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Herstellung von Kieselsol Es ist bekannt, daß man siliciumhaltige
Stoffe, z. B. Alkalisilikatlösungen, mit Zersetzungsmitteln unter solchen Bedingungen
zersetzen kann, daß sich ein mit löslichen Salzen, die bei der Zersetzung entstehen,
verunreinigtes Kieselsol bildet. Da für viele Zwecke reine oder ziemlich reine Sole
erforderlich ist, pflegt man die entstandenen Salze, z. B. Alkalichlorid, falls
man Alkalisilikatlösungen mit Salzsäure zersetzt hat, durch Dialyse zu entfernen.
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Es wurde nun gefunden, daß man durch Zersetzung von Silikaten mit
Säuren in einfacher Weise zu Kieselsolen gelangen kann, die frei von derartigen
Salzen sind, wenn man als Zersetzungsmittel solche anorganische Säuren oder deren
Ammoniumsalze verwendet, die als Zersetzungsprodukte schwer lösliche Salze liefern
und diese sodann aus dem Sol abtrennt.
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Zweckmäßig geht man von Alkalisilikatlösungen oder leicht zersetzbaren
Schlacken aus und verwendet als Zersetzungsmittel Überchlorsäure, Kieselfluorwasserstoffsäure
oder Phosphorsäure usw. in geeigneten Mengenverhältnissen, wobei sich als schwer
lösliche Salze Kaliumperchlorat, Natrium- bzw. Kaliumsilicofluorid, Calciumphosphat
usw. bilden, die man vom Kieselsol durch Absetzenlassen, Abschleudern oder auf dem
Wege der Filtration abtrennt. Die Beständigkeit des Sols läßt sich mittels geeigneter
Schutzstoffe oder durch Elektrolyt-, z. B. Säure- oder Basenzusatz, bei einflussen.
An Stelle der fertigen Säure, z. B. Kieselfluorwasserstoffsäure, lassen sich auch
deren Komponenten, z. B. Flußsäure und Siliciumfluorid, verwenden. Bei Verwendung
von Ammoniumsalzen der Säuren kann es von Vorteil sein, das Ammoniak nachträglich
ganz oder teilweise, z. B. durch Kochen am Rückflußkühler oder bei vermindertem
Druck, aus der Lösung zu entfernen. Es kann auch mit Gemischen aus mehreren Zersetzungsmitteln
gearbeitet werden.
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Es ist von Vorteil, aus den abgetrennten, schwer löslichen Salzen
in an sich bereits vorgeschlagener Weise Silikate und das verwendete Zersetzungsmittel
herzustellen und diese wieder in den Prozeß zurückzuführen. Kaliumperchlorat wird
z. B. mit Schwefelsäure im Vakuum destilliert, wobei sich Überchlorsäure zurückbildet
und Kaliumsulfat gewonnen wird, das man zusammen mit Kieselsäure in bekannter Weise
auf Wasserglas verarbeiten kann, z. B. durch Umsetzung mit Calciumsilikat,. das
man zweckmäßig in Form einer Wollastonitschlacke verwendet, wie sie bei der thermischen
Gewinnung von Phosphor aus Rohphosphat erhalten wird. Natriumsilicofluorid wird
beispielsweise thermisch in Natriumfluorid und Siliciumfluorid zerlegt, ersteres
mit Schwefelsäure
zu Natriumsulfat und Fluorwasserstoff zersetzt
und dieser mit dem gewonnenen Siliciumfluorid und Wasser wieder in Kieselfluorwasserstoffsäure
übergeführt, die zur Zersetzung neuer Mengen Wasserglas Verwendung findet, während
das Natriumsulfat zur Herstellung von Wasserglas verwendet wird. Die Verarbeitung
des aus dem Sol abgetrennten und bei mäßiger Temperatur getrockneten Alkalisilicofluorids
kann auch in bekannter Weise durch Glühen mit Kieselsäure erfolgen, wobei Siliciumfluorid
und Alkalisilikat entstehen. Ersteres wird durch Einleiten in Wasser zu Kieselfluorwasserstoffsäure
und Kieselsäure zersetzt, während das als Rückstand hinterbleibende Alkalisilikat
in Wasser gelöst und sodann erneut mit Kieselfluorwasserstoffsäure zur Umsetzung
gebracht wird. Eine Regeneration der Kieselfluorwasserstoffsäure kann auch in ebenfalls
bekannter Weise durch Erhitzen des Alkalisilicofluorids mit Schwefelsäure oder durch
thermische Spaltung des Natriumsilicofluorids in Natriumfluorid und Siliciumfluorid
erfolgen, worauf das Natriumfluorid entweder mittels Calciumhydroxyds in Natronlauge
und Calciumfluorid und letzteres mittels Schwefelsäure und Siliciumfluorid in Kieselfluorwasserstoffsäure
übergeführt wird oder worauf das Natriumfluorid mittels überhitzten Wasserdampfes
in Natronlauge und Flußsäure zerlegt wird, welche Letztere mittels Siliciumfluorids
wieder in Kieselfluorwasserstoffsäure übergeführt wird. Die Natronlauge wird zur
Herstellung von Wasserglas und Kieselsäure benutzt. In gewissen Fällen, wenn z.
B. billige Kieselfluorwasserstoffsäure zur Verfügung steht, kann aber von einer
Regeneration dieser auch abgesehen werden. So fallen beispielsweise bei der Verarbeitung
von Flußspat auf Flußsäure u. dgl., ferner in Superphosphatfabriken beim Reinigen
der Abgase große Mengen Kieselfluorwasserstoffsäure und Kieselsäure an, welche letztere
in Alkalien oder kohlensauren Alkalien leicht zu Wasserglas gelöst wird und sodann
mit Kieselfluorwasserstoffsäure in der beschriebenen Weise in ein Kieselsol und
Alkalisilicofluorid übergeführt werden kann, das direkt verkäuflich ist und bisher
aus Kieselfluorwasserstoffsäure durch Umsetzung mit Alkalichloriden hergestellt
wurde. An Stelle von Alkalisilikaten können in ähnlicher Weise andere Silikate,
z._ B. künstliches Bariumsilikat, verarbeitet werden. Im Falle der Verwendung von
Ammoniumsalzen werden die zurückgebildeten Säuren mit Ammoniak neutralisiert, das
aus dem Sol zurückgewonnen sein kann.
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Falls der Reinheitsgrad des gebildeten Sols noch nicht ausreicht,
kann eine besondere Reinigung in bekannter Weise durch Dialyse, Elektroosmose u.
dgl. oder in der Weise erfolgen, daß man das Sol zur Gallerte erstarren läßt, diese
wäscht und z. B. mittels Ammoniak peptisiert.
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Eine Weiterverarbeitung des Sols kann durch Erstarrenlassen zur Gallerte
erfolgen, die gegebenenfalls nach einem Waschprozeß mittels Wasser, Dampf oder Säuren
als solche Verwendung finden kann, z. B. zur Herstellung von Katalysatoren oder
von Spezialwassergläsern u. dgl. oder zur Herstellung von Kieselsäuregel. Im letzteren
Falle kann eine weitgehende Reinigung der Masse auch nach dem Trocknen der Gallerte
oder nach einer Vertrocknung dieser erfolgen. Beispiel z Zu einer 2o o/oigen Lösung
von Uberchlorsäure läßt man unter Rühren Kaliwasserglas von der Dichte =,25 und
der Zusammensetzung K20 ' 3,5 Si02 fließen, bis das p. des entstehenden Sols etwa
4,5 beträgt. Es scheidet sich dabei ein Niederschlag von Kaliumperchlorat aus, der
abgesaugt wird. Das klare, ziemlich reine Sol bringt man, z. B. durch Erwärmen auf
etwa 6o', zum Erstarren und wäscht die harte Gallerte eine kurze Zeit lang mit schwach
ammoniakalischem Wasser aus. Die gewaschene Gallerte wird dann in bekannter Weise
durch Erhitzen bei Gegenwart geringer Mengen Ammoniak peptisiert und liefert ein
haltbares konzentriertes Kieselsol. Beispiel 2 Zu zoo Gewichtsteilen einer bei der
Phosphorherstellung anfallenden Calciumsilikatschlacke mit q.9,80/, Kieselsäure
und q2,5)/0 Calciumoxyd werden etwa 256o Gewichtsteile einer 5,6 o/oigen Schwefelsäure
zugegeben, wobei als Schwefelsäure insbesondere Abfallsäure, wie sie z. B. bei der
Herstellung von Farbstoffen oder bei der Aufarbeitung von Säureharz, das bei der
Reinigung von Benzin, Kohlenwasserstoffen, Ölen u. dgl. erhalten wird, in großen
Mengen anfällt, verwendet werden kann. Die durch Rühren in der Säure suspendierte
Schlacke wird dabei so umgesetzt, daß die Kieselsäure in ein Sol übergeht, während
der Kalk sich in Gips verwandelt, der dann durch Absitzenlassen oder Filtration
u. dgl. von dem Sol getrennt wird. Das letztere enthält etwa 2 bis 4o/0 kolloidale
Kieselsäure und kann z. B. durch Erwärmen zum Erstarren gebracht werden. Die erhaltene
weiche Gallerte kann durch einfaches Abpressen von einem großen Teil des Wassers
und noch vorhandener geringer Mengen von Verunreinigungen befreit und gegebenenfalls
nach einem vorhergehenden Wasch-oder sonstigem Reinigungs- oder Homogenisierungsprozeß
getrocknet werden und liefert dann eine hochaktive Kieselsäure. Statt der Schwefelsäure
kann man für den Aufschluß auch Phosphorsäure verwenden.
Beispiel
3 Die im Beispiel :2 verwendete Calciumsilikatschlacke oder künstlicher Wollastonit
anderer Herkunft, z. B. ein bei der Herstellung von Ferrophosphor, Ferrosilicium
oder beim Aufschluß von Bauxit mittels Alkalisulfat, Wasserdampf und Feuerungsgasen
unter Anwendung von Kalk als Zuschlag erhaltenes Abfallprodukt, wird mit so viel
Phosphorsäure umgesetzt, daß sich Dicalciumphosphat bildet. Die Anwendung der berechneten
Menge Calciumsilikat führt nach der Filtration zu einem gegebenenfalls kieselsäurehaltigen,
fast völlig citratlöslichen Rückstand, der als Düngemittel bzw. als ein die Backfähigkeit
von Düngemitteln herabsetzender Zuschlagstoff geeignet ist, während das Filtrat
ein Kieselsol darstellt, das noch Phosphorsäure bzw. primäres. Calciumphosphat enthält.
Wird dagegen ein berschuß an Calciumsilikat verwendet, so lassen sich klare, reine
Kieselsole erhalten, doch besteht dann Gefahr, daß der Rückstand zu einem wesentlich
geringeren Teil aus citratlöslichen Stoffen besteht. Es ist deshalb von Vorteil,
die Umsetzung in zwei Stufen unter Zwischenschaltung eines Abtrennungsprozesses
vorzunehmen, etwa in der Weise, daß man zuerst nur einen Teil der Schlacke mit der
Phosphorsäure verarbeitet, die in Wasser unlöslichen, aber citratlöslichen Teile
abfiltriert oder abschleudert und die Flüssigkeit nunmehr erneut mit Calciumsilikat
behandelt, sodann das nunmehr reine Sol vom Unlöslichen abtrennt. Letzteres kann
evtl. durch erneute Behandlung mit Phosphorsäure in Lösung gebracht und die Lösung
in der bereits beschriebenen Weise erneut auf Sol verarbeitet werden, doch kann
man das Unlösliche auch neuen '.Mengen aufzuschließenden Calciumsilikates vor dessen
Behandlung mit Phosphorsäure zumischen. Man kann ferner Rohphosphat mit Säuren,
z. B. Schwefelsäure, aufschließen, vom Unlöslichen abtrennen und die in der Hauptsache
aus Monocalciumphosphat bestehende Lösung durch Behandlung mit Calciumphosphatschlacke
in Kieselsol und gegebenenfalls kieselsäurehaltiges Dicalciumphosphat überführen.
Auch Ammonphosphate können benutzt werden. Beispiel zoo kg einer bei der thermischen
Herstellung von Phosphor aus Calciumphosphat, Kieselsäure und Kohle abfallenden
gemahlenen Calciumsilikatschlacke werden mit einer Lösung von 66 kg primärem Ammoniumphosphat
in zooo 1 Wasser vermischt. Die erhaltene Lösung wird vom Rückstand, der unlösliche
Phosphate enthält, durch Filtration getrennt. Sie stellt ein klares Kieselsäuresol
dar, das durch Erhitzen im Vakuum von Ammoniak befreit werden kann und nach einiger
Zeit zur Gallerte erstarrt. Die Gallerte läßt sich in an sich bekannter Weise durch
Abpressen der Flüssigkeit weitgehend konzentrieren.