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Technisches Gebiet der Erfindung
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Röntgenkristallographie
ist nützlich
zur Bestimmung von Liganden, die sich an Ziel-Rezeptormoleküle binden,
und zur Herstellung von Liganden mit verbesserter biologischer Aktivität für den Ziel-Rezeptor.
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Hintergrund der Erfindung
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Röntgenkristallographie
(Kristallographie) ist eine etablierte, gut untersuchte Technik,
die liefert, was am besten als dreidimensionales Bild des Aussehens
eines Moleküls
in einem Kristall zu beschreiben ist. Wissenschaftler haben Kristallographie
verwendet, um die Kristallstrukturen vieler biologisch wichtiger
Moleküle zu
erforschen. Viele Klassen von Biomolekülen können durch Kristallographie
untersucht werden, einschließlich
Proteinen, DNA, RNA und Viren, aber nicht darauf beschränkt. Wissenschaftler
haben sogar die Kristallstrukturen von Biomolekülen identifiziert, die Liganden
innerhalb ihrer Rezeptoren tragen (einen "Ligand-Rezeptor-Komplex").
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Anhand
eines "Bildes" eines Ziel-Biomoleküls oder
Liganden-Rezeptor-Komplexes
können
Wissenschaftler "Taschen" oder Rezeptoren
suchen, wo biologische Aktivität
stattfinden kann. Dann können
Wissenschaftler experimentell oder rechnerisch Hochaffinitäts-Liganden
(oder -Arzneimittel) für
die Rezeptoren konstruieren. Rechnerische Verfahren sind alternativ
verwendet worden, um nach der Bindung kleiner Moleküle zu suchen.
Diese früheren
Versuche haben jedoch nur begrenzt Erfolg gehabt. Ligandenkonstruktion
durch rechnerische Verfahren ist mit mehreren Problemen verbunden.
Rechnerische Verfahren beruhen auf Schätzungen anstelle exakter Bestimmungen
der Bindungsenergien und stützen
sich auf einfache Berechnungen im Vergleich zu den komplexen Interaktionen
innerhalb eines Biomoleküls.
Weiterhin erfordern Rechenmodelle eine experimentelle Bestätigung,
welche die Modelle oftmals als falschpositive Modelle entlarvt,
die auf das echte Ziel nicht anwendbar sind.
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Außerdem ist
experimentelle Hochaffinitäts-Ligandenkonstruktion,
die auf einem "Bild" des Liganden-Rezeptor-Komplexes
basierte, auf Biomoleküle
beschränkt
gewesen, die bereits bekannte Liganden haben. Schließlich berichteten
Wissenschaftler erst kürzlich über die
kristallographische Untersuchung von Interaktionen zwischen organischen
Lösungsmitteln
und Ziel-Biomolekülen. Allen
u. a., J. Phys. Chem., v. 100, S. 2605–11 (1996). Diese Untersuchungen
sind jedoch auf die Abbildung von Lösungsmittel-Regionen, nicht
Liganden-Regionen, beschränkt.
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Verlinde
u. a. (1997), Structure-based drug design, S. 365–394, offenbaren
ein Verfahren zur Identifikation eines Liganden, der sich an ein
Ziel-Biomolekül
bindet, folgende Schritte umfassend:
- a) Gewinnung
eines Ziel-Biomolekül-Kristalls
und des Röntgenbeugungsdiagramms
des Ziel-Biomoleküls (S.
377, letzter Absatz, bis S. 378, Zeile 19);
- b) Aussetzen des Ziel-Biomolekül-Kristalls gegenüber einer
Mischung aus mindestens zwei potenziellen Liganden, worin die Liganden
in der Mischung auf molekularer Ebene unterschiedlich geformt sind,
und Gewinnung eines Röntgen-Kristall-Beugungsdiagramms
daraus (S. 378, Zeilen 17 bis 21, "crystallographic cocktail soak (CCS)
approach", S. 379,
Zeilen 1 bis 2, Tabelle 4); und
- c) Bestimmung, ob ein Ligand/Ziel-Biomolekül-Komplex gebildet wird, durch
Vergleichen der Röntgen-Kristall-Beugungsdiagramme
des Ziel-Biomolekül-Kristalls,
wenn es der Mischung aus den mindestens zwei potenziellen Liganden
ausgesetzt ist, mit dem Röntgenbeugungsdiagramm
des Ziel-Biomolekül-Kristalls, das
gewonnen wird, wenn es nicht der Mischung aus den mindestens zwei
potenziellen Liganden ausgesetzt ist (S. 378, Zeile 19, bis S. 379,
Absatz 2). Die Offenbarung in diesem Dokument ermöglicht es
jedoch nicht, positive Treffer ohne die Notwendigkeit nachfolgender
Experimente direkt zu identifizieren.
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Es
wäre wünschenswert,
potenzielle Liganden direkt zu identifizieren und detaillierte Informationen darüber zu erhalten,
wie sich der Ligand in dem Ziel-Biomolekül bindet und verändert. Außerdem wären Verfahren
zur Identifikation und/oder Konstruktion von Liganden wünschenswert,
welche biologische und/oder pharmazeutische Wirksamkeit im Hinblick
auf ein bestimmtes Zielmolekül
aufweisen.
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Kurze Zusammenfassung der Erfindung
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Die
Erfindung besteht in einem Verfahren zur Identifikation eines Liganden,
der sich an ein Ziel-Biomolekül
bindet wie in Anspruch 1 beansprucht. Bevorzugte Ausführungsformen
der Erfindung werden in den Ansprüchen 2 und 3 beansprucht. Weitere
Ausführungsformen,
die nicht unter die beanspruchte Erfindung fallen, sind ebenfalls,
in der vorliegenden Beschreibung, offenbart.
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Kristallographie
kann angewandt werden, um Verbindungen, die keine bekannten Liganden
eines Ziel-Biomoleküls
sind, auf ihre Fähigkeit,
sich an das Ziel zu binden, zu untersuchen und zu identifizieren.
Das Verfahren (im Folgenden "CrystaLEADTM" genannt)
umfasst die Gewinnung eines Kristalls eines Ziel-Biomoleküls, die Aussetzung des Ziels
gegenüber
einer oder mehreren Untersuchungsproben, die potenzielle Liganden
des Ziels sind, und die Bestimmung, ob ein Ligand-Biomolekül-Komplex
gebildet wird. Das Ziel wird potenziellen Liganden durch verschiedene
Verfahren ausgesetzt, einschließlich,
aber nicht beschränkt
auf Durchtränken
eines Kristalls in einer Lösung
aus einem oder mehreren potenziellen Liganden oder Co-Kristallisieren eines
Biomoleküls
in Anwesenheit eines oder mehrerer potenzieller Liganden.
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In
einer weiteren Ausführungsform
werden strukturelle Informationen von den gefundenen Ligand-Rezeptor-Komplexen
verwendet, um neue Liganden zu konstruieren, die sich fester binden,
spezifischer binden, bessere biologische Wirksamkeit oder ein besseres
Sicherheitsprofil haben als bekannte Liganden.
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Bibliotheken
von Verbindungen mit heterogener Form ("shape diverse") werden verwendet, um eine direkte
Identifikation des Ligand-Rezeptor-Komplexes zu ermöglichen,
selbst wenn der Ligand als Teil einer Mischung exponiert wird. Dadurch
wird die Notwendigkeit zeitaufwendiger Dekonvolution eines Treffers
aus der Mischung beseitigt. Hier werden drei wichtige Schritte gleichzeitig
durchgeführt.
Die Funktion der berechneten Elektronendichte zeigt direkt das Bindungsereignis,
identifiziert die gebundene Verbindung und liefert eine detaillierte
3-D-Struktur des
Ligand-Rezeptor-Komplexes. In einer Ausführungsform könnte, sobald
ein Treffer gefunden wird, eine Reihe von Analogen oder Derivaten
des Treffers durch herkömmliche
Screening-Verfahren
auf engere Bindung oder bessere biologische Wirksamkeit hin untersucht
werden. Der Treffer und die Information über die Struktur des Ziels
können
verwendet werden, um Analoge oder Derivate mit engerer Bindung oder
besserer biologischer Wirksamkeit zu entwickeln. Der Ligand-Rezeptor-Komplex
kann zusätzlichen
Iterationen potenzieller Liganden unterzogen werden, so dass zwei
oder mehr Treffer miteinander verbunden werden können, um einen wirksameren
Liganden zu bilden.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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1 zeigt
ein strukturbasiertes Arzneimittel-Design, bei dem eine Ausgangs-Führungsverbindung gefunden
und dann als Gerüst
verwendet wird, um zusätzliche
Anteile zu tragen, welche an die Unterregionen passen, die eine
Hauptregion umgeben.
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2 zeigt
ein Fragment-Verbindungs-Verfahren für ein Biomolekül, das zwei
oder mehr nebeneinander liegende Haupt-"Taschen" hat.
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3 ist
eine Übersicht
von CrystaLEADTM, worin ein Kristall in
eine Lösung
aus verschiedenen potenziellen Liganden (I1–I10) eingetaucht und ein Röntgenbeugungs-Datensatz erfasst
und in ein Elektronendichtediagramm umgewandelt wird, welches auf
die Bindung von Verbindungen hin untersucht wird.
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4 stellt
eine typische Verbindungsmischung in 2-D und 3-D dar. Die 3-D-Abbildungen
sind theoretische 2Fo-Fc-Elektronendichtediagramme, die die "Form" der Moleküle darstellen.
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5 ist
eine Primärsequenz
von Humanurokinase.
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6 zeigt,
wie ein Treffer erfasst und anhand der Form identifiziert wurde,
nachdem Urokinase in eine Lösung
eingetaucht wurde, die eine Mischung potenzieller Liganden enthielt.
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6A ist das ursprüngliche Fo-Fc-Diagramm. 6B zeigt, wie sich die Verbindung an die
aktive Stelle der Urokinase bindet. 6C zeigt
die aktive Stelle ohne gebundenen Liganden, wenn keine Verbindung
der Mischung gebunden wurde.
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7 zeigt
einen Treffer für
Urokinase, die eingetaucht wurde in eine Lösung, welche eine Mischung potenzieller
Liganden enthielt. 7A ist das ursprüngliche
Fo-Fc-Diagramm. 7B zeigt, wie sich
die Verbindung an die aktive Stelle der Urokinase bindet.
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8 zeigt
einen Treffer für
Urokinase, die eingetaucht wurde in eine Lösung, welche eine Mischung potenzieller
Liganden enthielt. 8A ist das ursprüngliche
Fo-Fc-Diagramm. 8B zeigt, wie sich
die Verbindung an die aktive Stelle der Urokinase bindet.
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9 zeigt
zwei zusätzliche
Treffer für
Urokinase, die eingetaucht wurde in eine Lösung, welche eine Mischung
potenzieller Liganden enthielt. 9A ist
das Fo-Fc-Diagramm für
einen starken Liganden in der Mischung. 9B ist
das Fo-Fc-Diagramm
für einen
schwächeren
Liganden in der Mischung. Der schwächere Ligand wurde erst nachgewiesen,
nachdem der starke Ligand aus der Mischung entfernt worden war.
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10 zeigt
die Vergleichs-Kristallstrukturen zwischen einer Führungsverbindung,
die mit CrystaLEADTM gefunden worden war,
und einer optimierten Folgeverbindung.
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11 stellt
Treffer dar, die für
VanX identifiziert wurden.
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12 stellt
einen Treffer für
Urokinase dar.
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13 stellt
die Kristallstruktur von Verbindung 44 mit ErmC' dar.
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14 stellt
die Kristallstruktur von Verbindung 45 mit ErmC' dar.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Die
Erfindung besteht in einem Verfahren zur Identifikation eines Liganden,
der sich an ein Ziel-Biomolekül
bindet wie in Anspruch 1 beansprucht. Bevorzugte Ausführungsformen
der Erfindung werden in den Ansprüchen 2 und 3 beansprucht. Weitere
Ausführungsformen,
die nicht unter die beanspruchte Erfindung fallen, sind ebenfalls,
in der vorliegenden Beschreibung, offenbart.
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CrystaLEADTM bietet ein effizientes Screening-Verfahren
zur Identifikation von Verbindungen, die sich an ein Ziel-Biomolekül binden.
Solche Verbindungen können
als Führungsverbindungen
oder Gerüste
zur Herstellung von Liganden und/oder Arzneimitteln dienen, die
verbesserte biologische Wirksamkeit für das Ziel haben. Es ist anzumerken,
dass Liganden mit engerer Bindung nicht unbedingt bessere biologische
Wirksamkeit haben oder bessere Arzneimittel sind, obwohl dies die
allgemeine Regel ist. Es ist möglich,
dass ein Ligand mit schwächerer
Bindung aufgrund anderer Faktoren als enger Bindung (z. B. Selektivität, Bioverfügbarkeit) bessere
biologische Wirksamkeit hat.
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Kristallographie
ist in großem
Maße verwendet
worden, um Rezeptor-Ligand-Komplexe auf strukturbasiertes Arzneimittel-Design hin zu untersuchen.
Zur Untersuchung solcher Komplexe wird das Zielmolekül-Kristall
normalerweise mit bekannten Liganden durchtränkt, gefolgt von Kristallographie
des Komplexes. Manchmal ist es notwendig, die Liganden mit dem Zielmolekül zu co-kristallisieren,
um einen geeigneten Kristall zu erhalten.
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Bis
heute ist Kristallographie nicht zum Screening potenzieller Liganden
eingesetzt worden, trotz der detaillierten strukturellen Information,
die sie liefert. Mögliche
Vorurteile gegenüber
dem Screening von Verbindungen durch Kristallographie schließen den
Glauben ein, dass das Verfahren zu kompliziert oder zu zeitaufwendig
sei, dass geeignete Kristalle schwierig zu gewinnen seien, dass
verfügbare
Kristalle nicht das Durchtränken
mit mehr als einer Verbindung tolerieren könnten (noch viel weniger Mischungen
aus zehn oder mehr Verbindungen), dass zu viel Biomolekül benötigt würde, dass
es zu zeitaufwendig wäre,
Kristalle routinemäßig anzuordnen,
und dass die kontinuierliche Änderung
von Kristallen auf dem Röntgen-Goniometer
zu mühsam wäre.
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Die
aktuell verfügbare
Technologie hat jedoch viele dieser vermeintlichen Hindernisse überwunden. Zum
Beispiel wurden molekulare Ziele früher nur aus natürlichen
Quellen gewonnen und waren manchmal ungeeignet für die Kristallisation aufgrund
von natürlicher
Zersetzung oder Glykosylierung. Außerdem war die natürliche Konzentration
oftmals zu niedrig, um die Menge an hochgereinigtem Protein zu erhalten,
die für
die Kristallisation notwendig war. In der Molekularbiologie können große Mengen
an Protein exprimiert und für
die Kristallisation gereinigt werden. Falls nötig, kann das Protein zur Bereitstellung
anderer oder besserer Kristallformen sogar einem Re-Engineering
unterzogen werden.
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Weiter
sind helle Lichtquellen (Synchrotronstrahlung) und empfindlichere
Detektoren ohne Weiteres verfügbar
geworden, so dass die Zeit, die zur Erfassung von Daten erforderlich
ist, drastisch von Tagen auf Stunden oder sogar Minuten reduziert
wurde. Außerdem
ermöglichen
vorhandene Technologien, die zu diesem Zeitpunkt noch weniger Routine
sind, aber bald Routine werden können,
die Erfassung vollständiger
Datensätze
in der Größenordnung
von Sekunden oder sogar Bruchteilen einer Sekunde (z. B. Laue-Beugung). J.
Hajdu u. a., Nature, v. 329, S. 178–81 (1987). Schnellere Computer
und mehr Automatisierungssoftware haben die Zeit, die für Datenerfassung
und -analyse erforderlich ist, stark verringert. Schließlich haben
die Erfinder festgestellt, dass es möglich ist, zum Screening potenzieller
Liganden Mischungen von Verbindungen einzutränken oder zu co-kristallisieren.
Daher ist, wie unten beschrieben, Kristallographie heutzutage ein
praktisches und durchführbares
Screening-Verfahren.
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In
CrystaLEADTM werden Liganden für ein Zielmolekül mit kristalliner
Form identifiziert, indem eine Bibliothek kleiner Moleküle, entweder
einzeln oder in Mischungen, dem Ziel (z. B. Protein, Nukleinsäure usw.) ausgesetzt
wird. Dann werden kristallographische Daten gewonnen, um das Elektronendichtediagramm
des mutmaßlichen
Ziel-Liganden-Komplexes mit dem Elektronendichtediagramm des Ziel-Biomoleküls zu vergleichen.
Das Elektronendichtediagramm liefert gleichzeitig einen direkten
Nachweis der Ligandenbindung, Identifikation des gebundenen Liganden
und die detaillierte 3-D-Struktur des Ligand-Ziel-Komplexes. Die Bindung kann
auch durch Änderungen
einzelner Reflexionen in dem kristallographischen Beugungsdiagramm überwacht
werden, von denen bekannt ist, dass sie empfindlich für Ligandenbindung
an der aktiven Stelle sind. Dies könnte als Vorklassierung dienen,
wäre jedoch
nicht das primäre
Verfahren der Wahl, da es weniger detaillierte Struktur-Informationen
liefert.
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Durch
Beobachtung von Änderungen
des Niveaus der Liganden-Elektronendichte
oder der Intensität bestimmter
Reflexionen im Beugungsmuster abhängig von Ligandkonzentration,
entweder zum Kristall hinzugefügt
oder in Co-Kristallisation, können
auch die Bindungsaffinitäten
von Liganden für
Biomoleküle
bestimmt werden. Bindungsaffinitäten
können
auch durch konkurrierende Experimente ermittelt werden. Hier wird
(werden) die neue(n) Verbindung(en) mit einem von einer Reihe verschieden
geformter Liganden mit bekannter Bindungsaffinität getränkt oder co-kristallisiert. Wenn der bekannte Ligand
im Elektronendichtediagramm erscheint, sind die unbekannten Liganden
schwächere
Liganden. Wenn jedoch festgestellt wird, dass eine der neuen Verbindungen
um die Region konkurriert, wäre
sie der stärkste
Ligand. Durch Variierung der Konzentration oder Identität des bekannten
Liganden kann eine Bindungskonstante für den CrystaLEADTM-Treffer
ermittelt werden.
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Die
Anzahl getesteter Verbindungen hängt
ab von der gewünschten
Nachweisgrenze, der Verbindungslöslichkeit
und der Menge an organischem Co-Solvens, die von den Kristallen
toleriert wird. Genaue Zahlen hängen
von jedem Kristall ab. Zum Beispiel würde bei einem typischen Kristall,
das 1% organisches Co-Solvens toleriert, die Nachweisgrenze zum
gleichzeitigen Screening von 10 Verbindungen bei Kd < 1,5 mM liegen.
Bei 20 Verbindungen läge
die Nachweisgrenze bei Kd < 0,63
mM. Kristalle, die einen hohen Anteil an organischen Co-Solvenzien
tolerieren (z. B. 40%), können
jedoch innerhalb einer Nachweisgrenze von Kd < 1,5 mM bis zu 50 Verbindungen untersuchen.
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Bei
der allgemeinsten Anwendung von CrystaLEADTM wird
der Treffer oder die Führungsverbindung verwendet,
um zu bestimmen, welche Verbindungen in strukturbasiertem Arzneimittel-Design
auf biologische Wirksamkeit getestet werden sollten. Dann werden
durch herkömmliche
Arzneimittelchemie Derivate und Analoge gewonnen, um den besten
Liganden oder das beste Arzneimittel zu finden.
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Alternativ
können
die strukturellen Informationen, die in dem Screening-Verfahren
gesammelt werden, direkt genutzt werden, um Analoge oder Derivate
des Treffers vorzuschlagen. Diese Vorgehensweise wird verdeutlicht,
wenn die aktive Stelle aus einer "Primärtasche", umgeben von einer
Vielzahl von Unter-Regionen und
kleinen "Taschen", besteht (1).
Detaillierte strukturelle Informationen darüber, wie eine Verbindung vom
Rezeptor gebunden wird, werden gleichzeitig gewonnen, wenn ein Treffer
erfasst wird. Solche Informationen sind für Personen mit durchschnittlichem
Fachwissen nützlich,
um bessere Liganden zu konstruieren. P. Colman, Curr. Opin. in Struct.
Biology, v. 4, S. 868–74
(1994); J. Greer u. a., J. Med. Chem., v. 37, S. 1035–54 (1994);
C. Verlinde u. a., Structure, v. 15, S. 577–87 (1994). Im Speziellen kennzeichnet
der Treffer Stellen für analoge
Synthese, die Zugang zu den umgebenden Unter-Regionen und kleinen "Taschen" ermöglichen.
Dies ermöglicht
die Herstellung neuer Verbindungen, die besser an die aktive Stelle
passen. Weiterhin können
in Fällen,
in denen eine Struktur-Funktions-Beziehung
vorhanden ist, die Wirksamkeit verbessernde Substitutionsmuster
auf 3-D-Strukturebene direkt an das neue Führungsgerüst übertragen werden.
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Eine
andere Darstellung (2) bezieht sich normalerweise
auf ein Ziel mit zwei oder mehr separaten "Taschen", die Fragmente aufnehmen. Hier wird
das Kristallziel auf Liganden untersucht, die alle Stellen entweder
sequentiell oder gleichzeitig besetzen. Da das Bindungsereignis
durch die Visualisierung von Co-Kristallstrukturen überwacht
wird, wird die Stelle der Ligandenbindung direkt identifiziert,
und es besteht nicht die Notwendigkeit von konkurrierenden Experimenten,
um sicherzustellen, dass die Liganden tatsächlich verschiedene Stellen
am Protein besetzen. Separates Screening ermöglicht Liganden, die sich an
getrennte "Taschen" binden, die sich
an ihren Bindungsstellen überlappen.
Das Screening des zweiten in Anwesenheit des ersten würde kooperative
Bindung an einer zweiten Stelle erfassen. Sobald potenzielle Führungsverbindungen und
eine Struktur-Aktivitäts-Beziehung
erfasst wurden, können
anhand der detaillierten Strukturinformation und des Ansatzes zur
Fragmentverbindung wie oben beschrieben Verbindungen zwischen allen
Stellen hergestellt werden, um neue, viel wirksamere Liganden zu
erzeugen. S. B. Shuker u. a., Science, v. 274, S. 1531–34 (1996);
C. Verlinde u. a., Structure, v. 15, S. 577–87 (1994).
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In
einer dritten Anwendung, dem Gerüst-Verschmelzungs-Verfahren (nicht
dargestellt), besteht die aktive Stelle des Ziels aus zwei oder
mehr Unter-Regionen. Das kristalline Protein wird auf Liganden untersucht, die
sich an diese Unter-Regionen binden, und die relative Liganden-Bindungs-Ausrichtung
wird über
mehrere Experimente hinweg beobachtet. Diese Liganden sollten sich
binden, indem sie eine oder mehrere Unter-Regionen besetzen, und
durch Überlagerung
der Strukturen von Mehrfach-Treffern
kann ein Kern konstruiert werden, der den Zugang zu mehreren Unter-Regionen
erleichtert. Dieser Kern würde
dann als neue, neuartige und wirksamere Führungsverbindung dienen, die
auch das Führungsgerüst im Arzneimittel-Design-Zyklus
darstellen würde.
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Das
CrystaLEADTM-Verfahren vernetzter Fragmente
implementiert experimentell das strukturbasierte Verfahren vernetzter
Fragmente, über
das von Verlinde u. a. in J. Comput. Aided Mol. Des., v. 6, S. 131–47 (1992)
nur auf rechnerischer Ebene berichtet wird. Verlinde u. a. schlugen
Ligand-Fragmente anhand mathematischer Berechnungen vor. Die vorgeschlagenen
Fragmente wurden dann auf Bindungsaktivität hin getestet. Wenn die Fragmente
sich tatsächlich
banden, wurden ihre 3-D-Strukturen durch Röntgenkristallographie bestimmt,
und ein Linker wurde konstruiert. CrystaLEADTM hingegen
erfasst gleichzeitig das Bindungsereignis und liefert eine experimentell
bestimmte 3-D-Struktur
des Ligand-Protein-Komplexes. Die Erfindung liefert auch ein Verfahren
zur Bestimmung der Assoziationskonstante zwischen einem Zielmolekül und seinem
Liganden. Die Erfindung erfordert keine spezielle Markierung des
Ziels. Daher kann das Zielmolekül
Proteine, Polypeptide, Nukleinsäuren,
Nukleoproteine oder jedes andere geeignete Zielmolekül umfassen,
das aus natürlichen
Quellen oder durch Rekombinationsverfahren aus einem beliebigen
geeigneten Host-System, wie von Personen mit durchschnittlichem
Fachwissen entwickelt und praktiziert, isoliert wird.
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Kristallographie-Screening
hat mehrere Vorteile. Ein wichtiger Vorteil ist, dass das Bindungsereignis direkt
beobachtet wird, so dass die Wahrscheinlichkeit falschpositiver
Ergebnisse auf nahe Null reduziert wird. Die kristallographischen
Daten liefern einen dreidimensionalen Elektronendichte-"Schnappschuss" des Ligand-Rezeptor-Komplexes,
der zeigt, welche Verbindung sich bindet und wie sie gebunden wird.
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Das
Verfahren ist spezifisch empfindlich gegenüber strukturellen Veränderungen,
sowohl beim Ziel als auch beim Liganden. Die Beobachtung struktureller
Veränderungen
ist entscheidend bei der Konstruktion von Gerüsten, die Informationen aus
verschiedenen Ligand-Ziel-Komplex-Strukturen kombinieren. Ein solches Beispiel
wäre, wenn
ein Protein seine Struktur verändert,
um einen Liganden aufzunehmen, aber die Strukturänderung gleichzeitig die Bindung
eines zweiten Liganden blockiert. Ähnlich ist die Erfassung struktureller Veränderungen
auch wichtig, weil es eventuell nicht möglich ist, wenn sich die Primärgerüste anders
binden, sie zu einem größeren Gerüst zu kombinieren.
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Da
das Bindungsereignis direkt überwacht
wird, benötigt
CrystaLEADTM keine spezifisch markierten Proben,
Sonden oder Zielmoleküle,
die indirekt gegenüber
Liganden-Assoziation empfindlich wären. Solange es möglich ist,
eine Kristallstruktur des Ziels zu erhalten, kann CrystaLEADTM angewandt werden, um nach Liganden zu
suchen.
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Wenn
Verbindungsmischungen passenderweise so konstruiert sind, dass sie
verschiedene Formen beinhalten, beseitigt die Erfindung die Notwendigkeit
der Dekonvolution von Bibliotheken, die als Mischung durchtränken, weil
das Bindungsereignis direkt durch Untersuchung der Form der Elektronendichte
an der Bindungsstelle erfasst wird. Daher kennzeichnet die Form
der Elektronendichte direkt sowohl das Bindungsereignis als auch
die Identität
der Verbindung. Alternativ kann die Mischung so zusammengesetzt
werden, dass sie Verbindungen mit anomalen Streuatomen (z. B. Br,
S) enthält,
die durch anomale Streutechniken identifiziert werden können. Weiterhin
ist sie, da CrystaLEADTM die Bindung direkt überwacht,
besonders gut geeignet zur Untersuchung von Zielen, für die kein
bekannter Ligand existiert.
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Da
die mit CrystaLEADTM berechnete Elektronendichte-Funktion den "realen Raum" des Kristalls zeigt, ist
es möglich,
sich direkt auf den Bereich von Interesse zu konzentrieren. Daher
kann die Bindung exklusiv an der Stelle von Interesse erfasst werden,
obwohl das Verfahren nicht auf die aktive Stelle beschränkt ist.
Die Bindung an anderen Stellen, die in den meisten Bindungs-Assays
die Analyse verkompliziert, kann vollständig außer Acht gelassen werden.
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CrystaLEADTM bietet auch ein Verfahren, um die Bindung
an verschiedenen Stellen gleichzeitig zu überwachen. Das heißt, bei
einem Ziel mit mehreren "Taschen" erfordert die Suche
nach einer zweiten Stelle nicht die Suche in Anwesenheit des ersten
Liganden. Die Suche nach einer zweiten Stelle kann jedoch zur Entdeckung
kooperativer Liganden in Anwesenheit des ersten Liganden durchgeführt werden.
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CrystaLEADTM ist auf jedes Zielmolekül anwendbar,
für das
eine Kristallstruktur gewonnen werden kann. Gemäß aktueller Literatur schließt dies
jedes lösliche
Makromolekül
mit einem Molekulargewicht zwischen ungefähr 5000 und 200.000 ein. Dieser
Bereich wird jedoch aufgrund technischer Fortschritte fast täglich größer. Das
Verfahren ist auch empfindlich gegenüber einer großen Bandbreite
von Bindungs-Dissoziationskonstanten (< picomolar zu molar). Mit Hilfe empfindlicherer
ladungsgekoppelter Kameradetektoren können Daten mit einer Drehanoden-Quelle in ungefähr < 4 Stunden bis ungefähr 4 Stunden
erfasst werden. Dies ermöglicht
das Screening Tausender von Verbindungen pro Detektor und Tag. Bei
Anwendung von Synchrotron-Quellen steigt die Anzahl untersuchter
Verbindungen auf mehrere Tausend pro Detektor, und mit Laue-Datenerfassungsverfahren
und -Testmischungen können
CrystaLEADTM-Daten in einer Sekunde oder weniger
erfasst werden, was es möglich
macht, Tausende von Verbindungen pro Tag und Strahlrohr zu testen. Somit
erleichtern mehrere Detektoren oder ein einziges Synchrotron-Strahlrohr
echtes Hochdurchsatz-Screening.
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3 stellt
eine Übersicht über die
Erfindung dar. Kristalle des Zielmoleküls werden durch Durchtränken des
Kristalls oder durch Co-Kristallisation des Ziels in Anwesenheit
einer oder mehrerer Verbindungen einer oder mehreren Verbindungen
ausgesetzt. Dann werden kristallographische Daten erfasst, verarbeitet
und in Elektronendichtediagramme umgewandelt, die nach Hinweisen
auf Ligandenbindung untersucht werden. Eine Möglichkeit, Ligandenbindung
zu erfassen, besteht darin, die Struktur des ursprünglichen
Kristalls mit der Struktur des exponierten Kristalls zu vergleichen.
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Neue
Ziele können
durch veröffentlichte
Bedingungen oder durch andere Verfahren, die im Fachgebiet gut etabliert
sind, kristallisiert werden. Ähnlich
können
Zielstrukturen von Datenbanken, wie z. B. der Proteindatenbank,
erhältlich
sein oder durch gut etablierte Methodik bestimmt werden. Fortschritte
in Molekularbiologie und Protein-Engineering fördern die Ziel-Kristallisation,
während
Fortschritte in der Datenerfassung die schnelle Strukturbestimmung
bei Zielen mit zuvor unbekannter Struktur unterstützen.
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Kristalle,
die durch Tränken
potenziellen Liganden ausgesetzt werden, benötigen eine leere, zugängliche
aktive Stelle. Kristalle mit einer leeren aktiven Stelle können durch
verschiedene Verfahren gewonnen werden, einschließlich, aber
nicht beschränkt
auf: Kristallisation in Abwesenheit eines Liganden, Kristallisation in
Anwesenheit eines Liganden, der an einer distalen Stelle gebunden
ist, oder Kristallisation in Anwesenheit eines nicht kovalenten
Liganden, der leicht verdünnt
oder vom Ziel ausgetauscht wird, sobald das Biomolekül kristallisiert.
Durch ein neues Verfahren haben die Erfinder Kristalle von einem
Biomolekül
gewonnen durch Kristallisation des Biomoleküls in Anwesenheit eines abbaubaren
Liganden an der aktiven Stelle und anschließenden Abbau des Liganden,
sobald sich ein Kristall gebildet hatte. Alternativ ist es möglich, die Kristalle
in Anwesenheit der zu untersuchenden Verbindungen zu züchten. Kristalle
werden in Anwesenheit der Mischung äquilibrieren gelassen; an diesem
Punkt binden sich die Liganden abhängig von ihrer Konzentration
und Bindungsaffinität.
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Bei
dem Tränkverfahren^^
kann die Empfindlichkeit des Verfahrens durch einfache Gleichgewichtsbeziehungen
approximiert werden, da die Konzentration von Protein im Kristall
berechnet werden kann und die Konzentration des Liganden eine bekannte
Größe ist.
Zum Beispiel wird die Konzentration eines 25.000-MW-Proteins (Urokinase)
in einem Kristall wie folgt berechnet: Es gibt 4 Moleküle in der
orthorhombischen Elementarzelle (alle Winkel 90°), die ein Volumen von 55 × 53 × 82 Å3 hat; unter Anwendung der Avogadro'schen Zahl beträgt die Konzentration
28 mM. Daher resultiert eine Mischung aus Verbindungen mit einer 6
mM-Konzentration für
jeden Liganden in einer berechneten Nachweisgrenze von Kd < 1,5 mM (unter Annahme
einer Nachweisgrenze von ungefähr
80% Besetzung im Kristall).
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Das
Eintauchen von Mischungen von Verbindungen wirft auch die Frage
der Mehrfach-Besetzung auf (mehrere Liganden binden sich an die
Stelle von Interesse). In Fällen
von Mehrfach-Besetzung,
wo die Liganden in verschiedenen "Taschen" gebunden sind (siehe 2),
ist die Auflösung
durch CrystaLEADTM einfach, weil die Bindung
an den separaten Stellen individuell durch die Elektronendichtediagramme
unterschieden werden kann. In dem Szenario, in dem verschiedene
Liganden um dieselbe Stelle konkurrieren, kann ein einfaches Konkurrenzhemmungs-Modell
verwendet werden, um die Anforderungen für eine solche Bindung zu berechnen.
Aufgrund von empirischer Beobachtung wird angenommen, dass Kristallographie
in Situationen helfen kann, in denen die Besetzung durch einen Inhibitor
80% und durch einen anderen 20% beträgt. Daher würde ein Verhältnis der
Bindungsaffinität,
das größer ist
als vier, in einer scheinbaren Besetzung nur durch den Liganden
mit größerer Affinität resultieren.
In dem unwahrscheinlichen Fall, in dem das Verhältnis der Bindungskonstanten
von zwei Verbindungen in der Mischung weniger als vier beträgt, wäre die resultierende
Elektronendichte ein gewichteter Durchschnitt der zwei separaten Dichten
und könnte
schwierig zu identifizieren sein. Daher wäre es nur dann nötig, weitere
Tränkungs-Experimente
zur differenzierten Betrachtung der Mischung vorzunehmen (z. B.
zur Betrachtung jeder Verbindung einzeln in separaten Kristallen),
wenn das Verhältnis
der Bindungsaffinitäten
kleiner als vier ist. Dies wäre
nach wie vor lohnend und effizient, weil dadurch bereits festgestellt
wird, dass mindestens zwei Treffer in der Mischung vorhanden sind.
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Zu
untersuchende Verbindungen werden in Bibliotheken gruppiert. Im
Rahmen dieser Abhandlung sind Bibliotheken große Mischungen von Verbindungen
(100–10.000+)
und können
allgemein oder strukturbezogen sein. Eine allgemeine Bibliothek
ist unspezifisch, d. h. völlig
heterogen in Bezug auf Größe, Form
und Funktionalität.
Eine strukturbezogene Bibliothek bezieht sich auf eine bestimmte
funktionelle Mischung oder Unter-Regioin in der aktiven Stelle des
Zielmoleküls
(z. B. eine Bibliothek, worin alle Verbindungen eine Carboxylat-Funktionalität enthalten,
die auf eine positive Ladung in der aktiven Stelle des Ziels gerichtet
werden soll).
-
In
einer bevorzugten Ausführungsform
werden beide Arten von Bibliotheken in kleinere Gruppen von Mischungen
mit heterogenen Formen aufgeteilt. Daher wird eine Mischung definiert
als Teilmenge der Bibliothek, die in den Kristall eingetränkt oder
eingewachsen sein kann. Die Mischung wird durch Sichtprüfung der zweidimensionalen
chemischen Strukturen oder rechnerisch durch Programme als heterogene
Formen habend bestimmt. Die Formdiversität der Mischung ermöglicht es,
einen gebundenen Liganden direkt anhand des resultierenden Elektronendichtediagramms
zu identifizieren (siehe 4). Dies beseitigt die Notwendigkeit
von Folgeexperimenten, um zu bestimmen, welche Verbindung der Mischung
ein Treffer (an das Ziel gebunden) ist.
-
Wenn
die Testverbindungen wasserlöslich
sind, können
typische in der Kristallisation benutzte Puffer und Ausfällungsmittel-Lösungen verwendet
werden, um die Mischungen löslich
zu machen und den Kristall mit ihnen zu durchtränken. Weniger wasserlösliche Verbindungen
werden einzeln bis zu einer Endkonzentration von 2 M in einem geeigneten
organischen Lösungsmittel
aufgelöst.
In einer Ausführungsform
werden sie in 100%igem DMSO aufgelöst und bei 4°C gelagert
und gemischt durch Mischen der DMSO-Vorratslösungen vor Kontakt mit dem
Kristall. Diese Mischungen genügen
den meisten Kristallsystemen, wo die Bedingungen für Kristallwachstum
keine organischen Reagenzien einschließen. Die Verbindungen werden
typischerweise bis auf eine DMSO-Endkonzentration von 1–10% eingetränkt und
mit dem kristallinen Protein über
einen vordefinierten Zeitraum (4–24 Std.) äquilibrieren gelassen. In diesem
Szenario wird jeder Kristall mehreren Verbindungen pro Eintränkmischung
ausgesetzt. Manche Kristallwachstums-Bedingungen können eine
hohe Konzentration von organischem Lösungsmittel (40–50%) einschließen, das
typischerweise ein Alkoholderivat ist. In diesem Fall können die
Verbindungs-Bibliotheken in dem organischen Kristallisations-Lösungsmittel aufgelöst werden,
was eine Co-Solvens-Endkonzentration von 40–50% für das Eintränk-Experiment ermöglichen würde. Hier
könnte
die Anzahl von Verbindungen pro Eintränkmischung zunehmen.
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Nach
dem Durchtränken
wird jeder Kristall einem Kälteschutzmittel,
wie z. B. 5–20%igem
Glycerol, in der Eintränkmischung
ausgesetzt, in eine Nylonschlaufe platziert und auf die Röntgeneinheit
unter einen kalten Stickstoffstrahl (160 K) gelegt. Die Kristalluntersuchungen
können
auch bei Raumtemperatur oder unter anderen geeigneten Bedingungen
durchgeführt
werden, je nachdem, wie es für
die Stabilität
der Kristalle nötig
ist. Automatisierte Kristallplatzierungs- und -wechselausrüstung kann
eingesetzt werden, um diesen Schritt des Verfahrens zu beschleunigen.
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Es
werden kristallographische Daten erfasst und verarbeitet, worin
jeder Reflexion (jedem Punkt) im Beugungsmuster ein Index (h, k,
l) zugewiesen und die Intensität
als Standard im Feld gemessen wird. Die Röntgenquellen können Labor-Röntgengeneratoren oder Hochbrillanz-Synchrotron-Quellen
sein, die eine Beugungs-Datenerfassung mit sehr hoher Geschwindigkeit
gestatten. Genauer kann die Labordatenerfassung 30 Minuten bis mehrere
Stunden pro Kristall dauern, während
die Zeit bei Verwendung von Synchrotron-Quellen verkürzt werden
kann. Die Datenerfassung pro Kristall kann mit Hilfe von Laue-Datenerfassungsschemata auf
Bruchteile einer Sekunde reduziert werden.
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Die
Beugungsdaten werden dann durch Verfahren, die Personen mit durchschnittlichem
Fachwissen vertraut sind, in Elektronendichtediagramme umgewandelt.
Die Elektronendichtediagramme sind die dreidimensionalen Bilder
der Liganden und/oder der Ziel-Biomoleküle.
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Bei
Fo-Fc-Diagrammen werden die berechneten Struktur-Faktor-Amplituden (|Fc|), die aus der
bekannten Kristallstruktur ohne gebundenen Liganden gewonnen werden,
von den beobachteten Amplituden (|Fo|) subtrahiert. So stellt dieses
Diagramm eine direkte Subtraktion der Daten, die der natürlichen
Proteinstruktur zu entnehmen sind, von Daten dar, die Kristallen
zu entnehmen sind, welche in Anwesenheit einer Bibliotheks-Mischung
durchtränkt
werden. Das Ergebnis ist ein Elektronendichtediagramm, das positive
und negative Peaks hat. Die Peaks, die CrystaLEADTM betreffen,
sind die positiven, die das direkte Ergebnis der Ligandenbindung
an der Stelle von Interesse am Ziel – d. h. des Hinzufügens des
Liganden zum Ziel-Biomolekül – sind.
In 3 zeigt das Fo-Fc-Diagramm deutlich einen hohen
positiven Peak an der aktiven Stelle der Urokinase. Die Form des
Peaks entspricht dem Liganden 2-Amino-8-hydroxychinolin. Der Ligand
wird als die positive Differenz-Dicht einnehmend dargestellt. Die
anderen positiven Peaks entsprechen einem gebundenen Sulfatanteil
(dargestellt durch SO4 2–)
und gebundenen Wassermolekülen
(dargestellt durch H2O). Diese Art von Diagramm
ist auch sehr empfindlich gegenüber
kleinen strukturellen Änderungen
(dargestellt durch Δ)
und ermöglicht,
wenn sie in Verbindung mit 2Fo-Fc-Diagrammen verwendet werden, die
Bestimmung der detaillierten Struktur des gesamten Ligand-Protein-Komplexes.
Zur Berechnung der 2Fo-Fc-Diagramme wird (|Fc|) von 2(|Fo|) subtrahiert.
Hier ist das Diagramm positiv und hat Dichte für alle Atome des Moleküls.
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In 3 zeigt
eine Untersuchung des Diagramms die Identität und Struktur der gebundenen
Verbindung an. Vorzugsweise werden die Diagramme exponierter Kristalle
mit den Diagrammen des nicht exponierten Zielmoleküls verglichen,
um die positive Dichte zu unterscheiden, die in dem Fo-Fc-Diagramm
zu finden sein kann. Manchmal besetzen Wassermoleküle die aktive
Stelle im Kristall in Abwesenheit eines gebundenen Liganden. Dies
ist leicht zu erkennen, da gebundene Wassermoleküle oftmals in einer Geometrie
ausgerichtet sind, die mit Wasserstoffbindung konsistent ist, und
da sie nicht durch ein Netzwerk kovalenter Bindungen verbunden sind.
Somit neigt das resultierende Diagramm dazu, unverbunden zu sein,
was eher auf ein gebundenes Lösungsmittel
als auf eine organische Verbindung hindeutet. Wenn festgestellt
wird, dass die Dichte im Fo-Fc- oder 2Fo-Fc-Diagramm eine organische Verbindung
darstellt, wird die dreidimensionale Form mit derjenigen der Verbindungen
verglichen, die in der Bibliothek vorhanden sind, und ein Abgleich
mit der besten Übereinstimmung
wird vorgenommen. Alternativ können
Programme wie die XFIT-Module von QUANTA (Molecular Simulations
Inc., Quanta Generating and Displaying Molecules, San Diego: Molecular
Simulations Inc., 1997) diesen Prozess automatisieren.
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Während die
Fähigkeit
zur Messung oder Verarbeitung von Beugungsintensitäten verbessert
wird, ist es möglicherweise
nicht notwendig, den Vergleich an Elektronendichtediagrammen durchzuführen. Die
Bindung kann erkannt werden, einfach indem die Beugungsmuster der
exponierten Kristalle mit den nicht exponierten Kristallen verglichen
werden. Daher muss ein Elektronendichtediagramm nur dann erstellt
werden, wenn in diesem Vorklassierungs-Verfahren ein Bindungsereignis
erfasst wird.
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Wie
oben gezeigt, kann CrystaLEADTM auf jedes
biomolekulare Ziel angewandt werden, für das eine kristallographische
Struktur gewonnen werden kann. Aufgrund seiner breiten Anwendbarkeit
ist es am besten durch die unten stehenden Beispiele zu erläutern.
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Die
Urokinase- und VanX-Beispiele stehen für zwei Szenarien für die Anwendung
von CrystaLEADTM. Bei Urokinase beugen die
einem Re-Engineering unterzogenen MikroUK-(μUK-)Kristalle sehr gut und gehören zu einer
Raumgruppe mit hoher Symmetrie. Hingegen beugen VanX-Kristalle schwächer und
mit niedrigerer Symmetrie. Daher benötigt VanX eine längere Datenerfassungszeit.
Außerdem
haben Urokinase-Kristalle ein Molekül in der asymmetrischen Einheit,
während
VanX sechs hat. Die größere asymmetrische
Einheit erfordert die Erfassung von Daten mit höherer Auflösung und macht die Begutachtung
des Diagramms mühsamer.
Bei VanX waren jedoch keine Nicht-Substrat-mimetischen Binder vor
denjenigen bekannt, die durch CrystaLEADTM entdeckt
wurden. Daher lieferte CrystaLEADTM eine
neue Nicht-Peptid-Führungsverbindung,
die in den Arzneimittel-Entdeckungszyklus eingeführt werden konnte. Im Fall
von Urokinase lieferte CrystaLEADTM ein
neues Primärgerüst. Anwender
konnten die Wirksamkeit des Primärgerüsts rasch
erhöhen,
indem sie vorhandene SAR- und Kristallstrukturen nutzten, um ein
Derivat mit höherer
Affinität
und verbesserter Bioverfügbarkeit
gegenüber
bekannten Urokinase-Liganden herzustellen.
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Diese
Beispiele stellen jedoch die bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden
Erfindung dar und schränken
die Ansprüche
oder die Beschreibung nicht ein. Personen mit durchschnittlichem
Fachwissen werden schnell erkennen, dass Änderungen und Modifikationen
der angegebenen Ausführungsformen
vorgenommen werden können,
ohne vom Schutzumfang und Geist der Erfindung abzuweichen. Schließlich sind
alle Entgegenhaltungen hierin durch die Bezugnahme eingeschlossen.
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BEISPIELE
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Beispiel 1: Urokinase
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Urokinase,
eine Serinprotease, ist eng mit Tumorzellen assoziiert. Urokinase
aktiviert Plasminogen zu Plasmin, was wiederum die Matrix-Metall-Proteasen
aktiviert. Plasmin und die Metall-Proteasen bauen die extrazelluläre Matrix
ab und fördern
Tumorwachstum und Metastase. Daher können Inhibitoren, die spezifisch auf
Urokinase abzielen, als wirksame Antikrebsmittel dienen.
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Human-Prourokinase
besteht aus 411 Aminosäuren
(5). Verde u. a., Proc. Nat'l Acad. Sci., v. 81(5), S. 4727–31 (1984);
Nagai u. a., Gene, v. 36(1–2),
S. 183–8
(1985). Bei Aktivierung durch proteolytische Spaltung an der Lys158-Ile159-Peptidbindung wird
das Enzym zu zwei Ketten, die durch eine einzige Disulfidbrücke (Cys148-Cys279) verbunden
sind. Die A-Kette (Reste 1–158)
enthält
eine EGF-artige Domäne
und eine Kringel-Domäne. Die
B-Kette (Reste 159–411)
enthält
die katalytische Serinprotease-Domäne. Weitere Inkubation von
Urokinase resultiert in einer zusätzlichen proteolytischen Spaltung
an der Lys135-Lys136-Peptidbindung
zur Bildung von Urokinase mit niedrigem Molekulargewicht. Kristalle
dieser Enzymform im Komplex mit dem kovalenten Inhibitor Glu-Gly-Arg-Chlormethylketon
wurden gewonnen von Spraggon u. a., Structure, v. 3, S. 681–91 (1995),
und es wurde gezeigt, dass sie bei einer energiereichen Synchrotron-Quelle auf eine Auflösung von
2,5 Å beugen.
Die schlechten Beugungseigenschaften dieser Kristalle, gemeinsam
mit der Anwesenheit eines kovalent gebundenen Inhibitors, erschweren
jedoch die Anwendung von CrystaLEADTM.
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μUK-Kristall
Herstellung & Struktur
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Zur
Implementierung von CrystaLEAD
TM wurde Human-Urokinase
einem Re-Engineering unterzogen, so dass sie nur aus den Resten
159–404
der B-Kette bestand, worin Asn
302 zum Entfernen
einer Glykosylierungs-Stelle durch ein Glutamin ersetzt wurde und
Cys
279 zum Entfernen des freien Sulfhydryl-Anteils
durch ein Alanin ersetzt wurde. Es wurde gezeigt, dass diese Form
von Urokinase (μUK)
vollständig
aktiv war, und es wurde festgestellt, dass sie in einer Kristallform
kristallisierte, die mit CrystaLEADTM kompatibel war. (Siehe auch
U.S.-Patent Nr. 5,112,755 ,
erteilt am 12. Mai 1992, von Heyneker u. a.)
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Herstellung des Vektor-Konstrukts pBC-LMW-UK-Ala279
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Mutanten
von Human-UK wurden in einen dicistronischen bakteriellen Expressionsvektor
pBCFK12 geklont. Pilot-Matias u. a., Gene, v. 128, S. 219–25 (1993).
Die folgenden Oligonukleotide wurden verwendet, um verschiedene
UK-Mutanten durch PCR herzustellen:
-
-
Das
ursprüngliche
Klonen einer UK mit niedrigem Molekulargewicht, im Folgenden bezeichnet
als LMW-UK (L144-L411),
wurde durchgeführt
unter Verwendung von Human-UK-cDNA als Matrize und SEQ-ID-NR. 1
und 2 als Primern in einer Standard-PCR-Reaktion. Die durch PCR
amplifizierte DNA wurde mit Gel gereinigt und mit den Restriktionsenzymen
SalI und HindIII abgebaut. Das abgebaute Produkt wurde dann zur
Erzeugung des Expressionsvektors pBC-LMW-UK in einen pBCFK12-Vektor ligiert,
der zuvor mit denselben zwei Enzymen durchgeschnitten worden war.
Der Vektor wurde in DH5α-Zellen umgewandelt
(Life Technologies, Gaithersburg, MD), isoliert, und die Sequenz
wurde durch DNA-Sequenzierung bestätigt. Die Produktion von LMW-UK
in Bakterien wurde analysiert durch SDS-PAGE und Zymographie, Granelli-Piperno
u. a., J. Exp. Med., v. 148, S. 223–34 (1978), welche die Plasminogen-Aktivierung
durch UK misst. Diese LMW-UK wurde in E. coli exprimiert, und dass
sie im Zymographie-Assay aktiv war, wurde durch Commassie Blau-gefärbtes Gel
demonstriert.
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Der
Erfolg der schnellen Expression und des schnellen Nachweises von
LMW-UK in E. coli machte es möglich,
eine Mutagenese-Analyse von UK durchzuführen, um ihre minimale funktionelle
Struktur zu bestimmen. Ein Mutant, bei dem Cys279 durch
Ala279 ersetzt wurde, wurde durch PCR mit
SEQ-ID Nrn. 2 und 3 hergestellt. Das PCR-Produkt wurde mit AviII
und HindIII durchgeschnitten und verwendet, um ein AviII- und HindIII-Fragment im pBC-LMW-UK-Konstrukt
zu ersetzen. Das resultierende pBC-LMW-UK-Ala279-Konstrukt
wurde in E. coli exprimiert, und durch Zymographie wurde gezeigt,
dass das Produkt aktiv war.
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Klonen und Exprimieren von μUK (UK(I159-K404)A279Q302) in Baculovirus
-
μUK (UK-Aminosäuren Ile159-Lys404, die Ala279Gln302 enthalten)
wurde durch PCR mit den folgenden Oligonukleotid-Primern erzeugt:
-
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Zur
Mutation der einzigen Glykosylierungs-Stelle (Asn302)
in UK wurden die Oligonukleotid-Primer Seq-ID Nrn. 4 und 6 und Seq-ID Nrn. 5 und 8 in
zwei PCR-Reaktionen mit pBC-LMW-UK-Ala279 als
Matrize verwendet. Die zwei PCR-Produkte wurden mit Restriktionsenzym
PvuII durchgeschnitten, mit T4 DNA-Ligase ligiert und als Matrize
zur Herstellung von LMW-UK-A279-Q302 verwendet. In der Zwischenzeit wurde
natürliche UK-Führungssequenz
durch PCR mit Seq-ID Nrn. 7 und 9 unter Verwendung natürlicher
UK-cDNA als Matrize direkt an Ile159 ankondensiert.
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Dieses
PCR-Produkt wurde, gemeinsam mit Seq-ID Nr. 8, als Primer in einer
neuen PCR-Reaktion mit LMW-UK-A279-Q302-DNA als Matrize zur Herstellung von μUK-cDNA verwendet. μUK wurde
mit NheI durchgeschnitten und an einen Baculovirus-Transfer-Vektor
pJVP10z ligiert, der mit demselben Enzym durchgeschnitten war. Vialard
u. a., J. Virology, v. 64(1); S. 37–50, (1990). Das resultierende
Konstrukt, pJVP10z-μUK,
wurde durch Standard-DNA-Sequenzierungsverfahren
bestätigt.
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Das
Konstrukt pJVP10z-μUK
wurde durch das Kalziumphosphat-Präzipitationsverfahren
unter Verwendung des BaculoGold-Kits von PharMingen (San Diego,
CA) in Sf9-Zellen transfiziert. Aktive μUK-Aktivität wurde im Kulturmedium erfasst.
Einzelne rekombinante Virus-exprimierende μUK wurde durch Standardverfahren
von Plaque gereinigt, und ein großer Vorrat des Virus wurde
hergestellt.
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Die
Expression von μUK
in großem
Maßstab
wurde in einer anderen Linie von Insektenzellen, High-Five-Zellen
(Invitrogen, Carlsbad, CA), in einer Suspension vorgenommen, die
in Excel 405 serumfreiem Medium (JRH Biosciences, LeneXa, KS) in
2-Liter- Kolben wuchsen,
unter Schütteln
bei 80 U/min und 28°C. High-Five-Zellen wurden
auf 2 × 106 Zellen/ml gezüchtet, rekombiniertes μUK-Virus
wurde bei 0,1 Multiplizität der
Infektion hinzugefügt,
und die Kultur wurde 3 Tage lang fortgesetzt. Die überstehende
Kulturflüssigkeit
wurde als Ausgangsmaterial für
die Reinigung geerntet. Die Aktivität von μUK in der überstehenden Kulturflüssigkeit
wurde durch Amidolyse eines UK-Farbsubstrats
S2444 gemessen, was 6–10
mg/Liter betrug. Claeson u. a., Haemostasis, v. 7, S. 76 (1978).
-
Expression von μUK in Pichia pastoris
-
Zur
Expression von μUK
in Pichia wurde ein Expressionsvektor mit einer synthetischen Führungssequenz
verwendet. Der Pichia-Expressionsvektor, pHil-D8, wurde konstruiert,
indem der Vektor pHil-D2 (Invitrogen) modifiziert wurde, um eine
synthetische Führungssequenz
zur Sekretion eines rekombinierten Proteins einzuschließen. Die
Führungssequenz
5'-ATGTTCTCTCCAATTTTGTCCTTGGAAATTATTTTAGCTTTGGCTACTTTGCAAT CTGTCTTCGCTCAGCCAGTTATCTGCACTACCGTTGGTTCCGCTGCCGAGGGATCC-3' (Seq-ID Nr. 10)
codiert ein PHO1-Sekretionssignal (dargestellt durch die einfache
Unterstreichung), operativ verbunden mit einer Propeptid-Sequenz
(fett dargestellt) für
die KEX2-Spaltung.
Um pHil-D8 zu konstruieren, wurde PCR durchgeführt unter Verwendung von pHil-S1
(Invitrogen) als Matrize, da dieser Vektor die Sequenz enthält, die
PHO1 codiert, wobei ein Vorwärts-Primer
(Seq-ID Nr. 11) den Nukleotiden 509–530 von pHil-S1 entspricht
und ein Rückwärts-Primer
(Seq-ID Nr. 12) eine Nukleotidsequenz hat, die den hinteren Teil
des PHO1-Sekretionssignals
(Nukleotide 45–66
der Seq-ID Nr. 10) codiert, und die Propeptid-Sequenz (Nukleotide 67–108 von
Seq-ID Nr. 10). Die Primer-Sequenzen (bezogen von Operon Technologies,
Inc. Alameda, CA) waren wie folgt:
-
-
Die
Amplifizierzung wurde unter Standard-PCR-Bedingungen durchgeführt. Das
PCR-Produkt (ungefähr
500 bp) wurde mit Gel gereinigt, mit BlpI und EcoRI durchgeschnitten
und an pHil-D2 ligiert, das mit denselben Enzymen durchgeschnitten
worden war. Die DNA wurde in E. coli-HB101-Zellen umgewandelt, und
positive Klone wurden durch Abbau des Restriktionsenzyms und Sequenzanalyse
identifiziert. Ein Klon, der die passende Sequenz hatte, wurde als
pHil-D8 bezeichnet.
-
Die
folgenden zwei Oligonukleotid-Primer wurden dann verwendet, um μUK zum Klonen
in pHil-D8 zu amplifizieren.
-
-
Das
PCR-Produkt wurde mit den Seq-ID-Nrn. 13 und 14 gewonnen, unter
Verwendung von pJVP10z-μUK
als Matrize. Das vergrößerte Produkt
wurde mit BamHI und XhoI durchgeschnitten und an pHil-D8 ligiert,
das mit denselben zwei Enzymen durchgeschnitten war. Das resultierende
Plasmid, pHilD8-μUK,
wurde durch DNA-Sequenzierung bestätigt und verwendet, um einen
Pichia-Stamm GS115 (Invitrogen) gemäß den Anweisungen des Herstellers
umzuwandeln. Umgewandelte Pichia-Kolonien wurden durch Wachstum
in BMGY-Medium und Expression in BMMY-Medium wie vom Hersteller
(Invitrogen) angegeben auf μUK-Expression
hin untersucht. Die μUK-Aktivität wurde
mit dem Farbsubstrat S2444 gemessen. Das μUK-Expressionsniveau bei Pichia
war höher
als dasjenige, das bei Baculovirus-High-Five-Zellen beobachtet worden
war, und lag in dem Bereich von 30–60 mg/l.
-
Reinigung von μUK
-
Die überstehende
Kulturflüssigkeit
entweder von High Five-Zellen
oder von Pichia wurde in einen 20-Liter-Behälter gepoolt. Proteaseinhibitoren,
Iodoacetamid, Benzamidin und EDTA wurden bis zu einer Endkonzentration
von ungefähr
10 mM, 5 mM bzw. 1 mM hinzugefügt.
Der Überstand
wurde dann durch Hinzufügen
von 5 mM Hepes-Puffer pH 7,5 5-fach verdünnt und durch 1,2 μ- und 0,2 μ- Filtermembranen gegeben.
Die μUK
wurde auf einem Sartorius-Membranadsorber
S100 (Sartorius, Edgewood, NY) eingefangen, indem sie mit einer
Fließrate
von 50~100 ml/min durch die Membran gegeben wurde. Nach extensivem
Waschen mit 10 mM Hepes-Puffer,
pH 7,5, 10 mM Iodoacetamid, 5 mM Benzamidin, 1 mM EDTA wurde μUK von der S100-Membran
mit einem NaCl-Gradienten (20 mM bis 500 mM, 200 ml) in 10 mM Hepes-Puffer,
pH 7,5, 10 mM Iodoacetamid, 5 mM Benzamidin, 1 mM EDTA eluiert.
Das Eluat (~100 ml) wurde 10-mal in 10 mM Hepes-Puffer verdünnt, der
Inhibitoren enthielt, und auf eine S20-Säule (BioRad, Hercules, CA)
geladen. μUK wurde
mit einem 20×-Säulen-Volumen-NaCl-Gradienten (20 mM
bis 500 mM) eluiert. Es wurden keine Inhibitoren in den Elutionspuffern
verwendet. Das Eluat wurde dann 5-fach mit 10 mM Hepes-Puffer, pH
7,5, verdünnt
und auf eine Heparin-Agarose-(Sigma)Säule geladen. μUK wurde
mit einem NaCl-Gradienten von 10 mM bis 250 mM eluiert. Das Heparinsäulen-Eluat von μUK (~50 ml)
wurde auf eine Benzamidin-Agarose-(Sigma, St. Louis, MO)Säule (40
ml) aufgetragen, äquilibriert
mit 10 mM Hepes-Puffer, pH 7,5, 200 mM NaCl. Die Säule wurde
dann mit dem Äquilibrierungspuffer
gewaschen und mit 50 mM NaOAc, pH 4,5, 500 mM NaCl eluiert. Das μUK-Eluat
(~30 ml) wurde durch Ultrafiltration auf 4 ml konzentriert und auf
eine Sephadex G-75-Säule (2,5 × 48 cm;
Pharmacia® Biotech,
Uppsala, Schweden) aufgetragen, äquilibriert
mit 20 mM NaOAc, pH 4,5, 100 mM NaCl. Der einzige signifikante Peak,
der μUK
enthielt, wurde erfasst und als Endprodukt gefriergetrocknet. Das
gereinigte Material erschien auf SDS-PAGE als einzige signifikante
Bande.
-
μUK-Kristalle
von hoher Qualität
erleichterten die Bestimmung ihrer apo-dreidimensionalen Struktur durch
Röntgenkristallographie
mit einer Auflösung
von 1,0 Å.
Kristalle wurden gewonnen durch das Hanging Drop Vapor-Diffusionsverfahren.
Typische Vertiefungs-Lösungen
bestanden aus 0,15 M Li2SO4,
20% Polyethylenglykol MW 4000 und Succinatpuffer pH 4,8–6,0. Auf
dem Deckglas wurden 2 μl
Vertiefungs-Lösung
mit 2 μl Proteinlösung vermischt,
und das Glas wurde über
der Vertiefung versiegelt. Kristallisation fand bei ungefähr 18–24°C innerhalb
von 24 Stunden statt. Die Proteinlösung enthielt 6 mg/ml (0,214
mM) μUK in
10 mM Citrat pH4,0, 3 mM ε-Aminohexansäure-p-carbethoxyphenylesterchlorid
(Inhibitor) mit 1% DMSO-Co-Solvens. Es wird angenommen, dass der
in der Co-Kristallisation verwendete Inhibitor das Serin 195 an
der aktiven Stelle acyliert und anschließend enzymatisch desacyliert
wird, da die 3-D-Röntgenstruktur
von Kristallen, die in Anwesenheit dieser Verbindung wachsen, keinen
Inhibitor aufweist, der an der Enzym-aktiven Stelle bleibt. Menegatti
u. a., J. Enzyme Inhibition, v. 2, S. 249–59 (1989). Die einzige vorhandene
Dichte ist auf gebundene Lösungsmittelmoleküle zurückzuführen. Da μUK in Abwesenheit
des Inhibitors nicht kristallisiert, wird angenommen, dass der metastabile
Inhibitor-UK-Komplex die Kristallisationseinheit ist. Wichtig ist,
dass die resultierenden μUK-Kristalle
aus Enzym mit einer leeren aktiven Stelle bestehen, was der Idealfall
für die
Implementierung von CrystaLEADTM ist.
-
Unter
diesen Bedingungen gewonnene Kristalle gehören zur Raumgruppe P212121 mit
Elementarzellen-Maßen
von a = 55,16 Ǻ b = 53,00 Ǻ c = 82,30 Ǻ und α = β = γ = 90°. Sie beugen
auf mehr als 1,5 Ǻ auf einer Drehanoden-Quelle. Weiterhin
ist ein nativer Datensatz mit 1,0 Ǻ Auflösung an
der Cornell High Energy Synchrotron Source in Ithaca, New York,
erfasst worden. Die Kristallstruktur wurde bestimmt durch das Molekül-Ersetzungsverfahren
mit Hilfe des AMORE-Programms, Navaza, J. Acta Cryst., A50: 157–163 (1994),
mit der niedrig auflösenden
Urokinasestruktur als Sonde, Spraggon u. a., Structure, v. 3, S.
681–691
(1995); PDB-Eintrag 1LMW. Die Struktur wurde mit dem XPLOR-Programmpaket,
A. Brunger, X-PLOR (Version 2.1) Manual, Yale University, New Haven
CT (1990) verfeinert.
-
Screening nach schwachen Basen
-
Die μUK wurde
anhand einer strukturbezogenen Bibliothek untersucht, um ein neues
Primärgerüst mit günstigen
pharmakokinetischen Eigenschaften zu finden. Da die aktive Stelle
der Urokinase aus einer Primär-"Tasche" besteht, die einen
freien Carboxylat-Anteil in Form einer Asparaginsäure (Asp189) enthält,
sind die meisten bekannten Gerüste
stark basisch und enthalten Amidin- oder Guanidin-Anteile. Es ist
festgestellt worden, dass die basische Gruppe eine Wasserstoff-Ionenbindung
mit Asp189 ein geht. Dies kann pharmakologisch
ein Problem darstellen, da starke Basen dafür bekannt sind, dass sie die
orale Bioverfügbarkeit
vermindern. Daher wurde eine schwach basische Bibliothek mit Verbindungen
ausgewählt,
die nicht zuvor als Urokinase-Liganden
bekannt waren.
-
Eine
Bibliothek schwacher Basen, die 61 Verbindungen mit pKa zwischen
ungefähr
1 und 9 enthielt, befand sich im Verzeichnis verfügbarer Chemikalien
(Available Chemicals Directory, ACD). Die Bibliothek wurde in 9
Mischungen ungefähr
6 bis 7 heterogen geformte Verbindungen, wie durch Sichtprüfung der
zweidimensionalen chemischen Struktur bestimmt, unterteilt. Die
Verbindungsmischungen wurden mit dem oben beschriebenen Verfahren
untersucht. Genauer wurde jede Verbindung in 100% DMSO bis zu einer
Endkonzentration von ungefähr
2 M (oder Sättigung
bei den weniger löslichen
Verbindungen) aufgelöst.
Gleiche Volumen jeder der 6 oder 7 Verbindungen, die die Mischung
bildeten, wurden zu einer Endkonzentration der einzelnen Verbindungen
von 0,33 M vermischt. Einzelne μUK-Kristalle
wurden in 50 ml von 27% PEG 4000 gegeben, 15,6 mM Succinat pH 5,4,
0,17 M Li2SO4 und
0,5–0,8
ml der Verbindungsmischung wurden hinzugefügt, um 1 bis 1,6% DMSO und
3,3 bis 5,2 mM der Endkonzentration der einzelnen Verbindungen zu
ergeben. Unter diesen Bedingungen wird erwartet, dass die Empfindlichkeit
des Experiments Liganden mit Kd < 1,0
mM erfassen kann. Die Kristalle wurden ungefähr 8–24 Stunden lang äquilibrieren
gelassen.
-
Daten
wurden auf einer Rigaku RTP 300 RC-Drehanoden-Quelle mit einem RAXISII-
oder MAR-Bildplattendetektor erfasst. Typische Daten bestanden aus
45–50
2°-Oszillationen
mit Belichtungen von 2–5
min. Typische Daten waren zu 70–90%
vollständig
bei 2,0–3,0 Å Auflösung mit
verschmelzenden R-Faktoren von 13–26%. Somit reichte die Datenqualität von gut
bis schwach aufgrund des schnellen Datenerfassungs-Protokolls. Diese
Qualität
der Daten erwies sich jedoch als geeignet für die Erfassung von Liganden,
hauptsächlich aufgrund
der hohen Qualität
des Ausgangsmodells, das auf eine Auflösung von 1,5 Å verfeinert
worden war (R = 20,7% Rfrei = 25,3%). Daten
wurden verarbeitet durch das DENZO-Programmpaket, Otwinowski u.
a., Methods in Enzymolo qy, 276 (1996), und die Elektronendichtediagramme
wurden von dem XPLOR-Paket berechnet.
-
Elektronendichtediagramme
wurden mit dem QUANTA 97-Programmpaket
(Molecular Simulations Inc., Quanta Generating and Displaying Molecules,
San Diego: Molecular Simulations Inc., 1997) auf einer Silicon Graphics
INDIGO2-Workstation untersucht. Die Form der Dichte an der aktiven
Stelle wurde visuell identifiziert als aus einer (oder mehreren)
der Verbindungen in der Mischung resultierend, was auf einen positiven Treffer
hindeutete, oder aus geordneten Wassermolekülen, was auf fehlende Bindung
hindeutete. Bei Experimenten, die einen positiven Treffer ergaben,
wurde die entsprechende Verbindung visuell in die Elektronendichte
bewegt. Die Elektronendichtediagramme wurden auch auf Änderungen
in der Proteinstruktur hin überprüft, und
falls solche beobachtet wurden, wurden die entsprechenden Modifikationen
vorgenommen. Somit war nach dem Schritt der Diagramm-Überprüfung und
der Verbindungs-Einpassung die dreidimensionale Struktur des Verbindungs-Protein-Komplexes
bekannt. Das Urokinase-Beispiel verwendete die visuelle Bewegung
der Verbindung in die Dichte, weil das Screening noch in kleinem
Maßstab
stattfand. Bei Erweiterung auf Verbindungs-Screening in größerem Maßstab erleichtern
handelsübliche
Programme, wie das XFIT-Modul von QUANTA, die automatische Einpassung
der Verbindung in die Dichte.
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6 zeigt
ein Beispiel für
einen positiven Treffer. Die untersuchten Verbindungen sind von
1 bis 6 durchnummeriert, und das Fo-Fc-Elektronendichtediagramm
an der aktiven Stelle ist in 6A dargestellt.
Die Form der Dichte kennzeichnete den Liganden als Verbindung 5. 6B zeigt den genauen Bindungsmodus der
Verbindung in der primären
Spezifitäts-"Tasche", wie er direkt durch
Interpretation des CrystaLEADTM-Elektronendichtediagramms
gewonnen wird. Der Amino-Stickstoff-Wasserstoff bindet sich an das
Asp189-Carboxyl, und der Pyrimidyl-Stickstoff-Wasserstoff bindet
sich an ein Hauptketten-Carbonyl (Gly218).
Die Struktur zeigt auch, dass die ideale Stelle für die Modifikation
am Pyridylmethyl wäre.
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Eine
andere Mischung von Verbindungen (Verbindungen 7 bis 13) erzeugte
keine Treffer. Das resultierende Elektronendichtediagramm nach dem
Eintauchen dieser Gruppe entsprach keinem von irgendeiner der getesteten
Verbindungen in dieser Mischung. Stattdessen entsprechen sie gebundenen
Lösungsmittel-Molekülen. Siehe 6C.
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7 zeigt
ein weiteres Beispiel für
einen positiven Treffer. Von den sieben untersuchten Verbindungen
(14–20)
wird in dem in 7A gezeigten Fo-Fc-Diagramm
die Verbindung 19 als gebunden angezeigt. Der in 7B dargestellte
Bindungsmodus zeigt, dass das 2-Amino mit der Asp189-Seitenkette
eine Wasserstoffbindung eingeht und dass das 8-Hydroxyl eine ideale
Stelle für
die Substitution ist, um Zugang zur benachbarten hydrophoben "Unter-Tasche" (bezeichnet als
S1β in 7B) zu erlangen. 8 stellt
einen weiteren Treffer dar, worin festgestellt wurde, dass Verbindung
22, 5-Aminoindol (8A) sich an Urokinase
band, wobei die Aminogruppe eine Wasserstoffbindung mit Asp189 einging
(8B). Die untersuchten Verbindungen waren
die Verbindungen 21–27.
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9 zeigt
ein Beispiel, worin festgestellt wurde, dass zwei Verbindungen aus
derselben Mischung (Verbindungen 28–34) sich ohne Probleme mit
Mehrfach-Besetzung banden. In dem ursprünglichen Experiment, worin
das Kristall in Gegenwart der gesamten Verbindungsmischung durchtränkt wurde,
wurde festgestellt, dass sich Verbindung 28 band (9A).
Außerdem
wurde festgestellt, dass, wenn die schwächer bindende Verbindung 31
einzeln durchtränkte
(basierend auf früheren
Struktur-Aktivitäts-Beziehungen,
die durch CrystaLEADTM hergestellt wurden),
sie sich ebenfalls band (9B). In einer
typischeren Anwendung des Verfahrens würde eine Bibliothek in Abwesenheit
des stärkeren
Liganden erneut durchtränken,
um schwächere Liganden
in der Mischung zu erfassen, falls gewünscht.
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Tabelle
1 fasst die Inhibitionskonstanten für jeden der CrystaLEAD
TM-Treffer zusammen, wie sie durch Pyro-Glu-Gly-Arg-pNA/HCl-(S-2444,
Chromogenix)Farbaktivität
bestimmt werden. Tests wurden sowohl bei pH 6,5 (0,1 M NaPO
4) als auch 7,4 (50 mM Tris) abgeschlossen.
Weitere Bedingungen des Tests waren 150 mM NaCl, 0,5% Pluronic F-68-Reinigungsmittel,
200 mM S-2444, mit einer DMSO-Endkonzentration von 2,5%. Es wurde
ermittelt, dass der Km-Wert des Substrats 55 μM betrug. Tabelle 1: Inhibitionskonstanten und pKa
für Treffer,
die durch CrystaLEAD
TM erfasst wurden
Verbindung
(CAS #) | Ki
(pH 6,5) | Ki
(pH 7,4) | pka |
5(42753-71-9) | >> 500 μM | >> 500 μM | 6,0* |
19(70125-16-5) | 56 μM | 137 μM | 7,3 |
22(65795-92-8) | 200 μM | > 500 μM | 6,0* |
28(580-22-3) | 71 μM | 136 μM | 7,3 |
31(1603-41-4) | >> 500 μM | >> 500 μM | 7,0* |
- • zeigt
geschätztes
pKa an
-
Anhand
der Aktivität
und Strukturinformation wurde Verbindung 19 als Führungsverbindung
ausgewählt.
Kristallographische Informationen deuteten darauf hin, dass Substitution
an der 8-Position den Zugang zu der benachbarten hydrophoben "Tasche" (S1β) ermöglichen
und dadurch zu einer Erhöhung
der Wirksamkeit führen
sollte. Anhand kristallographischer und Bindungs-Informationen aus
einer Amidin-basierten Reihe wurde Verbindung 35 synthetisiert (das
8-Aminopyrimidinyl-Analog von Verbindung 19). Diese Modifikation
resultierte in einer ungefähr
200-fachen Erhöhung
der Bindungs-Wirksamkeit bei pH 6,5 (Ki pH 7,4 = 2,5 μM; Ki pH
6,5 = 0,32 μM).
Das Experiment weist darauf hin, dass CrystaLEADTM sowohl
ein Führungsgerüst als auch die
detaillierten Struktur-Informationen bereitstellen kann, die nötig sind,
um dieses Gerüst
durch strukturbasiertes Arzneimittel-Design zu einer wirksameren
Verbindung auszubauen.
-
-
In 10 sind
eine Überlagerung
der Kristallverbindung 35: Urokinase und der Stammverbindung 19 dargestellt.
Die Überlagerung
zeigt, dass der Aminopyridinring in der hydrophoben Unter-"Tasche" (S1β) gebunden
ist wie vorhergesagt und dass diese Substitution in der Bewegung
des Chinolinrings zu dieser Stelle hin resultiert.
-
Verbindung
35, das 8-Aminopyrimidinyl-2-aminochinolin, wurde auch auf orale
Bioverfügbarkeit
hin getestet. Es wurde ermittelt, dass Verbindung 35 für Ratten
zu 30–40%
oral biologisch verfügbar
ist, wenn sie in einer Dosis von 10 mg/kg verabreicht wird. Somit
resultierte die erfolgreiche Implementierung von CrystaLEADTM in einem neuen Führungsgerüst, das durch einen Zyklus
des strukturbasierten Arzneimittel-Designs eine Verbindung mit einer
200-fach höheren
Wirksamkeit erzeugte und von dem festgestellt wurde, dass es oral
biologisch verfügbar
war.
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Beispiel 2: VanX
-
Vancomycin
ist das Arzneimittel der Wahl gegen Infektionen, die durch Streptokokken-
oder Staphylokokken-Bakterienstämme
verursacht werden, die resistent gegen β-Lactam-Antibiotika sind. Nun
sind jedoch Stämme
von gegen Vancomycin resistenten Bakterien für dieses Arzneimittel der letzten
Zuflucht gefunden worden. Manche Forscher haben VanX, eine Metallproteinase,
mit Vancomycin-Resistenz in Verbindung gebracht. VanX ist Teil einer
Kaskade, die in einer Ersetzung des endständigen D-Ala-D-Ala-Anteils der bakteriellen
Peptidoglykan-Kette (der Bindungsstelle für Vancomycin) durch ein D-Ala-D-Lactat
resultiert. Dies führt zu
einer 1000-fachen Abschwächung
der Vancomycin-Bindung. Die einzigen bekannten Inhibitoren von VanX sind
Peptide oder Peptidderivate, wie z. B. Phosphonat- oder Phosphinat-Analoge
des D-Ala-D-Ala-Substrats. Als solche sind sie keine geeigneten
Arzneimittel, weil sie in vivo metabolisiert und/oder abgebaut werden.
Erste Versuche, durch normale Screening-Verfahren geeignete Arzneimittel
zu finden, ergaben keinen geeigneten Liganden. Danach griffen Anwender
auf CrystaLEADTM zurück, um eine Nicht-Peptid-Führungsverbindung zum
Zwecke der Arzneimittelentwicklung für eine Behandlung dieser resistenten
Stämme
zu finden.
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Herstellung von VanX
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E.
coli W3110, das Plasmid pGW1 enthielt, worin das VanX-Gen unter Kontrolle
des IPTG-induzierbaren tac-Promotors ist, wurde bei 37°C in LB-Medium
gezüchtet,
das Ampicillin (100 μg/ml)
enthielt, bis zu einer Absorbanz von ungefähr 1,3–1,5 bei 595 nm. Dann wurde
IPTG bis zu einer Endkonzentration von 0,8 mM hinzugefügt, und
die Zellen wurden weitere 1,5 Stunden lang wachsen gelassen.
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Zellen
wurden durch 10-minütige
Zentrifugation bei 6000 U/min geerntet. Dann wurde das Pellet in
eiskaltem 20 mM Tris-HCl (pH 8,0) erneut suspendiert, das 0,01%
NaN3, 1 mM MgCl2,
1 mM PMSF, 1 mM DTT (Puffer A) und 25 Einheiten/ml Benzonase (Nicomed
Pharma, Kopenhagen, Dänemark)
enthielt. Die Zellen wurden lysiert durch Hinzugabe von 0,1-Mikron-Zirconiumoxid-Keramikkügelchen
zu der Lysatmischung (1:1 v:v), mit einem 1–3-minütigen
Durchlauf in einem Bead Beater (Biospec), einer Ultraschall-Perlmühle. Der Bead
Beater wurde mit einem eisgepackten Behälter zur Aufbewahrung eines
gekühlten
Lysats betrieben. Dann wurde das Lysat von den abgesetzten Glaskügelchen
dekantiert. Die Kügelchen
wurden dann mit 1–2 Volumen
Lysepuffer gespült,
und die Wäschen
wurden dann mit dem ursprünglichen
Lysat in einen Pool gegeben. Das Lysat wurde bei 25000 g 30 Minuten
lang zentrifugiert, um das Absetzen von Zelltrümmern zu fördern. Der Überstand wurde über Nacht
bei 4°C
in 50 mM Tris-HCl, pH 7,6, 1 mm EDTA und 1 mM DTT (Puffer B) dialysiert.
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Danach
wurde das dialysierte Lysat auf eine Q-Sepharose-Schnellfluss-Säule, voräquilibriert in Puffer A mit
einer Geschwindigkeit von vier Millimetern pro Minute, geladen.
Die Säule
wurde erschöpfend
mit dem Puffer A gewaschen, gefolgt von einem linearen Gradienten
von Puffer B zu Puffer B + 0,5 M NaCl. Die aktiven VanX-Fraktionen
aus diesem Schritt wurden in einen Pool getan, konzentriert und
dann auf eine Superose-75-Säule
in Puffer B aufgetragen. VanX-Fraktionen aus dem Superose-Säulen-Durchlauf wurden
dann auf eine Source-Q-Säule
in Puffer A mit einer Fließgeschwindigkeit
von 2 ml/min aufgetragen. Die Säule
wurde über
mehrere Säulenvolumen
mit Ausgangspuffer gewaschen.
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Dann
wurde das VanX-Protein mit einem flachen Gradienten von Puffer A
zu Puffer A + 25 mM NaCl eluiert. Die aktiven VanX-Fraktionen aus diesem
abschließenden
Schritt wurden mit Amicon-Filtern
auf eine Endkonzentration von ungefähr 15 mg/ml in Puffer A konzentriert.
Soweit nicht anders angegeben, wurde das oben erwähnte Verfahren
bei 4°C
durchgeführt.
Nach der Reinigung war das VanX-Protein zu ungefähr 95% rein und kristallisierte
rasch.
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VanX-Kristallstruktur
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Die
Kristallstruktur von VanX wurde mit 2,2 Å Auflösung durch mehrfachen isomorphen
Ersatz bestimmt. Bussiere u. a., Molecular Cell, Band 2, S. 75–84 (1998).
Das oben gewonnene Rekombinations-Protein wurde in der Raumgruppe
P21 durch das "Sitting Drop Vapor"-Diffusionsverfahren kristallisiert.
Typische Kristalle hatten Elementarzellen-Maße von a = 83,4 Å, b = 45,5 Å, c = 171,4 Å, α = γ = 90°, β = 104°, mit sechs Molekülen in der
asymmetrischen Einheit. Typische Vertiefungs-Lösungen bestehen aus 0,1 M Mes
pH 6,4, 0,24 M Ammoniumsulfat und 20% PMME 5000. Auf der Sitting
Drop-Mikrobrücke
(Hampton USA) werden 2 ml Protein mit 2 ml Vertiefungs-Lösung gemischt,
und die Kammer wird mit einem Deckglas abgedeckt. Kristallisation
findet bei 18°C
statt, und die Kristalle wachsen in ungefähr 2–3 Tagen auf ihre volle Größe. Die
Proteinlösung
besteht aus 12–15
mg/ml (0,5–0,6
mM) VanX in 10 mM Tris, 15 mM DTT, pH 7,2. Die 3-D-Struktur von Kristallen,
die unter diesen Bedingungen gezüchtet
wurden, zeigt eine leere aktive Stelle, was dies zu einem System
macht, das für
die Anwendung von CrystaLEADTM sehr gut
geeignet ist.
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Die
aktive Stelle von VanX hat eine erweiterte "Tasche", die das D-Ala-D-Ala-Substrat aufnehmen kann.
Die "Tasche" enthält auch
katalytisches Zink. Daher wurde für diesen Fall VanX zunächst im
Vergleich zu Zink-bezogenen Bibliotheken gescreent, zum Finden mehrfach
bindender Gerüste,
die zu einer einzigen Führungsverbindung
vereinigt werden könnten.
Drei Bibliotheken, die Aminosäure,
Thiol, Hydroxamsäure
oder auf Zink gerichtete Carboxylat-Anteile verwendeten, wurden
durchsucht.
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Screening
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Die
Aminosäure-Bibliothek
bestand aus 102 Verbindungen optisch reiner handelsüblicher
natürlicher und
nicht natürlich
vorkommender Aminosäuren.
Die Bibliothek wurde in 12 Mischungen von 8–10 Verbindungen heterogener
Form unterteilt und mit dem oben beschriebenen Verfahren untersucht.
Genauer wurde jede Verbindung bis zu einer Endkonzentration von
2 M (oder Sättigung
bei den weniger löslichen
Verbindungen) in 100% DMSO aufgelöst. Gleiche Volumina jeder
Verbindung jeder Mischung wurden bis zu einer Endkonzentration der
einzelnen Verbindungen von 0,33 M gemischt. Einzelne VanX-Kristalle
wurden in 50 ml von 0,1 M Mes pH 6,4 gegeben, 0,24 M Ammoniumsulfat,
20% PMME 5000 und 0,5–0,8
ml der Verbindungsmischung wurden hinzugefügt, um 1 bis 1,6% DMSO und
3,3 bis 5,2 mM Endkonzentration der einzelnen Verbindungen zu ergeben.
Die Kristalle wurden 3–4
Stunden lang äquilibrieren
gelassen. Die Thiol-, Hydroxam- und Carboxylat-Bibliotheken wurden auf ähnliche
Art hergestellt und untersucht.
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Daten
wurden auf einer Rigaku RTP 300 RC-Drehanoden-Quelle mit einem RAXISII-,
MAR-Bildplatten- oder MAR-Ladungsspeicher-Detektor erfasst. Bei den Bildplattensystemen
bestanden typische Daten aus 90 1,25°-Oszillationen mit 15-minütigen Belichtungen,
während
bei dem Ladungsspeicher 100 1,0°-Oszillationen
zwei Minuten lang belichtet wurden. Typische nutzbare Daten waren
zu > 90% vollständig bei
2,6–2,8 Å Auflösung mit
verschmelzenden R-Faktoren
von 10–20%.
Dies war erforderlich, um Inhibitoren in den Fo-Fc- oder 2Fo-Fc-Diagrammen
angemessen darzustellen und zu identifizieren. Bei diesen Diagrammen
war das Ausgangsmodell auf eine Auflösung von 2,1 Å verfeinert
worden (R = 25% Rfrei = 28%). Daten wurden
vom DENZO-Programmpaket verarbeitet und die Elektronendichtediagramme
vom XPLOR-Paket berechnet. Es wurde gezeigt, dass in Anwesenheit
mancher Verbindungen der Carboxylat-Bibliothek die Raumgruppe sich von P21 auf C2 verschob (a = 170,6 Å, b = 47,5 Å, c = 83,6 Å, α = γ = 90°, β = 104°) . Für diese
Form enthielt die asymmetrische Einheit einen Trimer, wodurch die
Anzahl von Freiheitsgraden reduziert wurde, so dass Daten geringerer
Auflösung
(3,0 Å)
für die
Darstellung der Bindung angemessen waren.
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Elektronendichtediagramme
wurden mit QUANTA 97 auf einer Silicon Graphics INDIGO2-Workstation untersucht.
Die Form der Dichte an der aktiven Stelle war visuell erkennbar
durch die Form einer oder mehrerer der Verbindungen in der Mischung
zum Anzeigen eines positiven Treffers oder durch geordnete Wassermoleküle, was
auf fehlende Bindung hindeutete. Bei Experimenten, die einen positiven
Treffer ergaben, wurde die entsprechende Verbindung visuell in die
Elektronendichte bewegt. Die Elektronendichtediagramme wurden auch
auf Änderungen
in der Proteinstruktur hin überprüft, und
falls solche beobachtet wurden, wurden an der Struktur entsprechende
Modifikationen vorgenommen. Daher war nach dem Schritt der Diagramm-Untersuchung/Verbindungs-Einpassung
die detaillierte 3-D-Struktur des Verbindungs-Pprotein-Komplexes bekannt.
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Zurzeit
sind 6 Treffer in den VanX-Screens erfasst worden (Verbindungen
36–41). 11 zeigt
den Bindungsmodus exemplarischer Treffer. In allen Fällen kennzeichnete
die Form der Elektronendichte die bindende Verbindung. 11A zeigt die gebundene Verbindung 39,
wobei sich das Carboxylat mit dem Zink an der aktiven Stelle koordiniert. 11B zeigt die gebundene Verbindung 36,
wobei das Carboxylat zum Zink an der aktiven Stelle hin zeigt. In 11C wurde festgestellt, dass sich Verbindung
37 ebenfalls durch das Carboxylat band. Die Bindung der Verbindungen
39 und 41 (nicht dargestellt) deutet darauf hin, dass das Zink an der
aktiven Stelle die Koordination mit einem Carboxylat gegenüber einem
freien Thiol bevorzugt. Dies führte zum
Screening einer Carboxylat-Bibliothek, wo weitere Treffer gefunden
wurden. In allen Fällen
wurden die Verbindungen in Mischungen von 7–10 untersucht und der Treffer
direkt durch die Form des Elektronendichtediagramms identifiziert.
Diese Treffer werden direkt in den strukturbasierten Arzneimittel-Design-Zyklus eingeführt, ähnlich wie
in dem Urokinase-Beispiel beschrieben.
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Beispiel 3: Screening mit Mischungen von
100 Verbindungen
-
Zur
Erhöhung
der Anzahl von Verbindungen, die pro Zeiteinheit mit dem CrystaLEADTM-Verfahren untersucht werden können, würde eine
bevorzugte Ausführungsform
des Verfahrens darin bestehen, Mischungen von 100 Verbindungen anstatt
Mischungen von 10 zu untersuchen. Der Vorteil dieses Verfahrens
ist ein höherer
Durchsatz von Verbindungen mit einer gleichzeitigen Verringerung
der Empfindlichkeit der Treffer-Erkennung.
Zusätzlich
können,
da nur die wirksamste Verbindung in einer Mischung sich bindet,
schwächere Treffer übersehen
werden. Wenn z. B. eine allgemeine Bibliothek, die in Größe, Form
und Funktionalität
vollständig
heterogen ist, mit CrystaLEADTM untersucht
wird, wird eine niedrige Trefferrate erwartet. Daher ist ein gröberes Screening
garantiert. Zusätzlich
könnten
die Treffer aus diesem Screening, da sie wirksamere Liganden sind,
als Ausgangsgerüste
für strukturbasiertes
Arzneimittel-Design
dienen. Da die Verbindungsmischung aus 100 Verbindungen besteht,
sollte sie sorgfältig
zusammengestellt werden, um zu gewährleisten, dass alle ihre Mitglieder
ausreichend heterogen geformt sind, um die Notwendigkeit einer Dekonvolution
zu beseitigen. Daher kann bei Erfassung eines Treffers einige Dekonvolution
erforderlich sein, um den Treffer zu identifizieren.
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Zum
Testen dieses speziellen Verfahrens wurde eine Verbindung, von der
bekannt war, dass sie sich an μUK
bindet, zu einer Gruppe von 100 Verbindungen gegeben. Dieser bekannte
Ligand, Verbindung 19, wurde ursprünglich durch das CrystaLEADTM-Verfahren
entdeckt, und es wurde gezeigt, dass er sich mit einem Ki von 56 μM bei pH
6,5 und 137 μM
bei pH 7,4 an μUK
bindet. Die Mischung von 100 Verbindungen wurde hergestellt, indem
10 Mischungen 10 Verbindungen gemischt wurden. Im Speziellen wurde
jede trockene Mischung von 10 in 100% DMSO bis zu einer Endkonzentration
von ungefähr
80–240
mM (oder Sättigung
bei den weniger löslichen
Mischungen) aufgelöst.
Gleiche Volumina jeder der Mischungen 10 Verbindungen wurden bis
zu einer Endkonzentration der einzelnen Verbindungen von 8,0–24,0 mM
gemischt, und in die Mischung wurde ein Schuss einer 100%igen DMSO-Vorratslösung von
Verbindung 19 gegeben, so dass die Endkonzentration 18,0 mM betrug.
Einzelne μUK-Kristalle
wurden in 50 μl
von 27% PEG4000 platziert, 15,6 mM Succinat pH 5,4, 0,17 M Li2SO4 und 0,5 μl der Verbindungsmischung
wurden hinzugefügt,
um 1%iges DMSO zu ergeben. Die Endkonzentration jeder Verbindung
im Eintränk-Experiment
lag im Bereich von 80–240 μM, die Konzentration
der Verbindung 19 betrug 180 μM.
Unter diesen Bedingungen wird erwartet, dass die Empfindlichkeit
des Experiments Liganden mit Kd < 20–60 μM erfasst.
Kristalle wurden 4 Stunden und 15 Minuten lang äquilibrieren gelassen.
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Daten
wurden am Argonne National Labs Advanced Photon Source Synchrotron
ID-Strahlrohr-IMCA, ausgestattet mit einer ladungsgekoppelten Mar-Kamera,
erfasst. Die Daten bestanden aus 100 1°-Oszillationen mit Belichtungen
von 7 sec. Die Daten waren zu 87,4% vollständig bei 1,6 Å Auflösung mit
verschmelzendem Gesamt-R-Faktor von 5,4%. Daten wurden mit dem DENZO-Programmpaket, Otwinowski
u. a., Methods in Enzymology, 276 (1996) verarbeitet, und das Elektronendichtediagramm
wurde vom XPLOR-Paket berechnet.
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Das
Elektronendichtediagramm wurde mit dem QUANTA 97-Programmpaket (Molecular Simulations Inc.,
Quanta Generating and Displaying Molecules, San Diego: Molecular
Simulations Inc., 1997) auf einer Silicon Graphics INDIGO2-Workstation
untersucht. Die Form der Dichte an der aktiven Stelle wurde visuell
als aus einer der Verbindungen in der Mischung resultierend identi fiziert,
was auf einen positiven Treffer hindeutete, der als Verbindung 19
identifiziert wurde, und ist in 12 dargestellt.
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Dieses
Verfahren ist zur Entdeckung von Führungsverbindungen zu bevorzugen.
Führungsverbindungen
hätten
typischerweise die Eigenschaft, dass sie stärkere Liganden sind (z. B.
innerhalb des Empfindlichkeitsbereichs des Verfahrens). Dieses Verfahren
ermöglicht
auch die Untersuchung einer nicht gerichteten Bibliothek mit 10.000
Verbindungen im Zeitrahmen von 1–2 Wochen. Dieses Verfahren
würde zu
einem Zeitpunkt, zu dem schwächere
Liganden identifiziert würden,
in Verbindung mit den anderen Verfahren der Untersuchung von 10–20 Verbindungen
angewandt werden. Diese Liganden würden mit geringerer Wahrscheinlichkeit
als Führungsverbindungen
dienen, könnten
jedoch zur Erhöhung
der Wirksamkeit mit einem Führungsgerüst verbunden
werden.
-
Beispiel 4: CrystaLEADTM-Screening
von ErmC'
-
ErmC' ist eine rRNA-Methyltransferase,
die eine Methylgruppe von S-Adenosyl-L-methionin an N6 von Adenin
in der Peptidyltransferase-Schleife von 23S-rRNA überträgt. Diese
Methylierung vermittelt Antibiotikaresistenz gegen eine Reihe von
Makrolid-Antibiotika, wie z. B. das in großem Umfang verschriebene Erythromycin.
Es wäre
zu erwarten, dass eine Hemmung von ErmC' die Resistenz wieder aufhebt. Zur Herstellung eines
spezifischen und wirksamen ErmC'-Inhibitors
wurde auf die Cofaktor- oder S-Adenosyl-L-methionin-Bindungsstelle
abgezielt. S-Adenosyl-L-methionin ist unten als Verbindung 42 dargestellt:
-
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Die
Kristallstruktur von ErmC' zeigt,
dass die S-Adenosyl-L-methionin-Stelle
aus zwei Primär-"Taschen" besteht, die den
Adeninring und das Methionin aufnehmen. Zusätzlich gibt es eine dritte "Tasche", die das rRNA-Adenin
aufnehmen kann, das einer Methylierung unterzogen wird. Zur Bestimmung
einer SAR an dieser Stelle wurde eine Bibliothek von Adenosin-Analogen,
substituiert an N6 und/oder 5'-Hydroxyl,
erstellt. Die Regionen der Variation in der Bibliothek sind unten
als Verbindung 43 dargestellt.
-
-
ErmC-Expression und -Reinigung
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Der
Expressionsvektor pTERM31 wurde durch Polymerase Chain Reaction-(PCR-)Amplifikation
des ermC'-Gens und
des stromaufwärts
gelegenen kdsB-Cistrons von pERM-1 hergestellt. Das Subklonieren
des PCR-Produkts in pET24+ (Novagen, Madison, WI) wurde durchgeführt unter
Verwendung der BamHI- und HindIII-Stellen, die in die "geschwänzten" PCR-Primer eingeschlossen sind. Dieses
neue Konstrukt ermöglichte die
Expression von ErmC' durch
Translations-Kopplung an kdsB, unter Kontrolle des T7lac-Promotors. pTERM31-Plasmid
wurde in den E. coli-Stamm BL219 (DE3)/pLysS (Novagen) umgewandelt,
und der resultierende Stamm wurde zur Produktion von ErmC' verwendet. Umgewandelte
Zellen wurden bei 27,5°C
in einem New Brunswick Scientific (Edison, NJ) Micros-Fermentor
gezüchtet,
der 10 l Superbroth (BIO 101, La Jolla, CA) enthielt, denen Kanamycin,
Chloramphenicol und Glukose hinzugefügt worden waren. Wenn die optische
Dichte der Kultur 1,10 erreichte, wurde ErmC'-Expression induziert durch Hinzugabe
von 1 mM Isopropyl-β-d-thiogalaktopyranosid
(IPTG). Zellen wurden 400 Minuten nach der Induktion geerntet.
-
Gefrorene
Zellpaste (200–250
g) wurde bei Raumtemperatur aufgetaut und in 5–10 Volumen kaltem Lysepuffer
(50 mM Tris, 5 mM 1,4-Dithiothreitol (DTT), 1 mM Phenylmethylsulfonatfluorid
(PMSF), 2 mM Ethylen-diamintetraessigsäure (EDTA), 0,2% Triton X-100,
pH 7,8) erneut suspendiert. Die Zellen wurden mit einer French Presse
lysiert, und Zelltrümmer
wurden durch Zentrifugation entfernt. Der Überstand wurde über Nacht gegen
20 l Tris-DTT-Glycerol-magnesium-(TDGM-)Puffer, pH 7,8 (50 mM Tris,
5 mM DTT, 10% Glycerol, 10 mM MgCl2) dialysiert.
Das Dialysat wurde dann auf eine Sepharose-Schnellfluss-Säule (Pharmacia)
aufgetragen, die in TDGM-Puffer voräquilibriert worden war. Fraktionen
wurden auf Methyltransferase-Aktivität getestet, und diejenigen,
die ErmC' enthielten,
wurden in einen Pool getan, auf eine TSK SP-5PW-Säule (TosoHaas, Montgomeryville,
PA) aufgetragen und mit einem NaCl-Gradienten eluiert. Das gereinigte
Protein wurde dann auf einer YM-10-(Amicon)Membrane konzentriert.
-
ErmC-Kristallstruktur
-
Kristalle
von ErmC' wurden
durch das Hanging Drop Vapor-Diffusionsverfahren
gezüchtet.
Tropfen, die 5–8
mg/ml ErmC' in 25
mM Tris/Cl, 100 mM NaCl, 2 mM DTT, 10% (v/v) Glycerol, pH7,5, enthielten,
wurden gegen ein Reservoir äquilibriert,
das 100 mM Tris, 500 mM NH4(SO)4,
15% PEG 8000, pH 7,8, enthielt. Kristalle erschienen innerhalb eines
Tages und wuchsen innerhalb einer Woche auf ihre volle Größe. Die
Kristalle gehörten
zur Raumgruppe P43212. Die Struktur von ErmC' in dieser Raumgruppe wurde bestimmt
durch Molekül-Ersetzung
bis zu einer Auflösung
von 2,2 Ångström unter
Verwendung der Kristallstruktur von ErmC' in der Raumgruppe P6 (Bussiere u. a.,
Biochemistry Band 37, S. 7103–7112).
Die 3-D-Struktur für
Kristalle, die unter diesen Bedingungen gezüchtet wurden, zeigt eine leere
aktive Stelle, was dies zu einem System macht, das zur Anwendung
von CrystaLEADTM in hohem Maße geeignet
ist.
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Screening
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Die
Adenosin-Bibliothek bestand aus 59 Verbindungen. Die Bibliothek
wurde in 7 Mischungen von 8–9 Verbindungen
mit heterogener Form unterteilt und mit dem CrystaLEADTM-Verfahren untersucht.
Genauer wurde jede Verbindung in 100% DMSO bis auf eine Endkonzentration
von 1 M (oder Sättigung
bei den weniger löslichen
Verbindungen) aufgelöst.
Gleiche Volumen von jeder Verbindung wurden gemischt, um die Mischung von
10 zu ergeben. Einzelne ErmC-Kristalle wurden in 50 μl von 20%
PEG 8000 platziert, 0,3 M Ammoniumsulfat, 10% Glycerol, pH 7,7,
und 0,5–0,8 μl der Verbindungsmischung
wurden hinzugefügt,
um 1 bis 1,6% DMSO und 3,3 bis 5,2 μM Endkonzentration der einzelnen
Verbindungen zu ergeben. Die Kristalle wurden 3–4 Stunden lang äquilibrieren
gelassen.
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Daten
wurden auf einer Rigaku RTP 300 RC-Drehanoden-Quelle mit einem RAXISII-,
MAR-Bildplatten- oder MAR ladungsgekoppeltem Detektor erfasst. Bei
den Bildplattensystemen bestanden typische Daten aus 15–20 2°-Oszillationen
mit 20–30-minütigen Belichtungen,
während
bei dem ladungsgekoppelten Detektor 15–20 2,0°-Oszillationen 8–15 Minuten lang belichtet
wurden. Typische nutzbare Daten waren zu 80–90% vollständig bei 3,4–3,6 Å Auflösung mit
verschmelzenden (ββ) R-Faktoren
von 7–16%.
Dies war erforderlich, um Inhibitoren in den Fo-Fc- oder 2Fo-Fc-Diagrammen
angemessen darzustellen und zu identifizieren. Bei diesen Diagrammen
war das Ausgangsmodell auf eine Auflösung von 2,2 Å verfeinert
worden (R = 22% Rfrei = 25%). Daten wurden
vom DENZO-Programmpaket
verarbeitet und die Elektronendichtediagramme vom XPLOR-Paket berechnet.
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Elektronendichtediagramme
wurden mit QUANTA 97 auf einer Silicon Graphics INDIGO2-Workstation untersucht.
Die Form der Dichte an der aktiven Stelle war visuell gekennzeichnet
durch die Form einer oder mehrerer der Verbindungen in der Mischung,
um einen positiven Treffer anzuzeigen, oder durch geordnete Wassermoleküle, die
auf fehlende Bindung hindeuteten. Bei Experimenten, die einen positiven
Treffer ergaben, wurde die entsprechende Verbindung visuell in die
Elektronendichte bewegt. Die Elektronendichtediagramme wurden auch
auf Änderungen
in der Proteinstruktur hin überprüft, und
falls solche beobachtet wurden, wurden entsprechende Modifikationen
an der Struktur vorgenommen. Somit war nach dem Schritt der Diagramm-Untersuchung/Verbindungs-Einpassung
die detaillierte 3-D-Struktur des Verbindungs-Protein-Komplexes
bekannt.
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Zwei
Treffer wurden im ErmC'-Adenosin-Analog-Screening
erfasst (Verbindungen 44 und 45). Die 13 und 14 zeigen
die Kristallstruktur der Komplexe der Verbindungen 44 und 45 mit
ErmC'.
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In
allen Fällen
kennzeichnete die Form der Elektronendichte die bindende Verbindung.
Es wurde festgestellt, dass sich die hydrophobe Substitution entlang
einer teilweise exponierten hydrophoben Oberfläche band, was auf eine bevorzugte
Interaktion hindeutete, die möglicherweise
zu der Bindung dieser Verbindungen beitrug und es ermöglichte,
sie als Treffer zu identifizieren. Es wurden keine Treffer erkannt,
die eine Substitution an der 5'OH-Position
enthielten. Eine Folgeverbindung der Verbindungen 44 und 45 enthielt
einen optimierten Indansubstituenten an dieser hydrophoben Stelle.
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