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Sicherheitsvorrichtung für elektrische Bahntriebfahrzeuge In elektrischen
Bahnbetrieben werden vielfach Sicherheitsvorrichtungen angewandt, die bei Dienstunfähigkeit
oder Unaufmerksamkeit des Wagenführers in Tätigkeit treten. Gewöhnlich sind von
dem Führer durch Hand oder Fuß geschlossen zu haltende Schalter vorgesehen, die
geöffnet nach dem Ablauf einer Verzögerungseinrichtung die Abschaltung des Betriebsstromes
und ein Anlegen der Bremsen herbeiführen, wenn der losgelassene Schalter nicht vor
Ablauf der Verzögerungsvorrichtung wieder geschlossen wird. Bei einer Art dieser
Anordnungen wird die Verzögerungseinrichtung durch die Fahrzeugachsen angetrieben;
hierbei tritt die Wirkung der Sicherheitsvorrichtung stets. dann ein, wenn das Fahrzeug
einen bestimmten Weg zurückgelegt hat. Die zwischen dem Loslassen des Sicherheitsschalters
und dem Abschalten des Betriebsstromes und Anlegen der Bremsen liegende Zeit wird
daher bei hohen Fahrgeschwindigkeiteh kürzer sein als bei langsamer Fahrt, so daß
diese Sicherheitsvorrichtung nicht allen Betriebsbedingungen gerecht wird, wie sie
z. B. im Rangierbetrieb oder bei Bahnen, die erhebliche Steigungen zu überwinden
haben, verlangt werden. Auch zeitabhängige Verzögerungen, die nach Ablauf einer
eingestellten Zeit die Sicherheitsmaßnahmen auslösen, finden Verwendung. Dabei ergibt
sich jedoch der Nachteil, da:ß bei großer Geschwindigkeit des Fahrzeuges eine verhältnismäßig
lange Wegstrecke bis zum Ansprechen der Bremseinrichtungen zurückgelegt wird. _
Es ist auch eine Verzögerungseinrichtung bekanntgeworden, welche sowohl weg- als
auch zeitabhängig arbeitet. Doch auch diese Einrichtung hat die vorerwähnten Nachteile
nicht zu beseitigen vermocht. Sie arbeitet im wesentlichen im unteren Geschwindigkeitsbereich
wegabhängig und im oberen zeitanhängig. Das bedeutet aber: es muß bei geringer Fahrzeuggeschwindigkeit
bis zum Ansprechen der Sicherheitsvorrichtung eine bestimmte Wegstrecke zurückgelegt
werden, deren Durchlaufen bei dieser geringen Geschwindigkeit eine verhältnismäßig
lange Zeit in Anspruch nimmt. Andererseits spielt bei großer Fahrzeuggeschwindigkeit
der Ablauf des eingestellten Zeitrelais die entscheidende Rolle, so daß infolge
der hohen Geschwindigkeit ein außerordentlich langer Weg zurückgelegt wird.
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Weiterhin ist eine Anordnung bekannt, welche grundsätzlich als wegabhängige
Überschreiten Verzögerung ausgeführt ist. Lediglich bei einer bestimmtenFahrzeuggeschwindigkeit
wird diese Verzögerung in eine zeitabhängige umgewandelt. Die Schaltung dieser Sicherheitsanordnung
ist jedoch äußerst kompliziert, da die wegabhängige Vorrichtung eine Spezialausführung
bedingt, damit sie in Abhängigkeit von der Fahrzeuggeschwindigkeit
selbsttätig
in eine zeitabhängige Vorrichtung umgewandelt werden kann.
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Der Hauptnachteil der bekannten Sicherheitsvorrichtungen ist jedoch
der, daß die zeitabhängige Verzögerung nicht unabhängig von der wegabhängigen zu
arbeiten in der Lage ist. Versagt aus irgendeinem Grunde entweder die weg- oder
die zeitabhängige Verzögerung, so wird die ganze Sicherheitsanordnung unwirksam.
Damit ist ein Gefahrenmoment gegeben, das eine Bremsung illusorisch macht.
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Die vorliegende Erfindung vermeidet die angeführten Nachteile der
bekannten Sicherheitsvorrichtungen. Die neue Anordnung arbeitet bei niedriger Fahrzeuggeschwindigkeit
in Abhängigkeit von der Zeit und bei hoher Geschwindigkeit in Abhängigkeit vom Wege.
Ihr besonderes Kennzeichen liegt darin, daß die weg- und zeitabhängigen Einrichtungen
voneinander unabhängige Elemente sind, die von den gleichen Sicherheitsschaltern
beherrscht werden und die gleichen Sicherheitsmaßnahmen selbständig auslösen. Da
die Elemente unabhängig voneinander arbeiten, wird bei Versagen des wegabhängigen
oder des zeitabhängigen Teiles stets das andere wirksam werden. Es ist also eine
bedeutende Sicherheit gewährleistet. Dadurch, daß unabhängig voneinander ansprechende
Sicherheitsvorrichtungen vorgesehen sind, hat man auch die Möglichkeit, ganz normale
zeit- und wegabhängige Relaiseinrichtungen zu verwenden.
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In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel dargestellt. Die Abb,
i zeigt schematisch die Gesamtanordnung und die Abb. 2 eine zweckmäßige bauliche
Ausführungsform der zeitabhängigen Verzögerungseinrichtung.
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Mit i sind die von Hand oder durch Fußhebel zu bedienenden Sicherheitsschalter
bezeichnet, a sind Kontakte der Fahrtrichtungswalze, 3 eine Ventilspule für die
elektropneumatische Auslösevorrichtung. An Stelle einer elektropneumatischen Auslösevorrichtung
kann auch eine elektromagnetische vorgesehen sein, was naturgemäß für das Wesen
der vorliegenden Erfindung gleichgültig ist. 4 ist eine Stromquelle, 5 eine wegabhängige
Verzögerungseinrichtung und 6 eine zeitabhängige Verzögerungseinrichtung. Die wegabhängige
Zeitvorrichtung 5 wird durch den von der Nockenscheibe 38 betätigten Hebel 39 betrieben.
Der letztere wird von dem Stößel 40, welcher mit dem Luftdruckkolben 41 in Verbindung
steht, so lange in der (gezeichneten) angehobenen Stellung gehalten, als in dem
Luftdruckzylinder 42 Druckluft vorhanden ist. Bleibt die Druckluft aus, dann fallen
der Kolben 41 und der Hebel 39 ab, so daß dieser mit der von der Radachse
angetriebenen Nockenscheibe 38 in Eingriff kommt und sich daher nach Maßgabe der
Fahrzeuggeschwindigkeit auf und nieder bewegt. Bei dieser Bewegung betätigt der
Hebel 39 ein der Einfachheit halber nicht dargestelltes Klinkschaltwerk in der Vorrichtung
5. Hat dieses Klinkschaltwerk einen bestimmten Weg zurückgelegt, dann sprechen,
wie später noch gezeigt wird, die Sicherheitsvorrichtungen an.
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Über den Hebel 39 wird durch den Stößel 40 ein Hebel 43 der zeitabhängigen
Verzögerungseinrichtung 6 bewegt. Solange der Hebel 43 die in der Zeichnung dargestellte
Lage einnimmt, ist das Zeitwerk aufgezogen und betriebsbereit, aber noch nicht in
Tätigkeit gesetzt. Erst wenn der Stößel 40 und damit der Hebel 39 sowie der
Hebel 43 sich nach unten bewegen, wird das Zeitwerk ausgelöst, welches nach Ablauf
einer bestimmten Zeit in ähnlicher Weise wie die wegabhängige Vorrichtung die Sicherheitsanordnung
zum Ansprechen bringt.
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Solange einer der Druckknöpfe i niedergehalten wird, ist die Spule
3 über die Kontakte 2 und i erregt, die Spule hat also ihren Kern angezogen und
hält die beiden Ventilteller in der gezeichneten Lage, so daß über das Ventil 44
von der Druckleitung 45 zum Zylinder 42 Druckluft strömen kann. Wenn alle Sicherheitsschalter
i offen sind, wird die Spule 3 aberregt, so daß sie abfällt und der obere Ventilteller
geschlossen ist. Die Druckmittelzufuhr zum Zylinder 4z ist damit unterbrochen. Dagegen
öffnet der untere Ventilteller und läßt die im Zylinder befindliche Luft nach außen
strömen, so daß der Kolben 4i sich nach unten bewegt und in der vorher beschriebenen
Weise die wegabhängige Verzögerungseinrichtung 5 und die zeitabhängige Verzögerungseinrichtung
6 in Tätigkeit setzt. Es sei nun angenommen, daß das Fahrzeug langsam fährt und
daher vor dem Ansprechen der wegabhängigen Sicherheitsvorrichtung die zeitabhängige
Verzögerungseinrichtung die Sicherheitsanordnung betätigt. Nach Ablauf der eingestellten
Zeit schließt der Teil 14 des Zeitwerkes 6 die Kontakte 35, 36 und 7. Durch die
Kontakte 35, 36 werden Summer 37 in Tätigkeit gesetzt, welche das Ansprechen der
Sicherheitsanordnung anzeigen. Durch den Kontakt 7 wird ein Solenoid a9 eingeschaltet,
welches über einen Hebe146 den Bolzen 47 nach unten bewegt. Der Bolzen 47 steuert
dabei das Venti148 und öffnet den Kontakt B. Durch die Öffnung des Kontaktes 8 wird
der Steuerstromkreis unterbrochen, so daß die Fahrschaltung aufgelöst wird. Der
Steuerstromkreis ist lediglich durch die beiden Leitungen 51 angedeutet. Durch das
Ventil 48 wird die Druckluftbremsung in Tätigkeit gesetzt; Einzelheiten dieser Bremsanordnung
sind der Einfachheit halber fortgelassen.
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Fährt das Fahrzeug so schnell, daß die wegabhängige Verzögerungseinrichtung
5 schon vor Ablauf des Zeitwerkes ihre Endstellung erreicht
hat,
dann legt der mit dem Klinkschaltwerk verbundene Kontakt 5o den Summer 37 an Spannung,
während der gleichfalls mit dem Klinkschaltwerk gekuppelte Hebel49 den Bolzen 47
nach unten bewegt und damit die ' Abschaltung der Fahrmotoren und das Anlegen der
Bremsen in der bereits beschriebenen Weise veranlaßt.
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Wird vor Ablauf des Zeitwerkes 6 oder vor Erreichen der Endstellung
durch die wegabhängige Sicherheitseinrichtung 5 einer der Sicherheitsschalter i
wieder geschlossen, so wird die Spule 3 erregt und das Zeitwerk wieder gespannt,
ehe es abgelaufen war. Die Kontakte bleiben in diesem Fall in der dargestellten
Lage, der Betrieb wird nicht unterbrochen. Außerdem wird in an sich bekannter Weise
die wegabhängige Vorrichtung wieder in die ursprüngliche Lage zurückgeführt.
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In der Abb. 2 sind der Teil 14 des Zeitwerkes 6 und die Kontakte 35,
36 zur Ansteuerung der Summer 37 wieder mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
Der Kontakt 7 gemäß der Abb. i wird von dem um den festen Drehpunkt 26 schwenkbaren
Hebel 27 bedient. Die Trennung des Kontaktes 7 von den Kontakten 35, 36 ist zweckmäßig,
um die Summer oder Warnungssignale vor dem Ablauf des Zeitwerkes und der Abschaltung
des Betriebsstromes ertönen zu lassen, um den Führer auf die bevorstehende Unterbrechung
des Betriebes aufmerksam zu machen. Außerdem ist es natürlich erwünscht, den Kontakt
7 mit Augenblicksschaltung zu versehen.
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Zur Erläuterung der Wirkungsweise der Einrichtung nach der Abb. 2
sei darauf hingewiesen, daß die Hebel 16, 17 und 2o des Zeitwerkes 14 einen dreiarmigen
Hebel bilden, der mit seiner Welle 15 verdrehbar ist, und daß auf der Welle =o zwei
Hebelsysteme lose verdrehbar sind, nämlich der dreiarmige Hebel =i 12, 13 und der
zweiarmige Hebel 21, 22. Der Hebelarm 13 des erstgenannten Hebelsystems drückt beim
Bewegen im Uhrzeigersinn auf den Hebelarm 21 des zweiten Systems und nimmt dieses
mit.
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Solange die Spule 3 (Abb. i) erregt .ist, wird der Stößel
9, der von einem beiden Verzögerungseinrichtungen gemeinsamen Magneten oder
Druckluftantrieb bedient wird, in der gezeigten Lage gehalten. Der zweiarmige Hebel
21, 22 ist durch die Klinke 23 gegen eine Bewegung entgegen dem Uhrzeigersinne gesperrt.
Das Zeitwerk 14, d. h. seine Feder 18, ist gespannt. Die Schaltlage des unter Federwirkung
gegen den Hebelarm 22 gedrückten Kontakthebels 27 ist eine solche, daß der Kontakt
7 offen ist.
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Wird durch Loslassen der Sicherheitsschalter i die Spule 3 aberregt,
so führt der Stößel 9 eine Abwärtsbewegung aus und gibt den Hebelarm =i frei. Die
Feder 18 kann infolgedessen den dreiarmigen Hebel 16, 17, 2o nach Maßgabe der durch
das Zeitwerk verursachten Verzögerung drehen, wobei -auch der dreiarmige Hebel 11,
12, 13 mitgenommen wird. Während des ersten Teiles der Bewegung werden keine Schaltvorgänge
ausgelöst, denn der zweiarmige Hebel 21, 22 ist verklinkt und eine Auslösung der
Klinke 23 durch den Hebel i9 findet zunächst infolge der Schlitzführung 31 nicht
statt. Nach einer gewissen Zeit kommen die Kontakte 35, 36 in Berührung und die
Warnungssignale 37 ertönen. Wird nun einer der Sicherheitsschalter i wieder geschlossen,
so erfolgt eine Aufwärtsbewegung des Stößels 9 und die Teile, soweit sie verstellt
waren, gelangen in die abgebildete Lage. Die Kontakte 35, 36 werden geöffnet und
das Warnungssignal 37
verstummt.
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Erfolgt hingegen nicht ein Schließen eines der Schalter i, so wird
durch den Hebel i9 die Klinke 23 entgegen dem Druck der Feder 24 zurückgedreht und
der zweiarmige Hebel 21, 22 wird freigegeben. Die Feder 25, welche die Feder des
Schalters 27 überwiegt, bewirkt nun eine plötzliche Verstellung des Schalthebels
27 und eine Betätigung des Kontaktes 7, so daß der Steuerstrom und der Gesamtstrom
des Triebfahrzeuges unterbrochen und die Bremsung durch den Magneten 29 eingeleitet
wird.
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Das Spannen des Zeitwerkes 14 erfolgt bei einer Aufwärtsbewegung des
Stößels 9 durch den Hebelarm 12, der auf den Hebel 16 des Zeitwerkes drückt. Das
Spannen des Auslösehebels 21, 22 wird durch den Hebel 13 vorgenommen, der auf den
Hebelarm 21 drückt und ihn soweit mitnimmt, bis die Klinke 23 einschnappt.