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Verfahren zum Konzentrieren wäßriger Ameisensäure Es ist bereits bekannt,
wäßrige Essigsäure dadurch zu konzentrieren, daß man sie mit in Wasser praktisch
unlöslichen organischen Basen extrahiert und hiernach: die Essigsäure aus dem Extrakt
herausdestilliert. Es ist weiterhin bekannt, die Löslichkeit der organischen Basen
in der wäßrigen Phase dadurch herabzusetzen, daß man ihnen hochsiedende Kohlenwasserstoffe
zusetzt. Ein ähnlicher Effekt läßt sich bekanntlich auch dadurch erzielen., daß
man in die zu extrahierende wäßrige Säure eine gewisse Menge löslicher Salze einträgt.
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Alle diese Verfahren eignen sich nicht zur Konzentration von wäßriger
Ameisensäure, da die sich hierbei bildenden ameisensauren Salze vom Wasser so stark
zurückgehalten werden, daß die Extraktion mit organischen Basen äußerst mühsam durchzuführen
ist. Versetzt man z. B. ioog 20%ige Ameisensäure-mit ioo g -Chinolin und ioo g Trichloräthylen,
so lassen sich damit bei einmaligem Ausschütteln nur etwa 250/, der in Wasser vorhandenen
Ameisensäure extrahieren, während bei gleichem Ansatz mit Essigsäure etwa
75 % derselben in das Extraktionsmittel gehen.
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Es wurde gefunden; daß man mit Hilfe hochsiedender organischer Basen,
wie Chinolin, Chinaldin, Dimethylanilin, Diäthylanilin u. dgl. oder Gemischen solcher,
Ameisensäure auf sehr einfache Weise direkt konzentrieren kann, wenn man letztere
in Gegenwart der Base bzw. Basen ohne vorherige Extraktion der fraktionierten Destillation
unterwirft.
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Unter hochsiedenden organischen Basen sind im Sinne des vorliegenden
Verfahrens solche zu verstehen, welche, wie die beispielsweise genannten, folgende
Bedingungen erfüllen: Sie müssen so viel höher sieden als Ameisensäure, daß sie
von dieser durch fraktionierte Destillation getrennt werden können. Sie *dürfen
beim Erhitzen mit Ameisensäure schädlicheVeränderungen nicht erleiden. Sie sollen
mit wäßriger Ameisensäure neutrale oder, noch vorteilhafter, saure Formiate liefern,
die sich unter gewöhnlichem, erhöhtem oder vermindertem Druck weder beim Abdestillieren
des Wassers merklich .zersetzen noch bei weiterer Temperaturerhöhung als solche
überdestillieren, sondern vielmehr aufgespalten werden, so daß die Säure von der
Base abdestilliert.werden kann.
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Es hat sich im Rahmen des. vorliegenden Verfahrens als vorteilhaft
erwiesen, die Destillation so durchzuführen, daß man zunächst das Wasser vollständig
oder nahezu vollständig unter gewöhnlichen Druckverhältnissen abtrennt und hiernach
die- Ameisensäure von der Base bzw. den Basen durch
Vakuumdestillation
fraktioniert trennt. Man erhält so neben einem geringen Vorlauf von mehr oder weniger
verdünnter Ameisensäure in fast quantitativer .Ausbeute eine hochkonzentrierte,
d. h. eine etwa 9o- bis 990roige Ameisensäure.
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Bei den für das vorliegende Verfahren in Betracht kommenden Basen,
die den obengenannten Bedingungen genügen, handelt es sich im allgemeinen um solche
schwerflüchtige Verbindungen, welche befähigt sind, mit Ameisensäure verhältnismäßig
labile, mehrfach saure Salze zu bilden. Wenn nun nach der obenerwähnten ersten Phase
der vollständigen oder nahezu vollständigen Abtreibung des Wassers das zurückbleibende,
praktisch wasserfreie, binäre Gemisch Base-Säure bei erhöhter Temperatur der fraktionierten
Destillation, vornehmlich im Vakuum, unterworfen wird, so werden die mehr oder weniger
labil gebundenen Säuremoleküle nach Maßgabe ihrer Haftfestigkeit dissoziiert und
in Dampfform aus dem System entfernt. So werden z. B. bei den mehrfach, d. h. 3-
bis 4mal sauren Formiaten des Chinolins und Diäthylanilins nicht nur die den Koordinationsverbindungen
(Tri- und Tetraformiat) entsprechenden 2 bzw. 3 Moleküle Ameisensäure abgespalten,
sondern auch (bei gesteigerter Temperatur) der größte Teil bzw. praktisch alles
der als valenzchemisch gebunden zu betrachtenden Menge _ Ameisensäure.
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Ein überschuß an Basen ist zweckmäßigerweise zu vermeiden, weil die
nicht an Säure gebundene Base im allgemeinen mit Wasserdampf mehr oder weniger leicht
flüchtig ist, man also bei Verwendung eines Basenüberschusses eine unnötigeTrennungsarbeit
leisten müßte und zugleich Gefahr liefe, einen gewissen Teil der mehr oder weniger
kostspieligen Basen infolge ihrer Löslichkeit in Wasser und gewisser Trennungsschwierigkeiten
zu verlieren.
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Die in dem Mengenverhältnis zwischen Säure und Base vorteilhafterweise
nicht zu überschreitende Grenze ist von der Wasserdampfflüchtigkeit und von der
Säurebindungsfähigkeit der jeweils verwendeten Basen abhängig und durch entsprechende
kleine Vorversuche jeweils leicht zu ermitteln. Für Basen geringerer Wasserdampfflüchtigkeit
liegt dieselbe z. B. bei etwa i Mol Säure auf i Mol Base, für solche höherer Wasserdampfflüchtigkeit
z. B. bei etwa 2,o bis 2,5 Mol Säure auf i Mol Base.
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Die - Ausbeute an höchstkonzentrierter Säure läßt sich, wie weiterhin
gefunden wurde, noch dadurch verbessern, daB man zweckmäßig von dem Zeitpunkt an,
wo merkliche Mengen Säure mit dem Wasserdampf übergehen, weitere zur Bindung der
freien Säure ausreichende Mengen der hochsiedenden organischen Basen oder Gemische
solcher oder gegebenenfalls auch entsprechender Mengen Monoformiat derselben, zweckmäßig
nach dem Gegenstromprinzip, in die Fraktioniertrommel einführt.
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Bei Verwendung einer guten Kolonne und bei gebührender Berücksichtigung,der
Dampftension von Wasser, Säure und Base läßt sich das Verhältnis von Base zu Säure
leicht derart regulieren, daß praktisch weder Verluste an Säure noch an Base entstehen.
Der Basenrückstand kann ohne weiteres wieder für eine neue Operation verwendet werden.
Bei dieser Arbeitsweise ist sowohl der Dampfverbrauch für die Trennungsarbeit als
auch die hierzu nötige Menge Base viel kleiner als bei den bisher üblichen Extraktions-
bzw. Konzentrationsverfahren. Beispiele i. Eine 2o%ige Ameisensäure wurde mit so
viel Chinolin versetzt, daß auf 3 Mol Ameisen. äure etwa i Mol Chinolin entfiel.
Bei der nachfolgenden fraktionierten Destillation unter gewöhnlichem Druck ging
zunächst die Hauptmenge des Wassers mit sehr wenig Ameisensäure über. Die nachfolgende
Vakuumdestillation lieferte eine etwa. 9o- bis 99%ige Säure.
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Ein zweiter Versuch, bei dem i Mol Chinolin auf etwa 2 Mol Ameisensäure
angewendet wurde, lieferte bei denselben Arbeitsbedingungen fast ausschließlich
höchstprozentige Säure.
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2. 385 g 2501oige Ameisensäure wurden mit ioo g Chinaldin versetzt.
Aus diesem Gemisch wurde bei gewöhnlichem Druck unter Anwendung einer Rückflußkolonne
das Wasser zum größten Teil abdestilliert und darauf bei 26 mm Druck die konzentrierte
Ameisensäure destilliert. Von der angewandten Säure wurden etwa 6 0% als 2%ige Ameisensäure
gewonnen und der Rest, außer einem kleinen Verlust, als gi,5q?joige Säure.
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3. Es können auch feste Basen verwendet werden, z. B. Benzimidazol.
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Etwa 55 g Benzimidazol wurden mit etwa 26o g 25ojoiger Ameisensäure
versetzt und aus diesem Gemisch die konzentrierte Ameisensäure bei vermindertem
Druck von etwa 26 bis 28 mm gewonnen. Etwa 4,5 % der angewandten Ameisensäure (ioo%ig
gerechnet) gingen als etwa 201oige Säure über, 5 % als 35%ige und 73 % als 82- bis
950foige Säure. Ein kleiner Teil blieb noch. im Rückstand.
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Bezüglich der zahlenmäßigen Angaben über Menge und Zusammensetzung
der einzelnen Fraktionen ist zu bemerken, daß diese Werte
in weitgehendem
Maße insbesondere auch von der Zweckmäßigkeit und Leistungsfähigkeit der jeweils:
verwendeten Destillationskolonne abhängig' sind. Bei Verwendung guter Kolonnen -kann
man derart arbeiten, daß man praktisch die gesamte Säure in hochprozentiger, d.
h. 85- bis gg°1oiger Form, erhält.
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Nach einem bekannten Verfahren zum Konzentrieren von Ameisensäure
wird derselben ein sog. »liquide entraineur« zugesetzt,. welches mit dem in der
Ameisensäure vorhandenen Wasser ein binäres Gemisch mit minimalem Siedepunkt, ein
sog. azeotropes Gemisch, bildet. Bei der darauffolgenden Destillation geht dabei
zunächst das Wasser zusammen mit dem zugesetzten »liquide entraineur« über und darauf
die Ameisensäure.
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Im Gegensatz zu diesem bekannten Verfahren wird nach dem vorliegenden
der verdünnten bzw. wäßrigen Ameisensäure eine hochsiedende organische Base zugesetzt,
z. B. in derartigen Mengen, daß auf 3 Mol Ameisensäure etwa i Mol Chinolin entfällt,
wobei eine salzartige Verbindung von Base mit Säure entsteht. Aus dem dabei entstehenden
Salzgemisch geht dann bei der anschließenden fraktionierten, vorzugsweise unter
gewöhnlichem Druck durchgeführten Destillation zunächst die Hauptmenge des Wassers
mit nur sehr geringen Mengen Ameisensäure über und erst bei der darauffolgenden,
zweckmäßig unter Vakuum durchgeführten weiteren Destillation unter Spaltung der
salzartigen Verbindung eine etwa go- bis ggo/oige Ameisensäure, während die zugesetzte
hochsiedende organische Base in dem Destillationsgefäß zurückbleibt.
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Beide Verfahren unterscheiden sich also grundsätzlich voneinander.
Der Hauptunterschied besteht nach obigem darin, daß bei dem bekannten Verfahren
das sog. »liquide entraineur« während der Destillation zusammen mit dem Wasser übergeht
und zum mindesten unmittelbar nicht wiederverwendet werden kann, während bei dem
vorliegenden Verfahren die zugesetzte hochsiedende organische Base in dem Destillationsgefäß
zurückbleibt und sofort wiederverwendet werden kann, was einen nicht zu unterschätzenden
technischen Vorteil darstellt. , Weiterhin ist ein Verfahren zur Gewinnung hochprozentiger
Ameisensäure aus wasserhaltiger Ameisensäure bekannt, nach welchem die letztere
mit den völlig entwässerten Formen solcher kristallwasserbindenden Salze behandelt
werden soll, die, wie z. B. Magnesiumsulfat und Kupfersulfat, bestimmte Mengen von
Wasser fest gebunden halten. Von diesen Salzen sollen solche Mengen verwendet werden,
daß die stabilen Hydratstufen derselben gebildet werden, worauf die entwässerte
Säure abd'estilliert werden soll.
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Dieses bekannte Verfahren kommt praktisch nur für die Weiterkonzentration
bereits etwa go- bis 98o`oiger Ameisensäure in Betracht. Eine Anwendung dieses Verfahrens
auf die Konzentration verdünnterer oder gar sehr verdünnter Ameisensäure würde außerordentlich
bzw. mehr als unwirtschaftlich sein, da für die Bindung des vorhandenen Wassers
sehr große, ohne weiteres nicht wiederverwendbare Mengen der in Betracht kommenden
Salze, wie Magnesiumsulfat und Kupfersulfat, erforderlich sein würden. Ein weiterer
Nachteil dieses bekannten Verfahrens besteht darin, daß die fraglichen Salze als
feste krustenbildende Rückstände in dein, Destillationsgefäß zurückbleiben.
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Demgegenüber bietet das vorliegende Verfahren den Vorteil, daß in
wirtschaftlichster Weise auch wesentlich verdünnte, z. B. zo%ige Ameisensäure weitgehendst
konzentriert und die in dem Destillationsgefäß zurückbleibenden hochsiedenden organischen
Basen sofort wiederverwendet werden können.
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Sinngemäß die gleichen Nachteile wie die vorstehend erwähnten treten
auch bei einem weiteren bekannten Verfahren auf, nachdem z. B. iooo kg einer 42°/oigen
Ameisensäure mit iooo kg Natriumformiat versetzt und darauf die Hälfte dieser Mischung
abdestilliert werden soll. Man erhält so in der Vorlage Soo kg einer i4°/oigen Ameisensäure,
welche in den Fabrikationsbetrieb zurückgeführt werden kann, während; in dem Destillationsgefäß
5oo kg einer 7o°%igen Ameisensäure zurückbleiben.
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Im Gegensatz hierzu gehen, wie oben bereits gesagt, bei der Destillation
der Ameisensäure gemäß dem vorliegenden Verfahren mit dein zuerst übergehenden Wasser
nur sehr geringe Mengen Ameisensäure mit über, so daß bei der darauffolgenden weiteren
Destillation eine Ameisensäure von wesentlich höherer Konzentration anfällt als
bei dein letztgenannten bekannten Verfahren.