-
Herstellung von Kieselflußsäure und Fluoriden Die Kieselflußsäure
stellt an sich ein sehr brauchbares Ausgangsmaterial dar, um zu Fluorverbindungen
zu gelangen.
-
j# ZD C
Man gewinnt Kieselflußsäure in der Technik fast ausschließlich
aus den Abgasen der Superphosphatfabrikation. Sie ist dort ein billiges Abfallprodukt;
aber die gewinnbaren Mengen sind gering weil die Rohphosphate nur weni- Fluor enthalten
und weil dieses züm Teil in die Abgase übergeht.
-
Zur unmittelbaren Darstellung von Kieselflußsäure aus Fluorcalcium
stehen zwei bekannte Wege offen: über Flußsäure oder über Siliciumfluorid. Man zersetzt
nämlich entweder Flußspat mit konzentrierter Schwefelsäure, destilliert die Flußsäure
ab, fängt sie in Wasser auf und löst in dieser wässerigen Flußsäure Kieselsäure
auf, oder man zersetzt ein Gemisch von Flußspat und Kleselsäure mit hochkonzentrierter
Schwefelsäure -, treibt das Siliciumfluorid über und bringt es
mit Wasser
in Berührung` wobei Kieselflußsäure und hydratische Kieselsäure entstehen. Bei dem
letztgenannten Verfahren muß man fast wasserfreie Schwefelsäure anwenden, wenn man
nur einigermaßen brauchbare Ausbeuten erhalten will.
-
Abgesehen von den schlechten Ausbeuten-, die beide Verfahren kennzeichnen,
ist auch die Apparatur ziemlich kompliziert. In beiden Fällen muß man mit dem Zersetzungsgefäß,
dem Gasüberleitungsrohr und der Ad-C sorptionsanlage rechnen, die noch dazu aus
Sondermaterialien sein müssen; schließlich liefern beide Verfahren einen im Großbetriebe
sehr unangenehmen, an den Retorten festbackenden Gipsrückstand. Das Entleeren der
Retorten ist schwierig und wegen der zurück---ehaltenen Fluor-ase -esundheitsschädlich.
Daher werden beide Verfahren zur Herstellun 'g von Kieselflußsäure in der
Technik kaum benutzt.
-
Es ist auch ein Verfahren bekannt, aus Flußspat, Kieselsäure und Salzsäure
Silikofluoride herzustellen. Der Flußspat wird nach diesem Verfahren zunächst mit
Chlorcalcium zusammengeschmolzen; die entstandene erstarrte Schmelze wird fein gepulvert
und mit reaktionsfähi '-er (gefällter) Kieselsäure oder mit Kieselgur inni- gemischt.
Diese Mischung wird dann mit Salzsäure erhitzt. Das Verfahren hat den großen Nachteil,
daß es eine Anzahl von vorbereitenden, technisch. sehr unbequemen Operationen (Herstellung
der Schmelze und Vermahlen des Schmelzkuchens) erfordert; es liefert ferner keine
reine Kieselflußsäure, sondern eine Lösung, die außer Sil76- und H-Ionen sehr groß#e
Mengen Ca- und CI-Ionen enthält und die daher nur auf sehr umständlichem Wege auf
Fluoride weiterverarbeitet werden kann.
-
Es ist weiterhin ein Verfahren beschrieben worden, bei dem gefälltes
Fluorcalcium mit gefällter Kieselsäure, Kochaalz und Salzsäure b
in
IGeselfluornatrium übergeführt wird. Dieses Verfahren ist als Teilprozeß eines Verfahrens
zur Gewinnung von Soda gedacht, bei welchem gefälltes Fluorcaleium im Kreisprozeß
stets wiedergewonnen wird. Zur Herstellung von Fluorprodukten aus dem mineralischen
Rohstoff ist es demnach nicht für brauchbar gehalten worden.
-
Es wurde nun gefunden, daß man unter Vermeidung der Mängel der bekannten
Verfahren auf technisch einfachern. Wege zu praktisch reiner Kieselflußsäure gelangt,wenn
man ein Gemisch von Flußspat und Kieselsäure in verdünnter Schwefelsäure anstatt
mit konzentrierter erhitzt und dafür sorgt, daß die gasförmigen Reaktionsprodukte
nicht aus dem Reaktionsraum entweichen. Man kann beispielsweise am Rückflußkühler
oder im Autoklaven arbeiten. Es ist vorteilhaft, die Kieselsäure im überschuß hinzuzugeben.
Man kann entweder mineralische Kieselsäure (Sand) oder gefällte Kieselsäure anwenden;
im letzteren Falle nimmt man mit Vorteil die enige Kieselsäure, die entsteht, i
ZD wenn man die Kieselflußsäure einer vorangegangenen Operation in der unten beschriebenen
Weise mit Ammoniak zersetzt.
-
Die Reaktion zwischen der Schwefelsäure und dem Gemenge von Flußspat
und Kieselsäure setzt schon bei mittlerer Temperatur, schätzungsweise bei 5o'
C, ein. Die während des Prozesses entstehenden unlöslichen Ausscheidungen
sind so locker, daß man mit Rührwerk arbeiten kann. Nach deraAbkühlen läßt sich
der Rückstand, der aus Gips und überschüssiger IGeselsäure besteht, leicht von der
Kieselflußsäurelösung duTch Filtration trennen.
-
Das Verfahren hat zunächst den großen Vorzug, daß man keine Gase und
Dämpfe überzuleiten, und aufzufangen braucht; es arbeitet ferner mit verdünnter
Schwefelsäure und bei mäßigen Temperaturen und ist dadurch wirtschaftlicher als
die bisher bekannten Verfahren.
-
Die Kieselflußsäure ist nun ein sehr geeignetes Ausgangsmaterial zur
Herstellung von anderen Fluorverbindungen, besonders von Fluoriden.
-
Man hat bereits aus Kieselflußsäure odeT deren Salzen Fluoride hergestellt,
z. B. Fluornatrium aus Kieselfluornatrium. Das warwirtschaftlich, nur dann möglich,
wenn man von der billigen Abfall-Kieselflußsäure ausging, wie sie z. B. in den Superphosphatfabriken
anfällt. Dagegen war die Herstellung von Fluoriden über Kieselflußsäurie, wenn man
vom Flußspat ausging, bisher unwirtschaftlich; denn es wäre ein sinnloser Umweg
gewesen, wenn man aus dem Flußspat an Stelle der Flußsäure zunächst in ebenso unbequemer
Arbeitsweise hätte Siliciumfluorid überdestillieren und aus diesem erst Kieselflußsäure
und weiterhin Fluoride hätte herstellen wollen.
-
Anders liegt die Sache, wenn man die Kieselflußsäure nach dem Verfahren,
das oben beschrieben worden ist, herstellt; denn dieses Verfahren ist viel einfacher
und wirtschaftlicher als die direkte Herstellung von Flußsäure aus dem Spat. Die
gewonnene Kieselflußsäure läßt sich ohne Schwierigkeit in Fluoride überführen. Man
erhält z. B. durch Behandeln von Kieselflußsäure mit Ammoniak in bekannter Weise
sofort eine Lösung von Ammo-nfluorid neben einem Kieselsäuregel von hoc.hadsorptiven
Eigenschaften. Das Ammonfluorid wiederum ist derAusgangsstoff für eine Reihe anderer
Fluoride. Es steht also jetzt ein bequemer und billiger Weg vom Flußspat über die
Kieselflußsäure zu den Fluoriden offen. Dieser Weg hat - neben den schon
bei der Herstellung der Kieselflußsäure aufgeführten - den weiteren großen
Vorzug, daß man nun zur Gewinnung reiner Fluoride nicht mehr, wie bisher, den reinsten,
kieselsäureärmsten Flußspat zu beschaffen braucht. Vielmehr sind für das vorliegende
Verfahren der Fluoridgewinnung gerade die schlechtesten, kieselsäurereichsten Spate
besonders geeignet. Bekanntlich kostet ein Spat von z. B. nur 8o% CaF2 nur den fünften
bis sechsten Teil des Preises eines Spates von 98% CaF2. Diese gewaltige Kostenersparnis
sichert dem Verfahren im Verein mit den übrigen Vorteilen der vereinfachten Apparatur
und der Vermeidung gesundheitlicher Gefahren einen großen Vorsprung vor den alten
Methoden.
-
Auch zur Gewinnung adsorptiven Kieselsäuregels aus Kieselsäuremineralien
gibt das Verfahren einen bequemen Weg.
-
Bisher stellte man adsorptive Kieselsäure entweder durch alkalischen
Aufschluß der Mineralkieselsäure und Zersetzung des entstandenen Wasserglases her,
odeT man gewann es durch Zersetzung des SiF4. Den letztgenannten Weg schlug man
auch nur dann ein, wenn es galt, SiF4, das als Nebenprodukt anfiel, zu verwerten,
z. B. in den Ab-
gasen der Superphosphatfahrikation. So gewonnene Kieselsäure
war natürlich durch Flugstaub verunreinigt.
-
Dagegen erhält man nun ein reines Kie-selsäuregel, wenn man die nach
dem vorgeschlagenen Verfahren gewonnene IGeselflußsäure in an sich bekannter Weise
mit Ammoniak zersetzt. Die Menge des so erhaltenen, von der Ammonfluoridlösung abfiltrierten
Gels ist, auf die Einheit Fluor berechnet, doppelt so groß als diejenige, die man
erhält, wenn man SiF4 mit Wasser zersetzt. Die Kieselsäure
ist
sehr rein, weiß, von hoher Adsorptionskraft und nach dem Trocknen ein Pulvervon
sehr geringem Schüttgewicht.
-
Z>
Beispiel i 46g Flugspat von 880,lo Rein 'gehalt und
24 9 Quarzpulver werden am Rückflußkühler Mit 120 - Schwefelsäure
5oüi'o il!'., Stunden lang auf etwa 8o' erhitzt. Die Reaktion geht sofort
lebhaft vonstatten. Die Verstopfung des Kühlers durch Kieselsäure muß durch irgendein
geeignetes Mittel dauernd verhindert werden. Nach dem Erkalten - damit sich
der Gips vollständig ausscheiden kannwird filtriert. Das Filtrat enthält 16,2 Kieselflußsäure=65%
der Theorie. Die Ausbeute läßt sich durch Verbesserung der Apparatur leicht auf
über goo/lo steigern. Die Kieselflußsäure wird mit starker Ammoniaklösung oder mit
Ammoniakgas in der berechneten oder etwas überschüssigen Menge versetzt; es fällt
reines Kieselsäuregel aus, das durch Filtration von der Ammonfluoridlösung getrennt
wird.
-
Beispiel 2 794 g Flußspat von 58,9% Reingehalt werden ohne besondere
Kieselsäurezugabe - da der im Spat vorhandene Gehalt genügt - mit
ggo - Schwefelsäure von 65,3% im Autoklaven 3 Stunden lang auf i2o#'
erhitzt, der Druck steigt auf etwa 5 atü. Die Verarbeitung geschieht wie
im ersten Beispiel. .,Iusbeute an F in der Kieselflußsäure 920ilo.