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Schallplatte Es sind zahlreiche Verfahren bekanntgeworden, die darauf
hinzielen, die auf Schellack aufgebaute, nicht biegsame Schallplatte durch ein ebenso
leicht verformbares und hinsichtlich der Tonwiedergabe, Feuchtigkeitsbeständigkeit,
Tropenfestigkeit, Nadelfestigkeit usw. gleichwertiges Material zu ersetzen. Mau
bat beispielsweise versucht, an Stelle von Schellack Cellulosederivate, insbesondere
Nitrocellulose und Acetylcellulose und Kunstharze, insbesondere Phenol-, Phenolketon-,
Resorcin- und Härnstoffharze, zu verwenden; diese Bindemittel wurden in der Regel
nicht allein benutzt, sondern in Verbindung mit Füllstoffen und Zusätzen der verschiedensten
Art, insbesondere Naturharzen (Akaroid), Faserstoffen (Holzmehl, Papier, Asbest
usw.), ferner auch in Verbindung mit Gewebebahnen sowie mit den verschiedensten
sonstigen organischen und anorganischen Füllstoffen, wie Ruß, Graphit, gepulvertem
Bernstein, Steinnußstaub, unschmelzbaren Kondensationsprodukten, gebranntem Gips,
Bariumsulfat, Infusorienerde, Ton, Aluminium- oder Eisenoxvd usw.
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Neuerdings hat man sich auch bemüht, als Bindemittel für Schallplatten
an Stelle von Schellack Polymerisationsprodukte ungesättigter organischer Körper
heranzuziehen, vor allem Polyvinylester und -äther, Mischpolymerisate von Vinylverbindungen,
durch Behandeln von Polyvinylalkohol mit Aldehyden erhaltene Kondensationsprodukte,
Polyacrylester, Polystyrol u. dgl.
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Diese polymeren Vinylv erbindungen wurden zum Teil für die Herstellung
von biegsamen, dünnwandigen Schallplatten mit oder ohne Füllstoff benutzt, gegebenenfalls
unter Zusatz von hochsiedenden Gelatiniermitteln zum Zwecke der Verbesserung der
Elastizität. Auch hat man Mischungen von Celluloseestern und Polyvinylestern für
Schallplatten
verwandt. Vorzugsweise wurden die Polyvinylverbindungen
auf Metallplatten oder Schichten von Papier, Leinen u. cgl. aufgebracht. Es wurde
auch versucht, Polyviny1-verbindungen, insbesondere Polyvinylhalogenid im Gemisch
mit Polyvinylacetat unter Zusatz von faserigen oder wachsartign Füllstoffen. unmittelbar
zu massiven Schallplatten zu verpressen. Alle diese Vorschläge haben bisher nicht
zu einer der Schellackmasse in jeder Hinsicht gleichwertigen Schallplattenmasse
geführt, und zwar vor allem deshalb nicht, weil keine dieser Massen neben den hohen
phonetischen Eigenschaften, wie sie ier Schellackmasse eigentümlich sind, eine gleich
gute Verformbarleit und Billigkeit wie die Schellacknasse besaß.
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Es wurde nun gefunden, daß Schallplatten. die lehen polymeren Vinylverbindungen,
z. B. Polyvinylchlorid oder Mischpolymnerisaten aus Vinylchlorid mit Vinylacetat.
Acrylsäureestern. Maleinsäureestern usw.. solche hölermo1ekulare Produkte enthalten.
die bei der Druckextraktion von Bohle bei Temperaturen von etwa 370 l oder mehr
und unter einem Druck von etwa Ioo at oder mehr oder der Druckhydrierung von Kohle
und Kohleextralten erhalten werden, den aus Schellack hergestellten Schallplatten
hinsichtlich der Tonwiedergabe, Verfornbarkeit und Billigkeit völlig ebenbürtig
sind. Zweckmäßig werden den neuen Schallplatten anorganische und gegebenenfalls
auch organische, z. B. wachsartige Füillmittel zugesetzt.
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Während man bei der Verpressung von Polyvinylverbindungen allein nit
den üblichen Füllmitteln zu Massen gelangt, die im Gegensatz zur Schellacknasse
vielweniger plastisch, also schwerer verformbar sind und infolgedessen hölere Drucke
und Temperaturen als die Schellacknasse erfordern, lassen sich die neuen Massen
mit den normalen bei Schellackuassen üblichen Drucken und Temperaturen vollkommen
einwandfrei zu Schallplatten verpressen, und zwar unter Anwendung der gleichen Erwärinungs-
und Abkühlungszeit wie bei den Schellackmassen, was für die Wirtschaftlichkeit der
Schallplattenfabrikation von ausschlaggebender Bedeutung ist.
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Man braucht auch nicht, wie dies bei Verwendung von Polyvinylprodukten
als alleinigem Bindemittel notwendig ist. zunächst Mondelle durch Ausstanzen aus
Walzhäuten herzustellen. die dann lediglich geprägt werden, sondern man kann genau
wie bei der Schellackmasse Rohlinge in Form von Klunpen oder dicken Platten oder
zu Spiralen aufgewickelte Streifen auf die Mitte der Matrize aufbringen und unmittelbar
zt fertigen Platten verpressen. Dies ist bei Verwendung der Polyvinylverbindungen
allein nicht möglich, weil in dieseln Falle viel zu hohe Drucke erforderlich sind,
durch deren Anwendung die selbst bei hohen Temperaturen noch zähflüssige Masse einen
raschen Verschleiß der Tonrillen und dabei ein Unbrauchbarwerden der Matrize Hervorruft.
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Die neuen Schallplatten sind auch völlig tnempfindlich gegen Luftfeuchtigkeit,
so daß weder ein Verziehen noch ein Verschwimmen der mittels Matrizen eingeprägten
Schallkurven zu befürchten ist. Hinsichtlich ihrer Festigkeit und Zähigkeit übertreffen
sie vielfach die Schellarckplatte. Auch hinsichtlich Nadelverschleiß und Haltbarkeit
der Platte, selbst bei häufigem Abspielen. sind sie der Schellackplatte mindestens
gleichwertig, desgleichen in bezug auf Temperaturunempfindlichkeit beine Gebrauch
in den Tropen.
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Verwendet man statt der beanspruchten Extrakte oder Drucklydrierungsprodukte
die als Weichmachungsmittel bei der Herstellung von Schallplatten schon vorgeschlagenen
wachsartigen Stoffe. z. B. Montanwachs, das bekanntlich bei gewöhnlichem oder nur
wenig erhöhtemn, weit unter Ioo at liegendem Druck und bei Temperaturen unter 370°
aus Braunkohle gewonnen wird, oder Teere oder andere pechähnliche Stoffe, wie Stearinpech,
so besitzen die Schallplatten eine erheblich geringere Wärnebeständigkeit und Nadelfestigkeit.
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Die nachstehenden Beispiele zeigen einige Zusammensetzungen der neuen
Schallplatten. Beispiele I. I5 Teile eines Mischpolymerisats aus 75 °/0 Vinylchlorid
und 25 °/o Acryls2iurenethylester werden fnit 35 Teilen eines Braunkohlenrohextraktes
und 5o Teilen Kieselweiß durch Kneten oder Walzen vermischt; der Braunkohlenrohextrakt
wira beispielsweise durch Behandeln von getrockneter Braunkohle mit einem Gemisch
aus einer hydrierten, mehrkernigen Verbindung und einem Phenol bei 370 lies d Io°
unter einem Druck von etwa Ioo les 2oo at, Abfiltrieren des ungelösten Anteils sowie
der Asche und Abdestillieren d'es Löseniittels gewonnen. Aus der durch Kneten oder
Walzen bei etwa I2o° hergestellten Mischung werden durch Auswalzen oder Ziehen Streifen
hergestellt, die auf einer Heizplatte gut durchgewärmt und anschließend zusannengeballt
oder zusammengewickelt wer-(,en. Die so hergestellten Rohlinge werden auf die auf
I4o° erwärmte Schallplatteninatrize gelegt, zusaiiiniengel>reßt. nur wenige Sekunden
geheizt und dann in ganz kurzer Zeit abgekühlt, worauf clie fertige Schallplatte
der Form entnommen werden kann.
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2. 15 "feile eines aus 8o"'" Vinvlchlorid und 2o'/" llaleinsiiurenietlivlglvkolester
bestehenclen 2#lisclipolvnici-isates «-erden niit 3o Teilen
Braunkohlenrohextrakt
(wie in Beispiel I) sowie 5 Teilen Steinkohlenteerpech und 5o Teilen Kieselweiß
vermischt und wie in Beispiel I verarbeitet.
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3. An Stelle des gemäß Beispiel I und 2 verwendeten Braunkohlenrohextraktes
wird ein durch Behandeln mit aliphatischen Kohlenwasserstoffen mit weniger als Io
C-Atomen im Molekül, von den niedriger schmelzenden, wasserstoffreicheren Verbindungen
befreites und dann z. B. mit Dimethyläther unter Druck extrahiertes Produkt verwendet.
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4. An Stelle des in Beispiel I und 2 verwendeten Braunkohlenrohextraktes
wird ein Steinkohlenextrakt angewendet, der in an sich bekannter Weise in Gegenwart
eines Katalysators bei 38o° und 2oo at Wasserstoffdruck hydriert wurde.
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5. An Stelle des in Beispiel I und 2 verwendeten Braunkohlenrohextraktes
wird ein hochsiedendes pechähnliches Produkt verwendet, das neben größeren Mengen
Treibstoff aus Steinkohlenextrakt in Gegenwart eines aus Eisenoxyden bestehenden
Katalysators bei 475° und 65o at Wasserstoffdruck erhalten wurde. 6. AN Stelle des
in Beispiel I und 2 erwähnten Braunkohlenrohextraktes verwendet man zähe, feste
Destillationsrückstände, die man erhält, wenn man aus den durch Hydrierung von Braunkohle
bei einem Wasserstoffdruck von 2oo at in Gegenwart von Hydrierungskatalysatoren
in der Sumpfphase enthaltenen Produkten die unter Atmosphärendruck bis 28o° übergehenden
Anteile abdestilliert.
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7. An Stelle der in den bisherigen Beispielen angewendeten Vinylhalogenide
bzw. Mischpolymerisate wird Polystyrol verwendet. B. An Stelle der bisher genannten
Polyvinylverbindungen werden Polymerisationsprodukte verwendet, wie sie beispielsweise
durch Einwirkung von Alkali oder Natriumacetat oder von Säuren auf aliphatische
Aldehyde, insbesondere dem Acetaldehyd und dessen Homologen, entstehen.
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g. An Stelle des in Beispiel z und 2 verwendeten Braunkohlenrohextraktes
wird ein Produkt benutzt, das man erhält, wenn man getrocknete Steinkohle mit einem
Gemisch aus einer hydrierten mehrkernigen Verbindung und einem Phenol bei 37o bis
4io° behandelt, den ungelösten Anteil abfiltriert, das Lösemittel durch Abdestillieren
entfernt und den so gewonnenen Extrakt mit schwefliger Säure oder Äther behandelt.
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Die in den vorstehenden Beispielen angegebenen Mischungsverhältnisse
können nach Bedarf zwecks Verbesserung der Plastizität der Mischung weitgehend geändert
werden, sei es durch Zusatz gewisser Mengen von Wachsen, wie Montanwachs, sei es
durch Anwendung anderer anorganischer Füllstoffe, z. B. kolloidalem Talkum an Stelle
von Kieselweiß, sei es durch Mitverwendung faseriger Füllstoffe, z. B. Baumwollflocken.