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Verfahren zur Herstellung von preßfähigen Harzen aus Dicyandiamid,
Phenol . und Formaldehyd Es ist bekannt, daß Dicyandiamid, Phenol und Formaldehyd
unter Harzbildung miteinander reagieren können. Je nach den Verfahrensbedingungen
entstehen dabei Öle, Sirupe, Balsame, Gallerten öder feste Massen, von denen einige
die Eigenschaft besitzen, in der Wärme zunächst noch längere Zeit weich zu bleiben,
dann aber, bei weiterer Wärmeeinwirkung, irreversibel zu erhärten. Man hat verschiedentlich
versucht, diese letzte Eigenschaft technischen Zwecken dienstbar zu machen.
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So hat man die drei Komponenten im sauren Medium, z. B. in Anwesenheit
von Buttersäure oder Ricinolsäure, miteinander umgesetzt und die dabei entstehenden
klaren, noch weichen Harze durch längeres Erhitzen auf i2o° in harte, glasähnliche
Massen übergeführt (britische Patentschrift343.58). Gegebenenfalls soll hierbei
das Phenol selbst die Rolle der Säure übernehmen. In diesem Falle wird ein zunächst
aus i Mol Dicyandiamid und 2 Mol Formaldehyd hergestelltes Harz nachträglich mit
der gleichen Gewichtsmenge Phenol bei ioo bis 'i2o° zur Reaktion gebracht. Wie vorher,
erhält man auch hier ein klares, noch weiches Produkt, das erst nach langem Erhitzen
.auf i oo bis i i o° in eine harte, glas,ä`hnliche Masse übergeht. Wie schon diese
beiden Beispiele zeigen, haben solche im sauren Verfahren und mit verhältnismäßig
kleinen Formaldehydmengen hergestellten, bei niedriger Temperatur und nur sehr langsam
härtenden Erzeugnisse den Charakter von Gießharzen.
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Man hat auch bereits . versucht, Schnellpreßmassen aus Dicyandiamid,
Phenol -und Formaldehyd herzustellen. So ist z. B. vorgeschlagen
worden,
ein Gemisch der drei Komponenten Dicyandiamid, Phenol und Formaldehyd im Molverhältnis
i : i ::2 oder i : 2 : 3 zum Sieden zu erhitzen und bis zur Ausfällung eines hydrophobenHarzes
im Sieden zu halten (Patentschrift 548 87i). Die auf diese Weise hergestellten Harze
enthalten auf i Mol Dicyandiämid bzw. auf i Mol Phenol nur je i Mol Formaldehyd.
Die Reaktion des Ansatzes ist anfänglich sauer. Sie wird durch die im Formaldehyd
stets enthaltene freie Ameisensäure und durch das Phenol hervorgerufen. Diese anfangs
sauer kondensierten und nur wenig Formaldehyd enthaltenden Harze. lassen sich zwar
verpressen, genügen aber im übrigen nicht den Anforderungen, die an ein technisch
hochwertiges Preßpulver gestellt werden. So beträgt beispielsweise die Härtezeit
für einen nur 5 cm großen und 2 mm starken Preßling bei 17o° etwa 2o Minuten. Ebenso
unzureichend wie die Härtegeschwindigkeit ist die mechanische Festigkeit.
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Bei Unter'suehung des Mechanismus der Harzbildung aus Dicy"andiamid;
Phenol und Formaldehyd stellte sich nun zunächst heraus, daß die Unzulänglichkeit
aller bis dahin aus diesen Komponenten hergestellten Harze zu einem wesentlichen
Teil durch den Mangel an Formaldehyd bewirkt wird, daß durch Erhöhung der Formaldehydmengeform-
-aldehydreichereHarze erhalten werden können und daß diese formaldehydreicheren
Harze nicht etwa, wie man erwarten könnte, spröder sind als die formaldehydärmeren,
sondern daß sie im Gegenteil bemerkenswerte größere Festigkeit besitzen. Ferner
wurde festgestellt, däß das Phenol, ebenso wie bei der Herstellung der bekannten
.reinen Phenolharze, auch im Gemisch mit Dicyandiamid etwa i Mol Formaldehyd für
sich beansprucht, unabhängig von dem Verhältnis Dicyandiamid zu Phenol, und daß
für i Mol Dicyandiamid mindestens 2,75 Mol Formaldehyd erforderlich sind. So erfordert
z. B. ein Gemisch von i Mol Dicyandiamid und i Mol Phenol mindestens 3;75 Mol Formaldehyd;
ein Gemisch von i Mol Dicyandiamid und o,5 Mol Phenol mindestens 3,25 Mol Formaldehyd
und ein solches von i Mol Dicyandiamid und 2 Mol Phenol mindestens 4.75 Mol Formaldehyd:
Vorzugsweise werden auf i Mol Dicyandiamid nicht mehr als 8,4M01 Phenol verwendet.
Alle aus diesen Gemischen hergestellten Harze lassen sich bei 165 bis i7o° verpressen,
besitzen aber vor den bereits bekannten, mit weniger Formaldehyd hergestellten den
technisch außerordentlich bedeutungsvollen Vorzug, daß ihre mechanische Festigkeit
etwa doppelt so groß ist und daß ihre Härtegeschwindigkeit die der bereits bekannten
Preßmassen aus Dicyandiamid-Phenol-Formaldehyd um etwa das Achtfache übertrifft.
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Weiter wurde gefunden; daß sich die Härtegeschwindigkeit noch sehr
erheblich, nämlich auf etwa das 2o- bis 3ofache von derjenigen der bisher bekannten
Mischharze steigern läßt und daß auch die mechanische Festigkeit der Preßlinge noch
beträchtlich größer wird, wenn man dem Reaktionsgemisch gleich zu Beginn so viel
Alkali zusetzt, daß es einen pH-Wert von. 9 bis io, mindestens aber von 7 besitzt.
Wenn auch an sich bereits bekannt war, daß hartbare Phenolharze durch alkalische
Kondensation hergestellt werden, und wenn ferner auch bereits vorgeschlagen worden
ist, bei der Herstellung von Kunstharzen aus Dicyandiamid und Formaldehyd Alkalien
als Katalysatoren zu verwenden (Patentschrift 530 732), so war damit durchaus
noch nicht gesagt, daß die Herstellung des Mischharzes aus Dicyandiamid und Phenol
in alkalischem Medium besondere Vorteile bietet. Da das Reaktionsgemisch-an sich
schon während des weitaus größten Teils derKondensation eine wohl durch partielle
Verseifung des Dicyandiamids hervorgerufene alkalische Reaktion besitzt und andererseits
auch bei der Kondensation von Dicyandiamid, Phenol und Formaldehyd nach den bekannten
Verfahren der Zusatz von Alkali nicht zu andersartigen Ergebnissen führt, setzt
das hiervon abweichende Verhalten beim Alkalizusatz gemäß der Erfindung offenbar
das bestimmte und beanspruchte Molverhältnis der Ausgangsstoffe voraus. Die weitere
Untersuchung ergab, daß das Alkali nicht etwa als reines Kontaktmittel wirkt, sondern
daß die Steigerung der Härtegeschwindigkeit und dieErhöhung dermechanischen Festigkeit
Auswirkungen der anfänglichen H-Ionenkonzentration sind. So ist es z. B. gleichgültig,
ob man Natriumcarbonat, Kaliumcarbonat oder Natronlauge verwendet: Der Effekt ist
in allen Fällen der gleiche, wofern man nur dafür sorgt, daß die anfängliche H-Ionenkonzentration
die gleiche ist. Erhöht man die Alkalität, so wächst z. B. auch die Härtegeschwindigkeit.
Es ist also möglich, und dieser Umstand ist besonders Wertvoll, je nach dem Verwendungszweck
Preßpulver von verschieden hoher, aber genau reproduzierbarer Härtegeschwindigkeit
herzustellen.
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' Verpreßt man die nach der vorliegenden Erfindung hergestellten schnellhärtenden
Harze gemeinsam mit einem Harzträger, etwa Holzmehl, so erhält man Preßlinge, die
die mechanische Festigkeit der Preßmassen j von Phenol-Formaldehyd-Resolen besitzen,
diesen aber überlegen sind durch ihre höhere
Wärmebeständigkeit
und vor allem durch ihre um zwei Zehnerpotenzen größere elektrische Widerstandsfähigkeit,
die damit jene derAminoplaste erreicht. Die gemäß der vorliegenden Erfindung hergestellten
Preßpulver vereinen also in sich die Vorzüge der Phenoplaste mit denen der Aminoplaste.
-Beispiel i Ein Gemisch von 84 g Dicyandiamid,. 94 g Phenol und 345 ccm Formaldehyd
(3o Gewichtsprozent), entsprechend einem Molverhältnis-von i : i :3,75, wird mit
so viel Natronlauge versetzt, daß ein p$ von etwa 9,o entsteht. Man erhitzt am Rückfluß
zum Sieden bis zur beginnenden Trübung und kalandriert das gesamte Reaktionsgemisch
gemeinsam mit 230 g Holzmehl. Nach dem Vermahlen erhält man ein Preßpulver,
das bei 165 bis 17o° eine Härtegeschwindigkeit von etwa 30 Sek. pro Millimeter
Wandstärke besitzt.
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Beispiel e Ein nach Beispiel i hergestelltes Gemisch der Reaktionskomponenten
wird statt mit Natronlauge mit so viel Natriumcarbonat oder Kaliumcarbonat versetzt,
daß ein pl, von etwa 9,o entsteht und wie vorher behandelt. Das Preßpulver härtet
mit derselben Geschwindigkeit wie das nach Beispiel r hergestellte. Beispiel 3 84
g Dicyandiamid, 94 g Phenol und 345 ccm Formaldehyd (3o Gewichtsprozent) werden
mit so viel Natriumcarbonat versetzt, daß ein pH größer als io entsteht und 15 Minuten
im Sieden gehalten. Nach dem Kalandrieren mit 23o g Holzmehl erhält man ein Preßpulver,
das bei 165 bis. 17o° seine Härtegeschwindigkeit von etwa 2o Sekunden pro Millimeter
Wandstärke besitzt. Beispiel 4 84 g Dicyandiamid, 47 g Phenol und 322 ccm Formaldehyd
(3o Gewichtsprozent), entsprechend einem Molverhältnis von i : 0,5 : 3,5, werden
mit io g Natriumcarbonat versetzt, 2o Minuten am Rückfluß im Sieden gehalten und
mit Zoo g Holzmehl kalandriert. Das Produkt härtet bei 165 bis T7o° in etwa 25 Sekunden
pro Millimeter Wandstärke und besitzt eine außerordentlich hohe Festigkeit.
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Beispiel 5.
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84 g Dicyandiamid, 141 g Phenol und 391 qcm Formaldehyd (3o Gewichtsprozent),
entsprechend einem Molverhältnis von i : 1,5 : 4,25, werden mit io
g Natriumcarbonat versetzt. Das Reaktionsgemisch, das ein pl, von etwa 9,o besitzt,
wird unter Rückfluß 35-Minuten im Sieden 'gehalten und wie vorher mit 28o g Holzmehl
weiterverarbeitet. Das Preßpulver besitzt ähnliche Eigenschaften wie das nach Beispiel
4 hergestellte.