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Reinigungs-, Emulgierungs-, Netz- und Fettungsmittel in der Lederindustrie
Bekanntlich finden die Einwirkungsprodukte von Schwefelsäure auf Rizinusöl, Klauenöl,
Tran usw. als Netz- und Aufwalkmittel, Emulgieröle, Fettlicker, Bleichöle usw. teils
allein, teils in gemischten organischen Lösungsmitteln, Mineralölen, Fettstoffen
usw. für die verschiedenartigsten Behandlungsprozesse in der Lederindustrie, wie.
Annetzen von Rohhäuten und Ledern, Entfetten von Blößen, Ledern und Pelzwerk, Bleichen
von Leder, zum Fetten, Ölen usw., Verwendung. Alle bekannten Fettsulfonierungsprodukte
stellen in Wasser meist milchige, seltener klar lösliche Erzeugnisse dar, die ihrer
chemischen Struktur nach Schwefelsäureester sind, deren Sulfogruppe stets über eine
Sauerstoffbrücke (C # O # S 03 H) gebunden ist. Kalk- und Säurebeständigkeit
dieser sogenannten Türkischrotöle, ihr Netz- und Emulgiervermögen .sind zwar etwas
besser als die der gewöhnlichen Seifen, doch für viele Zwecke in der Lederindustrie
nicht ausreichend. Schon bei ihrer Verwendung in mittelhartem Wasser entstehen oft
Schwierigkeiten. Auch gegen Salzlösungen und starkgradige Laugen sind die Türkischrotöle
nur ungenügend beständig. Vielfach ist man dazu übergegangen, als Reinigungs-, Emulgierungs-
und Benetzungsmittel die substituierten hochmolekularen Sulfonsäuren der aromatischen
Kohlenwasserstoffe zu verwenden. Diese sind verhältnismäßig teuer, auch fehlt die
wertvolle Eigenschaft der Seifen und sulfonierten Öle, den damit behandelten Ledern
einen guten Griff zu verleihen. Auch ist die Salzbeständigkeit bei diesen Verbindungen
recht gering.
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Es wurde nun gefunden, daß die durch Einwirkung genügend großer Mengen
von Chlorsulfonsäuren auf Fette oder Fettsäuren und anschließendes reinigendes Kalken
erhältlichen Sulfonierungsprodukte,welche sich von denen der gewöhnlichen Schwefelsäuresulfonierung
in jeder Hinsicht unterscheiden, da sie fast reine Sulfonsäuren darstellen, für
die Durchführung von Reinigungs-, Emulgierungs-, Netz- und Fettungsprozessen, .gegebenenfalls
im Gemisch mit Lösungsmitteln, Mineralölen oder Fettstoffen, in der Lederindustrie
sehr gut geeignet sind und die bekannten Olsulfonate in vieler Hinsicht übertreffen.
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Die Reinigung des bei der Sulfonierung mit Chlorsulfonsäure erhaltenen
Produktes erfolgt durch das sogenannte Kalken, welches sonst nur bei der Herstellung
von Sulfonsäuren oder sulfonsauren Salzen der aromatischen Reihe üblich ist. Etwa
vorhandene, nicht völlig umgesetzte Fettreste, mitunter störende Fettschwefelsäureester
u. dgl., werden auf diese Weise in Form von unlöslichen Kalkseifen abgeschieden.
Die Lösung des sulfonsauren Kalks wird dann, wie üblich, mit Soda oder Pottasche
umgesetzt. Die entstehenden Alkalisalzlösungen können direkt in den Arbeitsgängen
der Lederindustrie verwendet oder zu geeigneten Mischungen aufgearbeitet «erden.
Bei
den so erhaltenen Produkten sind die Sulfogruppen nicht nur esterartig gebunden,
sondern sitzen (C # S 03 H) direkt am Kohlenstoffatom. Diese echt gebundenen Sulfogrup-:
pen sind mit verdünnten Mineralsäuren nicht. abspaltbar und dürften die Träger für
die wertvollen Eigenschaften in den erfindungsgemäß beschriebenen Prozessen sein.
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Es ist erforderlich, zur ausreichenden Sulfonierung, d. h. zur Bildung
von Produkten, die echte Kohlenstoffsulfonsäuren in wirksamen Mengen enthalten,
wenigstens 501], an Chlorsulfonsäure vom Fettstoff zu verwenden, da anderenfalls
die Sulfonier-.zng nicht weit genug geht und die Beständigkeitseigenschaften der
Fertigprodukte nicht bis zu dem gewünschten Grad gesteigert werden. Die. so hergestellten
Erzeugnisse geben sogar mit starken Mineralsäuren, mit Oxalsäure o. dgl. im Bleichprozeß,
mit hochprozentigen Bittersalzlösungen in Beschwerungen usw. keine Ausscheidungen.
Der Gehalt an organischem S 03, das nur zu einem Bruchteil esterartig gebunden ist,
hängt von der angewandten Menge der Chlorsulfonsäure ab und beträgt häufig 45% und
mehr, was für den Eintritt von 2 bis 3 SO, H-Gruppen pro Mol Fettsäure entspricht:
Naturgemäß sind die entstehenden Endprodukte nicht einheitlich, sondern stellen
Gemische von hochsulfonierten und chemisch völlig veränderten Fettstoffen, also
echten aliphatischen Sulfonsäuren, mit Polyfettsulfo-nsäuren, - Laktonsulfonsäuren,
Glycerinschwefelsäureestern sowie Kondensationsprodukten dieser Stoffe untereinander
dar. Aus diesen Gemischen werden die erfindungsgemäß zu verwendenden Sulfonsäuren
durch das Kalken isoliert.
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Die , erhaltenen Sulfonsäuren wie ihre Alkali-, Erdalkali- und Schwermetalisalze
lösen sich in Wasser, in Säuren, Salzlösungen und Laugen höchster Konzentration
auf, ohne Ausscheidungen. zu geben. Die Lösungen schäumen stark und haben ein ausgeprägtes
Wasch-, Emulgierungs- und 'Netzvermögen. Man kann mittels der Sulfonsäuren oder
ihrer Salze Fettstoffe, Mineralöle, Kohlenwasserstoffe, substituierte und hydrierte
Kohlenwasserstoffe, Alkohole, hydrierte Phenole, Ketone, Chlorhydrine oder Gemische
solcher Löst4ngsmittel in Emulsionen oder in klare 4dbereitungen überführen, die
in Wasser klar oder milchig löslich sind. Derartige Gemische eignen sich ihrerseits
als Reinigungs-, Emulgierungs-, Benetzungs- und Fettungsmittel in der Lederindustrie.
Ausführungsbeispiel roo kg Olein werden unter guter Kühlung und Rührung mit Zoo
kg Chlorsulfonsäure innerhalb von 1o Stunden bei etwa 30° C sulfoniert und in der
oben beschriebenen Weise nach erfolgter Nachreaktion vorsichtig mit Wasser verdünnt.
Die Sulfonsäurelösung wird bei Siedehitze mittels dicker Kalkmilch neutralisiert,
die Kalksulfonsalzlösung vom Gipsniederschlag filtriert und mittels Soda in der
Wärme in die entsprechende Natriumsalzlösung übergeführt, welche abermals von dem
ausgefallenen Calciumcarbonat nach dem Erkalten abfiltriert wird. Dieses Filtrat
kann dann wahlweise konzentriert oder eingetrocknet werden. Man benutzt das Erzeugnis
als Ersatz für Türkischrotöl in der Bleiche oder salzhaltigen Beschwerung von Leder.
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In analoger Weise kann man Rizinusöl, Talg, Tran oder Dericinöl in
die entsprechenden Sulfonsäuren überführen. Diese eignen sich im Gemisch mit Mineralölen
oder fetten Ölen als Licker, als Zusatz zu Tafel- oder Faßschmiere für Leder oder
zusammen mit Eigelb und Klauenöl als Fettungsmittel für Lackleder und Pelzwerk.