestillation
kann nach Zusatz von 3oTeilen Glycerin bzw. Glykol, welches die Masse wieder gut
beweglich macht, noch ein drittes Mol Wasser abgespalten werden. Das erzielte Produkt
ist in der Hitze völlig klar wasserlöslich und fällt beim Erkalten weitgehend in
hellbraunen Flocken aus. - Bei Verwendung von Phosphorsäure an Stelle von Schwefelsäure
resultieren völlig analoge Produkte.
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III. In das Gemisch von 4o Teilen Harnstoff und 8oTeilen 5o°/oiger
Schwefelsäure werden i 2o Teile Kartoffelstärke eingetragen. Nach gleichmäßiger
Durchquellung der Stärke, die dabei in eine feste gallertige Masse übergeht, wird
auf ioo° erhitzt. Innerhalb von 15 Minuten ist die Masse bereits verflüssigt, weiteres
einstündiges Erhitzen auf ioo° führt bei kräftigem Rühren zu einem recht flüssigen,
wenig verfärbten Sirup. Man unterzieht den Ansatz nunmehr während 3 Stunden der
Vakuumdestillation. Innerhalb dieses Zeitraumes wird die Temperatur allmählich von
8o bis auf iio° gesteigert. Es gehen insgesamt 8o Teile Wasser in die Vorlage über.
Die Kondensation erfolgt mithin unter Austritt von annähernd 3 Mol Wasser. Das Endprodukt
stellt eine zähe sirupöse Masse von hellbrauner Farbe dar, die zu einem glasigen,
spröden Produkt erstarrt. Das Produkt ist in der Hitze völlig klar wasserlöslich,
in der Kälte erfolgt weitgehendes flockiges Ausfallen der Substanz. Aufarbeitung
erfolgt gemäß Beispiel I. Analog kann Cellulose bzw. cellulosehaltiges Material
verarbeitet werden.
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IV. In das Gemisch von 3o Teilen Phosphorsäure 86 1%ig und 3o Teilen
Formamid werden 9o Teile Stärkezucker eingebracht. Die beim Erwärmen entstehende
klare sirupöse Lösung wird 1/2 Stunde lang auf 8o° erwärmt. Hierauf wird das Gemisch
der Vakuumdestillation unterzogen, wobei die Temperatur, mit 8o° beginnend, so allmählich
und vorsichtig gesteigert wird, daß nur ein ganz langsames Abdestillieren erfolgt.
Nach 2 Stunden erfolgt nochmals Zusatz von 2o Teilen Foz-mamid, und es wird nach
i/2 stündigem Erhitzen auf 8o°, wie beschrieben, weiterdestilliert. Innerhalb von
4 Stunden müssen bei zuletzt bis auf iio° erhöhter Temperatur 4.o Volumteile Destillat
bzw. etwa 48 Gewichtsteile erzielt werden. Das Destillat besteht überwiegend aus
Ameisensäure. - Das erkaltete Endprodukt ist ein zähfesber, brauner Körper, der
in Wasser leicht und völlig klar mit hellroter Farbe löslich ist. Zusatz von Alkali
zur wässerigen Lösung bewirkt fast vollständig Ausfällung, Säure löst wieder auf.
Unter Bindung von 2 Mol Formamid und anschließend erfolgter Abspaltung von Ameisensäure
ist ein Di'Aminozucker mit beständigen Aminogruppen entstanden. Aufarbeitung dieses
Produktes kann durch
Aikalisierung der wässerigen Lösung und Abtrennen
des ausfallenden Aminozuckers erfolgen.