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Verfahren zur Herstellung einer überzugsmasse Um .bei der Herstellung
von Firnissen, Lacken und ähnlichen Überzugsmassen die Vorzüge von Firnislacken,
nämlich den hohen Glanz, die Widerstandsfähigkeit gegen Licht und Luft und vor allem
die Biegsamkeit des Lackfilms, mit den Vorzügen von Nitrocelluloselacken, nämlich
der hohen Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung und dem schnellen Trocknen aufgetragener
Anstriche, zu vereinigen, hat man schon versucht, solche Lacke aus Auflösungen von
trocknenden Ölen und Nitrocellulose in einem gemeinsamen Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch
herzustellen. Es hat sich aber gezeigt, daß solche Lacke mindestens 8 bis zo Teile
Öl auf r Teil Nitrocellulose enthalten müssen, weil sonst die Nitrocellulose unmittelbar
oder während des Auftrocknens der Lackschicht ausgefällt wird, ein homogener Lackfilm
also nicht erzeugt werden kann. Außerdem hat das Öl das Bestreben, sich aus dem
entstandenen Lackfilm wieder auszuscheiden, so daß dieser im Laufe der Zeit hart
und spröde wird, was beispielsweise bei der Herstellung von Kunstleder durch Lackieren
von Gewebe ganz unzulässig ist.
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Noch geringer ist das Ausmaß, in dem sich Nitrocellulose zu Auflösungen
von geblasenem oder durch bloßes Erhitzen polymerisiertem trocknendem Öl beimischen
läßt, ohne die genannten schädlichen Begleiterscheinungenhervorzurufen. Zur Herstellung
von Lackleder hat man zwar schon vorgeschlagen, einer Auflösung von Leinölfirnis,
der durch längeres Erhitzen von Leinöl mit Sikkativen auf 270 ' erhalten
wurde, gewisse Mengen Nitrocellulose (Pyroxylin) beizumischen, allein dieser Lack
enthält erst auf etwa 18 Teile des gekochten Öls z Teil Pyroxylin, so daß dieses
auf die Eigenschaften des erhaltenen Lackes keinen erheblichen Einfluß ausüben kann.
In der Tat muß das gestrichene Leder für längere Zeit in einen Trockenofen gebracht
werden, bevor ein zweiter Anstrich erfolgen kann.
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Bekannt ist es auch, zur Herstellung von Linoleum ein Gemisch von
Nitrocellulose, Füllmitteln und Farbstoffen, Weichmachungsmitteln (Trikresylphosphat)
und oxydiertem Öl auf Walzengängen zu verarbeiten. Über die Beschaffenheit des dabei
verwendeten oxydierten Öls ist nichts weiter bekannt, doch ist es offensichtlich,
daß die gegenseitige homogene Mischbarkeit von Leinöl und Nitrocellulose bei einem
solchen Verfahren keine Rolle spielen kann.
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Schließlich ist auch schon vorgeschlagen worden, aus Celluloseäthern
unter Zusatz
oxydierter Öle Öllacke herzustellen, allein über die
Art der Oxydation des Öls und über das dabei zulässige Mischungsverhältnis ist nichts
Näheres bekannt.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf der überraschenden Feststellung,
daß die Mischbarkeit von Nitrocellulose und anderen Cellttloseestern einerseits
und trocknendem 01
anderseits ganz bedeutend, unter Umständen sogar bis zum
Mischungsverhältnis i : i gesteigert werden kann, wenn man das Öl bei einer
2500 nicht übersteigenden Temperatur durch Einblasen von Luft oder anderen
sauerstoffhaltigen Gasen nur teilweise oxydiert. Bei dieser Behandlung steigert
sich nämlich die in Betracht kommende Mischbarkeit allmählich bis zu einem Maximum,
vermindert sich aber danach wieder, um schließlich bis unter die Mischbarkeit des
Rohöls zu sinken.
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Die Einhaltung der angegebenen Temperaturgrenze ist insofern wesentlich,
als bei höheren Temperaturen eine Polymerisation oder sonstige Veränderung des Öls
vor sich geht, die seine Mischbarkeit mit Celluloseestern ebenfalls sehr ungünstig
beeinflußt.
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Das so erhaltene, teilweise geblasene Öl wird erfindungsgemäß Nitrocelluloseesterlösungen
zugesetzt, und zwar in einem von dem beabsichtigten Verwendungszweck abhängigen
Mengenverhältnis. Besonders biegsame Lacke erfordern mehr Öl, besonders rasch trocknende
und mechanisch widerstandsfähige Lacke hingegen mehr Nitrocellulose, deren Menge
unter Umständen ebenso groß gemacht werden kann wie die Olmenge, ohne Fällungen
oder Ausscheidungen befürchten zu müssen. Untersuchungen solcher Lackschichten haben
gezeigt, daß sie aus einer durchwegs homogenen Mischung ihrer Bestandteile bestehen.
Damit stimmt überein, daß die Nitrocellulose aus solchen Schichten nicht mehr herausgelöst
werden kann, im Gegensatz zu solchen Schichten, die in üblicher Weise mit nitrocellulosehaltigen
Firnislacken hergestellt wurden.
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Wie weit man mit der Oxydation des Rohöls zu gehen hat, hängt .ebenfalls
von dem Verwendungszweck des Lacks ab. Ein geeignetes Maß für den Grad der Oxydation
des Öls ist seineViskosität, und die günstigste Mischbarkeit mit Celluloseestern
liegt dann vor, wenn eine Stahlkugel von 6,3 mm Durchmesser eine 3o5 mm hohe, auf
a5 bis 30° C gehaltene Schicht des geblasenen Öls in etwa 2o bis 8o, vorzugsweise
6o bis 75 'Sekunden, durchsinkt.
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Sofern es erwünscht wird, können dem so erhaltenen Lack auch noch
Farbstoffe, zweckmäßig in einer mit Öl (Rizinusöl) angeriebenen Form, ferner Trockenmittel
(Sikkative), Harzlösungen und unter Umständen auch kleinere Mengen ungeblasener,
ja selbst nichttrocknender Öle zugesetzt werden.
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Im einzelnen gilt folgendes: Jedes trocknende oder halbtrocknende
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ist für die Zwecke der Erfindung verwendbar, beispielsweise Sojabohnen-,
Fiberrinden-. Perilla-, Maifisch-, insbesondere aber Leinöl. Die Oxydation erfolgt,
indem man durch das erhitzte, aber zwecks Vermeidung von Polymerisationen unter
25o' gehaltene Öl Luft oder ein sonstiges sauerstoffhaltiges Gas in möglichst feinen
Strahlen hindurchbläst, bis der gewünschte, an der Viskosität erkennbare Oxydationsgrad
erreicht ist. Bei einer Temperatur etwas unterhalb 25o1 dauert die Behandlung etwa
6 bis r2 Stunden, das Öl läßt sich dann zwischen Daumen und Zeigefinger in Fäden
ziehen. Eine genauere Bemessung des gewünschten Oxydationsgrades gestattet die bereits
erwähnte Kugelprobe. Wird das Leinöl durch andere trocknende oder halbtrocknende
Öle teilweise oder völlig ersetzt, so ändern sich die angegebenen Sinkzeiten in
einem durch Versuche leicht zu ermittelnden Ausmaß.
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Das so erhaltene, teilweise oxydierte Öl weist eine hervorragende
Mischbarkeit mit Nitrocellulose- und anderen Celluloseesterlösungen auf. Ob es zweckmäßig
ist, die gesteigerte Mischbarkeit des Öls mit Celluloseestern voll auszunutzen,
hängt von dem Einzelfall ab, in allen Fällen aber wird erreicht, daß der erzeugte
Lackfilm vollkommen homogen ist und keinerlei Celluloseesterausscheidungen enthält.
So lassen sich bei einem Verhältnis von Ölen zu Celluloseester von etwa 15 : i Lacke
herstellen, die sich von gewöhnlichem Ölfirnislack durch besondere mechanische Widerstandsfähigkeit
auszeichnen. Besteht der Lack aus nur 8 oder g Teilen Öl auf i Teil Celluloseester,
so ist der Anstrich nach dem Verdunsten des angewandten Lösungsmittels schon genügend
fest, um sogleich von neuem überstrichen werden zu können, was bei Firnis und Firnislacken
sonst bekanntlich nicht zutrifft. Wird der Lack für starre Gegenstände benutzt,
wird also auf eine besondere Biegsamkeit des Lackfilms kein Gewicht gelegt, so kann
ein Verhältnis von 01
zu Celluloseestern von etwa i : i angewandt werden,
was die vorzüglichen Eigenschaften von Celluloseesterlacken in.besonders hohem Maße
auszunutzen gestattet. Für die meisten Zwecke am günstigsten erweist sich jedoch
eine Auflösung von 3 bis q. Teilen des erfindungsgemäß behandelten Öls und i Teil
Nitrocellulose in einem geeignetem Lösungsmittel.
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Die Erfindung gestattet die Anwendung beliebiger Celluloseester, doch
ist Nitrocellttlose, auch in Form von Schießbaumwolle, Celluloid,
Filmabfällen
u. dgl., bevorzugt. Am günstigsten ist eine Nitrocellulose mit einem Stickstoffgehalt
von ii bis 12°1a, weil sie Lacke mit einem mittleren Grad der Viskosität ergibt.
Höher nitrierte Cellulosen ergeben allzu viskose Lösungen.
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Das angewandte Lösungsmittel muß sowohl den Celluloseester lösen als
auch mit dem teilweise ozydierten Öl mischbar sein und besteht vorzugsweise aus
flüchtigen Estern, beispielsweise aus Essigester, oder aus Amvlacetat, kann aber
auch Zusätze von Benzol und denaturiertem Alkohol enthalten. Die günstigste Mischung
besteht aus 3o Gewichtsteilen Essigester, 3o Teilen Benzol und .jo Teilen denaturiertem
Alkohol. Empfehlenswert ist es, den Lack ziemlich konzentriert zu halten, etwa derart,
daß sein Gehalt an Celluloseestern etwa 15'/" sein Gesamtgehalt an nichtflüchtigen
Stoffen nicht, wie bisher üblich, nur 35 bis 4o°/o, sondern 4.o bis 54°/o beträgt.
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Wie bereits erwähnt, können dem so erhaltenen Lack noch Anreibungen
von Farbstoffen in Öl, ferner Trockenmittel (Sikkative), wie z. B. Mangan- oder
Kobaltlinoleat, kleinere Mengen nichtgeblasener und sogar nichttrocknender Öle,
ferner Harzlösungen und sonstige Zusatzstoffe beigemengt werden.
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Neben den bereits genannten günstigen Eigenschaften des neuen Lackes
ist noch zu bemerken, daß die Haftfähigkeit des Anstrichs auf der Unterlage mit.
fortschreitendem Austrocknen nicht abnimmt, wie dies bei vielen derartigen Lacken
der Fall ist, sondern im Gegenteil noch zunimmt. Daraus und aus seiner hohen Biegsamkeit
ergibt sich auch seine vorzügliche Eignung zur Herstellung von Kunstleder, das dauernd
biegsam bleibt und eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung aufweist.