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Verfahren zum Herstellen von NN'-Dichlorazod'icarbamidin Man hat bereits
Chlor und chlorabgebende Stoffe auf Guanidincarbonat einwirken lassen, um Chlorierungsprodukte
des Guanidins zu gewinnen (s. Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, Bd.11,
r8;8, S. 16o1 bis 16o3). Die in der angeführten Literatur vorgeschlagene Arbeitsweise
hat sich jedoch nicht mit Erfolg nacharbeiten lassen, d. h. es war nicht möglich,
die dort angegebenen Produkte zu gewinnen, und erst recht nicht möglich, das nach
dein vorliegenden Verfahren herzustellende N N' - Dichlor azodicarbamidin zu erhalten.
Die Bedingungen, auf die es entscheidend ankommt, wurden damals nicht erkannt.
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N N'-Dichlorazodicarbamidin ist eine beständige `'erbindung mit ganz
bestimmten Eigenschaften und besonders zur Verwendung als bakterientötendes Mittel
in Gegenwart oxydierbarer organischer Stoffe geeignet. Aus den Formeln der Ausgangsstoffe
und nach der Analyse und den chemischen Eigenschaften des N N'-Dichlorazodicarbämidins
läßt sich auf folgende Strukturformel schließen: N H. # (N Cl) : C # N : N # C :
(N Cl) # N H2. Die empirische Formel des Stoffes ist: C.H4NECl.; und seine Eigenschaften
sind folgende Das NN'-Dichlorazodicarbamidin bildet gelbe bis orangefarbene, nadel-
oder würfelförmige Kristalle. Bei o° lösen sich ungefähr Zoo Teile in i ooo ooo
Teilen Wasser. Die Lösung ist stark gelb, und auch bei weit geringerer Konzentration
ist die Farbe noch sehr deutlich wahrnehmbar. Das N N'-Dichlorazodicarbamidin ist
in fast allen organischen Lösungsmitteln löslich, ausgenommen in gesättigten Kohlenwasserstoffen,
wie z. B. Petroläther, und deren chlorierten Derivate, wie Tetrachlorkohlenstoff
und Chloroform. Es ist in Äther- und Esterderiv aten der Glykole und in Ketonen
besonders leicht löslich. Es ist geruchlos, und seine Lösung ist fast geschmacklos.
Sie verursacht bei vorsichtiger Anwendung praktisch keine Reizungen am Körper.
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Das N N'-Dichlorazodicarbamidin wirkt in Gegenwart organischer Stoffe
in hohem Maße auswählend (keimtötend), und sein bakterizider Wert beruht hauptsächlich
auf dieser ganz besonderen Eigenschaft. Unter Bedingungen, bei denen das wirksame
Chlor anderer Chlorverbindungen sich rasch verbraucht, reagiert das im N N'-Dichlorazodicarbamidin
verfügbare Chlor mit den anwesenden organischen Stoffen nicht oder nur sehr wenig,
übt vielmehr seine Wirkung fast ganz an den Bakterien aus. Schließlich haf
das
Produkt die sehr wichtige Eigenschaft, beständiger als alle bekannten Verbindungen,
die keimtötendes Chlor enthalten, zu sein. Es schmilzt z. B. unter Zersetzung bei
z5.6°. Alg fester Stoff mit harmlosen EigenschafetS: kann es in einfachen Behältern
versandt Met,, den.
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Es wurde nun gefunden, daß man das N N'-Dichlorazodicarbamidin aus
einem Guanidinsalz herstellen kann, wenn man bestimmte Bedingungen hinsichtlich
der Temperatur und des Säuregrades im Reaktionsgemisch sorgfältig einhält. Gemäß
der Erfindung wird bei einer Temperatur unterhalb io° C und vorzugsweise unterhalb
5 ° C in einer leicht sauren wässerigen Lösung mit einem pH-Wert von 6,5 bis 3 und
vorzugsweise von 6 bis 4. ein Guanidinsalz mit Chlor oder mit einem chlorhaltigen
Stoff, in dem das Chlor so @;hpi;ker gebunden ist, daß es Jod aus neutralen pdiden
freimacht, behandelt. Die zur Be-.@andlung verwendete Chlorverbindung soll zweckmäßig
das Radikal -O Cl enthalten. Anwendbar ist beispielsweise N-N-Dichlorharnstoff;
aber ihm sind einerseits wegen der geringeren Kosten und andererseits wegen der
besseren Ausbeute Hypochlorite oder Chlor vorzuziehen. Hypochlorite sind wegen ihrer
leichteren Handhabung wieder dem Chlor vorzuziehen.
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Bei Anwendung von Hypochloriten verläuft die Reaktion etwa wie. folgt:
2CH,N3-HN03+4NaOCl=C,H,NEC12+2NaN03+2NaCl+4H#-O. Außer den Stoffen gemäß dieser
Gleichung werden in geringer Menge einige Nebenprodukte, wie Stickstofftrichlorid,
Kohlendioxyd und Ammoniumsalze, auch dann gebildet, wenn die Bedingungen für die
beste Ausbeute an N N'-Dichlorazodicarbamidin eingehalten werden. Das theoretische
Mengenverhältnis ist i Mol Guanidinsalz zu 2 Mol Hypochlorit. Es ist jedoch nicht
erforderlich, dem Reaktionsgemisch das betreffende Guanidinsalz als' solches zuzusetzen,
sondern man kann es in sitze erzeugen.
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Die Bedeutung des pii-Wertes bei der Behandlung von Guanidinnitrat
mit einem geringen Überschuß an Natriumhypochlorit bei einer Temperatur von ungefähr
o° ergibt sich beispielsweise aus den Ausbeuten an -N N'-Dichlorazodicarbamidin
gemäß der nachstehenden Zusammenstellung:
PH: Ausbeute |
3.0 l i °1o |
3,5 25 - |
4,0 39 - |
4,5 52 - |
5,0 61 ,- |
515 53 - |
6,o 32 - |
6,5 io - |
o - 4-. |
Um die Regelung des PH-Wertes zu erleichtern, kann man insbesondere während des
ersten Teiles der Reaktion Pufferstoffe zusetzen, z. B. ein Gemisch aus Essigsäure
und Natriumacetat. Der PH-Wert wird laufend durch ein Potentiometer mit einer Glaselektrode
gemessen und durch entsprechenden Alkali- oder Säurezusatz geregelt. Auch die Temperatur
des Reaktionsgemisches wird regelmäßig überwacht: sie liegt alm@zweclcmäßigsten
bei o°. Beispiel i 8,5 kg "Guanidinnitrat, io6 g Essigsäure und 56o, g Natriumacetat
werden zu 5o 1 Wasser zugesetzt und heftig verrührt, so daß eine Suspension von
Guanidinnitrat in einer sauren Natriumacetatlösung entsteht. Das Gemisch wird auf
o° abgekühlt und dauernd (zweckmäßig durch eine von Salzsole durchflossene, in das
Reaktionsgemisch eintauchende silberne Kühlschlange) auf dieser Temperatur gehalten.
Unter heftigem Umrühren des Gemisches werden iio 1 einer io°foigen Natriumhypochloritlösung
so langsam zugesetzt, daß die Wärmeentwicklung die Leistung der Kühlschlange nicht
übersteigt. Mittels der Glaselektrode wird der pH-Wert dauernd überwacht und durch
Zusatz von Salzsäure oder Ätznatron auf 5 oder möglichst nahe bei diesem Werte gehalten.
Ein Essigsäure-Acetat-Puffer erleichtert die Regelung. -Da das N N'-Dichlorazodicarbamidin
in Wasser von o° nur im Verhältnis von i : 5ooo löslich ist, fällt es bei Eintritt
dieser Konzentration nach Maßgabe seiner Entstehung aus. Entsprechend der fortschreitenden
Umsetzung des in Lösung befindlichen Guanidinnitrats in N N'-Dichlorazodicarbamidin
geht weiteres Guanidinnitrat in Lösung, und am Ende der Reaktionszeit besteht der
suspendierte unlösliche Stoff praktisch ganz aus,NN'-Dichlorazodicarbamidin. Dieses
kann dann durch Filtrieren oder Schleudern von der Mutterlauge abgetrennt werden.
Die angegebenen Mengen des Ausgangsstoffes liefern
4 kg NN'-Dichlorazodicarbamidin,
das noch . etwas absorbiertes Salz enthält. Die geringe Verunreinigung läßt sich
durch einfaches Umkristallisieren beseitigen, und das Produkt hat dann praktisch
i oo % Reinheit.
Beispiel 2 Man verwendet als Ausgangsprodukt eine
Lösung von Guaxlidinsulfat in einer sauren Lösung von Natriumacetat, die dadurch
hergestellt wird, daß man einer Lösung aus q,1 kg Guanidin und 501-1g Wasser unter
Kühlen und Umrühren roh g Essigsäure, 56o g Natriumacetat und 3,42 kg konzentrierte
Schwefelsäure zusetzt. Die Verarbeitung dieser Lösung geschieht sodann auf die im
Beispiel 1 beschriebene Weise.
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Attch andere anorganische und organische Guanidinsalze lassen sich
verwenden, z. B. das Acetat. Die Radikale einiger Säuren reagieren jedoch mit Natriumhypochlorit,
so claß ein großer Überschuß an diesem nötig ist, um nach der Reaktion mit solchen
Radikalen das N N'-Dichlorazodicarbainidin zu gewinnen. Mit Hypochloriten reagiert
z. B. ein Radikal der Thiocyansäure.
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Das Verhältnis von Guanidinsalz zu Wasser läßt sich ändern, aber je
kleiner es ist, um so größer ist der Verlust an N N'-Dichlorazodicarbamidin durch
Lösung in der Mutterlauge. Aus dem gleichen Grunde soll die Natriumhypochloritlösung-
verhältnismäßig stark sein. Andererseits leidet bei zu großer Konzentration der
beiden Reagenzien die Ausbeute infolge von Nebenreaktionen, die sich bei hoher Konzentration
trotz heftigen Rührens durch örtliche Überkonzentration vollziehen. Es empfiehlt
sich, das Verhältnis i Teil Guanidinsalz zu 25 Teilen Wasser oder noch besser 5
bis 2o Teile Guanidinsalz zu Zoo Teilen Wasser zu wählen.
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Statt Natriumhypochlorit kann main andere Alkali- oder Erdalltalihypochlorite
henutzen oder aber die Ausgangsstoffe für solche Hypochlorite, nämlich Alkali- oder
Erdalkalihydroxyd und Chlor, dem Reaktionsgemisch getrennt zusetzen. Auch andere
Ye-bindungen organischer oder anorganischer Art mit dem Radikal - O Cl lassen sich
verwenden, ebenso Chlor allein, das mit Wasser reagiert und HOCl ergibt. Benutzt
man einen Stoff, wie N-N-Dichlorharnstoff, so verläuft die Reaktion wesentlich 'langsamer,
und die Ausbeute ist innerhalb üblicher Reaktionszeiten viel kleiner als bei Hypochloriten.
Setzt man z. B. einer Lösung oder Suspension aus 11,3 hg Guanidinsulfat mit 7,4
kg Essigsäure und 22,71.g Natriumacetat in 5o 1 Wasser 23,4 kg N-\?-Dichlorharnstoff
zu, so wird bei einer Behandlungstemperatur von o° mir 1 kg N N'-Diclilorazodicarbamidin
in 24 Stunden gebildet.