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HINTERGRUND
DER ERFINDUNG
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Gebiet der Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung bezieht sich im Allgemeinen auf die Gebiete
der Molekulargenetik und Diagnose genetischer Erkrankungen. Insbesondere
bezieht sich die vorliegende Erfindung auf die Genotypisierung von
Krankheiten im großen
Maßstab
und diagnostische Tests und Kits dafür.
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Beschreibung des Standes
der Technik
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Es
hat sich herausgestellt, dass die Expansion von Repeatsequenzen,
die die Trinukleotide CAG, CTG, CGG oder GAA beinhalten, die Hauptursache
verschiedener neurologischer Erkrankungen ist1.
Darunter wurden die CAG-Repeatexpansionen mit einer Gruppe neurodegenerativer
Erkrankungen wie z.B. Morbus Huntington2,
spinobulbärer
Muskelatrophie3, spinocerebellärer Ataxie
Typ 1 (SCA1)4, spinocerebellärer Ataxie Typ
2 (SCA2)5-7, spinocerebellärer Ataxie
Typ 3/Machado-Joseph-Krankheit (SCA3/MJD)8 und
dentatorubraler pallidolysialer Atrophie/Haw-River-Syndrom9 in Zusammenhang gebracht. All diese Krankheiten
sind progredient und führen
zur Degeneration der Neuronen im Zentralnervensystem. Die CAG-Repeats
in den jeweiligen Genen weisen Längenpolymorphismen
in der menschlichen Population auf, die typischerweise 40 Repeats nicht überschreiten.
Bei den erkrankten Personen enthalten die expandierten Allele 36–121 Repeats10.
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CAG-Repeatexpansionen
sind viel kleiner als die Hunderte oder Tausende von Repeats, die
häufig
bei Krankheiten mit CGG-, CTG- und GAA-Expansionen11-14 zu
beobachten sind. Die expandierten CAG-Allele weisen variable Instabilitätsgrade
sowohl in der Keimbahn als auch in Körpergeweben auf15,16.
Veränderungen der
CAG-Repeatgröße im Laufe
der Generationen tendieren insbesondere bei väterlicherseits erfolgender Ubertragung
häufig
zu weiterer Expansion und bilden die molekulare Grundlage für eine Voraussage.
Die CAG-Repeat-Arrays dieser Erkrankungen befinden sich in den Codierbereichen
der betreffenden Gene und werden in Polyglutamintrakte in den Proteinprodukten
translatiert17. Es wurde postuliert, dass
eine Expansion des Polyglutamintrakts bei jeder Krankheit mit dominanter
Vererbung zu einem Funktionszugewinn in dem Proteinprodukt führt. Basierend
auf den relativ einheitlichen Eigenschaften von Erkrankungen, die
durch CAG-Repeatexpansionen entstehen, wurde spekuliert, dass andere
neurodegenerative Erkrankungen mit ähnlichen klinischen Eigenschaften
ebenfalls Expansionen der CAG-Repeats aufweisen könnten. In
der Tat belegte eine Studie von Trottier et al., dass ein Antikörper gegen
einen Polyglutamintrakt anomal große Proteine in Geweben von
Patienten mit SCA2 oder spinocerebellärer Ataxie Typ 7 (SCA7) nachweist, was
darauf deutet, dass die für
SCA2 und SCA7 verantwortliche Mutation eine Expansion eines Polyglutamin-Repeattrakts
ist18.
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Im
Stand der Technik fehlen effektive Mittel zur Genotypisierung genetischer
Erkrankungen im großen Maßstab und
diagnostische Tests und Kits zur Diagnostizierung solcher Erkrankungen.
Die vorliegende Erfindung erfüllt
diesen im Stand der Technik schon lange bestehenden Bedarf und Wunsch.
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ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
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In
der menschlichen spannungsabhängigen α1A-Calciumkanaluntereinheit
wurde ein polymorphes CAG-Repeat identifiziert. Um zu belegen, dass
die Expansion dieses CAG-Repeats
die Ursache einer vererbten progredienten Ataxie sein könnte, wurde
bei einer großen
Anzahl nicht verwandter Kontrollen und Ataxiepatienten eine Genotypisierung
durchgeführt.
Acht nicht verwandte Patienten mit spät einsetzender Ataxie hatten
Allele mit einer im Vergleich zu der Anzahl von Repeats bei 475
nicht unter Ataxie leidenden Personen (4–16) großen Anzahl von Repeats (21–27). Die
Analyse der Repeatlänge
in Familien der erkrankten Personen zeigte, dass die Expansion je
nach Phänotyp
der einzelnen Patienten unterschiedlich war. Sechs Isoformen der
menschlichen α1A-Calciumkanaluntereinheit
wurden identifiziert. Das CAG-Repeat befindet sich innerhalb des
offenen Leserasters und codiert laut Voraussage Glutamin in drei
der Isoformen. Daher ist eine geringe Polyglutaminexpansion im menschlichen α1A-Calciumkanal
höchstwahrscheinlich
die Ursache einer neu klassifizierten autosomalen dominanten spinocerebellären Ataxie
(SCA6).
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Dementsprechend
stellt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Bestimmung, ob
eine Person an spinocerebellärer
Ataxie Typ 6 (SCA6) leidet oder gefährdet ist, SCA6 zu entwickeln,
bereit, das die Beurteilung, ob die Zahl der CAG-Nukleotid-Repeateinheiten
im Gen der α1A-Calciumkanaluntereinheit der Person größer als
eine Kontrollzahl ist, umfasst, wobei angezeigt wird, dass die genannte
Person an spinocerebellärer Ataxie
Typ G (SCA6) leidet oder gefährdet
ist, SCA6 zu entwickeln.
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In
einer ersten Ausführungsform
umfasst das erfindungsgemäße Verfahren
folgende Schritte: Amplifikation einer als Probe dienenden genomischen
DNA-CAG-Repeatsequenz
des Gens der α1A-Calciumkanaluntereinheit durch Polymerasekettenreaktion
unter Verwendung eines sich von einer Sequenz des Gens herleitenden
Oligonukleotid-Primers zur Herstellung amplifizierter genomischer
DNA-Fragmente von der Probe; Elektrophorese der als Probe dienenden
amplifiziexten genomischen DNA-Fragmente
zur Erzeugung eines Elektrophoresemusters von der Probe; Amplifikation
einer als Kontrolle dienenden genomischen DNA-CAG-Repeatsequenz
des Gens durch Polymerasekettenreaktion unter Verwendung des Oligonuklotid-Primers
zur Herstellung amplifizierter genomischer DNA-Fragmente von der
Kontrolle; Elektrophorese der als Kontrolle dienenden amplifizierten
genomischen DNA-Fragmente zur Erzeugung eines Elektrophoresemusters
von der Kontrolle; Vergleich des Elektrophoresemusters von der Probe
mit dem Elektrophoresemuster von der Kontrolle; und Bestimmung,
ob die zu testende Person gefährdet
sein könnte,
durch die Instabilität
der CAG-Repeatsequenz des Gens verursachte SAC6 zu entwickeln, wobei – wenn das
genomische DNA-Elektrophoresemuster
der Probe Fragmente enthält,
die größer als
Fragmente des genomischen DNA-Elektrophoresemusters der Kontrolle
sind – die
Person an einer durch Instabilität
der CAG-Repeatsequenz des Gens verursachten SCA6 leidet oder gefährdet ist,
SCA6 zu entwickeln.
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In
einer anderen Ausführungsform
umfasst das erfindungsgemäße Verfahren
folgende Schritte: Amplifikation genomischer DNA-CAG-Repeatsequenzen
des Gens in einer Probe einer Person durch Polymerasekettenreaktion
unter Verwendung eines oder mehrerer sich von einer Sequenz des
Gens herleitender Oligonukleotid-Primer; Restriktion der amplifizierten
genomischen DNA-CAG-Repeatsequenzen mit einem Restriktionsenzym;
Trennen der einer Restriktion unterzogenen, amplifizierten genomischen
DNA-CAG-Repeatsequenzen
mittels Elektrophorese zur Erzeugung eines Elektrophoresemusters
von der Probe; Markierung einer Sonde, die die amplifizierten genomischen
DNA-CAG-Repeatsequenzen in der Probe nachweisen kann; Hybridisierung
der Probe der einer Restriktion unterzogenen, amplifizierten genomischen
DNA-CAG-Repeatsequenzen
mit einer ersten Aliquote der markierten Sonde unter Hybridisierungsbedingungen
zur Erzeugung eines Hybridisierungsmusters von der Probe für die genomische
DNA-CAG-Repeatsequenz von der Probe; Amplifikation einer als Kontrolle
dienenden genomischen DNA-CAG-Repeatsequenz des Gens durch Polymerasekettenreaktion
unter Verwendung eines oder mehrerer Oligonukleotid-Primer, wobei
die als Kontrolle dienende genomische DNA-CAG-Repeatsequenz aus
einer erkrankungsfreien Quelle stammt; Restriktion der als Kontrolle
dienenden genomischen DNA-CAG-Repeatsequenz
mit einem Restriktionsenzym; Trennen der als Kontrolle dienenden,
einer Restriktion unterzogenen genomischen DNA-CAG-Repeatsequenz
mittels Elektrophorese zur Erzeugung eines Elektrophoresemusters
von der Kontrolle; Kombination der als Kontrolle dienenden, einer
Restriktion unterzogenen genomischen DNA-CAG-Repeatsequenz mit einer zweiten
Aliquote der Sonde unter Hybridisierungsbedingungen zur Erzeugung
eines Hybridisierungsmusters von der Kontrolle für die genomische DNA-CAG-Repeatsequenz;
Vergleich des Hybridisierungsmusters der Probe für die genomische DNA-CAG-Repeatsequenz
von der Probe mit dem Hybridisierungsmuster der Kontrolle für die genomische
DNA-CAG-Repeatsequenz von der Kontrolle; und Bestimmung, ob die
zu testende Person gefährdet
sein könnte,
durch die Instabilität der
CAG-Repeatsequenz des Gens verursachte SCA6 zu entwickeln, wobei – wenn die
genomische DNA-CAG-Repeatsequenz der Probe größer als die genomische DNA-CAG-Repeatsequenz
der Kontrolle ist – die
Person an einer durch Instabilität
der CAG-Repeatsequenz
des Gens verursachten SCA6 leidet oder gefährdet ist, SCA6 zu entwickeln.
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Andere
und weitere Aspekte, Merkmale und Vorteile der vorliegenden Erfindung
gehen aus der nachfolgenden Beschreibung der derzeit bevorzugten
Ausführungsformen
der Erfindung zum Zwecke der Offenbarung hervor.
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KURZE BESCHREIBUNG DER
ZEICHNUNGEN
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Damit
der Gegenstand mit den oben genannten Merkmalen, Vorteilen und Aufgaben
der Erfindung im Detail nachvollziehbar ist, erhält man durch Bezug auf bestimmte
Ausführungsformen,
die in den beigefügten Zeichnungen
dargestellt sind, genauere Beschreibungen der Erfindung. Diese Zeichnungen
bildet einen Teil der Spezifikation. Es ist jedoch zu beachten,
dass die beigefügten
Zeichnungen bevorzugte Ausführungsformen
der Erfindung darstellen und daher nicht als ihren Umfang einschränkend gelten
sollen.
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1 stellt Isoformen des menschlichen spannungsabhängigen α1A-Ca2+-Kanals dar.
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1A zeigt,
dass sämtliche
unterschiedlichen Isoformen in mindestens zwei unabhängigen cDNA-Klonen
beobachtet wurden.
stellt eine Nukleotidvariation
mit 94 Basenpaaren dar,
eine 36 bp-Deletion. Die
Stelle der GGCAG-Insertion ist durch einen vertikalen Strich gekennzeichnet
und die Position des Glutamintrakts (polyQ) ist als
dargestellt. Die durch diese
Variationen beeinträchtigten
Aminosäureveränderungen
sind in
2 dargestellt. Nur die Isoformen
mit der GGCAG-Insertion verfügen über das
erweiterte offene Leseraster.
1B stellt
die das Stopkodon der menschlichen Ca
2+-Kanalisoformen
B1-1 und BI-1 (CCCAG) flankierenden Sequenzen dar. Die Buchstaben
oben und unten bezeichnen jeweils die von der Sequenz codierte Aminosäure. Das
Stopkodon ist durch das TAN-Nukleotid gekennzeichnet. Das Nukleotid „N" ist ein „G"-Nukleotid, bei dem
die Größe des „G"-Peaks nach einem „A"-Peak reduziert ist, einem Merkmal des
FS-Taq-Enzyms in der Dye Terminator-Sequenzierungschemie von Applied Biosystem.
Bei der Sequenzierung des reversen Stranges wurde bestätigt, dass
es sich hierbei tatsächlich
um ein „G"-Nukleotid handelt.
Die Komplementärsequenz
von TAG – CTA – ist unterstrichen. abgeleitete
offene Leseraster darstellen. Identische Aminosäuren sind mit „-" gekennzeichnet;
Lücken
in der Anordnung werden durch „." dargestellt. Die
BI-1-cDNA von Mensch und Kaninchen besteht je nach Isoform zu 90–94% aus
identischen Aminosäuren.
Da der spannungsabhängige α
1A-Ca
2+-Tunnel voller Länge beim Menschen noch nicht
bestimmt wurde, wurden die Aminosäurestränge in der Kaninchen-BI-1-Sequenz
als Referenz nummeriert (OCCCBI-1 bei GenBank). Durch die hypothetische
Insertion der GGCAG-Nukleotide in die Kaninchen-BI-1-Isoform (Zugangsnummer
X57476) wird das abgeleitete Peptidleseraster um 237 Aminosäuren erweitert,
wobei sich das Stopkodon bei Mensch und Kaninchen an derselben Position
befindet. In diesem abgeleiteten Leseraster ist das Glutaminrepeat
unterstrichen; es beginnt bei Mensch und Kaninchen mit der Aminosäureposition
2328 der cDNA-Sequenzen. Ohne diese Insertion stoppt das von den
BI-1-Isoformen von Mensch und Kaninchen abgeleitete Leseraster an
der Aminosäureposition 2273,
gekennzeichnet mit „*" (hier aufgelistet
als 2275 aufgrund der Einschleusung von zwei Anordnungslücken). Die
Aminosäuren,
die entsprechend den V1-, V2- und V3-Variationen und der GGCAG-Insertion
in ihren Isoformen variieren, sind durch Kästchen gekennzeichnet. Die
V3-Isoform hat eine trunkierte 3'-Region mit einem
polyA
+-Trakt. Die Sequenzen der entsprechenden
Isoformen sind bei GenBank deponiert (Zugangsnummern: U79663, U79664,
U79665, U79666, U79667 und U79668).
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3 stellt
die Northern-Blotting-Analyse der Expression des menschlichen spannungsabhängigen α1A-Ca2+-Kanals dar. Die Hybridisierung erfolgte
unter Verwendung der S5-cDNA als Sonde. In der cerebralen mRNA lag
eine deutliche Bande von 8,5 kb mit einem für diese Sonde spezifischen
und durch die β-Actinsonde nicht
erfassten Schmiermuster vor. Die Verschmierung in der cerebralen
mRNA könnte
eine Kreuzhybridisierung mit den verschiedenen alternativen Splice-Formen
oder eine Degeneration widerspiegeln.
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4 stellt die Analyse der PCR-amplifizierten
Produkte in Familien mit cerebellärer Ataxie dar, die mit S5-F1-
und S5-R1-Primern, die das CAG-Repeat flankieren, hergestellt wurden. 4A zeigt
das expandierte Allel mit 27 Repeats bei den vier erkrankten Personen
(I.2, II.3, II.5 und II.7) der INSCA-Familie, aber bei keinem der
asymptomatischen Familienmitglieder. 4B zeigt,
dass das expandierte Allel mit 22 CAG-Repeats bei allen fünf erkrankten Mitgliedern (II.1,
II.2, II.3, III.1 und III.2) der MS2SCA-Familie beobachtet wird. 4C zeigt,
dass in der MDSCA-Familie ein größenmäßig abweichendes
Allel mit 23 CAG-Repeats bei zwei Brüdern (II.1 und II.3) und einer
Schwester (II.2) mit klinischer Ataxie vorlag, nicht jedoch bei
der asymptomatischen Tochter von II.1. 4D stellt
die SISCA-Familie dar, in der zwei durch fünf meotische Ereignisse getrennte
erkrankte Mitglieder (IV.1 und III.7) dieselbe Anzahl von CAG-Repeats
(22) auf ihren größeren Allelen aufweisen.
Verfolgt man dieses Allel durch den Stammbaum, zeigt sich, dass
die erkrankten Vorfahren (III.5, II.2, II.4 und I.2) höchstwahrscheinlich
dieses expandierte Allel aufwiesen.
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AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
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Die
vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Bestimmung,
ob eine Person an spinocerebellärer
Ataxie Typ 6 (SCA6) leidet oder gefährdet ist, SCA6 zu entwickeln,
das die Beurteilung, ob die Zahl der CAG-Nukleotid-Repeateinheiten
im Gen der α1A-Calciumkanaluntereinheiten der Person
größer als eine
Kontrollzahl ist, umfasst, wobei angezeigt wird, dass die genannte
Person an SCA6 leidet oder gefährdet, ist
SCA6 zu entwickeln.
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In
einer ersten Ausführungsform
umfasst das erfindungsgemäße Verfahren
folgende Schritte: Amplifikation einer als Probe dienenden genomischen
DNA-CAG-Repeatsequenz
des Gens der α1A-Calciumkanaluntereinheit durch Polymerasekettenreaktion
unter Verwendung eines sich von einer Sequenz des Gens herleitenden
Oligonukleotid-Primers zur Herstellung amplifizierter genomischer
DNA-Fragmente von der Probe; Elektrophorese der als Probe dienenden
amplifizierten genomischen DNA-Fragmente
zur Erzeugung eines Elektrophoresemusters von der Probe; Amplifikation
einer als Kontrolle dienenden genomischen DNA-CAG-Repeatsequenz
des Gens durch Polymerasekettenreaktion unter Verwendung des Oligonuklotid-Primers
zur Herstellung amplifizierter genomischer DNA-Fragmente von der
Kontrolle; Elektrophorese der als Kontrolle dienenden amplifizierten
genomischen DNA-Fragmente zur Erzeugung eines Elektrophoresemusters
von der Kontrolle; Vergleich des Elektrophoresemusters von der Probe
mit dem Elektrophoresemuster von der Kontrolle; und Bestimmung,
ob die zu testende Person gefährdet
sein könnte,
durch die Instabilität
der CAG-Repeatsequenz des Gens verursachte SAC6 zu entwickeln, wobei – wenn das
genomische DNA-Elektrophoresemuster
der Probe Fragmente enthält,
die größer als
Fragmente des genomischen DNA-Elektrophoresemusters der Kontrolle
sind – die
Person an einer durch Instabilität
der CAG-Repeatsequenz des Gens verursachten SCA6 leidet oder gefährdet ist,
SCA6 zu entwickeln.
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In
einer anderen Ausführungsform
umfasst das erfindungsgemäße Verfahren
folgende Schritte: Amplifikation genomischer DNA-CAG-Repeatsequenzen
des Gens in einer Probe einer zu testenden Person durch Polymerasekettenreaktion
unter Verwendung eines oder mehrerer sich von einer Sequenz des
Gens herleitender Oligonukleotid-Primer;
Markierung einer Sonde, die die amplifizierten genomischen DNA-CAG-Repeatsequenzen in
der Probe nachweisen kann; Kombination der Probe der amplifizierten
genomischen DNA-CAG-Repeatsequenzen mit einer ersten Aliquote der
mar kierten Sonde unter Hybridisierungsbedingungen zur Erzeugung
eines Hybridisierungsmusters der Probe für die genomische DNA-CAG-Repeatsequenz der
Probe; Amplifikation einer als Kontrolle dienenden genomischen DNA-CAG-Repeatsequenz
des Gens durch Polymerasekettenreaktion unter Verwendung eines oder
mehrerer Oligonukleotid-Primer,
wobei die als Kontrolle dienende genomische DNA-CAG-Repeatsequenz
aus einer erkrankungsfreien Quelle stammt; Kombination der als Kontrolle
dienenden genomischen DNA-CAG-Repeatsequenz mit einer zweiten Aliquote
der Sonde unter Hybridisierungsbedingungen zur Erzeugung eines Hybridisierungsmusters
der Kontrolle für
die genomische DNA-CAG-Repeatsequenz; Vergleich des Hybridisierungsmuster
der Probe für
die genomische DNA-CAG-Repeatsequenz von der Probe mit dem Hybridisierungsmuster
der Kontrolle für
die genomische DNA-CAG-Repeatsequenz von der Kontrolle; und Bestimmung,
ob die zu testende Person gefährdet
sein könnte,
durch die Instabilität
der CAG-Repeatsequenz des Gens verursachte SCA6 zu entwickeln, wobei – wenn die
genomische DNA-CAG-Repeatsequenz der Probe größer als die genomische DNA-CAG-Repeatsequenz
der Kontrolle ist – die
Person an einer durch Instabilität
der CAG-Repeatsequenz des Gens verursachten SCA6 leidet oder gefährdet ist,
SCA6 zu entwickeln.
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Erfindungsgemäß kann der
Fachmann herkömmliche
molekularbiologische, mikrobiologische und rekombinante DNA-Techniken
einsetzen. Solche Techniken werden in der Literatur vollständig erläutert (siehe z.B.
Maniatis, Frisch und Sambrook, „Molecular Cloning: A Laboratory
Manual" (1982); „DNA Cloning:
A Practical Approach",
Band I und II (D.N. Glover, Hrsg., 1985); „Oligonucleotide Synthesis" (M.J. Gait, Hrsg.,
1984); „Nucleic
Acid Hybridization" (B.D.
Hames und S.J. Higgins, Hrsg., 1985); „Transcription and Translation" (B.D. Hames und
S.J. Higgins, Hrsg., 1984); „Animal
Cell Culture" (R.I.
Freshney, Hrsg., 1986); „Immobilized
Cells And Enzymes" (IRL
Press, 1986); B. Perbal, „A
Practical Guide To Molecular Cloning", 1984.
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Daher
sollen die folgende Begriffe, sofern sie hierin auftauchen, wie
nachfolgend aufgeführt
definiert sein.
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Ein „Vektor" ist ein Replikon
wie z.B. ein Plasmid, ein Phage oder ein Kosmid, an dem zur Auslösung der
Replikation des daran befestigten Segmentes ein weiteres DNA-Segment befestigt
werden kann. Ein Vektor gilt als „pharmakologisch akzeptabel", wenn seine Verabreichung
von einem Empfängersäugetier
toleriert werden kann. Ein solches Mittel gilt als in einer „therapeutisch
wirksamen Menge" verabreicht,
wenn die verabreichte Menge physiologisch signifikant ist. Ein Mittel
ist physiologisch signifikant, wenn sein Vorliegen zu einer Änderung
der Physiologie eines Empfängersäugetiers
führt.
Bei der Behandlung einer Retrovireninfektion beispielsweise würde eine
Verbin dung, die den Infektionsgrad oder den Grad des durch die Infektion
verursachten physiologischen Schadens vermindert, als therapeutisch
wirksam gelten.
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Ein „DNA-Molekül" bezieht sich auf
die Polymerform der Desoxyribonukleinsäuren (Adenin, Guanin, Thymin
und Cytosin) als Einzelstrang- oder Doppelstranghelix. Dieser Begriff
bezieht sich nur auf die Primär- und
Sekundärstruktur
des Moleküls
und beschränkt
sich nicht auf eine bestimmte Tertiärform. Daher schließt dieser
Begriff doppelsträngige
DNA, die man unter anderem in linearen DNA-Molekülen findet (z.B. Restriktionsfragmente),
Viren, Plasmide und Chromosomen ein. Bei der Diskussion der Struktur
hierin wird, wie in herkömmlicher
Weise üblich,
nur die Sequenz in 5'-3'-Richtung entlang des nicht transkribierten
DNA-Stranges angegeben (d.h. des Stranges mit einer zur mRNA homologen
Sequenz).
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Eine
DNA-„Codiersequenz" ist eine doppelsträngige DNA-Sequenz,
die bei Steuerung geeigneter Regulationssequenzen in vivo in ein
Polypeptid transkribiert und translatiert wird. Die Grenzen der
Codiersequenz werden durch ein Startkodon am 5'-Ende (Amino) und ein Translationsstopkodon
am 3'-Ende (Carboxy)
bestimmt. Eine Codiersequenz schließt z.B., jedoch nicht ausschließlich prokaryontische
Sequenzen, cDNA eukaryontischer mRNA, genomische DNA-Sequenzen eukaryontischer
(z.B. Säugetier-)
DNA und sogar synthetische DNA-Sequenzen ein. Ein Polyadenylisierungssignal
und die Transkriptionsbeendigungssequenz befinden sich für gewöhnlich am
3'-Ende der Codiersequenz.
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Der
Begriff „Oligonukleotid", wie er hierin verwendet
wird, bezieht sich auf die erfindungsgemäße Sonde und ist definitionsgemäß ein Molekül, das zwei
oder mehr, vorzugsweise mehr als drei Ribonukleotide umfasst. Seine
genaue Größe hängt von
vielen Faktoren ab, die wiederum von der letztendlichen Funktion
und Verwendung des Oligonukleotids abhängen.
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Der
Begriff „Primer", wie er hierin verwendet
wird, bezieht sich auf ein Oligonukleotid, sei es natürlich vorkommend,
z.B. in einem gereinigten Restriktionsdigest, oder synthetisch hergestellt,
das unter Bedingungen, unter denen die Synthese eines zu einem Nukleinsäurestrang
komplementären
Primererweiterungsproduktes induziert wird, d.h. bei Vorliegen von
Nukleotiden und einem Induktionsmittel wie z.B. einer DNA-Polymerase
bei einer geeigneten Temperatur und einem geeigneten pH-Wert, als
Syntheseinitiierungspunkt dienen kann. Der Primer kann einzel- oder
doppelsträngig
sein und muss ausreichend lang sein, um die Synthese des gewünschten
Expansionsproduktes bei Vorliegen des Induktionsmittels zu initiieren.
Die genaue Länge
des Primers hängt
von vielen Faktoren ab, z.B. der Temperatur, der Primerquelle und
dem angewandten Verfah ren. Bei diagnostischen Anwendungszwecken
enthält
der Oligonukleotid-Primer z.B. je nach Komplexität der Targetsequenz typischerweise
15–25
oder mehr Nukleotide, kann aber auch weniger Nukleotide enthalten.
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Wie
hierin verwendet beziehen sich die Begriffe „Restriktionsendonukleasen" und „Restriktionsenzyme" auf bakterielle
Enzyme, die jeweils doppelsträngige
DNA an oder nahe einer spezifischen Nukleotidsequenz zerschneiden.
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Die
in diesen Studien am häufigsten
eingesetzten Markierungen sind radioaktive Elemente, Enzyme, chemische
Substanzen, die bei Einwirkung von ultraviolettem Licht fluoreszieren,
und andere. Eine Reihe von fluoreszierenden Materialien ist bekannt
und kann als Markierungen verwendet werden. Dazu gehören z.B. Fluorescein,
Rhodamin, Auramin, Texas-Rot, AMCA-Blau und Lucifer Yellow. Ein
besonderes Nachweismaterial ist ein in Ziegen produzierter und mittels
eines Isothiocyanats mit Fluorescein konjugierter Antikaninchen-Antikörper.
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Die
folgenden Beispiele sind zum Zwecke der Illustration verschiedener
Ausführungsformen
der Erfindung angegeben und sollen die vorliegende Erfindung in
keiner Weise einschränken.
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Beispiel 1
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Isolierung von S5-cDNA
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Die
Isolierung der S5-cDNA erfolgte durch Durchsuchen einer primären menschlichen
Gehirn-cDNA-Bibliothek mit einer radioaktiv markierten Oligonukleotidsonde
(GCT)7. Bei der menschlichen Gehirn-cDNA erfolgte
mit Hilfe der Methodik von Guber und Hoffman44 ein
Oligo-d(T)-Priming mit mRNA von Clontech (Palo Alto, CA). Die cDNA-Bibliothek
wurde mit einem Not I-Restriktionslinker zur Klonierung in einen
IZAP II-Vektor konstruiert. Die Bibliothek wurde in einer Dichte
von 1.000 Plaques pro 150 mm Luria-Broth-Agarplatten beschichtet.
Insgesamt wurden 150.000 Primärklone
durchsucht. Die Hybridisierung mit einer radioaktiv markierten Oligonukleotidsonde
(GCT)7 erfolgte bei 55 °C in einer wässrigen Standardhybridisierungslösung45. Die Filter wurden 3 × 30 Minuten bei 55 °C in 2 X
SSC und 0,1% SDS gewaschen. Die Hybridisierungsklone wurde zur Plasma-Rescue
gereinigt. Die Plasmid-DNA wurde mittels eines AutoGen 740-Instrumentes
isoliert und mit Hilfe eines ABI-Kits nach einer Prüfvorschrift
auf einem ABI-373A-Sequenzierer sequenziert. Die Sequenzierung der
cDNA erfolgte zur Bestätigung
des Vorliegens der Dreifach-Repeatsequenz. Die S5-cDNA war eine der
bei diesem Ansatz gewonnenen 387 einzigartigen rekombinanten cDNA.
Weitere klone des α1A-Calciumkanals wurden unter Verwendung
der S5-cDNA als Sonde isoliert. Zusätzlich zu der obigen menschlichen
Gehirn-cDNA-Bibliothek wurde eine kommerzielle menschliche Fötalgehirn-cDNA-Bibliothek
mit einer Eco RI-Klonierstelle
von Stratagene (La Jolla, CA) durchsucht und die identifizierten
Klone der Bibliothek zur Rekonstruktion der 3'-Region der Not 1-Stelle zum poly(A)-Trakt
verwendet.
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Beispiel 2
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PCR-Analyse
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Der
Grad des CAG-Längenpolymorphismus
im α1A-Calciumkanal wurde mit Hilfe folgender
Primer bestimmt: S5-F1 (5'-CACGTGTCCTATTCCCCTGTGATCC-3') (SEQ-ID-Nr. 1) und S5-R1
(5'-TGGGTACCTCCGAGGGCCGCTGGTG-3') (SEQ-ID-Nr. 2);
es können
aber auch andere geeignete Primer auf der Basis der Gensequenz des α1A-Calciumkanals für diesen
Zweck verwendet werden. Für
die Reaktion wurden jeweils 5 pmol der Primer am Ende mit 1 mCi
[γ32P]-ATP unter Verwendung von 0,05 Einheiten
Polynukleotidkinase 30 Minuten lang markiert. Die PCR-Analyse enthielt
jeweils 20 ng genomische DNA gemischt mit 5 pmol der radioaktiv
markierten Primer S5-Ri und S5-F1
mit einem Gesamtvolumen von 25 ml sowie 0,25 Einheiten Taq-Polymerase,
125 μM dNTP,
10 mM Tris (pH 8,9), 2,5 mM MgCl2, 30 mM
KCl und 3,5 Vol.-% Glycerin. Die Proben wurden bei 95 °C 3 Minuten
lang denaturiert und anschließend
in 28 Zyklen denaturiert (94 °C,
25 Minuten), geglüht
(68 °C,
30 Sekunden) und erweitert (72 °C,
2 Minuten). Der Reaktion wurden 15 ml Formamid (Loading Dye) zugesetzt
und das Gemisch 20 Minuten lang bei 95 °C denaturiert. 7 ml wurden einer
Elektrophorese durch ein 6% Polyacrylamid/8 M-Harnstoffgel unterzogen.
Die Allelgrößen wurden
durch Vergleich der Migration relativ zu einer M13-Sequenzierungsleiter
bestimmt. Kontroll-DNA
schlossen 65 Proben aus den CEPH-Familien, 125 nicht verwandte Kontrollproben
von verschiedenen Kollegen in der Abteilung für Molekular- und Humangenetik,
160 Proben von diabetischen Geschwisterpaaren, 41 sporadische Brustkrebsfälle, 42
Parkinsonfälle,
24 Dystonie-Indexfälle
und 18 sporadische Alzheimer-Fälle
ein.
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Beispiel 3
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Northern-Blotting-Analyse
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Die
Northern-Blotting-Analyse mit polyA+-RNA
aus verschiedenen menschlichen Geweben wurde von Clonetech bezogen.
200 ng S5-cDNA-Insert wurden mit Hilfe eines Zufallsmarkierungskits
von Pharmacia mit [α32P]dCTP radioaktiv markiert. Die Sonde wurde über Nacht
bei 65 °C
gemäß der von
Clonetech empfohlenen Prüfvorschrift
hybridisiert. Der Filter wurde 3 × 30 Minuten bei 68 °C in 0,1
Z SSC und 0,1% SDS gewaschen und anschließend mit einem Röntgenfilm
belichtet. Weniger stringente Waschgänge bei 68 °C in 0,5 X SSC und 0,1% SDS
führten
zu sehr viel mehr Banden in unterschiedlichen Geweben, was auf eine
Kreuzreaktion mit anderen Calciumkanalgenen deutet.
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Beispiel 4
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Bindungsanalyse
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Die
Untersuchung der Genotypdaten zeigt eine klare Verbindung zwischen
einer erhöhten
Anzahl von CAG-Repeats und dem Ataxie-Phänotyp. Von den 133 Ataxiepatienten
hatten acht Repeatlängen
von mehr als 20, wohingegen keine der Kontrollpersonen Repeatlängen von
mehr als 16 aufwies. Diese Verbindung wurde mit Hilfe einer 2 × 2-Tabelle, die das
Vorliegen von Expansionen in Ataxiefällen versus Kontrollen vergleicht, bewertet.
Das Signifikanzniveau wurde mit Hilfe des exakten Fisher-Tests bestimmt.
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Mit
Hilfe der Haplotypanalyse wurde gezeigt, dass Expansion und Erkrankung
zusammen übertragen werden.
Um die Situation eines einzelnen Genortes mit einem Phänotyp (Ataxie)
und einem Polymorphismus (Expansion) zu simulieren, wurden zwei
vollständig
miteinander verbundene Genorte – ein
Erkrankungsgenort und ein Polymorphismus – in vollständigem Bindungsungleichgewicht
verwendet. Die Haplotypfrequenzen wurden berechnet, indem man annahm,
dass alle 133 Fälle
an einer Art dominant vererbten Ataxie leiden. Es sollte daher in
allen Fällen
jeweils eine krankheitserzeugende Mutation geben. Acht dieser Mutationen
(etwa 6%) wurden durch CAG-Repeatexpansionen hervorgerufen, die
anderen 94% durch andere Mutationen, entweder Nichtexpansionsmutationen
in diesem Gen oder Mutationen in anderen Genen. Die zur Berechnung
der Haplotypfrequenzen erforderliche Zusatzinformation ist die Populationshäufigkeit
der dominanten Ataxie an unbekannten Genorten. Je höher die
Schätzung
dieser Frequenz, umso niedriger der LOD-Score. Für diese Analyse, in der die
Genfrequenz bei 1/1000 liegt, wurde eine konservative Zahl von 1/500
verwendet. Die vier Haplotypfrequenzen sind also 0,999 (keine Ataxie – keine
Expansion), 0,0 (keine Ataxie – Expansion),
0,00094 (Ataxie – keine
Expansion) und 0,00006 (Ataxie – Expansion).
Der LOD-Score der vier Ataxiefamilien wurde mit Hilfe dieser Haplotypfrequenzen
unter Einsatz des Softwareprogramms FASTLINK, Version 3.0P berechnet.
Beeinträchtigungsstatus
und Genotypen wurden bei allen Patienten bestimmt; nicht erkrankte
Personen ohne Genotypisierung wurden mit „unbekannter Beeinträchtigungsstatus" und „unbekannter
Genotyp" spezifiziert.
-
Zur
Identifikation von Krankheiten, die infolge einer Expansion eines
CAG-Repeats entstehen, wurde mit Hilfe polymorpher CAG-Repeats und
DNA-Proben von Patienten mit spät
einsetzenden neurodegenerativen Erkrankungen eine Genotypisierung
im großen
Maßstab
vorgenommen. Die vorliegende Erfindung berichtet, dass das menschliche
Homolog des BI-1-Gens des spannungsabhängigen Kaninchen-α1A-Calciumkanals eine
polymorphe CAG-Repeatsequenz enthält, die bei einem Teil der
Patienten mit diagnos tizierter autosomaler dominanter cerebellärer Ataxie
expandiert ist. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Expansion
eines CAG-Repeats, das laut Vorhersage Polyglutamin in dem menschlichen
Gen des spannungsabhängigen α1A-Ca2+-Kanals codiert, die offensichtliche Ursache
einer Form der cerebellären
Ataxie ist.
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Beispiel 5
-
CAG-Repeats in der menschlichen α1A-Calciumkanaluntereinheit
-
Zur
Identifizierung von Genen, die Trinukleotid-Repeatsequenzen enthalten,
wurde mit Hilfe eines (GCT)7-Repeat-Oligonukleotids
als Sonde eine nicht amplifizierte menschliche Gehirn-cDNA-Bibliothek
durchsucht. Diese Durchsuchung identifizierte 387 gemäß Bestimmung
auf Basis der Sequenzanalyse unabhängige cDNA-Klone. Die Größe der Repeats
in diesen Klonen reichte von 4 bis 21. In dieser Durchsuchung wurden partielle
cDNA-Klone, die den Genen der dentatorubralen pallidolysialen Atrophie/Haw-River-Syndrom9 bzw. der
Machado-Joseph-Krankheit8 entsprechen, isoliert.
SCA1 und SCA2 entsprechende cDNA-Klone und Gene des Morbus Huntington
wurden bei dieser Durchsuchung nicht isoliert, wahrscheinlich aufgrund
dessen, dass sich das CAG-Repeat in den einzelnen Genen in der 5'-Region eines großen Transkripts
befindet und die cDNA-Bibliothek bei Erzeugung durch Oligo-d(T)-Priming
auf die 3'-cDNA-Enden
ausgerichtet ist.
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Der
erste umfassend untersuchte Klon war eine als S5 bezeichnete cDNA,
die 13 CAG-Repeats
enthielt. Bei der abgeleiteten Peptidsequenz dieser 1,2 kb-cDNA
stimmen 90% der Aminosäuren
mit der BI-1-Isoform des spannungsabhängigen Kaninchen-α1A-Ca2+-Kanals
(auch als Ca2+-Kanal vom P/Q-Typ bekannt) überein,
was darauf deutet, dass der S5-Klon eine partielle cDNA des menschlichen
Homologs ist19. Die abgeleitete menschliche
Peptidsequenz stimmt auch mit der Rattengehirn-α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit
zu 90% überein20. Es wurde bereits früher berichtet, dass die partielle
menschliche cDNA-Sequenz, die der Kaninchen-BI-1-Aminosäureposition
722–1036
entspricht, zu 92% bzw. 82% mit der Kaninchen- bzw. Ratten-α1A-Untereinheit
des Calciumkanals übereinstimmt21. Die erfindungsgemäße cDNA enthält eine
Codiersequenz, die dem Carboxyendbereich des Kaninchenproteins beginnend
mit Aminosäureposition
1325 entspricht. Die Sequenzdaten deuten darauf hin, dass die isolierte
cDNA die menschliche α1A-Untereinheit des Calciumkanals codiert.
-
Unter
Verwendung des Somazellhybridkartierungspanels Nr. 2 von Corriel
wurde der α1A-Ca2+-Kanal mittels
STS-Mapping auf dem menschlichen Chromosom 19 lokalisiert. Diriong
et al.22 haben über das Mapping der α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit auf dem menschlichen
Chromosom 19p13 mit Hilfe eines partiellen cDNA-Klons berichtet.
Das Gensymbol dieses Genortes wurde als CACNLIA4 bezeichnet22. Margolis et al.23 berich teten über eine
partielle menschliche cDNA (entsprechend der Position 6487–7165 des
Kaninchen-BI-1-Nukleotids) des CACNLIA4-Gens, die sich gemäß Mapping
auf Chromosom 19 befindet. Ophoff et al.24 veröffentlichten
vor kurzem einen Bericht, der die Sequenz voller Länge des
menschlichen CACNLIA4-Gens beschreibt.
-
Bei
Kaninchen wurden zwei Isoformen (BI-1 und BI-2) der α1A-Calciumkanaluntereinheit
identifiziert19. Diese Isoformen unterscheiden
sich bezüglich
der Sequenz am Carboxyende voneinander, wobei BI-2 zusätzlich 151
Aminosäuren
aufweist. Man glaubt, dass diese Isoformen das Ergebnis einer Insertion/Deletion
von 423 Nukleotiden sind. Das Vorliegen der 423 Nukleotide in BI-1
schleust ein Stopkodon ein, das zu der kürzeren, 2273 Aminosäuren enthaltenden
Isoform führt.
Im Rattengehirn wurden mindestens vier alternativ gesplicte Isoformen
des Gens des α1A-Ca2+-Kanals beobachtet,
doch es wurde nur über
die Sequenz einer Isoform berichtet20.
-
Der
Vergleich zwischen den Kaninchen- und menschlichen Sequenzen zeigte,
dass das CAG-Repeat erhalten blieb und sich in der abgeleiteten,
nicht translatierten 3'-Region
der Kaninchen-α1A-Ca2+-Kanal-BI-1 und
der S5-cDNA befand. Durch die Entdeckung eines hohen Übereinstimmungsgrades
(700 Nukleotide mit 84% Übereinstimmung)
zwischen der nicht translatierten 3'-Region der Kaninchen-BI-1-Isoform und
dem erfindungsgemäßen menschlichen
S5-Klon entstand die Möglichkeit,
dass zusätzliche
Splice-Varianten
auftreten und einige ein offenes Leseraster, in dem das CAG-Repeat
translatiert wird, enthalten können.
Um dies zu untersuchen, wurden die primäre menschliche cDNA-Bibliothek
und eine kommerzielle Fötalgehirn-cDNA-Bibliothek
mit Hilfe der S5-cDNA als Sonde erneut durchsucht. Insgesamt wurden
17 weitere Klone isoliert; die sorgfältige Sequenzanalyse dieser
Klone erlaubte die Identifizierung mehrerer alternativ gesplicter
Isoformen der Carboxylregion des menschlichen α1A-Ca2+-Kanals (1A). Insbesondere
enthalten fünf
dieser cDNA ein Insert aus 5 Basenpaaren (GGCAG) vor dem TAG-Stopkodon
der SS-cDNA (1B). Klone mit diesem 5 bp-Insert
besitzen ein erweitertes abgeleitetes offenes Leseraster mit zusätzlichen
239 Aminosäuren
in dem menschlichen Gen. Die hypothetische Insertion dieser 5 bp-Sequenz
in den Kaninchen-BI-1-Calciumkanal
bei Aminosäureposition
2273 erweitert das abgeleitete Leseraster um 237 Aminosäuren, und
die Peptidhomologie zu der menschlichen Sequenz bleibt größtenteils
erhalten (80% Übereinstimmung),
was für
das Vorliegen einer solchen Isoform in dem Kaninchengehirn spricht
(siehe 2). In dieser BI-1-Isoform
(GGCAG) codiert das CAG-Repeat Polyglutamin, beginnend an der Aminosäureposition
2328, im Gen des menschlichen und Kaninchen-α1A-Calciumkanals.
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In
den anderen Klonen wurden weitere Isoformen des Gens des menschlichen α1A-Ca2+-Kanals
beobachtet. Um sicherzustellen, dass keiner dieser Klone durch Klonierar tefakte
entstanden waren, wurden mindestens zwei unabhängige Klone pro Isoform isoliert
und sequenziert. Insgesamt wurden sechs Varianten inklusive der
Variante, die mit der Kaninchen-BI-1-Isoform (beim Menschen ebenfalls
als BI-1 bezeichnet) identisch ist, beobachtet. Die Variante mit
der Bezeichnung BI-1(VI) besitzt eine 94 bp-Sequenz, die sich auf
der Nukleotidebene von BI-1 unterscheidet, auf der Aminosäurebene
jedoch homolog ist. Diese Variante wurde auch bei Kaninchen beschrieben19. Die in dieser Studie isolierte BI-1(VI)-Isoform
ist mit der von Ophoff et al.24 beschriebenen
abgeleiteten Peptidsequenz zu 99,8% identisch. Es gibt drei Unterschiede
bei den Aminosäuren
an den Positionen 1460 (Ala bis Gly), 1605 (Ala bis Val) und 1618
(Ala bis Val). Die Aminosäuren
an diesen Positionen in der abgeleiteten Sequenz stimmen hinsichtlich
mehrerer analysierter Klone überein
und sind mit den von der Kaninchen- und Rattenα1A-Ca2+-Kanaluntereinheit abgeleiteten Aminosäuren identisch.
Die BI-1- und BI-1(VI)-Isoformen
werden in Kombination mit der GGCAG-Insertion (SEQ-ID-Nr. 3 bzw.
SEQ-ID-Nr. 4) beobachtet. Weitere Splice-Varianten sind z.B. BI-1(V2)-GGCAG
(SEQ-ID-Nr. 5) mit einer 36 Nukleotid-Deletion und eine Variante
mit einer trunkierten 3'-Region
(BI-1 V2,V3) (1A). Die identifizierten Klone
besitzen unterschiedliche Kombinationen dieser Varianten mit identischen
Flankierungssequenzen in dem nicht variierenden Segment, so dass
Klonierungsartefakte ausgeschlossen sind.
-
In
Ubereinstimmung mit dem Vorliegen zahlreicher Isoformen ergab die
Northern-Blotting-Analyse
bei hoher Hybridisierungsstringenz mit der S5-cDNA eine einzelne
Bande von 8,5 kb, die über
einer Verschmierung über
und unter der mRNA vorherrschender Größe im Gehirn lag (3).
Bei geringerer Hybridisierungsstringenz wurden zahlreiche weitere
Banden in allen Geweben beobachtet, was auf eine Kreuzhybridisierung mit
anderen Arten von Calciumkanälen
deutet (Daten nicht dargestellt). Alle Klone dieser menschlichen
Gehirnbibliothek mit einer Größe zwischen
1,2 und 3,1 kb stellen nur den Carboxylbereich der menschlichen α1A-Ca2+-hanaluntereinheit dar. Das CAG-Repeat
in der jeweiligen cDNA des Erwachsenengehirns, die von einer einzigen
menschlichen mRNA-Quelle abgeleitet wurde, enthielt entweder 11
oder 13 Repeats, was auf die Darstellung von dem homologen Chromosomenpaar
transkribierter polymorpher CAG-Allele deutet.
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Beispiel 6
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Genotypisierung im großen Maßstab für expandierte
CAG-Repeats
-
Die
Möglichkeit
der Identifizierung von CAG-Repeatsequenzen abweichender Länge, die
sich vom Polymorphismus normaler Länge in der menschlichen α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit
unterscheiden, wurde mit Hilfe der Genotypisierung von Ataxiepatienten
im großen
Maßstab
untersucht. Diese Technik basiert auf der Annahme, dass, wenn die
Trinukleotidexpansion für
SCA6 verantwortlich ist, Expansionen bei den er krankten Personen
relativ häufig
beobachtet, bei Nichterkrankungsallelen jedoch nicht oder nur sehr
selten auftreten würden.
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Es
wurden DNA-Proben von 475 nicht verwandten ataxiefreien Personen
aus der Allgemeinbevölkerung
und 133 DNA-Proben von nicht verwandten Indexfällen, die bekannterweise unter
progredienter cerebellärer
Ataxie leiden, analysiert. Mit Hilfe eines Paares radioaktiv markierter
synthetischer Oligonukleotid-Primer, die die CAG-Repeatsequenz der menschlichen α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit flankieren, wurde die
CAG-Repeatregion aller Proben amplifiziert und die Größe der CAG-Repeatregion
mittels Gelelektrophorese bestimmt. Die Repeatgrößen der Proben aus der Ataxiegruppe
wurden mit denen der Proben-DNA der Allgemeinbevölkerung verglichen.
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Tabelle
1 stellt die Größenverteilung
der CAG-Repeats in dem Gen der α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit
der 133 Indexpatienten mit cerebellärer Ataxie sowie die Größenverteilung
der CAG-Repeats in dem Gen der α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit
der Proben der 475 ataxiefreien Personen dar. Der ethnische Hintergrund
der Kontroll- und Patientenkollektive schloss Personen europäischer,
afrikanischer, amerikanischer, hispanischer und asiatischer Herkunft
ein. Die Personen der Allgemeinbevölkerung wiesen 10 Allele mit
4 bis 16 CAG-Repeateinheiten sowie eine Heterozygosität von 71
% auf. Bei den Patienten mit cerebellärer Ataxie reichte die Anzahl
der CAG-Repeats von 7 bis 27, bei einer Heterozygosität von 74%.
Wie aus der Allelgrößenverteilung ersichtlich,
besaßen
acht nicht verwandte Patienten von 133 Ataxie-Indexfällen (6%)
ein größeres Allel
mit mindestens 21 CAG-Repeateinheiten. Die Expansion war zwar relativ
gering, wurde jedoch bei den 475 Personen aus der ataxiefreien Kontrollgruppe
nicht beobachtet, was es extrem unwahrscheinlich macht, dass es
sich um einen Polymorphismus normaler Länge handelt (P<10–5 beim
exakten Fisher-Test).
-
Tabelle
1: Vergleich der Anzahl der CAG-Repeateinheiten auf Ataxie- und
Nichtataxie-Chromosomen
-
Die
genomische DNA dieser acht Indexfälle wurde mit S5-Primern amplifiziert,
subkloniert und sequenziert. Die Anzahl der in der Sequenzanalyse
erhaltenen CAG-Repeateinheiten stimmte mit der Zunahme der Anzahl
reiner CAG-Repeateinheiten in der α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit überein.
Die unterschiedliche Anzahl der CAG-Repeateinheiten in diesen expandierten
Allelen spricht gegen ein seltenes Founder-Allel. Die Beobachtung
abweichender Allele expandierter Größe in dem Ataxiekollektiv und
ihre Abwesenheit in der Allgemeinbevölkerung stimmte mit der Möglichkeit überein,
dass diese expandierten Allele die Mutationsbasis in einem Teil
der analysierten Ataxiepatienten darstellen.
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Das
Verfahren der Genotypisierung im großen Maßstab war bei der Identifizierung
der CAG-Expansion im Gen der α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit
wirksam. Daher kann dieses Konzept bei der Suche nach anderen Mutationstypen
im Zusammenhang mit dem Dreifach-Repeat-Erkrankungsphänomen genutzt
werden. Prinzipiell nimmt man an, dass die Trinukleotid-Repeatexpansion
mit Allelen zusammenhängt,
die bei Erkrankungsphänotypen
häufig
auftreten, bei Nichterkrankungsphänotypen dagegen nicht oder
selten. Die Genotypisierung im großen Maßstab unterscheidet sich daher
von den Ansätzen
zur Identifizierung anderer menschlicher Krankheitsgene wie z.B.
dem Ansatz der Positionsklonierung. Bei diesem Ansatz muss vor der
Isolierung des Kandidatenkrankheitsgens eine genetische Verbindung
mit einer spezifischen Chromosomenregion etabliert werden. Mit Hilfe
der Positionsklonierung wurden die Gene für Morbus Huntington, spinobulbäre Muskelatrophie,
spinocerebelläre
Ataxie Typ 1, spinocerebelläre
Ataxie Typ 2, spinocerebelläre
Ataxie Typ 3/Machado-Joseph-Krankheit sowie die Gene für das fragile
X-Syndrom und myotone Muskeldystrophie identifiziert.
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Der
erfindungsgemäße Ansatz
unterscheidet sich auch von dem Zufallskandidatengen-Ansatz bei menschlichen
Erkrankungen, wobei bei der Identifizierung der Gene keine systematische
Strategie angewandt wird. Das Gen der dentatorubralen pallidolysialen
Atrophie/Haw-River-Syndroms9 wurde mit Hilfe
des Zufallskandidatengen-Ansatzes identifiziert. Die Strategie der
vorliegenden Erfindung basiert auf der Beobachtung, dass Dreifach-Repeatsequenzen
bei Krankheitsgenen einen Längenpolymorphismus
aufweisen, weswegen sie für
eine Genotypisierung im großen
Maßstab
geeignet sind. Die Genotypisierung im großen Maßstab identifiziert abweichende
Allelgrößen bei
erkrankten Patienten im Vergleich zu der erkrankungsfreien Bevölkerung. Die
konzeptbasierte Strategie macht die Notwendigkeit einer vorherigen
Etablierung einer spezifischen Genassoziation (Verbindung) in Familienstammbäumen, die
bei der Positionsklonierung als erster Schritt erfolgt, überflüssig. Die
erfindungsgemäße Strategie
der Genotypisierung im großen
Maßstab
stellt einen direkten Gen/Krankheitsstatus-Ansatz dar.
-
Beispiel 7
-
Vererbung expandierter
Allele bei Ataxiepatienten
-
Vier
der Indexfälle
stammten aus Familien, in denen weitere erkrankte Mitglieder klinisch
bewertet worden waren und DNA für
die Genotypenanalyse erhalten werden konnte. 21 Familienmitglieder
nahmen nach Abgabe ihrer Einverständniserklärung an der Studie teil. 14
der 21 Personen wiesen klinische Symptome einer Ataxie auf. In jeder
dieser Familien wurde die Ataxie autosomal-dominant vererbt, wobei
das Alter bei Einsetzen der Krankheit zwischen 28 und 50 Jahren
lag.
-
Genotypanalysen
von Familienmitgliedern mit Hilfe der S5-Primer belegten, dass sich
das expandierte Allel mit dem Erkrankungsphänotyp in den einzelnen Familien
abtrennt. 4A zeigt beispielsweise das
expandierte Allel mit 27 Repeats bei den vier erkrankten Personen
aus der INSCA-Familie, nicht aber in den asymptomatischen Familienmitgliedern
inklusive eines entfernten Verwandten (Daten nicht dargestellt).
Bei dieser Familie reichte das Alter bei Einsetzen der Krankheit
von 28 bis 31 Jahre und drei der asymptomatischen Personen waren
41 Jahre oder älter. 4B zeigt,
dass das expandierte Allel mit 22 Repeats bei allen fünf erkrankten
Mitgliedern der MS2SCA-Familie
beobachtet wurde. In der MDSCA-Familie (4C) lag
bei zwei Brüdern
(II.1 und II.3) und einer Schwester (II.2) mit klinischer Ataxie,
nicht aber bei der asymptomatischen Tochter von II.1 ein Allel abweichender
Größe mit 23
CAG-Repeats vor. In der SISCA-Familie (4D) besaßen zwei
durch 5 meiotische Ereignisse getrennte erkrankte Personen (IV.1
und III.7) dieselbe Anzahl an CAG-Repeats (22) auf ihren größeren Allelen.
Verfolgt man dieses Allel durch den Stammbaum, zeigt sich, dass
die erkrankten Vorfahren (III.5, II.2, II.4 und I.2) dieses expandierte
Allel höchstwahrscheinlich
aufwiesen. Die Abtrennung des expandierten Allels mit der Krankheit
in diesen Familien ist hochsignifikant, wie der kumulative Haplotyp-LOD-Score
von 5,08 bei einer Rekombinationshäufigkeit von 0 bei der Analyse
der Genotypsisierungsdaten erkrankter Personen mit Hilfe des Computerprogramms
FASTLINK, Version 3.0P zeigt (siehe oben)26,27.
Die LOD-Scores der einzelnen Familien sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Zusammenfassend belegt der statistisch signifikante Befund, dass
die expandierten Allele nur bei Patienten mit diagnostizierter cerebellärer Ataxie,
nicht aber bei 475 ataxiefreien Kontrollen beobachtet werden konnten,
und der eindeutige Zusammenhang dieser expandierten Allele mit der
Erkrankung belegt, dass die Polyglutaminexpansion in der spannungsabhängigen α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit die Ursache dieser spät einsetzenden,
dominant vererbten Ataxie ist.
-
Tabelle
2: LOD-Scores der Haplotypanalyse
-
Beispiel 8
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Klinische
und pathologische Befunde bei Patienten mit CAG-Repeatexbansion
-
Die
klinischen Merkmale der Patienten in den oben beschriebenen Familien
waren sehr ähnlich
und bestehen hauptsächlich
aus einer leichten, aber langsam progredienten cerebellären Ataxie
der Glieder und des Gangbilds, Dysarthrie, Nystagmus und einem leichten
sensorischen Defizit bezüglich
Vibration und Propriozeption. Die Krankheit ist äußerst heimtückisch und die meisten Patienten
realisieren anfangs nicht, dass sie erkrankt sind, sondern beschreiben
ein Gefühl
von momentanem Gleichgewichtsverlust und „Benommenheit", wenn sie sich rasch
umdrehen oder eine schnelle Bewegung machen. Typischerweise realisieren
die Patienten erst Jahre nach dieser ersten Empfindung, dass sie
dauerhafte Gleichgewichts- und Koordinationsschwierigkeiten entwickelt
haben. Die Krankheit schreitet für
gewöhnlich über 20–30 Jahre
fort und führt
dazu, dass der Patient schlecht gehen kann und schließlich an
den Rollstuhl gefesselt ist. Bei den wenigen älteren Patienten wurde Ersticken
beobachtet, was auf eine Beteiligung des Hirnstamms deutet; bei
vielen Mitgliedern der MDSCA- und MS2SCA-Familien war die Erkrankung
die Todesursache. Die Patienten in den MDSCA-, SISCA- und MS2SCA-Familien mit einer
Repeatzahl von 22–23
entwickeln die Symptome im Allgemeinen zwischen 40 und 50; in der
INSCA-Familie, bei der das expandierte Allel 27 Repeats enthält, setzt
die Krankheit bei allen erkrankten Personen zwischen dem 28. und
31. Lebensjahr ein. Eine Kernspintomographie des Gehirns der erkrankten
Personen zeigt eine isolierte cerebelläre Atrophie. Detaillierte neuropathologische
Studien über
zwei verstorbene Mitglieder der SISCA-Familie zeigten eine ausgeprägte cerebelläre Atrophie
und eine sehr leichte Atrophie des Hirnstamms28.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte einen starken Untergang cerebellärer Purkinje-Zellen,
einen mäßigen Untergang
von Granulatzellen und Nucleus dentatus-Neuronen sowie einen leichten
bis mäßigen neuronalen
Untergang in der Oliva inferior.
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Die
erblichen cerebellären
Ataxien sind eine klinisch und genetisch heterogene Gruppe neurologischer Störungen im
Zusammenhang mit der gestörten
Funktion des Cerebellums und seiner afferenten und efferenten Verbindungen.
Bislang wurden 6 autosomaldominante spinocerebelläre Ataxien
(SCAs) mittels Mapping den menschlichen Chromosomen 6, 12, 14, 16,
11 und 3 zugeordnet; die entsprechenden Genorte heißen SCA1,
SCA2, SCA3, SCA4, SCAS, bzw. SCA710. In
vielen Familien mit dominant vererbter und progredienter Ataxie
bleibt der Miapping-Ort der Gene jedoch unbekannt. Die Zuordnung
der α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit
zu dem menschlichen Chromosom 19p13 mittels Mapping und die Identifizierung
der CAG-Repeatexpansion in diesem Kanal als Mutationsmechanismus
in vier Familien definieren einen neuen SCA-Genort auf dem menschlichen
Chromosom 19p13, der als SCAG bezeichnet werden kann.
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In
der Vergangenheit wurde der Begriff SCA6 zur Beschreibung dominant
vererbter SCAs verwendet, die sich keinem der bekannten Genorte
zuordnen ließen29,30. Diese Mapping-Nomenklatur wurde revidiert;
der SCA6-Genort wurde der dominant vererbten Ataxie auf Chromosom
19p13 zugeordnet (HGM-Nomenklaturkomitee). Die erbliche paroxysmale
cerebelläre
Ataxie (HPCA) oder episodische Ataxie (EA) wurde mittels Mapping
ebenfalls der 19p13-Region zugeordnet31,32.
Der Genort einer anderen episodischen Erkrankung, familiärer hemiplegischer
Migräne
(FHM)33, wurde auf 19p13 in einer Region
lokalisiert, der das Gen für
HPCA/EA zugeordnet war. Patienten mit HPCA oder EA leiden typischerweise
unter periodischer Ataxie mit scheinbar normaler Koordination zwischen
den Anfällen.
Dies erinnert an die episodische Empfindung des Schwankens, die
bei Patienten Jahre vor der dauerhaften Manifestation der Ataxie
beschrieben wird. Die einzige gleichbleibende Anomalität bei der
neurologischen Untersuchung von HPCA/EA ist das Vorliegen eines
Nystagmus; dieser Befund wird bei allen Patienten erhoben. Bildgebungsstudien
des Gehirns zeigten, dass einige HPCA/EA-Patienten eine cerebelläre Atrophie
aufweisen31. Interessanterweise wiesen erkrankte
Personen aus verschiedenen Familien mit FHM eine degenerative cerebelläre Atrophie
auf, die mit Ataxie, Nystagmus und anderen vestibulocerebellären Augenproblemen ähnlich denen
bei HPCA/EA einherging34. Das Überlappen der
Phänotypen
dieser beiden Störungen
führte
zu der Hypothese, dass HPCA/EA und FHM Allelstörungen sind, die aufgrund der
periodischen Natur der Symptome möglicherweise durch eine Mutation
in einem Ionenkanalgen entstehen32,34.
-
Kürzlich berichteten
Ophoff et al.24 über vier Missense-Mutationen
im menschlichen Gen der α1A-Ca2+-Kanaluntereinheit
in Familien mit FHM und zwei Mutationen, die das Leseraster des
Gens in zwei Familien mit EA unterbrachen. Diese Ergebnisse und
die vorliegende Erfindung belegen, dass FHM, HPCA/EA und die progrediente
SCA6 Allelstörungen
sind. Die Natur der Mutation (CAG-Repeatexpansion in SCA6 versus
Proteintrunkation in HPCA/EA) beeinträchtigt den klinischen Verlauf
der Erkrankung. In SCA6 wurden dauerhafte und progrediente cerebelläre und Hirnstammfunktionsstörungen beobachtet,
wohingegen bei HPCA/EA leichte und intermittierende cerebelläre Funktionsstörungen auftraten.
Dies deutet darauf hin, dass die Glutaminexpansion die Funktion
des Kanals in einer Weise beeinträchtigt, die einen progredienten
neuronalen Untergang auslöst.
Dies kann erfolgen, indem die Neurotransmitterfreisetzung verändert oder
anomale intrazelluläre
Ca2+-Spiegel erzeugt werden, was zum anschließenden Zelltod
führt21,35. Zu diesem Zeitpunkt kann die pathogene
Wirkung dieser Mutationen bezüglich
der periodischen neurologischen Funktionsstörung versus eine dauerhafte
und progrediente Erkrankung nicht bestimmt werden; dafür sind Versuche
mit transgenen Mäusen
und neurophysiologische Studien notwendig. Zwar wurden andere Mutationen in
dem CACNL1A4-Gen in SCA6-Familien nicht ausgeschlossen, doch die
hochsignifikante Assoziation zwischen Expansion und Erkrankungsphänotyp (P<10–5)
in acht unabhängigen
Ataxie-Familien und die unterschiedliche Anzahl von Repeats auf
den expandierten Allelen in vier Familien (ohne Instabilität im Laufe
der Generationen) sprechen stark dafür, dass diese Mutation die
Krankheit verursacht. Es ist auch wichtig zu beachten, dass Ophoff
et al. bei den 50 normalen genotypisierten Personen keine expandierten
Allele beobachteten.
-
Zwar
stellte sich heraus, dass der Mutationsmechanismus bei SCA6 wie
bei den anderen dominant vererbten progredienten Ataxien die Expansion
eines translatierten CAG-Repeats
beinhaltet, doch es ist nicht klar, ob auch der Pathogenesemechanismus ähnlich ist.
Es gibt zwei entscheidende Unterschiede zwischen der Mutation in
SCA6 und denen, die SCA1, SCA2, SCA3, HD,
DRPLA und SBMA verursachen. Erstens sind die expandierten mutierten
Allele in SCA6 (21–27
Repeats) erheblich kleiner als die expandierten Allele bei den anderen
neurodegenerativen Erkrankungen (36–121 Repeats) und liegen im
Normbereich für
Glutamintrakte an anderen Genorten vieler nicht erkrankter Personen.
Zweitens tritt die CAG-Repeatexpansion in der Codierregion eines
Gens auf, das bekanntermaßen
für die
normale Funktion und das Überleben
der Purkinje-Zellen wichtig ist19,25. Dadurch
entsteht die Möglichkeit,
dass die CAG-Expansion ihre pathogene Wirkung ausübt, indem
sie die normale Funktion des α1A-Calciumkanals direkt stort.
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Spannungsabhängige Calciumkanäle vermitteln
die Aufnahme von Calcium in Neuronen und andere erregbare Zellen
und spielen bei einer Vielzahl neuronaler Funktionen wie z.B. der
Membranerregbarkeit, der Neurotransmitterfreisetzung und der Genexpression
eine wichtige Rolle36. Calciumkanäle sind
Komplexe aus mehreren Untereinheiten, wobei die Kanalaktivität hauptsächlich durch
die Porenbildung einer a1-Untereinheit vermittelt
wird, doch weitere Untereinheiten wie b, a2/d
und g dienen als Hilfsproteine zur Regulierung der Kanalaktivität36,38. Die 6 a1-Gene
codierenden cDNAs wurden kloniert und α1A,B,C,D,E,S genannt39. Das in der vorliegenden Erfindung gekennzeichnete
menschliche Gen ist zu den Kaninchen- und Ratten α1A-Isoformen höchst homolog19,20. Die Zuordnung zu dem menschlichen
Chromosom 19 mittels Mapping stimmt mit der früheren Zuordnung der die α1A-Isoform
codierenden menschlichen Sequenz zu dem Chromosom 19p13 mittels Mapping überein22-24. Eine Kombination elektrophysiologischer
und pharmakologischer Eigenschaften definiert vier Hauptarten hochschwelliger
Calciumkanäle
in Neuronen des peripheren und zentralen Nervensystems von Säugetieren40. Sie werden mit L, N, P und Q bezeichnet,
wobei die Kanäle
vom P-Typ der vorherrschende Calciumkanal in Purkinje-Zellen und
die Kanäle
vom Q-Typ der vorherrschende Calciumstrom in cerebellären Granulatzellen
sind25,38. Es hat sich gezeigt, dass aus
der klonierten α1A-Isoform Calciumströme vom P- und/oder Q-Typ entstehen38,40. Die identifizierten zusätzlichen
Isoformen können
zur Lösung
einiger der beobachteten funktionellen Unterschiede zwischen den
Calciumströmen
des P- bzw. Q-Typs beitragen. Aufgrund der pharmakologischen und
elektrophysiologischen Eigenschaften des α1A-Kanals
sowie seiner starken Expression im Rattencerebellum wird die Bedeutung
für Calciumaufnahme
und -homöostasie
in Purkinje-Zellen unterstrichen25,41.
-
Kürzlich wurde
mittels einer Positionsklonierungsstrategie, die auf die Identifizierung
des bei tg-Mäusen
(tottering mice) und tgla-Mäusen (leaner
mice) mit Anfällen
und cerebellärer
Ataxie mutierten Gens zielt, das Mäusehomolog des Gens der spannungsabhängigen α1A-Untereinheit
identifiziert42. Dieser Genort befindet
sich gemäß Mapping
auf dem Mäusechromosom
8 in einer Region, die dem menschlichen 19p13 entspricht. Die tg-Mutation – ein T
statt einem C an der Position 1802 – bewirkt eine nicht beständige Substitution von
Prolin durch Leucin an einer Position, die sehr nah an der beständigen Porenauskleidungsdomäne in dem extrazellulären Segment
der zweiten Transmembrandomäne
liegt. Diese Mutation führt
zu einer rezessiven neurologischen Störung mit Ataxie sowie motorischen
und Absenzanfällen.
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Die
tgla-Mutation besteht aus einem A statt
einem G in der Splice-Spender-Consens-Sequenz am 5'-Ende eines Introns in der intrazellulären C-terminalen
Domäne.
Diese Mutation erzeugt zwei mittels RT-PCR nachgewiesene abweichende
Splice-mRNAs; ein größeres Fragment,
das bei misslungenem Heraussplicen des Introns entsteht, sowie ein
kleineres Fragment, das bei Überspringen
eines Exons entsteht. Beide Transkripte verschieben laut Voraussage
das Leseraster und erzeugen anomale Proteine. Homozygote tgla-Mäuse mit
der Splicemutation weisen im Vergleich zu den tg-Mäusen eine
stärkere
Ataxie und cerebelläre
Degeneration auf.
-
Die
Ergebnisse, dass Mutationen des α1A-Ca2+-Kanals mit
cerebellärer
Ataxie und Degeneration von Purkinje- und Granulatzellen bei Mäusen in
Zusammenhang stehen, stützt
die Hypothese, dass dieser Kanal für die normale Funktion der
Purkinje- und Granulatzellen im Cerebellum kritisch ist. Die rezessive
Natur der beiden Mutationen in den Mäusen und die Tatsache, dass
die tgla-Mutation laut Voraussage ein anomales
Protein erzeugt, deuten darauf hin, dass diese Mutationen den Ataxiephänotyp durch
einen Verlust des Funktionsmechanismus verursachen. Die Mutation
der tgla-Mäuse verändert den Carboxyendabschnitt
des Kanals direkt oberhalb der Position des mutmaßlichen
Glutamintrakts in dem menschlichen Gen. Diese Daten werfen interessante
Fragen auf bezüglich
des Mechanismus, nach dem eine mäßige Glutaminexpansion
in der menschlichen α1A-Ca2+-Kanal-Isoform
zu cerebellärer
Degeneration und Ataxie führt.
Die dominante Natur dieser Erkrankung deutet auf drei Möglichkeiten:
(1) einen Funktionsver lust infolge einer Haploinsuffizienz, (2)
eine dominant-negative Wirkung infolge der Expansion oder (3) einen
neuartigen Funktionszuwachs, wie er bei anderen, durch CAG-Repeatexpansionen
verursachten Krankheiten für
möglich
gehalten wird. Das Fehlen des Ataxiephänotyps bei den bezüglich der
Mutation heterozygoten tg- und tgla-Mäusen würde gegen die Hypothese des
Funktionsverlustes sprechen. Dieses Modell kann jedoch erst ausgeschlossen
werden, wenn mittels sorgfältiger
quantitativer Messungen bestätigt
wird, dass eine Mutation in den Mäusen tatsächlich zu einem Funktionsverlust
des α1A-Ca2+-Kanals führt und
heterozygote Mäuse
weder eine Ataxie noch eine Degeneration der Purkinje-Zellen aufweisen.
Angesichts der vorübergehenden
und leichten Natur der Ataxie bei einigen Patienten könnte es äußerst schwierig
sein, den Phänotyp
einer leichten und intermittierenden Ataxie in den Mäusen zu
bestimmen. Ein Modell, das von einem dominant-negativen Mechanismus
ausgeht, stimmt mit dem Vererbungsmuster in den menschlichen Familien
und den bislang erhältlichen
Daten zu den tg-Mäusen überein.
In diesem Modell könnte
die geringe Expansion des Glutamintrakts die normale Funktion des
Kanals entweder durch Beeinträchtigung
seiner Bindung an Synapsenproteine oder durch Behinderung seiner
Assoziierung mit anderen Hilfskanalproteinen, die bekanntermaßen seine
Aktivität
modulieren, stören.
Angesichts der Tatsache, dass der α1A-Ca2+-Kanal bekanntermaßen basierend auf elektrophysiologischen
Daten43 und Daten über die tg-Mäuse für die normale
Funktion der Purkinje-Zellen wichtig ist, ist es schwer zu argumentieren,
dass die Glutaminexpansion zu einem neuartigen Funktionszugewinn
des Proteins führt.
Die Glutaminexpansion führt höchstwahrscheinlich
zu einer abweichenden Kanalfunktion wie z.B. der Möglichkeit
einer konstitutiven Aktivierung. Für den ultimativen Beleg der
verschiedenen Modelle ist die Erzeugung von Mäusen ohne das α1A-Ca2+-Kanal-Gen und Mäusen, die ein Allel mit einer
CAG-Expansion im Bereich der SCA6-Krankheit exprimieren, notwendig.
-
Die
Genotyp/Phänotyp-Korrelation
bei SCA6 deutet darauf hin, dass die Expansion angesichts des dramatischen
Unterschieds bezüglich
des Alters bei Einsetzen der Krankheit (28–31 Jahre) bei allen Mitgliedern
der Familie mit 27 Repeats im Vergleich zu denen der anderen Familien
(40–50
Jahre) mit einer Repeatzahl von 22–23 relativ schädlich ist.
Zwar ist die Probengröße zu diesem
Zeitpunkt zu klein, um klare Schlüsse über die Genotyp/Phänotyp-Korrelation
zu ziehen, es wäre
jedoch interessant zu sehen, ob manche Patienten mit HPCA/EA, einer
sehr viel milderen Form als SCA6, sogar noch kleinere Expansionen
aufweisen. Darüber hinaus
wäre es
wichtig zu bestimmen, ob verschiedene Mutationen in dem α1A-Ca2+-Kanal zu SCA6 führen. Das CAG-Repeat in SCA6
ist ohne nachweisbare Mosaikbildung oder Allelgrößenveränderungen im Laufe der Generationen
stabil. Dies ist angesichts der Tatsache, dass ähnlich große CAG-Repeats an vielen anderen Genorten erwiesenermaßen stabil übertragen
werden, nicht überraschend.
Die Größe des Repeats
in der Allgemeinbevölkerung
und die unterschied lichen Größen der
expandierten Allele in verschiedenen SCA6-Familien deuten darauf
hin, dass ein gewisser Grad der Instabilität an diesem Genort besteht,
der zu Mutationsexpansionen in dem Krankheitsallelbereich geführt hat.
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Zusammenfassend
belegt die vorliegende Erfindung, dass eine relativ kleine Polyglutaminexpansion in
der menschlichen α1A-Untereinheit eines Purkinje-Zellen-Ca2+-Kanals zu einer Degeneration der Purkinje-Zellen
und cerebellärer
Ataxie führt.
Die unmittelbaren Auswirkungen dieses Ergebnisses sind klinischer und
biologischer Art. Die Beobachtung, dass eine relativ kleine CAG-Repeatexpansion
in einer anomalen Proteinfunktion resultieren kann, liefert eine
neue Vorstellung hinsichtlich der Auswirkungen solcher Repeats und der
Notwendigkeit einer sorgfältigen
Bewertung bezüglich
möglicher
pathogener Auswirkungen. Schließlich sollte
die Expansion eines Polyglutamintrakts in einem menschlichen Calciumkanal
mit Blick auf die Calciumhomöostasie
und die mögliche
Rolle solcher Mechanismen bei anderen glutamin-vermittelten neurodegenerativen
Prozessen Einblicke in die Mechanismen der Neurodegeneration liefern.
-
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-
Die
in dieser Spezifikation erwähnten
Patente oder Veröffentlichungen
stellen das Niveau des Fachmanns auf dem Gebiet, auf das sich die
Erfindung bezieht, dar.
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Der
Fachmann erkennt leicht, dass die vorliegende Erfindung sich gut
eignet, die Aufgaben durchzuführen
sowie die erwähnten
und inhärenten
Ziele und Vorteile zu erreichen. Die erfindungsgemäßen Beispiele stellen
zusammen mit den hierin beschriebenen Verfahren, Prozeduren, Behandlungen,
Molekülen
un d spezifischen Verbindungen derzeit bevorzugte Ausführungsformen
dar, sind beispielhaft und sollen den Umfang derErfindung nicht
einschränken.
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Zeichnungen:
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1B:
Reverser Strang
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2A:
Menschliche cDNA, Variation 1
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2B:
Menschliche cDNA, Variation 2, Variation 3, GGCAG-Insertion
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3:
Herz, Gehirn, Plazenta, Lunge, Leber, Skelettmuskulatur, Niere,
Bauchspeicheldrüse
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4A:
INSCA-Familie
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4B:
MS2SCA-Familie
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4C:
MDSCA-Familie
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4D:
SISCA-Familie