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Verfahren zur Vorbereitung der Haut für die Gerbung 'sowie zur Desinfektion
und Vorgerbung. Bei dem Zusatzpatent 374633, Zusatz zum Patent 361969, wurde
eine Verbesserung und Neuerung angewendet, welche darin besteht, daß man in die
Gerbbrühe gasförmige, schweflige Säure einbläst.
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Das Verfahren, welches Gegenstand des vorliegenden Patentes ist, wird
dadurch gekennzeichnet, daß der Prozeß der Weiche und Desinfektion einerseits sowie
der Entkälkung und Vorgerbung (Farbengang) anderseits gleichzeitig und je in einem
Bad ausgeführt werden können, indem man in die Flüssigkeit, welche nach Patent 361969
in rasche strömende Bewegung versetzt wird, schwefligsaures Gas einbläst. Der auf
die Weiche und Desinfektion folgende Äscherungsprozeß wird in üblicher Weise vorgenommen.
Statt also, wie bisher, vier gesonderte Fabrikationsprozesse auszuführen, reduzieren
sich dieselben bei der neuen Erfindung auf drei Operationen: i. die Weiche, a. die
Äscherung; 3. die Entkälkung und Vorgerbung. Bei diesem neuen Verfahren sind verschiedene
Alternätiven möglich. Der Endeffekt ist jedoch immer derselbe.
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Wird beispielsweise die Weiche und Desinfektion in einem ersten Bade
ausgeführt, die Äscherung naturgemäß für sich in einem zweiten Bade, die EntkUkung
und Vorgerbung in einem dritten Bade, so kann zu diesem dritten Bade das saure Wasser
des ersten Bade,9 verwendet werden, oder aber es kann ein besonderes Bad angesetzt
werden. Ebenso können die Wässer des Bades 3 als Weichwasser für Bad i Verwendung
finden.
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Die schweflige Säure ist wegen ihrer keimtötenden Wirkung für die
Weiche der Häute schon früher vorgeschlagen worden; ebenso ist die schweflige Säure
gelegentlich zur Entkälkung angewendet worden, da sie leichtlösliche Kalziumsalze
bildet; ebenso ist die schweflige Säure nach Zusatzpatent 374633
auch bei
der Gerbung verwendet worden. Neu ist dagegen die Erkenntnis, daß die bei der Entkälküng
mit SO, sich bildenden Salze derart leicht löslich sind, daß diese Operation
mit der Vorgerbung gleichzeitig ausgeführt werden kann. Andererseits kann dasselbe
Entkälkungswasaer auch als Weichwasser Verwendung finden und zugleich zur Desinfektion
der Haut dienen. Dieses Prinzip der zwei Gleichzeitigkeiten bildet ebenfalls ein
neues Moment in dem verbesserten Verfahren. Bei Verwendung der in dem Hauptpatent
und dessen Zusatz beschriebenen Einrichtung kann somit dieses Prinzip der Gleichzeitigkeit
praktisch durchgeführt werden.
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Wenn bei der Enthaarung und Äscherung Sulfide angewendet werden, so
wird der verwendete Strom von Schwefligsäuregas nicht nur als solcher desinfizierend
auf die Häute wirxen, sondern diese Wirkung wird noch dadurch erhöht,
daß
die sich bildenden chemischen Körper zum Teil als solche eine konservierende Wirkung
auf die Haut ausüben können.
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Die Weiche kann in der Wes- ausgeführt werden, daß man die Haarfelle
in kommunizierende Gefäße (nach Patent 361969) einhängt, bei welchen man in das
Weichwasser Schwefligsäuregas einleitet (Bad i). Ist diese beschleunigte Weiche
vollendet, so werden die Häute in üblicher Weise geäschert (Bad 2). Hierauf werden
sie zur Entkälkung wieder in das beschriebene Weichwasser zurückgetan, wobei während
oder nach erfolgter Entkälkung zur Vorgerbung überschüssige Gerbbrühe verwendet
wird, z. B. aus dem Gerbverfahren nach Patent 361969 stammend, wodurch die Häute
angefärbt werden können. Bei der Eingabe einer folgenden Partie Häute in dasselbe
Weichwasser wird ein Teil des alten Weichwassers abgelassen, durch frisches Wasser
ersetzt und durch Einleiten von Schwefligsäuregas neuerdings zur Weiche, Entkälkung
und Vorgerbung verwendet, oder aber es wird für die Entkälkung und Vorgerbung ein
besonderes Bad (Bad 3) angesetzt.
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Bekanntlich teilen sich die modernen Gerbverfahren in zwei Phasen:
I. die Vorgerbung im Farbengang (alte saure Brühen), IL die Ausgerbung in Versenkungen
oder in Geschirren mit frischen und dichten Extraktbrühen.
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War der tlscher besonders scharf, so reicht in den meisten Fällen
die Azidität der sauren Brühen nicht aus, um den Kalk aus den Häuten vollständig
auszulösen. Ein ausreichender Zusatz von Säure zur Farbe ist unwirtschaftlich und
benachteiligt die Vorgerbung. Es muß also meistens eine der Gerbung vorausgehende
Entkälkung stattfinden. Die neue Erfindung macht selbst bei verhältnismäßig hohem
Kalkgehalt oder Alkaligehalt eine vorausgehende Entkälkung unnötig, ebenso wird
dadurch der Zusatz von Säuren zum Farbengang vermieden.
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Zur Vorgerbung gemäß der Erfindung werden die Blößen statt sie der
schwierigen und oft schädlichen Behandlung mit starker Mineralsäure oder organischen
Säuren vor oder während der Gerbung zu unterziehen, in die Gerbgeschirre eingehängt,
die mit der rasch zirkulierenden verdünnten Brühe versetzt sind und in die man gasförmige
schweflige Säure einleitet. Man verwendet hierzu am besten überschüssige Brühe,
wie sie sich z. B. aus den Gerbgeschirren des Verfahrens nach Patent 361969 ergibt,
durch die Volumenzunahme beim Zubessern mit Extrakt. Man erzielt in dieser Weise
eine vollständige Ausnutzung der Gerbbrühe. Nachdem die Blößen den Gerbstoff aufgenommen
haben und keinen Kalkgehalt mehr aufweisen, wird die mit gelösten Kalksalzen und
Alkalisalzen angereicherte Gerbbrühe abgelassen und die kalkfreien angegerbten Häute
in die Serie der Gerbgeschirre mit dichten Brühen eingeschaltet und ausgegerbt,
z. B. nach Patent 361969, und im weiteren Verlauf nach Zusatzpatent 374633
vorgegangen. Das Einblasen von Schwefligsäure in die Gerbgeschirre bewirkt eine
derartig gründliche Lösung etwa vorhandener Kalksalze, daß auch die Bildung der
gefürchteten oKalkflecke« in der Gerbung vermieden wird.
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Die Erfahrung hat gezeigt, daß eine Brühenstärke von i bis 2° B6 für
die Vorgerbung genügt, um ein regelrechtes Entkälken und zugleich Vorgerben der
Häute zu bewirken. Sobald sich die Blößen als kalkfrei erwiesen haben, kann der
Gasstrom stark verringert werden. Dieser Fall tritt normalerweise nach acht Stunden
ein; nach weiteren zehn Stunden, wenn nicht schon früher, werden die Häute aus dem
Farbengang herausgenommen und z. B. nach Zusatzpatent 374633 ausgegerbt.
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Beispiele. I. Weiche: 2o ostindische Kipse werden in die oben beschriebene
Geschirrserie (i. Bad) eingehängt, in welcher Weichwasser in rasch zirkulierender
Strömung sich befindet, in welches Schwefligsäuregas eingeblasen wird. Nach beendeter
Weiche werden die Kipse in einem zweiten Bade geäschert oder mit Schwefelnatrium
zuerst enthaart, worauf ein Kalkäscher folgen kann. Die hierauf reingemachten Kipse
werden zur Entkälkung in das beschriebene Weichwasser (i. Bad) zurückversetzt, in
welchem inzwischen eine zweite Partie Kipse geweicht gewesen sein kann. Am Schluß
der Entkälkung wird das Wasser zum Teil abgelassen und durch alte Brühe aus der
Gerbserie ersetzt, wobei die Gerbstoffdichte i bis 2 ° B6 betragen kann. Sind die
Häute genügend angefärbt und der Gerbstoff aus der Brühe ausgezogen, dann werden
diese vorgegerbten Kipse in die eigentlichenGerbgefäße eingebracht und ausgegerbt,
wobei z. B. nach Zusatzpatent 374633 verfahren wird.
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IL 2o Kuhhäute werden in derselben Weise wie bei Beispiel I in das
Weichwasser eingehängt (Bad i) und dann in üblicher Weise geäschert (Bad 2). Zur
Entkälkung und gleichzeitigen Vorgerbung werden die Häute in ein besonderes Wasser
gebracht, welches durch die alte Gerbbrühe auf etwa i° B6 Gerbstoffdichte gebracht
ist und in welches Schwefligsäuregas eingeleitet wird (Bad 3). Die folgenden Partien
Häute können unter Umständen in derselben Weise dieselben drei Bäder durchlaufen.
Hierauf erfolgt die Ausgerbung z. B. in der Gerbserie nach Zusatzpatent 37q633.