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Herstellung von Flußsäure Es ist bekannt, daß bei der Einwirkung starker
Säuren auf beliebige anorganische Fluoride Flußsäure freigesetzt wird. Werden statt
der Säuren saure Salze verwendet, so sind in der Regel wesentlich höhere Temperaturen
erforderlich, und die Umsetzung verläuft häufig unvollständig. Die technische übliche
Herstellung von rlußsäure erfolgt in der Weise, daß man Flußspat mit konzentrierter
Schwefelsäure erhitzt und die dabei frei werdende gasförmige Flußsäure kondensiert
oder in Wasser auffängt. Bei Verwendung eines mit siliciumhaltigen Stoffen verunreinigten
Flußspates macht sich nun der Nachteil geltend, daß neben Flußsäure Siliciumtetrafluorid
entsteht. Dieses kann zwar z. B. durch Auswaschen mit Lösungen von Kalisalzen als
schwerlösliches Kaliumsilicofluorid von der Flußsäure getrennt werden; da das Fluor
in Form von Kaliumsilicofluorid jedoch nur gering bewertet wird, ist siliciumhaltiger
Flußspat für die Flußsäu_regewinnung wenig geeignet., Ferner hat man daran gedacht,
die Fluorwasserstoff und Siliciumfluorid enthaltenden Gase mit Ammoniak zu behandeln,
die hierbei ausfallende Kieselsäure von dem in Lösung verbleibenden Ammoniumfluorid
abzutrennen und die Ammonfluoridlösung dann mit Salzen anderer Metalle, z. B. Natriumchlorid,
zu den entsprechenden wenig löslichen Fluoriden umzusetzen.
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Es wurde nun gefunden, daß man aus Ammonfluoridlösungen hochprozentige
Flußsäure auf folgendem einfachen Wege herstellen kann: Die Ammonfluoridlösung wird
zunächst eingedämpft, und zwar zweckmäßig bis zur Bildung einer wäßrigen Schmelze,
wobei Wasser und später in steigendem Maße auch Ammoniak entweicht, das zur Bildung
neuer Mengen Ammonfluoridlösung verwendet werden kann. Die erhaltene Schmelze wird
mit mindestens so viel Schwefelsäure behandelt, als zur Bildung von Ammonbisulfat
nötig ist, und die dabei entstehende Flußsäure abdestilliert.
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Die Verdampfung der Ammonfluoridlösung führt inan zweckmäßig so weit
durch, daß sie vorwiegend Ammoniumbifluorid enthält; infolge der freiwilligen Abspaltung
von etwa der Hälfte des Ammoniaks wird dann der Verbrauch an Schwefelsäure zum Freisetzen
des Fluorwasserstoffs entsprechend vermindert, und man erhält unmittelbar eine hochprozentige
Flußsäure, da das in der Ammonfluoridlösung vorhanden gewesene Wasser bereits bei
dem weitgehenden Eindampfen der Lösung bis auf einen geringen Rest entfernt wurde.
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Bei Anwendung des angegebenen Überschusses an Schwefelsäure läßt sich
das Ammonbisulfat in sehr gut ausgebildeten Kristallen abscheiden und durch Abschleudern
von der verbleibenden Lösung in reiner Form abtrennen. Die Mutterlauge, in der sich
noch gewisse Mengen an Schwefelsäure, Ammoniak und Fluor befinden, wird mit der
Ammonfluoridlösung aus einer nachfolgenden Charge
nach dem Eindampfen
vereinigt. Auf diese Weise wird einerseits ein reines Ammonbisulfat erhalten und
andererseits das Fluor vollständig ausgenutzt.
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Da ein mehr oder weniger großer Fluorgehalt im Destillationsrückstahd
somit bedeutungslos ist, kann man auf vollständiges Abtreiben des Pluorwasserstoffs
aus der Reaktionsflüssigkeit, welches Temperaturen über 16o' erfordern würde, verzichten.
Beim Arbeiten mit 16o' nicht übersteigenden Temperaturen, die leicht durch Heizung
mit Dampf von 12 Atm., wie er normalerweise in der Technik zur Verfügung steht,
erreicht werden können, wird die Verflüchtigung von Fluorsulfonsäure und damit eine
Verunreinigung der destillierten Flußsäure, verbunden mit einem Verlust an Schwefelsäure,
vermieden; überdies wird die Lebensdauer der Apparate beträchtlich verlängert.
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Verwendet man die Schwefelsäure in geringerer Menge, als zur Bildung
van Ammonbisulfat erforderlich, so findet die Umsetzung mit dem Ammonfiuorid selbst
bei Temperaturen über 16o' nur unvollständig statt. Die im Destillationsrückstand
verbleibenden Fluorverbindungen lassen sich in diesem Falle nicht von dem entstandenen
Sulfat abtrennen, da dieses bei Fehlen eines Schwefelsäureüberschusses nicht gut
kristallisiert. Man erhält also außer einer geringeren Flußsäureausbeute ein unreines
und daher kaum verwertbares Ammonsalz.
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Bei der Verarbeitung von Silicium enthaltendem Flußspat durch Umsatz
mit Schwefelsäure bietet es vielfach besondere Vorteile, siliciumfluoridreiche Gasfraktionen
abzutrennen und nur diese nach dem vorstehenden Verfahren auf Flußsäure zu verarbeiten.
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An Stelle von Schwefelsäure kann mit dem gleichen Erfolg Phosphorsäure
in mindestens zur Bildung von Monoammonphosphat ausreichender Menge verwendet werden.
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Beispiel Die aus ioo Gewichtsteilen Flußspat mit einem Gehalt von
6,8% Si 02 und 44,40i0 Fluor beim Behandeln mit i25 Teilen Schwefelsäure entstehenden
Gase, die aus Flußsäure und Siliciumfluorid bestehen, werden in etwa 9o Teilen Wasser
absorbiert, in welches man gleichzeitig 40 Gewichtsteile Ammoniak einleitet, und
zwar zweckmäßig in der Weise, daß die Lösung annähernd neutral reagiert. Nach Beendigung
der Absorption gibt man noch etwas Ammoniak im überschuß zu: Man erhält eine heiße,
etwa 50%ige Lösung von Ammonfluorid, in der sich etwa 6,4 Gewichtsteile Kieselsäure
abgeschieden haben. Diese wird abfiltriert und gewaschen und das Filtrat so weit
eingedampft, bis eine Siedetemperatur von etwa i5on erreicht ist. Bei diesem Eindampfen
entweichen etwa 2o Gewichtsteile Ammoniak, und es verbleibt eine noch etwa 701o
Wasser enthaltende Schmelze von Ammonbifluorid, die beim Abkühlen erstarrt. Das
Ammonbifluorid wird in einem Rührbehälter mit 23o Gewichtsteilen Schwefelsäure bis
zu einer Temperatur von i60° erhitzt. Hierbei destillieren 39 Gewichtsteile
Flußsäure, welche als etwa 80%ige Säure anfallen, während noch etwa 4 Gewichtsteile
Flußsäure im Destillatiansrückstand verbleiben. Dieser wird unter langsamem Rühren
abgekühlt. Das dabei in nadelförmigen Kristallen ausfallende Ammonbisulfat wird
abgeschleudert und wird nach Abdecken mit wenig Wasser oder verdünnter Schwefelsäure
in reiner Form mit i i,6% Ammoniak-N und 4i,8% Schwefelsäure erhalten. Die Mutterlauge
wird zusammen mit der nachfolgenden Charge Ammonbifluorid in der vorstehend beschriebenen
Weise wieder mit Schwefelsäure behandelt.