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Verfahren zur Umwandlung hydrierter, mehrkerniger, aromatischer Kohlenwasserstoffe
Für die Darstellung wertvoller, niedrigsiedender Kohlenwasserstoffe aus hochmolekularen
organischen Stoffen, insbesondere aus Erdölen oder erdölähnlichen Produkten, ist
bereits eine große Anzahl von Verfahren beschrieben worden, die unter der Bezeichnung
Spaltverfahren bekannt sind. In der Technik werden im wesentlichen die Verfahren
der Druckwärmespaltung angewendet. Es sind auch Verfahren bekannt, die mit Kontaktkörpern
arbeiten, und man hat ferner vorgeschlagen, unter Zuhilfenahme von Dämpfen, Gasen
oder Gasgemischen zu arbeiten, wobei sowohl indifferente Gase verwendet wurden als
auch solche, die bei dem Veredelungsprozeß chemisch mitwirken.
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Während die Verarbeitung aliphatischer Rohstoffe auf dem Wege der
Spaltung und der Hydrierung in der Technik in großem Maßstab geübt wird, haben sich
der Veredelung aromatischer Rohstoffe bisher erhebliche Hindernisse in den Weg gestellt.
Allen bisher bekanntgewordenen Verfahren haften Mängel an, die der technisch-wirtschaftlichen
Durchführung abträglich sind. So verläuft beispielsweise ihre Spaltung unter Bildung
beträchtlicher Mengen fester, kohlenstoffreicher Substanzen, die sich in den Reaktionsgefäßen
absetzen und das Verfahren sehr rasch zum Stillstand bringen. Die massenhafte Abscheidimg
von Kohlenstoff bedingt eine erhebliche Ausbeuteverminderung und führt in verhältnismäßig
kurzer Zeit zur Zerstörung der Apparatur. Die daneben entstehenden hochsiedenden,
pechhaltigen Destillationsanteile der Reaktionsprodukte sind minderwertig, da sie
keinerlei schmierende Eigenschaften besitzen und infolge ihres hohen Siedepunktes
keine technische Verwendung finden.
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Andere Arbeitsweisen, die unter Druck, vornehmlich oberhalb i oo at,
und in Gegenwart von Wasserstoff oder diesen enthaltenden bzw. abgebenden Gasen
verlaufen, bedingen verhältnismäßig lange Reaktionszeiten und ergeben infolgedessen
einen beträchtlichen Anfall an unerwünschten, sehr niedrigsiedenden und daher nur
schwer durch Verflüssigung zu gewinnenden Kohlenwasserstoffen, die die Wohlfeilheit
der übrigen Erzeugnisse ungünstig beeinflussen.
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Es wurde nun gefunden, daß man zu wertvollen, als Lösungs-, Verdünnungs-,
Motortreibmittel usw. besonders gut geeigneten Erzeugnissen gelangt, wenn man ganz
oder teilweise hydrierte, mehrkernige, aromatische Kohlen-,vasserstoffe unter einer
indifferenten Gasatmosphäre bei einem Druck von wenigstens 5o at während eines Zeitraumes
von i/2 bis i Stunde auf Temperaturen von über
3oo° erhitzt. Dabei
werden diese hydrierten, mehrkernigen, aromatischen Kohlenwasserstoffe so verändert,
daß Stoffe entstehen, die-, im Siedepunkt erheblich tiefer liegen als das:'-Ausgangsprodukt.
Beispielsweise kann üie;li. aus Dekahydronaphthalin Erzeugnisse erli@#-'' ten, die
in der Hauptsache zwischen i oo und 2oo° sieden. Diese Produkte zeichnen sich durch
eine stetig verlaufende Siedekurve aus, was zur Folge hat, daß sie bei Verwendung
als Lacklösungsmittel eine gleichmäßige Verdunstung erzielen lassen und auch als
Motortreibstoff vorzüglich geeignet sind, weil außerdem ihr aromatischer bzw. hydroaromatischer
Charakter erhalten geblieben ist.
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Das vorliegende Verfahren unterscheidet sich von den vorbekannten
Arbeitsweisen grundlegend durch die Wahl der Ausgangsstoffe und den Verlauf der
Reaktion. Als Rohstoffe für das beanspruchte Verfahren kommen nicht die aromatischen
Körper für sich, sondern deren Hydrierungsprodukte in Frage, beispielsweise die
Aydrierungsprodukte des Naphthalins (Tetrahydronaphthalin und Dekahydronaphthalin),
des Anthracens, Phenanthrens, Acenaphthens und ihrer Alkylsubstitutionsprodukte
sowie von technischen Gemischen, wie Naphthalinölen, Anthracenölen - usw., in Betracht.
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Der Reaktionsverlauf ist von dem einer Spaltung im üblichen Sinne
oder Hydrierung vollständig verschieden. Während bei der Spaltung stets kleine Spaltstücke
in erheblicher Menge entstehen, d. h. eine beträchtliche Gasbildung nicht unterdrückt
werden kann, verläuft die Reaktion nach dem vorliegenden Verfahren ohne wesentliche
Bildung von gasförmigen oder besonders leicht flüchtigen Stoffen. Dieser Umstand
kann vermutlich darauf zurückgeführt werden, daß die Reaktion in einer Umlagerung
innerhalb des Moleküls besteht, ohne daß eine Abspaltung von Bestandteilen des Moleküls
stattfindet. Das Reaktionsprodukt ist vollkommen frei von koksartigen Abscheidungen
und im allgemeinen wasserhell. Es treten also auch nicht die für jede Spaltung charakteristischen
und unvermeidlichen Abscheidungen aus den Spaltprodukten gebildeter hochmolekularer
Kondensations- und Polymerisationsprodukte auf. Gerade diese Erscheinung ist der
beste Beweis dafür, daß die Reaktion nichts mit einer Spaltung zu tun hat.
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Neben der Umlagerung der Ausgangsstoffe zu niedrigsiedenden Produkten
erfolgt im gewissen Umfange auch eine Kondensation der Ausgangsstoffe, wie es bei
aromatischen -Produkten häufig beobachtet werden kann. Diese Kondensation findet
aber nicht etwa zwischen Spaltstücken statt, sondern betrifft das Ausgangsmaterial;
denn die erhaltenen Produkte, welche oberhalb Zoo bzw. 3oo' sieden, stellen viscose
Flüssigkeiten dar, aus denen sich durch Destillation Fraktionen gewinnen las-``-sen,
die sich in gewissen Fällen als Schmiermittel eignen. Sie stellen die typischen
'Kondensationsprodukte der mehrkernigen, hydrierten, aromatischen Kohlenwasserstoffe
dar.
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Anlaß zu dieser Annahme, daß die nach vorliegenden Verfahren erhaltenen
Produkte teils innere Umlagerungsprodukte, teils Kondensationsprodukte der Ausgangsstoffe
darstellen, gibt die Beobachtung, daß in den Erzeugnissen, welche nach dem beanspruchten
Verfahren aus hydrierten aromatischen Kohlenwasserstoffen erhalten werden, Verbindungen
enthalten sind, die einen oder mehrere alicyclische Kerne mit Seitenketten enthalten.
Beispielsweise sind in den Umwandlungsprodukten aus Dekahydronaphthalin Alkylhexamethylene
und nicht hydroaromätische, ge. sättigte, ringförmige Kohlenwasserstofe nachgewiesen
worden, während in den Reaktionsprodukten aus perhydriertem Phenanthren anscheinend
die entsprechenden Verbindungen vorkommen. Ähnliche Ergebnisse sind bereits früher
bei der Einwirkung von Aluminiumhalogeniden auf . hydroaromatische Kohlenwasserstofe
festgestellt worden.
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Beispiel i Erhitzt man 4oo Gewichtsteile eines technischen Dekahydronaphthalins
vom Siedepunkt 188 bis igi' unter einer Stickstoffatmosphäre mit 6o at Anfangsdruck
in einem rotierenden Autoklaven i/2 Stunde auf 48o bis 500°, so erhält nian 32o
bis 34o Gewichtsteile eines flüssigen Reaktionsproduktes, von welchem 5% unterhalb
150', 45N zwischen i5o bis igo@ sieden, während der Siedepunkt eines Anteils zu
300j0 oberhalb 20o' liegt und welches in allen seinen einzelnen Fraktionen (einschließlich
Destillationsrückstand) keinerlei feste Anteile oder Naphthalin enthält. Die unterhalb
200' siedenden Anteile stellen ein vorzügliches Lösungs- bzw. Motortreibmittel dar,
während die hochsiedenden Anteile, welche eine viscose Flüssigkeit darstellen und
als Kondensationsprodukte mehrkerniger, hydrierter, aromatischer Kohlenwasserstoffe
anzusprechen sind, Fraktionen ergeben, die in geeigneten Fällen für Schmierzwecke
Verwendung finden können.
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Verwendet man unter gleichen Bedingungen an Stelle von Dekahydronaphthalin
das wasserstoffärmere Tetrahydronaphthalin (Kp. 2o5 bis 2o7°), so erhält man ebenfalls
ein flüssiges Reaktionsprodukt, das bei etwa i 5o' zu sieden beginnt und zu 4o bis
50% unterhalb 200° überdestilliert, während oberhalb 2o5° noch 200,'o sieden.
Beispiel
2 72o Gewichtsteile perhydriertes Phenanthren (KP- 270 bis 278°) werden mit
6o at Anfangsdruck, welcher durch Aufpressen-voti... Methan. hergestellt wird, auf
476 bis 49o'-:1 erhitzt und bei dieser Temperatur i Stunde gehalten. Das leicht
flüssige Reaktionsprodukt (6oo bis 65o Gewichtsteile) beginnt bei der Destillation
bereits bei etwa i 5o' zu sieden und geht zu 6o bis 700;o unterhalb a70" über. Es
eignet sich zum Betrieb von Schwerölmotoren. Der Destillationsrückstand bestellt
aus einer zähflüssigen Masse, die sich bei der Destillation unter hohem Vakuum in
schmierölartige Produkte zerlegen läßt. Beispiel 3 Werden 12oo Gewichtsteile perhydriertes,
flüssiges Anthracen (Kp. 27o bis 29o°) wie zuvor beschrieben in einem rotierenden
Autoklaven unter Zoo at Druck, der durch Rufpressen von Stickstoff erzeugt worden
ist, während 3; ,i Stunde auf 48o bis 49o° erhitzt, so erhält man nach dem Abkühlen
des Autoklavens io3o Gewichtsteile flüssiges Reaktionsprodukt, das bei 175° zu sieden
beginnt, i o bis i 5 % unterhalb 2oo° siedende Anteile enthält und zu 65% zwischen
Zoo und 27o° übergeht. Das Destillat besitzt schwache Fluoreszenz und ist als Treibstoff
verwendbar. Das als Destillationsrückstand verbliebene zähflüssige, durch Kondensation
der mehrkernigen, hydroaromatischen Kohlenwasserstoffe entstandene Produkt besitzt
eine Zähigkeit von 33,4 Englergraden bei 5o° C und kann durch weitere Destillation
unter Hochvakuum in schmierölartige Produkte zerlegt werden.
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Wie die -in den Beispielen angegebenen Siedegrenzen zeigen, besitzen
die Destillate der Reaktionsprodukte eine Beschaffenheit, die sie als Lösungsmittel
bzw. Motortreibmittel geeignet machen. Diese Destillate besitzen ferner die Eigenschaft,
beim Abkühlen keine festen Stoffe auszuscheiden, was gleichfalls für ihre Verwendung
von Bedeutung ist. Der Zusatz von Pikrinsäure bewirkt keine Abscheidung eines Pikrates,
woraus hervorgeht, daß aromatische Kohlen-,vasserstoffe in den Reaktionsprodukten
nicht vorhanden sind.
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Verwendet man an Stelle von flüssigem, perhydriertem Anthracen das
Octahydroanthfacen (Fp. 71°) in der eben geschilderten Weise, so findet etwa die
gleiche Umwandlung, lediglich mit einer etwas geringen Ausbeute, an unterhalb 27o°
siedenden Anteilen statt.
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Es ist bereits bekannt, mehrkernige, hydrierte, aromatische Kohlenwasserstoffe
unter Druck zu erhitzen. Man verwendete aber dabei Katalysatoren und führte die
Druckbehandlung während einer Zeit von etwa 20 Stunden durch. Der bei dieser Erhitzung
herrschende Druck wurde lediglich durch Erhitzen des Ausgangsmaterials erzeugt.
Es ist ferner bekannt, Tetrahydronaphthalin unter Wasserstoffdruck und in Gegenwart
von Wasserdampf zu spalten. Demgegenüber betrifft das erfindungsgemäße Verfahren
die Behandlung mehrkerniger, ganz oder teilweise hydrierter, aromatischer Kohlenwasserstoffe
durch Erhitzen unter einen Anfangsdruck von über 5o at, wobei dieser Druck durch
Rufpressen eines indifferenten Gases geschaffen wird. Bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren wird ferner ohne Katalysator gearbeitet. Es zeigt sich dabei, daß im Gegensatz
zu den früheren Veröffentlichungen kein Naphthalin in nennenswerter Menge zurückgebildet
wird.